Protokoll der Sitzung vom 21.03.2018

Ich finde, Herr Ministerpräsident und liebe Kolleginnen und Kollegen von der schwarzen Ampel, Sie lassen die Mieter im Regen stehen. Von Ihnen haben die Mieter nichts anderes zu erwarten, als sich ständig die Reden „Privat vor Staat“ anzuhören. Sie zeigen auch nicht die Bereitschaft, den Status quo zu verbessern. Das ist aber nötig. Wir brauchen neue Instrumente, wir brauchen mehr Geld, wir brauchen besseren Mieterschutz.

Ich will Ihnen eines sagen. Und deswegen finde ich diese Ideologie falsch: Im Grundgesetz steht nicht der Satz „Jeder ist sich selbst der Nächste“, sondern im Grundgesetz finden Sie, wenn Sie einmal nachschauen:

„Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

Das steht im Grundgesetz, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD)

Ihre Politik sollte diesen Satz eigentlich mit Leben füllen; das tun Sie aber nicht.

Von Carl Zuckmayer stammt der Satz:

„Der Schlaf ist für manche Menschen der fruchtbarste Teil ihres Daseins.“

(Dr. Ralf Stegner)

Bei dieser Koalition hat man den Eindruck, der Übergang von Winterschlaf zur Frühjahrsmüdigkeit findet gar nicht statt. Sie machen gar nichts, Sie schlafen.

(Zurufe CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP: Oh!)

Ich sage Ihnen eines: Die Menschen in diesem Land, nämlich die Menschen, die sich fragen, wie sie ihre Miete bezahlen sollen, die sich fragen, wie sie eine Wohnung für eine normale Familie finden sollen, werden darüber debattieren. Ob Ihnen das nun gefällt oder nicht.

Sie haben den Journalisten in diesem Hause erzählt, es gebe gar keine Aktualität für dieses Thema. Fragen Sie doch einmal die Menschen; die werden Ihnen sagen, es gibt Aktualität für das Thema „bezahlbaren Wohnraum“. Wer das will, der findet das bei den Sozialdemokraten und SSW wieder. - Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall SPD)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Peter Lehnert.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als mir meine Fraktion den Antrag der SPD-Fraktion für eine Aktuelle Stunde zu dem heutigen Thema vorgelegt hat, habe ich mich zunächst gefragt: Was ist daran jetzt aktuell? Nach Ihrer Rede ist mir das immer noch nicht klarer geworden, weil wir über dieses Thema bereits bei fast jeder Plenarsitzung geredet haben. Ihre Kollegin Ünsal - Sie erinnern sich sicherlich noch daran - hatte dazu ja sogar einen Antrag eingebracht. Darüber haben wir in der letzten Plenartagung debattiert und haben ihn auch an den zuständigen Innen- und Rechtsausschuss überwiesen. Wir machen dazu eine Anhörung und diskutieren darüber. Wenn wir jetzt also alle Anträge, die wir noch im parlamentarischen Verfahren in den Fachausschüssen haben, zu einer Aktuellen Stunde heben, dann wird es schwierig, das alles konstruktiv abzuarbeiten.

(Beifall CDU, FDP und Lars Harms [SSW])

Eines, Lars, möchte ich auch noch sagen. Ihr vom SSW habt ja auch für die 13. Plenartagung einen, wie ich finde, sehr interessanten Berichtsantrag mit ganz konkreten Fragen zum sozialen Wohnungsbau gestellt. Dieser soll auch behandelt und abgearbeitet

werden. Darüber werden wir auch noch diskutieren. Das ist konstruktive Oppositionsarbeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Die einzige Erklärung, die ich noch hätte, ist, dass am 6. Mai 2018 Kommunalwahlen stattfinden. Insoweit will die SPD vielleicht dazu ein Thema besetzen. Sie fragt sich: Wie kriegt man Aktualität hin?

Der Herr Ministerpräsident - das weiß ich, weil ich selber dabei war - ist beim Mieterbund gewesen und hat dort klare Aussagen gemacht. Im Übrigen waren ja auch drei Kollegen von der SPD-Fraktion anwesend; das werden Sie sicherlich bestätigen. Der Ministerpräsident hat dort ausdrücklich gesagt, dass diese Landesregierung beim Thema Wohnungsbau in der Kontinuität aller Vorgängerregierungen stehe, dass sie genau dieselben Förderprogramme mit Unterstützung des Bundes und mit Unterstützung der Institute der Investitionsbank, die uns zur Verfügung stehen, vollständig fortführen werde. Denn dieses Thema ist wirklich nicht geeignet, um damit parteipolitische Profilierung zu betreiben.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Sie haben dankenswerterweise, wie ich finde, in einer nie da gewesenen Untertreibung darauf hingewiesen, dass auch die Sozialdemokraten Fehler gemacht hätten. Die Verkäufe der Wohnungsbaugesellschaft in Kiel gehen, glaube ich, auf Herrn Gansel zurück, langjähriger Bundestagsabgeordneter der SPD und Oberbürgermeister. Ich kann mich noch sehr genau an die Debatte hier im Landtag mit der Ministerpräsidentin Simonis erinnern, als damals HDW verkauft wurde, als 10.000 Werkswohnungen an Preussag gingen, als Thomas Stritzl und ich hier ausdrücklich noch einmal darum gebeten und gesagt haben - Werner, Du weißt das auch noch -: Das kann doch nicht einfach so im Paket mitgehen, sondern da muss es eine Rückfallklausel für den Fall geben, dass das weiterveräußert wird. Es hieß: „Nein, der Vorstandschef von Preussag hat mir in die Hand versprochen, dass das nicht passiert.“ Zwei Jahre später war der Herr nicht mehr Vorstandsvorsitzender, und was mit den Wohnungen passiert ist, wissen wir alle.

Das ist eine Untertreibung gewesen; denn damals sind extreme Fehler gemacht worden. Dass nun der Staat mit eigenen Wohnungsbaugesellschaften das besser machen würde, glaube ich nicht. Wenn ich mir die HSH Nordbank oder den Berliner Flugha

(Dr. Ralf Stegner)

fen anschaue, dann sind das nicht unbedingt Beispiele dafür, dass der Staat das zwingend besser macht. Der Staat muss eine Menge machen, aber er muss nicht selber bauen. Wir haben unheimlich viele leistungsfähige Wohnungsbaugesellschaften. Der VNW lehnt übrigens Ihren Vorschlag ab. Reden Sie doch einmal mit Herrn Breitner, langjähriger Innenminister, stellvertretender SPD-Parteivorsitzender. Der hat eine klare Meinung dazu.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wir haben also leistungsfähige Wohnungsbaugesellschaften, und wir haben private Wohnungsbaugesellschaften. Bei mir im Kreis Pinneberg gibt es die Firma Semmelhaack und andere Firmen, die mit den Kommunen Verträge schließen. Da ist in Bebauungsplänen vorgegeben, dass förderfähige Wohnungen - dafür haben wir ja diese Zuschussprogramme - von privaten Gesellschaften, von Wohnungsbaugesellschaften, in diesem Land gebaut werden. Es gibt insoweit eine hervorragende Zusammenarbeit. Warum soll ich jetzt künstlich neue staatliche Wohnungsbaugesellschaften gründen? Woher soll denn überhaupt das Personal dafür kommen?

(Beifall CDU und FDP)

Die haben doch heute schon Schwierigkeiten, genügend Personal zu bekommen, damit die Wohnungsbaugesellschaften die Projekte, die auch durch Landesprogramme gefördert werden, umsetzen können. Ich halte es also wirklich für relativ abenteuerlich, dass Sie versuchen, hier einen riesigen Popanz aufzubauen.

Ich möchte also doch herzlich darum bitten - Kollegin Ünsal, vielleicht können Sie noch einmal auf Ihren Fraktionsvorsitzenden einwirken -, dass wir auch weiterhin bei einer sachlichen Debatte und Auseinandersetzung bleiben. Den Bürgerinnen und Bürgern, deren Anliegen für Sie ja angeblich so wichtig sind, nützen wir mit solchen populistischen Scheindebatten überhaupt nicht. Lassen Sie es bitte sein.

(Beifall CDU und FDP)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Dr. Andreas Tietze.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst sagen: Für meine grüne Fraktion gilt: Zugang zu bezahlbarem Wohnraum, faire Bedingungen, bezahlbare Mieten, das alles ist eine grundpolitische Haltung, die wir haben und für die wir Wohnungsbaupolitik machen. Wohnungsbaupolitik der Zukunft ist für meine grüne Fraktion auch Sozialpolitik.

Deshalb möchte ich an Folgendes erinnern: Es gibt einen Dreiklang, der für uns zählt. Das sind zunächst Maßnahmen der Wohnraumförderung. Das ist eine Säule, die wir bereits lange Zeit in der Bundesrepublik haben und die von uns auch niemand infrage stellt.

Zweitens nenne ich die soziale Absicherung einkommensschwacher Haushalte. Ich möchte auch daran erinnern, dass Wohngeld, aber auch die Kosten der Unterkunft einkommensschwachen Familien die notwendige Hilfe des Staates sichern.

Die dritte Säule - auch das ist ein wichtiger Punkt, für den wir stehen - umfasst den sozialen Schutz durch Regelungen des allgemeinen Wohnmietrechts, den Schutz vor willkürlichen Kündigungen und den Schutz vor überhöhten Mieterhöhungen. Für diesen Dreiklang steht meine Fraktion.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun möchte ich gern auf das eingehen, was Sie, Herr Dr. Stegner, gesagt haben. Ich kann verstehen, dass Sie eine Äußerung des Ministerpräsidenten gehört haben; auch Sie sind ja häufig in Talkshows unterwegs. Herr Kollege Dr. Stegner, wenn wir allerdings jede Ihrer Äußerungen zum Anlass für eine Aktuelle Stunde hier im Parlament nehmen würden - Ihre täglichen Twitter-Meldungen will ich gar nicht einrechnen -, dann kämen wir wahrscheinlich nicht mehr nach Hause.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Deshalb habe ich mich schon gefragt, warum Sie sich auf diese Äußerung des Ministerpräsidenten bezogen haben. Man muss recherchieren und schaut sich dann diesen Video-Clip an. In 2 Minuten und 47 Sekunden wird darin über den Mietertag berichtet.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ich wollte nur et- was Werbung für den Ministerpräsidenten machen!)

- Lieber Herr Kollege Dr. Stegner, ich setze mich gern mit den Argumenten meines Ministerpräsiden

(Peter Lehnert)

ten auseinander, und das will ich jetzt tun. Ich war bei der Veranstaltung leider nicht anwesend, habe aber aus dem Statement zumindest drei Argumente herausgehört.

Das erste Argument haben Sie bereits genannt: Herr Günther soll gesagt haben, der Staat habe sich nicht als guter Unternehmer beim Wohnungsbau bewährt. Zweitens hat sich der Ministerpräsident dazu bekannt, sozialen Wohnraum zu schaffen. Drittens hat er gesagt, die Mietpreisbremse habe sich nicht bewährt. Es wurde so etwas wie ein Wucherparagraf gefordert, jedenfalls ein konstruktiver Vorschlag gemacht. Diese drei substanziellen, inhaltlichen Punkte waren auch Thema des Mietertages.

Kommen wir zu diesen Argumenten!

Argument Nummer eins: Kommunen können das besser. - Das ist übrigens eine Aussage des Geschäftsführers des Mieterbundes, der in diesem Bericht auch gesagt hat, einzig und allein Kommunen sollten Wohnungsbau betreiben. Er hat die These sozusagen noch einmal „angeschärft“, indem er zum Ausdruck gebracht hat, niemand anders dürfe das tun. Ich habe nicht verstanden, warum der Mieterbund diese These vertritt; denn ich gehe davon aus, dass auch die Wohnungsbaugenossenschaften seit vielen Jahrzehnten gute Arbeit in diesem Land leisten. Wieso jetzt eine Wohnungsbaugenossenschaft so viel schlechter sein soll als eine Kommune, erschließt sich mir nicht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Zweitens. Ja, der Ministerpräsident hat recht. Er hat gesagt, auch Wohnungsbaugesellschaften kommunaler Art seien in der Vergangenheit gescheitert. Auch Kollege Lehnert hat darauf hingewiesen: Tafelsilber wurde verscherbelt.