Es muss mehr Teilhabe drin sein. Das haben wir von den regierungstragenden Fraktionen sehr ernst genommen. Wir haben uns alles noch einmal Satz für Satz angeguckt, wir haben die ganzen Unterlagen noch einmal durchgearbeitet. Ich finde, wir haben heute mit dem Änderungsantrag, den wir im Sozialausschuss besprochen haben, einen guten Weg gefunden, unser Ziel für mehr Teilhabe für und mit Menschen mit Behinderung zu erreichen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kollegin Andrea Tschacher hat gerade ausführlich erklärt, in welchen Paragrafen wir welche Änderungen erreichen wollen. Darauf möchte ich nicht noch einmal eingehen, das wäre eine Wiederholung.
Mir ist ein Punkt ganz wichtig. Das zentrale Instrument, das wir heute endlich auf den Weg bringen, das sich Menschen mit Behinderung in SchleswigHolstein schon so lange gewünscht haben, ist die Arbeitsgemeinschaft, nicht eine Arbeitsgemeinschaft, die sich zu Besprechungen trifft und nicht ernst genommen wird, sondern eine Arbeitsgemeinschaft, die erstmals auf Augenhöhe mit den offiziellen Gremien verzahnt wird. Das ist ein guter Weg. Ich freue mich, dass wir das heute auf den Weg bringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Zusammenhang mit dem Ausführungsgesetz ist es auch wichtig, dass wir uns das Landesbehindertengleichstellungsgesetz angucken. Das gehört alles zusammen. Auch da haben wir nachgebessert. Ich finde es richtig, dass uns Uli Hase mit seinem Team noch einmal deutlich gesagt hat: Wenn ihr ein neues Gesetz macht, einen neuen Meilenstein auf den Weg bringen wollt, müsst ihr mich besser unterstützen.
Ich weiß, es war ein bisschen anstrengend in den vielen Beratungen, weil wir immer wieder nachbessern wollten. Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei den Partnern von Jamaika, bei unserem Sozialminister, Dr. Heiner Garg, beim Staatssekretär, Dr. Matthias Badenhop, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Sozialministerium, auch bei den Finanzpolitikerinnen und Finanzpolitikern, bei unserer Finanzministerin, Monika Heinold, und den Referentinnen und Referenten bedanken. Wir haben es möglich gemacht, das Gesetz heute nicht nur zu beschließen, sondern es auch wie Andrea Tschacher es gesagt hat - mit Leben zu füllen, ein Personaltableau hinzubekommen, das es mit Leben füllen und umsetzen kann. Auch das werden wir heute auf den Weg bringen. Darüber freue ich mich riesig. Vielen Dank für die Geduld, und vielen Dank für die guten Beratungen bei diesem Thema!
Ich möchte noch ein Wort an die Kolleginnen und Kollegen der SPD richten: Ja, wir haben einen anderen Weg gewählt. Das ist richtig. Aber das Ziel haben wir genau vor Augen: Wir wollen mehr Inklusion, wir wollen mehr Teilhabe in SchleswigHolstein. Dafür werden wir in Jamaika weiter arbeiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe noch einen Punkt, der mir sehr wichtig ist. Ich weiß, dass Sie Ihren Änderungsantrag aufrechterhalten, aber ich sage ganz deutlich: Ob es in den Kreisen und kreisfreien Städten noch einmal extra Vertretungen für Menschen mit Behinderung gibt - was ich mir wünsche, was wir von grüner Seite seit Jahren unterstützen -, steht auf einem anderen Blatt. Eines unserer Mitglieder ist in einem Kreis in SchleswigHolstein zurückgetreten, weil dieser Wunsch, für den er jahrelang gekämpft hatte, im Kreis leider keine Mehrheit gefunden hat. Trotzdem finde ich es richtig, dass in den Kreisen und kreisfreien Städten
heute von uns das Signal ausgeht: Auch wir können nachbessern, auch wir können für mehr Inklusion sorgen.
Darüber freue ich mich, und über die Zustimmung zu unserem Änderungsantrag würde ich mich auch sehr freuen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Teilhabe an Bildung, Arbeit, Kultur und an der Gesellschaft als Ganzes ist eine Aufgabe, die sämtliche Akteure, öffentliche wie private, verpflichtet. In Schleswig-Holstein erhalten derzeit 30.000 Menschen Eingliederungshilfe. Um die Umsetzung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung zu verbessern und zu verstetigen, hat sich der Bundesgesetzgeber - es war die damalige dritte Große Koalition von CDU und SPD - für große rechtliche Änderungen entschieden. Diese wurden zunächst von lauten Protesten von Betroffenen und Verbänden begleitet.
Vor gut einem Jahr, am 29. Dezember 2016, wurde das Bundesteilhabegesetz verkündet, der Startschuss für ein neues Reha- und Teilhaberecht, welches in mehreren Stufen final bis zum Januar 2023 in Kraft treten wird. Heute wollen wir die erste Stufe der Umsetzung auf Landesebene nehmen.
Der größte Paradigmenwechsel beim Bundesteilhabegesetz ist sicherlich die Herauslösung der Eingliederungshilfe aus dem Fürsorgesystem des SGB XII und die Überführung als neuer zweiter Teil in das SGB IX, das Sozialgesetzbuch über Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen. Dieser Wechsel soll ein modernes, personenzentriertes Teilhaberecht schaffen, welches sich zum einen stärker an den individuellen Bedarf einer Person richtet und zum anderen dem Träger der Eingliederungshilfe mehr Steuerungsmöglichkeiten bietet.
Damit diese Erneuerungen und Verbesserungen auch bei den Menschen vor Ort in Schleswig-Holstein ankommen können, muss dieser Gedanke landesrechtlich getragen und umgesetzt werden. Dies legt die Landesregierung nun mit dem ersten Teilhabestärkungsgesetz vor.
Mit Beginn 2018 sind organisationsrechtliche Entscheidungen zu treffen, wie zum Beispiel die Benennung des Trägers der Eingliederungshilfe, in Schleswig-Holstein zuerst die Kreisebene beziehungsweise die kreisfreien Städte. Als örtlicher Träger der Sozialhilfe aus dem bisherigen SGB XII haben die Kreisverwaltungen und die kreisfreien Stadtverwaltungen Erfahrungen bezüglich passgenauer lokaler Angebote für Menschen mit Behinderung. Das ermöglicht uns, den Aufbau einer neuen Verwaltungsstruktur zu vermeiden.
Ich freue mich ausdrücklich, dass in der Beratung im Sozialausschuss klar wurde, dass alle Fraktionen, alle Parteien die Kreise hier im Rahmen der Selbstverwaltungsaufgabe in der Verantwortung sehen. Es wurde kein einziger Änderungsantrag gestellt, der die Kompetenzen als Aufgabe zur Erfüllung nach Weisung definieren wollte.
Liebe SPD, lieber Herr Baasch, das ist noch vor vielen Monaten immer Ihr Ansatz gewesen, mit der Befürchtung, die Sie hier vortragen, dass es nicht mehr nach Postleitzahl erfolgen soll. Wenn Sie das konsequent hätten haben wollen, hätten Sie im Sozialausschuss einen Änderungsantrag stellen oder heute hier vorlegen können. Der liegt nicht vor. Ich finde es gut, dass wir diesbezüglich gemeinsam an einem Strang ziehen und die Verwaltungsstrukturen, die wir in Schleswig-Holstein haben, aufrechterhalten werden können.
Das Land wird für übergeordnete Steuerungs- und Koordinierungsaufgaben auch als Träger der Eingliederungshilfe benannt. Aufgaben des Landes drehen sich hier beispielsweise um die Landesrahmenvereinbarungen für die Eingliederungshilfe. Das Land führt des Weiteren die Geschäfte des Steuerungskreises der Eingliederungshilfeträger, sodass die Landesebene ebenfalls maßgeblich an der Ausgestaltung der Rahmenbedingung der Eingliederungshilfe mitwirkt.
Es wurde schon erwähnt, wir hatten eine sehr ausgiebige und intensive mündliche Anhörung, die erste, die ich als Abgeordneter mitgemacht habe. Ich freue mich, dass auch alle anderen sagen, das war eine außergewöhnliche Anhörung, die wir zum 1. Teilhabestärkungsgesetz hatten. Im Ergebnis sind wir mehrheitlich übereingekommen, dass beim Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung ein Beirat hinzugefügt wird, um ein breiteres Spektrum von Betroffenen einbeziehen zu können.
Die Landesarbeitsgemeinschaft wird stärker als zunächst geplant in die Verhandlungen des Steuerungskreises einbezogen. Die Steuerung des Landesbeauftragten, Uli Hase, haben wir als zentrale und maßgebliche Interessenvertretung gestärkt.
Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes erfolgt in mehreren Stufen. Wir diskutieren heute über die erste Stufe, bis 2030 werden weitere kommen.
Auch ich möchte mich dem Dank anschließen, vor allem an die Mitarbeiter in den Verwaltungen, an die Verbände, die sich hier immer wiederkehrend eingebracht haben, nicht nur in der mündlichen Anhörung, dafür, dass wir so viel Input von ihnen erhalten haben.
Ich bitte um ein positives Votum für die von der Jamaika-Koalition geänderte Fassung des Gesetzentwurfs und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich weiß nicht, ob Sie sich noch an die Reaktionen vieler Menschen erinnern, nachdem 2016 die ersten Inhalte des Bundesteilhabegesetzes öffentlich wurden. Die teilweise heftigen und spektakulären kritischen Reaktionen konnte ich damals durchaus nachvollziehen, denn man hatte zuvor sehr viel erwartet, und nun roch doch vieles nach Einsparpotenzial im Bereich der Eingliederungshilfe. Einiges roch auch nach Bevormundung, die man schon längst hinter sich gewähnt hatte. Dabei war auch damals eigentlich schon ganz unstrittig: Es ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, Chancengleichheit für Menschen mit Behinderung herzustellen und ihnen eine gleichberechtigte berufliche, kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Kommen wir zu Schleswig-Holstein: Mit dem Ersten Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes, dem 1. Teilhabestärkungsgesetz, nähern wir uns diesem Ziel mit einem großen Schritt.
Der Name des Gesetzes klingt etwas sperrig, und er ist es auch; aber es kommt auf die Inhalte an. Das Gesetz bringt in verschiedenen Bereichen ganz er
hebliche Verbesserungen für das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung. Bis jetzt war es so, dass Maßnahmen der Eingliederungshilfe vom Kreis ganz unterschiedlich aussehen konnten von Einheitlichkeit kaum eine Spur. Der Gesetzentwurf bringt nun einheitliche Teilhabeleistungen für Menschen mit Behinderung in ganz Schleswig-Holstein. Koordiniert werden diese durch den sogenannten Steuerungskreis. Das Land Schleswig-Holstein übernimmt nun auch inhaltliche Verantwortung. Übergeordnete Koordinierungsaufgaben werden zentral gesteuert, und dadurch werden Eingliederungshilfe und Teilhabemöglichkeiten vereinheitlicht.
Ein weiterer wesentlicher Kritikpunkt an der bisherigen Praxis war, dass die Betroffenen selbst im Gesamtkomplex der Eingliederungshilfe eher Statisten waren. Auch im ersten Entwurf des Landesgesetzes war es letztlich noch so, dass Menschen mit Behinderung gerade einmal so viel Mitsprache eingeräumt bekamen, wie durch das Bundesgesetz als Mindestmaß ohnehin vorgesehen war, und nicht mehr. Das konnte nicht so bleiben und wurde in der Anhörung zu dem Gesetzentwurf von verschiedenen Seiten zu Recht scharf und in der Sache kritisiert. Dabei stellte sich die durchaus berechtigte Frage, wie man die Interessenvertretung von Mitbürgern mit Behinderung am besten realisieren könne, und es wurde hier eine sehr pragmatische Lösung gefunden: Die maßgebliche Interessenvertretung bei der Bearbeitung und Beschlussfassung der Landesrahmenverträge werden erstens der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung und zweitens bis zu drei Mitglieder des Landesbeirats zur Teilhabe für Menschen mit Behinderung sein: ein Vertreter der Bewohnerbeiräte, ein weiterer Vertreter der Werkstätten und eine weitere Person, die der Landesbeauftragte beruft.
Die Bedeutung dieser Gruppe wird durch die neue Fassung des Gesetzentwurfs erheblich gestärkt. Bei Beratungen und Beschlüssen des Steuerungskreises ist sie frühzeitig zu beteiligen. Anregungen und Bedenken der Arbeitsgemeinschaft sind vor Beschlussfassung zu prüfen und beraten. Die Arbeitsgemeinschaft kann Initiativen an den Steuerungskreis richten, und zwar dauerhaft.
Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir statt einer weiteren Zusammenfassung, am Schluss ein persönliches Statement insbesondere an diejenigen zu richten, die nun vielleicht kritisch fragen, ob sich der ganze Aufwand überhaupt lohne und das alles nötig sei. Denen sage ich: Die allermeisten Behinderungen sind erworben, durch Unfall oder durch
Krankheit. Schon morgen könnte auch jeder von uns schwerbehindert sein. Das Leben würde sich schlagartig ändern, aber eines bliebe: nämlich der Wunsch, weiter als Mensch wahrgenommen und ernst genommen zu werden und weiter möglichst viel am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Problematisch ist nicht, dass das Gesetz nunmehr Einheitlichkeit und Mitsprache ermöglicht, sondern eigentlich ist beschämend, dass all das erst jetzt passiert.
Die Arbeitsgemeinschaft kann nun wirkungsvoll und unmittelbar die Interessen der Menschen mit Behinderung vertreten. All das wird mehr Arbeit mit sich bringen, aber jede Arbeit ist ihres Lohnes wert, und deshalb stimmen wir dem Antrag von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW zu, dass beim Landesbeauftragten eine zusätzliche Planstelle geschaffen wird.
Ganz zum Schluss auch noch einmal von meiner Seite vielen Dank. Es war für mich das erste Mal, dass ich so ein umfangreiches Gesetzgebungsverfahren miterleben durfte, und das forderte mir sehr viel Respekt ab, insbesondere gegenüber den Kräften, die im Hintergrund gearbeitet haben.
Bevor ich das Wort für die Abgeordneten des SSW dem Abgeordneten Flemming Meyer erteile, bitte ich die Fraktionsvorsitzenden, ihre Abstimmung vor den Plenarsaal zu verlegen. - Danke schön. Flemming Meyer, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir haben dieses Thema schon mehrfach diskutiert, doch wiederhole ich mich in einem Punkt gern: Mit der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes haben wir als Land eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe; denn hiermit werden die Teilhabeleistungen für Menschen mit Behinderung neu gestaltet. Damit sind fast alle ihre Lebensbereiche betroffen: Es geht um den Anspruch auf Hilfen im Alltag, um ihre finanzielle Unterstützung und damit auch ganz konkret um ihre Lebensqualität. Das gilt nicht etwa für eine kleine Randgruppe, sondern für mehr als eine halbe Million Menschen mit Behinderung, die bei uns in Schleswig-Holstein leben. All das ist aus Sicht des SSW Grund genug,
Gründlichkeit ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der mündlichen Anhörung sehr wichtig. Ich vermute nämlich, dass nicht nur der SSW die Befürchtung hatte, dass die weitreichende Kritik nicht im verdienten Umfang berücksichtigt wird. Vereinfacht gesagt war mit dem Gesetzentwurf zum Beispiel klar, dass das Land in Sachen Eingliederungshilfe Koordinierungsaufgaben übernimmt; aber welche konkrete Rolle es spielen sollte oder will, wurde weitgehend offengelassen. Das hält der SSW schon deshalb für falsch, weil das Land für gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Schleswig-Holstein sorgen muss. Dass die Leistungen weiterhin nach Wohnort variieren könnten, ist aus unserer Sicht auf keinen Fall hinnehmbar.