Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

Meine Damen und Herren, der von uns vorgelegte Gesetzentwurf beinhaltet aber mehr als die Verlängerung des Moratoriums. Wir wollen das Landesplanungsgesetz an die moderne Wirklichkeit anpassen und werden das Beteiligungsverfahren nicht nur transparenter und zugänglicher machen, sondern auch günstiger und schneller. Wir sichern etwa die möglichst frühzeitige Information der Öffentlichkeit gesetzlich ab, und zwar schon dann, wenn die Aufstellung eines Raumordnungsplanes geplant ist. Der Öffentlichkeit wird damit Gelegenheit gegeben, sich mit den wesentlichen Inhalten einer Planung möglichst frühzeitig auseinanderzusetzen, und mit der unverzüglichen Bereitstellung der Planungsunterlagen im Internet noch vor der Auslegung in Papierform passen wir das Landesplanungsgesetz an die Bedürfnisse und Arbeitsweisen des 21. Jahrhunderts an. Jamaika bringt auch hier an dieser Stelle dem echten Norden die notwendige Digitalisierung.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Informationen werden den Beteiligten und der gesamten Öffentlichkeit dadurch nicht nur einfacher, sondern vor allem auch deutlich frühzeitiger zur Verfügung gestellt. Damit geben wir allen mehr Zeit, sich mit den Planungen auseinanderzusetzen, ohne dabei insgesamt Zeit zu verlieren. Eine Auslegung der Unterlagen in traditioneller, analoger Form wird weiterhin in angemessener Form bei den Kreisen und kreisfreien Städten erfolgen, aber eine Übersendung von Plänen in Papierform an die Beteiligten wird darüber hinaus nicht mehr stattfinden. Das spart nicht nur Zeit, sondern das spart auch Geld.

Die Gesetzesänderung wird nicht nur die Windplanung positiv beeinflussen. Das geht manchmal ein bisschen unter, aber Landesplanung betrifft mehr als die Windenergie. Wir haben zum Beispiel gestern hier im Landtag über den Wohnungsbau gesprochen. Um den bestehenden Problemen auf dem Wohnungsmarkt zu begegnen, benötigt man auch hier zukunftsweisende, moderne landesplanerische Grundlagen.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Meine Damen und Herren, Schleswig-Holstein braucht also insgesamt eine Landesplanung, die den veränderten Gegebenheiten Rechnung trägt. Wir können es uns einfach nicht leisten, Ressourcen der Landesplanung zu verschwenden, wenn dies vermeidbar ist. Mit unserem Gesetzentwurf schaffen

(Vizepräsidentin Annabell Krämer)

wir die Möglichkeit, die Planungen zu vereinfachen und zu straffen und gleichzeitig die Bürgerbeteiligung zu stärken. Davon wird nicht nur die Windplanung profitieren, sondern alle betroffenen Bereiche.

Wir wollen die Gelegenheit nutzen, das Verfahren zu modernisieren, Hürden abzubauen und Bürgerbeteiligung zu stärken. Das wäre für sich genommen schon Grund genug, unser Vorhaben zu unterstützen. Die Dringlichkeit der Fortführung der laufenden Planungen verstärkt dies nur.

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss und danke ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Kirsten Eickhoff-Weber.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beraten heute einen Gesetzentwurf der Jamaika-Koalition zur Änderung des Landesplanungsgesetzes. Der Entwurf kommt völlig nackt und ohne jede Begründung daher. Das ist bemerkenswert. Eigentlich wollen wir doch, dass die Bürgerinnen und Bürger wissen, warum wir Dinge diskutieren, warum wir hier etwas tun. Deshalb ist es üblich, dass wir die Vorgänge mit Begründungen begleiten.

Das, was Herr Kumbartzky gerade ausgeführt hat, handelte viel vom Moratorium. Davon wissen wir erst seit gestern. Das, was Sie als Modernisierung und als Intensivierung der Beteiligung bezeichnen, ist letztendlich nichts anderes als Straffung. Der Innenminister hat schon in der 20. Sitzung den detaillierten Zeitplan für die Regionalplanung Wind dargestellt. Das war im Januar, und auch da wies er schon ausdrücklich auf das Moratorium hin. Also konnten wir davon ausgehen, dass die Regierung einen Entwurf zur Änderung des Landesplanungsgesetzes vorlegt, und zwar mit der Verlängerung des Moratoriums.

Ein Regierungsentwurf wäre durch Ressortbeteiligung, Parlamentsinformation und durch die Anhörung der Verbände gegangen. Das gäbe eine Begründung und eine Abschätzung der Auswirkungen. Dieses Verfahren sollte offensichtlich vermieden werden.

(Beifall SPD)

Stattdessen muss jetzt noch flugs die Verlängerung des Moratoriums in den Fraktionsentwurf eingefädelt werden. Meine Damen und Herren, das ist ein Verfahren aus der parlamentarischen Trickkiste. Natürlich geht es um die Änderung des Landesplanungsgesetzes. Der erste inhaltliche Aspekt in § 4 soll geändert werden, und zwar in: Die Landesplanungsbehörde ist die für die Raumordnung und die Landesplanung zuständige oberste Landesbehörde.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, 1960 legte Kai-Uwe von Hassel den Entwurf eines Gesetzes für die Landesplanung vor. Seitdem ist die Landesplanung in der Verantwortung des Ministerpräsidenten oder der Ministerpräsidentin. Dass Sie sich diese Verantwortung für die Weichenstellung der Zukunft durch einen Antrag der regierungstragenden Fraktionen aus der Hand nehmen lassen, ist mehr als unverständlich. Das zeugt nicht von Vertrauen, nicht von Weitsicht und auch nicht von Gestaltungswillen.

(Beifall SPD - Zurufe Oliver Kumbartzky [FDP] und Christopher Vogt [FDP])

Die Organisation des Landesplanungsrates wird nicht geändert. Nehmen Sie hier zur Kenntnis: Im März 2018 ist der Landesplanungsrat noch nicht einmal berufen.

In dem vorliegenden Entwurf geht es auch um eine Verkürzung der Umstellung der Beteiligungsverfahren. Diese soll während der laufenden Aufstellung der Regionalpläne erfolgen. Danke, dass Sie noch einmal darauf hingewiesen haben, dass wir auch über die Regionalpläne reden. Der Regionalplan Wind soll geändert werden. Das Verfahren wird auf Kosten der Bürgerbeteiligung gestrafft.

2014 hat die Küstenkoalition mit der Änderung des Landesplanungsgesetzes die digitale Beteiligung ermöglicht, wie es auch im Raumordnungsgesetz des Bundes formuliert ist. Das war eine richtige Entscheidung, das zeigt auch das Ergebnis der ersten Entwurfsauslegung zur Windenergie. Zwei Drittel der Stellungnahmen sind über das Online-Tool eingegangen, aber eben auch nur zwei Drittel.

2.200 Anregungen und Hinweise sind in Papierform eingegangen. Das heißt für mich: Wir brauchen beides, analog und digital.

(Beifall SPD)

Die Beschränkung der Auslegung in Papier auf die kreisfreien Städte und die Kreishauptstädte ist unverantwortlich; denn die aktuelle Teilfortschrei

(Oliver Kumbartzky)

bung der Regionalpläne zum Thema Wind betrifft gerade die Menschen in den ländlichen Räumen. Und dort soll auf die Auslegung verzichtet werden? Damit werden alle ausgeschlossen, die keine Digital Natives sind, die keine leistungsstarke Breitbandversorgung haben und die nicht über die technische Ausstattung verfügen. Hier spart das Land ein paar Druckkosten zulasten der Betroffenen. Das alles sollte vor der Kommunalwahl offensichtlich nicht an die große Glocke gehängt werden.

(Zuruf Oliver Kumbartzky [FDP])

Jetzt wissen wir auch, warum die Fraktionen jetzt und nicht die Regierung rechtzeitig mit ihrem Gesetzentwurf um die Ecke gekommen sind.

(Beifall SPD)

Wenn es gelingen soll, Ihr Wahlversprechen der größeren Abstände zur Bebauung einzuhalten, ohne das Klimaziel infrage zu stellen, dann muss an anderer Stelle gravierend von den vorliegenden Planungen abgewichen werden. Dazu muss der Kriterienkatalog geändert werden. Auch hier haben die Menschen in Schleswig-Holstein ein Recht zu wissen, wer die Zeche bezahlen soll, welche Schutzgüter Sie über Bord werfen werden.

Geheimniskrämerei bis nach der Kommunalwahl? Ich fordere Sie auf: Legen Sie die Karten auf den Tisch. Sorgen Sie dafür, dass die Menschen ehrlich beteiligt werden, denn sie müssen wissen, woran sie sind.

Wir werden uns in dem Verfahren für so viel Transparenz wie eben möglich einsetzen. Das versprechen wir den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Bevor wir fortfahren, begrüßen Sie bitte mit mir auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler des Sophie-Scholl-Gymnasiums aus Itzehoe. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag.

(Beifall)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Claus Christian Claussen das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Bei dem von den Koalitionsfraktionen vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Landesplanungsgesetzes könnte man

auch kurz als Planungssicherungsgesetz sprechen. Damit wird nämlich das Ziel des Gesetzes verdeutlicht. Wir wollen sicherstellen, dass die Planungsverfahren rechtssicher, zügig und für die Betroffenen verlässlich abgearbeitet werden können. Dafür ändern wir das Gesetz im Wesentlichen in zwei Bereichen.

Der erste Bereich betrifft das Verfahren, das vereinfacht und auch beschleunigt werden soll. Wichtig ist dabei aber, dass die Partizipationsmöglichkeiten von Bürgern, Kommunen und anderen Beteiligten nicht beeinträchtigt werden. Das stellen wir dadurch sicher, dass wir beispielsweise die Auslegung von gedruckten Unterlagen immer noch vornehmen, aber eben auf die Kreise und kreisfreien Städte beschränken. Im Übrigen werden die Unterlagen für die Beteiligten im Internet bereitgestellt oder elektronisch übermittelt, grundsätzlich mit einer Stellungnahmefrist von vier Monaten.

Meine Damen und Herren, wir reden alle gerne und oft von Entbürokratisierung und davon, dass Planungsverfahren beschleunigt werden müssen. Unser Gesetz macht für dieses Ziel einen Schritt in die richtige Richtung.

Der zweite Bereich betrifft das sogenannte Moratorium. Was ist damit gemeint, und was wird damit bezweckt? Nun, es ist nichts anderes als das, was wir beispielsweise aus dem Baugesetzbuch in § 14 mit der Veränderungssperre kennen. Danach wird nämlich ein grundsätzlich rechtmäßiges Bauvorhaben zurückgestellt, um im Baugesetzbuch der Gemeinde die Planungshoheit zu sichern und zu verhindern, dass während der Planungszeit ungewollte bauliche Entwicklungen stattfinden. Die Veränderungssperre ist also ein Element der Planungssicherung, das nach dem Baugesetzbuch maximal auf vier Jahre befristet ist. Deshalb sind wir überzeugt, dass ein vierjähriges Moratorium für das Land, um seine Planungen zu sichern, zulässig ist und einer gerichtlichen Überprüfung standhält.

(Beifall CDU und FDP)

Die Landesplanungsbehörde braucht diese Zeit, um die 6.500 Einwendungen aufzuarbeiten und einen neuen Planentwurf vorzulegen. Das wird vermutlich im Sommer der Fall sein. Damit ist das Verfahren aber noch nicht beendet. Die Öffentlichkeitsbeteiligung muss durchgeführt werden, gegebenenfalls muss sogar ein weiterer Planentwurf aufgrund der dann eingehenden Stellungnahmen erarbeitet werden.

Um die Punkte einmal aufzunehmen - es ist ja nicht einfach aus Jux und Dollerei entstanden, dass wir in

(Kirsten Eickhoff-Weber)

die Bearbeitung der Pläne gegangen sind -: Wir müssen auch feststellen - das hat auch das Wahlergebnis gezeigt -, dass eine breite gesellschaftliche Mehrheit für die bisherige Planung der Windkraft nicht zu erreichen war. Wir müssen die Bürger aber mitnehmen. Wir brauchen doch eine gesellschaftliche Akzeptanz für den Ausbau der Windenergie und die Energiewende insgesamt. Und dafür benötigen wir Zeit.

Ein Märchen ist es auch, wenn Sie von einem Stillstand bei der Windenergie sprechen. Sobald der Planentwurf vorliegt, können Ausnahmegenehmigungen erteilt werden, vorausgesetzt, dass das entsprechende Vorhaben nicht den Planungen widerspricht. Von daher werden wir auch ab Mitte des Jahres diese Möglichkeit für Ausnahmegenehmigungen haben.

(Beifall CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, wesentlich ist, dass am Ende des Planungsprozesses eine sichere Rechtsgrundlage für Investoren, für Grundeigentümer, für Betroffene und Gemeinden besteht. Und deshalb: Sagen Sie Ja zu einem modernen Verfahren, das Zeit spart, aber die Mitwirkungsmöglichkeiten nicht einschränkt. Und sagen Sie Ja zu einer Verlängerung des Moratoriums, um die Planungen zu sichern und einen verlässlichen rechtlichen Rahmen zu erarbeiten. Der Gesetzentwurf sollte also zur Beratung dem Ausschuss überwiesen werden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, FDP und Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])