Protokoll der Sitzung vom 23.03.2018

Der Schuldenstand des Landes ist hoch - der Kollege Plambeck hat dies lang und breit dargestellt -; da müssen wir nicht drum herumreden. Durch die Schuldenübernahme der HSH Nordbank kommen in diesem Jahr weitere fast 3 Milliarden € hinzu. Dagegen wirken die Tilgungsleistungen, die die Küstenkoalition in den letzten Jahren erwirtschaften konnte, wie die berühmten Peanuts.

Unbestreitbar braucht es also einen Plan. Dabei haben Sie uns an Ihrer Seite, denn auch im Hinblick auf die Handlungsfähigkeit künftiger Generationen gibt es keine Alternative. Der Schuldenstand des Landes muss mittelfristig deutlich sinken. Warten wir also auf die Beratungsgrundlage. Ich lege den Antrag dann mal auf Wiedervorlage für April 2019.

Aber auch der schönste Plan - das möchte ich hier dann doch noch zu bedenken geben - ist nur so gut wie seine Umsetzung; denn die reale Tilgung wird am Ende abhängig sein von der Höhe der tatsächlichen Steuereinnahmen, der Zinsentwicklung und insbesondere von der Entscheidung dieses Hauses, inwiefern mögliche Haushaltsüberschüsse für Infrastruktur, Sondervermögen oder die Beamtenversorgung verwendet werden sollen.

Meine Damen und Herren, Grundsätzliches kann man gegen Ihren Antrag nicht einwenden. Deswegen stimmen wir ihm auch gern zu. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und Dr. Marret Bohn [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

(Beate Raudies)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort hat nun für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abgeordneter Lasse Petersdotter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Ein Staat kann seine Ausgaben vornehmlich durch zwei Maßnahmen finanzieren, und das sind auf der einen Seite Steuern und auf der anderen Seite Schulden. Wenn wir uns die Haushalte der Länder und des Bundes anschauen, dann sieht man sehr deutlich, für welchen der beiden Wege man sich in der Vergangenheit entschieden hat.

Ich bin gerade hier vorne an der Schuldenuhr vorbeigegangen, die damals vom Bund der Steuerzahler gemeinsam mit Monika Heinold angebracht worden ist. Wenn man sich die Zahl von 26 Milliarden €, die jetzt darauf steht und die in naher Zukunft noch weiter erhöht werden wird, anschaut. dann kommt man nicht umhin, auch einen Generationenkonflikt anzusprechen. Es geht um die Generation vieler, die hier im Haus sind, und um deren Eltern, die über die Verhältnisse meiner Generation gelebt haben. Wenn wir über Verhältnisse reden, dann kommen wir auch nicht umhin, über die HSH Nordbank zu sprechen, über die wir in der kommenden Plenardebatte noch eingehend debattieren werden. Aber auch dadurch wird sich der Schuldenstand aller Voraussicht nach auf mehr als 30 Milliarden € erhöhen.

Deswegen ist es Zeit, mit einem Zeit- und Maßnahmenplan eine gewisse Struktur in die Tilgung zu bringen, um Schuldentilgung nicht immer wieder in jedem Haushaltsjahr politisch neu aushandeln zu müssen oder um zumindest eine Richtschnur zu haben, an der sich diese Verhandlungen ausrichten sollen. Das bedeutet für uns allerdings nicht, dass es zwangsläufig eine Schuldenbremse hoch zwei werden soll; denn die Gestaltungsmöglichkeiten in der Gegenwart sind auch eine Frage der Generationengerechtigkeit.

Wir können es uns nicht so einfach machen, jedes Jahr eine Summe zu definieren, indem man einfach sagt, diese Summe X muss jedes Jahr getilgt werden, damit wir zum Zeitpunkt Y frei von Schulden sein werden. Wir müssen vielmehr über Mechanismen diskutieren, um die unterschiedlichen Faktoren zu bedienen; denn es gibt viele Effekte, die die Schuldentilgung beeinflussen können. Unter anderem wäre da selbstverständlich die Konjunktur zu

nennen. Aber auch die Inflation spielt dabei eine wichtige Rolle und allem voran natürlich auch der Zinssatz. Gerade mit Blick auf den Zinssatz dürfen wir nicht müde werden, lange Diskussionen zu führen.

Wir müssen weiterhin auch über Kooperationsmöglichkeiten mit dem Bund und den Kommunen nachdenken und darüber diskutieren, wie wir die Zinsen optimieren können. Denn es kann immer wieder sinnvoll sein, den Zinssatz durch gemeinsame Betrachtungen zu senken; das sorgt für eine Entlastung vor Ort und direkt in Bezug auf die Gegenwart.

Ein Zeit- und Maßnahmenplan ist letzten Endes eine Art Instrument zur Tilgungsdisziplin. Das ist eine Disziplin, die in der Vergangenheit nicht immer funktioniert hat, in den letzten fünf Jahren hat sie allerdings funktioniert. Es wurden Schulden getilgt, aber das war nicht immer der Fall.

Wenn wir über diese Tilgungsdisziplin und über diesen Mechanismus nachdenken, dann müssen wir bitte auch weiter als von der Tapete bis zur Wand denken, und wir müssen auch Vergleiche mit schwäbischen Hausfrauen auslassen. Denn es ist meiner Meinung nach zutiefst unseriös, wie diese Debatte häufig öffentlich geführt wird. Ein privater Haushalt ist eben doch etwas anderes als ein Staatshaushalt.

Und: Sparen ist kein Selbstzweck. Ich habe dies mehrfach gesagt und betone das immer wieder gern. Es ist eine Frage der Generationengerechtigkeit, ob wir in der Gegenwart die Möglichkeit haben, zu gestalte oder ob wir einfach nur sparen und dafür die Infrastruktur, die Schulen und alles andere hops gegen lassen. Davon hat meine Generation nichts und die Generation nach mir noch viel weniger.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Christopher Vogt [FDP])

Insofern müssen wir auch hier schauen, wie sich der Mechanismus orientiert an Investitionsquoten, an Konjunkturlagen, an gerade stattfindenden oder eben nicht stattfindenden Wirtschaftskrisen.

All diese Variablen müssen Berücksichtigung finden. Deshalb finde ich es wichtig, dass wir in der Erstellung dieses Konzeptes auch eine Befassung im Finanzausschuss haben, wo wir die Möglichkeit zur Anhörung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern haben, die einen Blick auf diesen Tilgungsplan werfen und ihre Expertise einbringen können. Ich habe eingangs gesagt, der Staat kann

sich hauptsächlich über Steuern und Schulden finanzieren. Eine Schuldentilgung funktioniert nicht immer nur über die Ausgabeseite. Sparen ist die ungerechteste Form des Schuldentilgens. Wir werden vielleicht nicht in diesem Maßnahme- und Zeitplan über die Ausgabeseite sprechen können, weil es landespolitisch kaum greifbar ist. Aber wir werden gesellschaftlich weiterhin Debatten über Steuern führen müssen, über die Frage wer besteuert und wie stark besteuert wird, ob die Lasten alle gerecht verteilt sind. Wir haben im Koalitionsvertrag einige Sätze dazu, Stichwort: Share Deals, die längst nicht alles finanzieren, Stichwort: Besteuerung von internationalen Unternehmen oder auch die Anzeigepflicht von Steuergestaltungsmodellen.

Auf die Ausgabeseite allein zu schauen, reicht als Gesellschaft nicht. Aber der Zeit- und Maßnahmenplan wird eine Möglichkeit geben, sich strukturiert und diszipliniert dem Thema der Schulden zu widmen und vor allen Dingen nicht nur von der Tapete bis zur Wand zu denken, sondern kommende Generationen im Mechanismus zu berücksichtigen. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Vielen Dank. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat Frau Abgeordnete Annabell Krämer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Schleswig-Holstein war lange Haushaltsnotlageland, und trotzdem - oder gerade deshalb - hat es die Schuldenbremse bereits im Jahr 2010 - als erstes Bundesland überhaupt - hier in die Landesverfassung geschafft. Eine ausgesprochen robuste Konjunktur und historische Niedrigzinsen ermöglichen uns bereits seit einigen Jahren Nettotilgungen. Das hat den Landtag schon im Jahr 2014 dazu bewogen - interfraktionell -, eine Tilgung der aufgelaufenen Altschulden ins Auge zu fassen und eine entsprechende Lösung einzufordern. Sowohl die Verankerung der Schuldenbremse als auch die Formulierung des Tilgungsziels sind fraktionsübergreifend zustande gekommen. Nun jedoch, weitere vier Jahre später, ist es unserer Meinung nach an der Zeit, an konkreten Regelungen zu arbeiten, wie ein stetiger und planvoller Schuldenabbau verbindlich festgeschrieben werden kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie notwendig eine rechtlich verbindliche Regelung ist,

lässt sich bereits an folgender Tatsache ablesen: In diesem Jahr werden die Zinsausgaben rund eine halbe Milliarde Euro betragen. Schon das ist eine gewaltige Summe, die unseren politischen Handlungsspielraum immens einschränkt. Doch wenn wir uns überlegen, dass das nur die Hälfte dessen ist, was wir noch im Jahr 2010 an Zinsen ausgeben mussten und das bei einem nahezu identischen Schuldenstand von aktuell 26 Milliarden €, dann ist das ein erheblicher Unterschied. Wenn wir jetzt noch überlegen, dass wir 2010 für das heutige Jahr 2018 von einer Zinslast für dieses Haushaltsjahr von 1,5 Milliarden € ausgegangen sind, also 1 Milliarde € mehr, als wir in diesem historisch niedrigen Zinsumfeld zu zahlen haben, wird uns dieser Handlungszwang erst recht bewusst, den wir jetzt haben.

Gerade vor diesem Hintergrund müssen wir uns einmal vor Augen führen, was unser Haushaltsüberschuss 2017 eigentlich bedeutet. Diesen haben wir den historisch niedrigen Marktzinsen zu verdanken. Wären die Zinsprognosen von 2010 auch nur annähernd eingetroffen, hätten wir in diesem Jahr und auch in den Vorjahren ein Haushaltsdefizit gehabt. Die Zinswende wird kommen. Das wissen wir alle, auch wenn wir heute noch nicht wissen, wann es so weit sein wird. Die gebeutelten Sparer sehnen diesen Zeitpunkt mit Recht herbei, denn ihre Einlagen schmelzen unter den aktuellen negativen Realzinsen Jahr für Jahr dahin. Aber wir Finanzpolitiker müssen diesen Zeitpunkt verdammt noch einmal fürchten und die öffentlichen Haushalte deshalb jetzt für steigende Zinsausgaben wappnen.

Das ist für uns eine Frage der Generationengerechtigkeit. Wir müssen die Haushaltsrisiken bändigen und dürfen nicht zulassen, dass uns die Zinslasten jene Investitionsmittel entziehen, die wir brauchen, um unsere Infrastruktur funktionsfähig zu halten. Da bin ich auch beim Kollegen Petersdotter. Wir wollen unsere Investitionsquote aufrechterhalten. Das ist ein elementares Ziel von Jamaika. Wir wollen dauerhaft über 1 Milliarde € investieren. Dann müssen wir gerade jetzt dafür Vorsorge schaffen, dass uns in späteren Jahren die Luft zum Atmen bleibt.

Wir bändigen die Haushaltsrisiken aktuell zwar kurzfristig, indem wir uns - Frau Heinold sei Dank - eines hervorragenden Zinsmanagements, auch mit der Absicherung von Derivaten, bedienen. Doch langfristig, meine Damen und Herren, hilft hier nur ein konsequentes Abtragen unseres Schuldenberges.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Lasse Petersdotter)

Dieser Schuldenberg wächst durch die unvermeidliche Übernahme der HSH-Altlasten um mindestens 5,5 Milliarden € auf die unfassbare Summe von über 30 Milliarden € an. Das ist unglaublich bitter und eine schwere Hypothek für die Zukunft, mit der wir jetzt umgehen müssen. Das HSH-Debakel muss für uns Ansporn sein, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die zukünftigen Belastungen zu begrenzen. Die Politik - Sie wissen es alle - steht tief in der Schuld zukünftiger Generationen. Das müssen wir uns bei all unserem Handeln immer wieder vor Augen führen.

Der vorliegende Antrag ist somit eine erste Antwort dieser Koalition auf die schwere Entscheidung, die wir in der nächsten Tagung zu treffen haben. Wir fegen den Scherbenhaufen zusammen und suchen den richtigen Umgang mit den finanziellen Folgen schwerer Fehlentscheidungen früherer Jahre.

Ein stetiger planvoller und verbindlicher Schuldenabbau ist unser Ziel. Zwar sind auch in den letzten Jahren schon Nettotilgungen vorgenommen worden, doch wenn wir ehrlich sind, hingen diese Tilgungen vor allem mit konjunkturellen Mehreinnahmen zusammen. Nettotilgungen werden durch das Haushaltsgesetz begünstigt, indem etwaige Haushaltsüberschüsse am Jahresende ausschließlich für Tilgungen oder für Zuführungen zu Sondervermögen verwendet werden dürfen. Diese Regel ist sinnvoll und trägt einer generationenübergreifenden Haushaltspolitik Rechnung. Doch wenn wir unser strategisches Ziel der Schuldentilgung ernst nehmen wollen, dürfen wir uns nicht auf konjunkturelle Sondereffekte verlassen. Wir wollen und müssen auch strukturell tilgen, und zwar nach einem mit unserem Zinsmanagement abgestimmten Plan, der dem Landeshaushalt aber auch weiterhin konjunkturelles Atmen ermöglichen muss.

Ich freue mich auf die Diskussion im Finanzausschuss und die Vorschläge aus der Finanzwissenschaft und hoffe somit auf breite Unterstützung hier im Haus. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort für die AfD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Jörg Nobis.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Freunde der sprichwörtli

chen schwäbischen Hausfrau! Ich sorge mich um die geistig-seelische Verfasstheit der Regierungskoalition. Mit Verlaub: Ihr Antrag ist ein Fall akuter Schizophrenie.

(Zurufe CDU)

Er gehört eigentlich auf die Couch zum Psychiater und nicht in dieses Hohe Haus.

(Zurufe CDU: Hey! Hey!)

Ich zitiere:

„Wir werden … einen Tilgungsplan für die vorhandenen Altschulden des Landes erarbeiten, mit dem wir ab 2021 zu planbaren Tilgungen gelangen.“

- stammt - Herr Koch, Sie schauen. Das aus dem Koalitionsvertrag.

(Zuruf Tobias Koch [CDU])

Einmal mehr scheint es so, als müssten die Koalitionsfraktionen die Landesregierung auffordern, den Koalitionsvertrag und auch das Regierungsprogramm umzusetzen.

(Tobias Koch [CDU]: Oh! - Zurufe CDU und FDP)

Jamaika führt Selbstgespräche mit Jamaika.

(Zurufe CDU)

Das könnte man noch als Schrulligkeit abtun. Vielleicht gehört es auch einfach zum großen politischen Spiel dazu. Wenn Sie nun aber, genau einen Monat, nachdem Sie den Haushalt verabschiedet haben, genau einen Monat, nachdem Sie die Möglichkeit gehabt hätten, erste Weichen zu stellen, wenn Sie nun also einen Monat nach der finalen Haushaltsdebatte hier in diesem Haus mit einem Antrag um die Ecke kommen, der so klingt wie Auszüge aus meiner damaligen Rede,