Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

(Serpil Midyatli [SPD]: Ja!)

Ich möchte eine persönliche Bemerkung vorwegschicken, liebe Serpil Midyatli, die jetzt nicht ganz in die humorvolle Stimmung des Kollegen Dolgner passt - auch ich musste dabei herzhaft lachen. Aber bei Ihrem Beitrag ganz am Anfang sind mir die Tränen in die Augen geschossen: wenn man das erlebt - den Platz, die Christopher Street - und wenn man weiß, welcher historische Hintergrund dahintersteckt! - Mein Partner ist New Yorker, er ist einer dieser Lateinamerikaner. Wenn er darauf angesprochen wird, schüttelt er den Kopf und sagt: Nein, ich bin New Yorker. Heute gucken wir uns an und sagen, wir sind inzwischen zwei alte Männer

(Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

- wir sind zwei ältere Männer; Herr Kollege Stegner, lassen Sie mich den Gedanken zu Ende bringen -, und wenn es irgendwie geht, dann verfolgen wir den Gay Pride in New York. Denn das ist mehr, als viele - möglicherweise auch von Ihrer Seite - erwarten. Das ist nicht nur das bunte Freudenfest, sondern das ist auch eine Solidaritätsbekundung, wenn Feuerwehrmänner und -frauen, wenn Polizistinnen und Polizisten hinter ihren lesbischen und schwulen Kolleginnen und Kollegen hinterhermarschieren und ihre Solidarität acht Stunden an einem Tag zum Ausdruck bringen.

Natürlich ist das auch in unserer heutigen Zeit ein klares politisches Statement. Es ist auch der Wille Herr Brodehl, an der Stelle widerspreche ich Ihnen vehement - einer Gesellschaft, gesellschaftliche Entwicklungen weiter voranzutreiben. Politik kann sich natürlich zurücklehnen und sagen: Wir gucken uns das einmal an. Es ist aber nicht Aufgabe der Politik, immer nur gesellschaftlichen Entwicklungen hinterherzulaufen, sondern es ist auch Aufgabe der Politik, Gesellschaft mit nach vorn zu gestalten.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich will Ihnen, Herr Kollege Brodehl, ganz persönlich sagen - und ich sage das in aller Ruhe -: Sie reduzieren Menschen wie mich ausschließlich auf Sexualität.

(Dr. Frank Brodehl [AfD]: Nein!)

- Doch, das haben Sie gerade getan.

(Jörg Nobis [AfD]: Das ist doch Quatsch! Sie haben nicht zugehört!)

- Doch, das haben Sie in Ihrem Beitrag gerade getan. Wir sind aber viel mehr. Liebe ist mehr als nur Sexualität.

(Zuruf Dr. Frank Brodehl [AfD])

- Lesen Sie Ihren Beitrag noch einmal nach! Wir können uns gern darüber unterhalten, wenn das Plenarprotokoll vorliegt. Sie reduzieren Menschen wie mich auf ihre Sexualität. Aber wir sind viel mehr, wir sind genauso Menschen wie jeder andere auch, Herr Dr. Brodehl.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Volker Schnurrbusch [AfD]: Mein Gott, das ist ja peinlich!)

Wir übernehmen auch Verantwortung füreinander, und zwar in den berühmten guten und schlechten Zeiten.

(Dr. Kai Dolgner)

Meine Damen und Herren, wie immer ein Empfang oder das Empfangen ausgestaltet werden wird, Sie werden das gut beschließen - das weiß ich -, Sie werden das gut umsetzen.

Zum Flaggenhissen kann ich nur sagen: Über dem Sozial- und Familienministerium wird die Rainbow Flag, die Regenbogenflagge, auch in diesem Jahr wieder wehen.

(Beifall FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, Lukas Kilian [CDU] und Peer Knöfler [CDU])

Wir haben uns letztes Jahr dazu entschlossen, die Existenz von Menschen, die sehr oft gar nicht sichtbar sind, dadurch hervorzuheben. Wir haben erstmals am internationalen Tag der Transsexuellen, also am 31. März, die entsprechende Flagge gehisst. Wir haben am Tag der Bisexuellen, also am 23. September, die entsprechende Flagge gehisst. Und wir haben auch am internationalen Tag der intersexuellen Menschen, am 26. Oktober, deren Flagge gehisst. Ich weiß, das ist ein Symbol, aber das soll ein Symbol sein, um Menschen sichtbar zu machen.

(Beifall FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Katja Rathje-Hoffmann [CDU])

Meine Damen und Herren, ich möchte in einer Gesellschaft leben und einen kleinen Beitrag dazu leisten, gemeinsam mit Ihnen allen, dass sich niemand mehr, dass sich kein einziger Mensch mehr dafür entschuldigen muss, wer er ist, wie er ist, wie er lebt und wen er liebt. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [AfD])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. - Oh, bitte!

Für die SPD-Fraktion erkläre ich zu den Anträgen: Wir übernehmen den kompletten Antragstext des Änderungsantrags, inklusive der geänderten Überschrift - das mit „Akzeptanz“ ist sehr richtig, wenn man sich auf den Wortstamm „tolerare“ bezieht -, und würden aber unseren letzten Absatz aufrechterhalten. Diesen Antrag stellen wir dann als unseren Antrag zur Abstimmung.

(Unruhe)

Der letzte Absatz bezieht sich auf die Regenbogenflagge. Ansonsten ist das eins zu eins die letzte Fassung des Antrags der Jamaika-Koalition.

Okay. - Ich lasse dann zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/594, in der eben vorgetragenen geänderten Fassung abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das gegen die Stimmen der Fraktion der SPD und der Abgeordneten des SSW mit den Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, CDU und AfD abgelehnt.

(Unruhe)

Ich lasse dann über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/620 (neu), abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? Der Antrag ist mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, FDP und CDU bei Enthaltung der AfD angenommen.

Ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr. Die Sitzung ist geschlossen.

(Unterbrechung: 12:56 bis 15:00 Uhr)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung und begrüße Sie alle ganz herzlich. Der Abgeordnete Dr. Kai Dolgner hat sich für heute krankgemeldet. Von dieser Stelle aus wünschen wir dem Kollegen gute Besserung.

(Beifall)

Frau Abgeordnete Ostmeier hat sich ebenfalls für den Rest der Sitzung krankgemeldet. Auch ihr wünschen wir gute Besserung.

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes

Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/581 (neu)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung

(Minister Dr. Heiner Garg)

und erteile Herrn Abgeordneten Oliver Kumbartzky von der FDP-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Urteil des OVG Schleswig vom 20. Januar 2015 wurde die Teilfortschreibung der Regionalpläne Wind für unwirksam erklärt. Die Folgen wurden hier vielfach diskutiert, und sie beschäftigen uns noch immer.

Wir alle wissen um die Notwendigkeit, endlich zu wirksamen und gerichtsfesten Regionalplänen Wind zu kommen. Deswegen arbeiten wir bei der Windplanung gründlich und beharrlich weiter, und wir führen das in der letzten Legislaturperiode begonnene Verfahren modifiziert fort.

(Beifall FDP)

Der in dieser Woche vom Innenminister vorgestellte Zeitplan zeigt, dass wir - allen Unkenrufen zum Trotz - auf Kurs sind. Es passiert etwas, und Schleswig-Holstein hat die Chance, den Planungsund Investitionsstau endlich aufzulösen. Damit die Planung nicht konterkariert wird, ist es nun einmal notwendig, diese abzusichern, und diese grundsätzliche Notwendigkeit hat auch die Vorgängerregierung erkannt und aus diesem Grund seinerzeit ein Moratorium auf den Weg gebracht. Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen, daher muss das Moratorium nun folgerichtig verlängert werden.

Herr Hölck, die Planungen wären übrigens auch dann heute nicht abgeschlossen, wenn es keinen Regierungswechsel gegeben hätte, auch wenn Sie und die SPD hier hin und wieder einen anderen Eindruck vermitteln wollen.

(Beifall FDP und CDU)

Die Dauer des Moratoriums ist keinesfalls willkürlich gewählt. Das Moratorium, dessen grundsätzliche Zulässigkeit bereits gerichtlich geklärt ist, wird mit Auslaufen der Verlängerung vier Jahre bestanden haben. Es wird damit genauso lange dauern wie eine zulässige baurechtliche Veränderungssperre. Wir bewegen uns also in einem Rahmen, den der Bundesgesetzgeber für die Absicherung der Bauplanungspläne für zulässig erachtet. Den gleichen Zeitrahmen für die deutlich komplexeren und langwierigeren Regionalpläne Wind zum Maßstab zu nehmen, ist daher keinesfalls überzogen.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der von uns vorgelegte Gesetzentwurf beinhaltet aber mehr als die Verlängerung des Moratoriums. Wir wollen das Landesplanungsgesetz an die moderne Wirklichkeit anpassen und werden das Beteiligungsverfahren nicht nur transparenter und zugänglicher machen, sondern auch günstiger und schneller. Wir sichern etwa die möglichst frühzeitige Information der Öffentlichkeit gesetzlich ab, und zwar schon dann, wenn die Aufstellung eines Raumordnungsplanes geplant ist. Der Öffentlichkeit wird damit Gelegenheit gegeben, sich mit den wesentlichen Inhalten einer Planung möglichst frühzeitig auseinanderzusetzen, und mit der unverzüglichen Bereitstellung der Planungsunterlagen im Internet noch vor der Auslegung in Papierform passen wir das Landesplanungsgesetz an die Bedürfnisse und Arbeitsweisen des 21. Jahrhunderts an. Jamaika bringt auch hier an dieser Stelle dem echten Norden die notwendige Digitalisierung.