Herr Kollege Arp, Sie kommunizieren jetzt nicht mit dem Minister, sondern eventuell mit dem Kollegen Vogel, der sich zu einer Zwischenfrage gemeldet hat. Gestatten Sie die?
Vielen Dank, Herr Kollege. - Meine Frage geht in die Richtung, weil Sie argumentieren, dass Steinburg kommen soll. Ich gebe ehrlich zu, die Formulierung „HVV-Beitritt jetzt“ ist durchaus interpretationswürdig, wenn man von vier bis fünf Jahren ausgeht. Mich interessiert aber - dazu haben Sie überhaupt nichts gesagt -, warum Steinburg und nicht eine - ich habe es dargelegt - mehr oder weniger vergleichbare Gebietskörperschaft wie Lübeck? Warum nur Steinburg? Warum dürfen alle anderen Bürgerinnen und Bürger, die in einer vergleichbaren Situation leben, nicht in den vermeintlichen Genuss des HVV-Beitritts kommen? Mir ist nicht klar, warum die Steinburger Bürgerinnen und Bürger Ihnen definitiv mehr wert sind als andere Bürgerinnen und Bürger.
- Ich habe nie gesagt, dass sie mehr oder weniger wert sind. Einen solchen Gebrauch von Bürgern würde ich für mich überhaupt nicht in Anspruch nehmen. Alle Bürger des Landes Schleswig-Holstein und von mir aus auch Deutschlands und der Welt sind gleich viel wert. Das sagt sogar unser Grundgesetz, Herr Kollege Vogel.
Darüber brauchen wir nicht miteinander zu diskutieren. Ein solches Niveau nehme ich gar nicht erst an. Aber ich will Ihnen etwas sagen: Bei uns war es ein Thema im Wahlkampf. Ich habe das nicht in Neumünster gehört. Ich habe es nicht in Lübeck gehört. Bei uns ist es so, dass wir mit den Pendlern, die jeden Tag zur Arbeit fahren, ständig ein Problem auf der A 23 haben, weil Sie es nicht geschafft haben, die A 20 auszubauen.
Wir haben immer dafür geworben, möglichst viele Menschen, die als Pendler jeden Tag zur Arbeit fahren, auf die Schiene zu bringen. Das ist insbesondere zwischen Itzehoe, Glückstadt und Hamburg ein großer Anteil. Dort hat man - wie auch in Lüneburg - immer wieder den Wunsch gehabt, Mitglied im HVV zu werden. Sie wollten die gleichen Bedingungen haben. Deshalb haben wir uns im Wahlkampf dafür eingesetzt. Wenn das andere nicht in dieser Weise zum Thema gemacht haben, dann ist bei ihnen der Druck wahrscheinlich nicht so hoch gewesen.
Darum ist es am Ende auch ein Erfolg von fleißigen Abgeordneten in der Region. - Auch von Bernd Voß. Ohne Frage. Er stand immer zwischen Baum und Borke. Hier hatte er Meyer zu gehorchen, und vor Ort wusste er genau, was seine grünen Wähler von ihm wollten. Insofern haben wir es gemeinsam durchgesetzt. Wir sind stolz darauf, und wir wissen, dass es bei Bernd Buchholz in guten Händen ist. Ich mache mir da überhaupt keine Sorgen. Der Beitritt kommt früher oder später, aber er wird kommen. Das ist sicher.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verkehrsdebatten am Freitagmittag in diesem Hohen Hause haben immer einen besonderen Charme. Ich will mit dem Zitat eines berühmten Menschen beginnen. Sie sind bestimmt wie ich alle Fan von Asterix. In einem dieser wunderbaren Asterix-Comics hat Julius Cäsar gesagt: Alea iacta est. - Der Würfel ist geworfen.
- Wörtlich heißt es „geworfen“, die Interpretation ist „gefallen“. - Das Kleine Latinum. - Deshalb steht im Koalitionsvertrag:
„Wir streben einen transparenten Nordtarif mit fairen Tarifzonen und durchgängigem Fahrkartensystem für Hamburg, SchleswigHolstein an …“
Es geht also nicht um das Ob, sondern es geht um das Wie. Bei den Fragen des Wie, lieber Herr Herr Vogt, haben Sie dem Herrn Minister wahrscheinlich nicht zugehört.
- Ja, Vogel. Freud lässt grüßen! - Sie haben dem Minister nicht genau zugehört. Er hat gesagt, es liegt nicht allein in unserer Hand, dieses System zu verhandeln. Ich darf noch einmal daran erinnern: Ihr Denkfehler beziehungsweise der Systemfehler ist: Wir wollen einen HVV-Betrieb. Sie wissen doch wie ich, wofür das H steht. Es steht für Hamburg und nicht für Schleswig-Holstein. Sonst würde es SHVV heißen.
Das heißt, Sie brauchen den Hamburger Senat. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Sie können hier fordern, was Sie wollen. Sie sind übrigens Vorsitzender des gemeinsamen Ausschusses. Insoweit haben Sie auch eine Verantwortung. Also einmal ran an den Speck! Der Minister hat klar und deutlich gemacht: Erarbeitung des Tarifmodells, Diskussion über Einnahmeaufteilung - eine ganz spannende Debatte bei Tarifen, kann ich Ihnen sagen; dabei kommen Sie bestimmt nicht leicht und schnell vom Platz -, Kostenermittlung, Finanzierbarkeit, Gremienbeschlüsse, Verträge, in der Technik muss vorgearbeitet werden, Infrastruktur. Sie haben das alles genannt, Herr Minister, und Sie haben darauf hingewiesen, dass wir als Schleswig-Holstein nicht alleine diese Erfahrung mit dem HVV-Beitritt machen. Es gibt Beispiele. Sie haben gesagt, wie lange das dauert. Das ist allen, die in diesem Hause seriös Politik betreiben, bekannt gewesen.
- Ich habe hier nie - - Sie werden bei den Grünen in der Verkehrspolitik nicht erleben, dass wir in Wahlkämpfen Dinge versprechen, die wir nicht halten können. Das ist eher bei Ihnen der Fall, bei uns jedenfalls nicht.
- Wir haben weder bei der A 20 noch bei der Fehmarnbelt-Querung noch beim HVV etwas versprochen, was wir hinterher nicht halten konnten. Das weise ich zurück. Da bleiben Sie bitte schön bei Ihrer Partei! Das ist nicht unser Stil.
Deshalb sage ich Ihnen: Auch in der Küstenkoalition war die Debatte um diesen Tarif ein mühsames Tagesgeschäft. Ich erinnere daran. Auch hier gab es Begehrlichkeiten. Wir wurden in dem Gutachten darauf hingewiesen, dass es entsprechend Zeit braucht und dass es eben nicht schnell geht.
Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal die Debatte aufgreifen, die Herr Kollege Vogel angestoßen hat. Wenn Sie jetzt sagen, Sie wollen den HVV-Beitritt für alle öffnen, dann wissen Sie auch: Wenn Sie das mit Lübeck, mit Ostholstein, mit all den Kreisen machen, dann kommen noch ganz andere Debatten auf. Kiel und Neumünster kommen auch dazu. Der gesamte Beitritt des Landes Schleswig-Holstein zum HVV würde ungefähr 23 Millionen € pro Jahr kosten. Da haben wir jetzt aber noch keine zusätzliche Leistung. Da fährt nicht ein Bus mehr, da fährt nicht ein Zug mehr, damit haben wir keine besonderen Vorteile im Sinne eines besseren ÖPNV. Vielmehr würden wir dieses Geld dahin gehend investieren.
Wenn Sie aber fragen, wie wir den öffentlichen Nahverkehr gerechter machen, oder wenn Sie fragen, wie wir ihn fahrscheinlos machen, oder wenn Sie mit mir darüber diskutieren wollen, wie wir ihn gar kostenlos machen, wie es die Bundesregierung jetzt vorgeschlagen hat, öffnen Sie bei mir alle Türen, und ich bin sofort bereit, mit Ihnen darüber zu diskutieren. Nur, dann reden wir über ganz andere Zuschussströme, dann reden wir über ganz andere Verantwortlichkeiten. Dann ist auch der Bund in der Pflicht. Dann reden wir darüber, ob der ÖPNV insgesamt nicht auch eine Strategie gegen die Dieselskandale und die Fahrverbote in den Städten ist.
Da bin ich sofort bei Ihnen. Wir können sehr gerne darüber nachdenken, wie wir es in Deutschland anders organisieren, auf andere Säulen stellen. Aber diese Klein-Klein-Debatte, die wir hier führen, bringt uns an der Stelle nicht weiter.
Wir sind gerne bereit, bei dem Thema Tarife einen größeren Schritt zu gehen. Wir haben es jetzt auch mit dem Semesterticket vor, was übrigens auch im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Wir sind auch offen für Bürgertickets, für Neun-Uhr-Tickets, wir sind bereit, uns die Schritte in der Tarifpolitik anzuschauen und sie im Sinne und zum Wohle der Menschen und auch der Umwelt zu gehen. - Hierzu gibt es ein paar interessante Ideen, die wir übrigens in diesem Hause gemeinsam teilen. - Deshalb werden Sie beim Thema Tarife mit uns immer konstruktive Politik sehen und erleben können.
Ich darf auch daran erinnern, dass vom Land Niedersachsen eine HVV-Card vorgeschlagen wurde, die so ausgestaltet ist, dass sie verbundübergreifend genutzt werden könnte. Es gibt ja in Deutschland Verbundsysteme. Ich erinnere an den Tarifverbund Berlin-Brandenburg, ich erinnere an den RheinRuhr-Tarifverbund, die es geschafft haben, diese lokalen Paritäten zu überwinden, bei denen gesagt worden ist: Es ist nicht nur die Metropole in der Mitte, die profitiert, sondern wir alle - auch die Peripherie - profitieren davon. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir einen Tarifverbund für die gesamte Tarifregion machen. Mehr Qualität, mehr Leistung, aber auch eine bessere Ausnutzung des ÖPNV - das ist ja der Vorteil solcher Verbundsysteme wie Berlin-Brandenburg oder Rhein-Ruhr.
Ich finde, insoweit müssen wir mutiger werden. Da müssen wir wohl auch als Region mehr tun. Denn wir stehen auch in Konkurrenz mit der Rhein-RuhrRegion, mit der Nord-Region und mit der BerlinBrandenburg-Region, wenn es um Wirtschaftsentwicklung, um Ansiedlung von Menschen, um Ausbildung, also um Fachkräfte, geht.
Deshalb sage ich Ihnen, es ist klug, dass sich Hamburg hier tatsächlich als Partner versteht. Wir kennen es aus der Verkehrspolitik: Es muss nicht immer alles zum Hauptbahnhof führen, es muss nicht alles auf die Mitte Hamburgs ausgerichtet sein. Insoweit ist auch Hamburg gefragt, einmal zu überlegen, wie eine intensivere und bessere Verkehrspolitik aussieht.
Wir sind bereit, diese Debatte mit Hamburg zu führen. Wir haben einen ersten Schritt gemacht. Ich sage noch einmal: Vertrag ist Vertrag. Wir stehen solidarisch zu diesem Vertrag. Die weiteren Schritte werden wir hier im Hause noch besprechen.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die FDP-Fraktion hat nun der Abgeordnete Oliver Kumbartzky das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erinnere mich noch sehr gut an die Debatte im Sommer 2016 hier im Landtag, als wir über den HVV-Beitritt Steinburgs debattiert haben. Damals