Protokoll der Sitzung vom 21.03.2018

Jetzt beklagen dieselben Leute, dass wir keine Wohnungen haben. Herzlichen Glückwunsch! Guten Morgen!

(Beifall FDP und CDU - Zuruf Serpil Mi- dyatli [SPD])

Wir müssen die Landesbauordnung überarbeiten, Stichwort: Nachverdichtung.

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

- Ja, Frau Kollegin, es macht unheimlich Sinn, im Herzogtum Lauenburg Wohnbau zu verbieten, wo die Menschen über steigende Preise - - Es ist nicht alles Nordfriesland, was ländlicher Raum ist, Frau Kollegin. Vielleicht sollten Sie ein wenig ins Land hinausfahren,

(Werner Kalinka [CDU]: So ist das! - Zurufe von der SPD)

dann sehen Sie das. Frau Kollegin, Sie haben diese Grenzen auferlegt, unter denen wir jetzt leiden.

Vielleicht sollten Sie an der Stelle etwas demütig sein.

(Beifall FDP und CDU)

Wir brauchen insgesamt weniger unnötige bürokratische Auflagen. Die Kommunen müssen schlichtweg mehr Bauland bereitstellen. Auch dort haben viele leider geschlafen. Die Genehmigungsverfahren müssen schneller werden, und Herr Dr. Stegner, wir führen die Wohnraumprogramme fort. Sie haben so getan - wieder einmal so schwarz-weiß-mäßig -, als wäre jetzt alles anders und marktradikal, und die Grünen verraten ihre Ideale und so weiter. Diese alte Leier haben Sie heute wieder vorgetragen. Das ist doch völliger Humbug!

Herr Dr. Stegner, abschließend möchte ich sagen, vielleicht sollte man wirklich einmal etwas seriöser über sinnvolle Vorschläge sprechen. Ich glaube, man muss genauer darauf schauen, was mit dem Wohngeld passiert, dass das auch angemessen angehoben wird. Das ist ein Instrument, um das man sich kümmern muss. Last, but not least müssen wir uns um die Eigentumsbildung kümmern. Wir haben gemeinsam mit einigen wenigen anderen Bundesländern die höchste Grunderwerbsteuer in Deutschland. Ich hoffe, dass die Bundesregierung den Weg freimacht, dass man beim Thema Sharedeal Steuerschlupflöcher schließt, damit man im Gegenzug Familien entlasten kann, damit die Eigentumsbildung gestärkt wird. Das ist das beste Instrument gegen Altersarmut. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Fraktion der AfD hat der Abgeordnete Jörg Nobis.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! So sehen Aktuelle Stunden im Jahr eins einer SPD unter 20 % aus.

(Beifall AfD)

Dass Sie, Herr Dr. Stegner, den sozialen Wohnungsbau während der letzten SPD-geführten Regierung vernachlässigt haben, ist hinlänglich bekannt. Das ist weder ein Geheimnis noch Stoff für eine Aktuelle Stunde. Daher erschließt sich mir nicht, warum Sie Ihr Regierungsversagen hier und

(Christopher Vogt)

heute im Rahmen einer Aktuellen Stunde auch noch breittreten wollen.

Als wir vom Thema dieser Aktuellen Stunde Kenntnis erhielten, fragten wir uns zunächst, welche Äußerung des Herrn Ministerpräsidenten die SPD so aufgebracht haben mag, dass deshalb sofortiger Handlungsbedarf für eine Erweiterung der Tagesordnung gesehen wurde. Offen gesagt, auch nach intensiver Analyse jenes kurzen Fernsehbeitrags im „Schleswig-Holstein-Magazin“ vom 10. März 2018 stelle ich mir die Frage, ob der Inhalt dieses Zweieinhalbminuten-Films eine Aktuelle Stunde von 70 Minuten rechtfertigt. Sollen dies etwa die Maßstäbe dafür sein, welche landespolitischen Themen und Äußerungen in Zukunft das Erregungspotenzial für Aktuelle Stunden liefern? Dann, meine Damen und Herren von der SPD, haben Sie wohl wieder einmal die falschen Schwerpunkte gesetzt, und der negative Trend der letzten Wahlen wird sich für Sie weiter fortsetzen - zur Freude Ihrer politischen Gegner und damit auch zu unserer Freude, Herr Dr. Stegner.

(Beifall AfD)

Denn worüber hat das „Schleswig-Holstein-Magazin“ am 10. März 2018 so konkret berichtet? Über den alles andere als neuen Sachstand, dass bei anhaltend starker Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt in Schleswig-Holstein gerade das Angebot an preisgünstigen Wohnungen zu gering ist, beispielhaft dargestellt an der Stadt Elmshorn. Hier nun äußerte sich der Vorsitzende des Mietervereins in für Sozialdemokraten altbewährter Weise. Die Kommunen sollten Wohnungsbaugenossenschaften neu gründen und sukzessive aufbauen. Nötig sei nicht mehr und nicht weniger als ein Neuanfang; denn kommunale Wohnungsbaugenossenschaften seien der einzige Weg, hieß es, auf den örtlichen Wohnungsmarkt Einfluss nehmen zu können.

Anstatt hier nun sofort die Äußerung des Herrn Ministerpräsidenten in demselben Beitrag zu thematisieren, erscheint es uns naheliegend, erst einmal die Thesen des Mietervereinsvorsitzenden selbstkritisch zu hinterfragen. Ein Neuanfang bei den Wohnungsbaugenossenschaften? Wohnungsbaugenossenschaften als einziger Weg, um Einfluss zu nehmen und das Angebot an bezahlbarem Wohnraum verbessern zu können? Warum immer diese pauschalen Thesen? Warum immer wieder die Äußerung vermeintlicher Patentrezepte für den Wohnungsmarkt, wo wir es doch hier mit einer äußerst vielschichtigen Problemlage zu tun haben? Wenn offenbar in Reaktion auf derart pauschale Forderungen anschließend vom Herrn Ministerprä

sidenten die Eignung des Staates als Unternehmer kritisch hinterfragt wird, erscheint uns dies durchaus nachvollziehbar. Gerade Sie, Herr Dr. Stegner, als ehemaliges Mitglied im Aufsichtsrat der HSH Nordbank sollten doch die Unzulänglichkeiten staatlichen Unternehmertums noch in lebhafter Erinnerung haben.

(Beifall AfD)

Wozu also die ganze gespielte SPD-Empörung? Notwendig ist an dieser Stelle zunächst, konkret die Ursachen für die Krise auf dem Wohnungsmarkt zu benennen. So äußerte der Vorstand des Rings Deutscher Makler Berlin-Brandenburg erst kürzlich, dass die Flüchtlingskrise hier nicht vieles, sondern alles verändert hat, meine Damen und Herren.

(Zurufe FDP: Ah!)

Vielerorts ziehen Flüchtlinge aus Gemeinschaftsunterkünften in reguläre Wohnungen und verstärken dadurch die Nachfrage, gerade im Bereich des preisgünstigen Wohnraums. Sie konkurrieren dabei mit zahlreichen Bewerbern mittlerer und kleiner Einkommen, mit Studenten und Auszubildenden, sodass der soziale Druck auch hier immer weiter zunimmt.

Auch die statistischen Prognosen für die Bevölkerungsentwicklung in Schleswig-Holstein sind im vergangenen Jahr nochmals angehoben worden. Im Jahr 2020 können wir mit circa 2,9 Millionen Einwohnern bei uns im Land rechnen.

Der Neubaubedarf wird insbesondere in Kiel, Neumünster und Flensburg sowie im Hamburger Umland auf absehbare Zeit überdurchschnittlich hoch bleiben. Der NDR-Fernsehbeitrag vom 10. März 2018 nahm deshalb zutreffend auch die Stadt Elmshorn in den Fokus. Jährlich werden somit mindestens 16.000 Wohnungen zusätzlich benötigt.

Die Weiterentwicklung des kommunalen Wohnungsbaus muss berücksichtigen, dass neues Bauland nur noch eingeschränkt zur Verfügung steht. Gerade deshalb sind Maßnahmen der Nachverdichtung, wie Herr Vogt eben schon gesagt hat, durchaus sinnvoll. Auch die verstärkte Umwandlung von Büro- und Geschäftsräumen zu Wohnungen sowie der Dachgeschossausbau in den genannten Städten und im Hamburger Umland sind geeignete Maßnahmen, um den immensen Druck auf dem Wohnungsmarkt etwas abzumildern.

Es geht hier also nicht um einen vermeintlichen notwendigen Neustart bei den Wohnungsbaugenossenschaften; es geht um eine ziel- und zweckgerichtete Förderung der Kommunen. Hier geschieht doch

(Jörg Nobis)

einiges, wie das Wohnraumförderungsprogramm 2015 bis 2018 und weitere Sonderprogramme unterstreichen, auf die sich das Land, die Kommunen und die Wohnungswirtschaft verständigt haben. Immerhin steht ein finanzielles Volumen von 760 Millionen € zur Verfügung.

Als AfD befürworten wir es, dass kleine und mittlere Städte jetzt stärker in das politische Blickfeld gerückt werden. Wir betrachten es ebenso als absolut notwendig, dass die weiteren Planungen auch Regionen und ländliche Räume gleichermaßen einbeziehen, und vertreten die Auffassung, dass eine grundsätzliche Lockerung von Neubaubegrenzungen nicht notwendig ist. Es geht heute nicht mehr um die Neuerrichtung von Trabantenstädten, sondern um die sinnvolle Einbeziehung von Umlandregionen in städtische Planungen.

Die in der Vergangenheit immer wieder geforderten Leerstands- und Zweckentfremdungsverbote in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt halten wir für ungeeignet. Zum Scheitern der Mietpreisbremse ist auch an diesem Rednerpult schon genug gesagt worden.

Wir erinnern als AfD-Fraktion nochmals an die fortbestehende Notwendigkeit, die Neubaukosten zu senken. Die sukzessive Erhöhung der Eigentumsquote bleibt eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine Entspannung am Wohnungsmarkt. Es ist und bleibt widersprüchlich, wenn der Staat auf der einen Seite den sozial Bedürftigen in unserer Gesellschaft Wohngeld zahlt und erhebliche Zuschüsse für den sozialen Wohnungsbau gewährt, auf der anderen Seite aber den Erwerb von Immobilieneigentum hoch besteuert.

Wer diese vielschichtige Problemlage nicht zur Kenntnis nimmt und wer die Ursachen dafür nicht objektiv aufarbeitet, der, meine Damen und Herren von der SPD, wird auch in Zukunft wenig bis nichts zur Lösung beitragen können. Aktuelle Stunden wie diese werden daran nichts ändern. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordneter Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Grundsätzlich kann man sicherlich sagen, dass es notwendig ist, immer wieder einmal über den Wohnungsbau zu reden. Meiner Meinung nach

ist dies wirklich eines der größten Probleme, die wir nicht nur hier im Land Schleswig-Holstein, sondern in der gesamten Bundesrepublik haben. Wenn man sich das ansieht: Hier in Kiel debattiert man wirklich intensiv darüber, wo man denn Wohnungsbaugebiete mit wem erschließen kann. Das ist eine große politische Diskussion hier. Das unterscheidet Kiel nicht von anderen großen Städten. Die Wohnungsnot ist eindeutig groß.

Wir merken das im Übrigen auch in den Mittelstädten. Bei mir zu Hause in Husum sind kleine Wohnungen extrem selten und pro Quadratmeter im Vergleich extrem teuer. Familien haben inzwischen Schwierigkeiten, weil sie nicht mehr in der Lage sind, sich in der Stadt, in der Nähe des Arbeitsplatzes, anzusiedeln, weil die Wohnungen fehlen, sodass sie aufs Land ausweichen müssen. Im ländlichen Raum wiederum besteht das Problem, dass gar nicht so viele Wohnungen zur Verfügung stehen, die man überhaupt mieten könnte. Daran merkt man schon, dass dieses Problem wirklich das ganze Land betrifft.

(Beifall Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Nun debattieren wir eigentlich auf der Grundlage einer einzigen Äußerung: Der Ministerpräsident hat gesagt, dass er nicht glaube, dass kommunale Wohnungsbaugenossenschaften die Lösung seien. - Sein Vorredner des Mieterbundes sagte, das sei aus seiner Sicht die einzige Lösung. - Diese Haltung kann man haben, man kann auch eine andere Haltung haben. Ich würde sagen, das ist völlig egal, denn das entscheiden die Kommunen. Wenn eine Kommune das will, davon begeistert ist und einen Plan hat und sagt, sie gründet eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft, macht es vielleicht auch mit den Bürgern gemeinsam, macht eine AG daraus, sodass sich wie wir es auch von der Windenergie kennen - jeder daran beteiligen kann, dann soll sie es meinetwegen tun. Wenn es eine Genossenschaft gibt, ist das auch in Ordnung. Auch private Anbieter, sowohl Einzelvermieter als auch Gesellschaften, tun durchaus viel in diesem Bereich. Selbstverständlich gibt es überall schwarze Schafe, aber vom Grundsatz her sind alle an diesem Markt engagiert, und es ist nicht ausgeschlossen, dass auch eine private Gesellschaft preiswerten Wohnraum anbieten kann und dies auch will.

(Beifall Werner Kalinka [CDU])

Deswegen glaube ich, ist es nicht wichtig, darüber zu diskutieren, welche Form nun die beste ist. Das entscheiden immer diejenigen, die das auch anbieten wollen. Die Frage, die sich uns stellt, lautet

(Jörg Nobis)

vielmehr, wie wir als Land Schleswig-Holstein den Wohnungsbau am besten unterstützen können. Das ist doch das Entscheidende.

(Beifall SSW und SPD)

Dabei ist es mir völlig gleich, welche Gesellschaft das ist; denn das Land kann die Vergabe seiner Mittel an Ziele koppeln, die es vorgibt, und diese müssen dann erfüllt werden, ganz gleich, in welcher Rechtsform jemand am Markt tätig ist.

Wir haben gesagt, wir müssten zunächst einmal eine Grundlage haben. Wir haben in der Tat - der Kollege Stegner hat es eben schon gesagt - als Küstenkoalition ein sehr erfolgreiches Programm mit einem hohen Volumen von immerhin 760 Millionen € in der Gesamtsumme aufgelegt. Das ist schon eine Hausnummer. Damit kann man schon ein paar Häuschen bauen. Uns stellt sich weniger die ideologische Frage, sondern wir fragen: Wie viel ist eigentlich von dem Geld ausgegeben worden? Ist das am Markt angenommen worden? Gibt es ein Nachfolgeprogramm? Welche zusätzlichen Ideen gibt es? Sind die Kriterien, die wir aufgestellt haben, immer noch die richtigen, oder sollten wir die Kriterien ändern?