Herr Kollege Hölck, ich verstehe Ihren Redebeitrag bisher so, als ob Sie gleich den Antrag stellen wollen, den Landesmindestlohn zu erhöhen. Warum haben Sie einen derartigen Antrag nicht gestellt, wenn Sie sagen, dass der Landesmindestlohn im Moment auf seinem jetzigen Niveau nicht ausreichend ist?
- Wir reden hier nicht nur über den Landesmindestlohn, sondern auch über den vergaberechtlichen Mindestlohn, dessen Erhöhung Sie im Wirtschaftsausschuss verhindert haben. Wir reden auch über die Aushöhlung des Tariftreuevergabegesetzes, die ansteht. Das führt im Kontext doch dazu, dass Sie als Koalition Arbeitnehmerinteressen schleifen.
Ich habe noch eine weitere Frage dazu. Sie sagen, wir verhindern die Erhöhung des vergaberechtlichen Mindestlohns. Der liegt bei 9,99 € und wird tatsächlich nicht erhöht. Sie sagen, wir leben in einer Lohndumping-Gesellschaft. Schleswig-Holstein sei im Lohnkeller. Der Landesmindestlohn ist aber mit 9,18 € deutlich niedriger als der vergaberechtliche Mindestlohn. Wenn Sie jetzt keinen Antrag stellen, dass der Landesmindestlohn deutlich erhöht wird, gleichzeitig aber sagen, Sie seien dagegen, dass der vergaberechtliche Mindestlohn erhöht wird, dann versteht man das nicht, weil das unterschiedliche Aspekte sind, die Sie da aufrufen.
Unabhängig davon möchte ich Ihnen aber diese Frage stellen: Ich habe vorhin skizziert, dass der Anwendungsbereich des Landesmindestlohns ein sehr geringer ist. Was meinen Sie: Wie viele Personen sind vom Landesmindestlohn betroffen?
- Das weiß ich nicht. Das ist auch egal. Auch wenn es nur eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer wäre, wäre es mir wichtig, dass diese oder dieser vernünftig entlohnt wird.
Ich will Ihnen aber auch sagen - Sie warten ganz gespannt auf unsere Position zum Landesmindestlohn -: Ja, auch wir wollen den Landesmindestlohn in den Bundesmindestlohn einfädeln, wenn sichergestellt ist, dass der bundesweit gültige Mindestlohn auch das Niveau des Landesmindestlohns erreicht hat. Das ist noch nicht der Fall. Es gibt Erwartungen und Stellungnahmen, aber es gibt noch keine Erhöhung des Bundesmindestlohns. Deshalb finde ich es ein bisschen fahrlässig, das heute zu beschließen. Ihnen kann es gar nicht schnell genug gehen, den Landesmindestlohn zu schleifen und abzuschaffen. Es muss doch darum gehen, alle Möglichkeiten offenzulassen, um den Landesmindestlohn mindestens auf diesem Niveau zu erhalten. Wenn der Bundesmindestlohn erhöht worden ist, dann kann man den Landesmindestlohn immer noch einfädeln. Solange kann man warten. Das tun Sie nicht, zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Das will ich Ihnen auch noch sagen: Sie lassen wirklich keine Gelegenheit aus, um den Arbeitnehmern zu schaden.
Sie haben gegen die Erhöhung des Vergabemindestlohns gestimmt. Sie planen die Aushöhlung des Tariftreue- und Vergabegesetzes. Insofern bauen Sie Schritt für Schritt soziale Standards für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land ab. Gute Arbeit sieht anders aus. Von Ihnen haben die Arbeitnehmer nicht viel zu erwarten. - Herzlichen Dank.
Lieber Herr Kollege Hölck, finden Sie nicht, es ist eine außerordentlich große Heuchelei, wenn diejenigen, die die Einführung des Landesmindestlohns massiv bekämpft haben, der ja die Vorstufe war für den bundesweiten Mindestlohn - deshalb ist dieser ja gemacht worden - jetzt so tun, als seien sie daran interessiert, ihn zu erhöhen? Finden Sie nicht auch, dass dies ein Ausdruck außerordentlicher politischer Heuchelei ist?
- Das ist in der Tat so. Das ist Heuchelei, aber ich kenne die CDU, und das Erinnerungsvermögen der CDU ist sehr begrenzt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich konkret zu den beiden Tagesordnungspunkten komme und konkret etwas zum Landesmindestlohn wie auch zum Vergabemindestlohn sage, seien mir ein, zwei Vorbemerkungen gestattet.
Auch wir Grüne finden, dass durch den Bundesmindestlohn - wir haben ihn aus der Opposition heraus als nicht hoch genug kritisiert - durchaus wesentliche Verbesserungen in der Lohnpolitik der Bundesrepublik erreicht worden sind. Das ist nicht nur, aber auch ein Verdienst der SPD.
Es ist auch richtig, dass viele Befürchtungen von anderer Seite zum Thema Mindestlohn nicht eingetroffen sind und dass man das im Rückblick auch gern einmal kritisch reflektieren darf. Das gilt nicht nur für jene, die damals für die Einführung des Mindestlohns waren, sondern auch für jene, die sich damals mit Händen und Füßen dagegen gewehrt haben.
Es ist auch richtig, dass wir uns als Bundesland im Keller der Republik, zumindest was Westdeutschland angeht, befinden. Die Debatte, die wir heute zum Landesmindestlohn und zum Vergabemindestlohn führen - ich sage gleich noch ganz konkret etwas dazu, wie wir uns als Grüne positionieren und was auch meine persönliche Überzeugung ist -, hat aber nicht besonders viel damit zu tun, ob wir auf ein anderes Lohnniveau im Vergleich zu den anderen Bundesländern kommen. Hierfür müssen andere Dinge gemacht werden. Der Herr Minister hat es angesprochen. Das hängt auch mit Tarifabschlüssen zusammen.
- Genau! Aber die Frage des Landesmindestlohns und des Vergabemindestlohns spielt in die eine oder andere Richtung statistisch keine Rolle für die Frage, ob wir uns nun im Keller der Republik befinden oder nicht. Hierfür müssen andere Maßnahmen greifen.
Nun konkret zu den vorliegenden Anträgen und Gesetzentwürfen. Eigentlich hatte ich gedacht, dass es heute darum gehen soll.
Jetzt liegt, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, ein Gesetzentwurf der Landesregierung vor, mit dem der Landesmindestlohn zum 1. Januar 2019 auslaufen soll. Das ist - Herr Hölck, so jedenfalls unsere Information - der Zeitpunkt, zu dem in Berlin die nächste Erhöhungsstufe des Bundesmindestlohns in Kraft tritt. Das heißt, wir machen genau das, was Sie gerade als Ihre, als sozialdemokratische Position beschrieben haben: Wir schaffen den Landesmindestlohn zu dem Zeitpunkt ab, zu dem der Bundesmindestlohn in einem nächsten Schritt erhöht wird.
Lieber Herr Kollege Andresen, können Sie uns verraten, warum für die Koalition die Eilbedürftigkeit so groß ist, es zu regeln, bevor das eingetreten ist, was Sie prognostizieren? In Hamburg war der Mindestlohn übrigens niedriger, als das geschehen ist.
Zweitens. Finden Sie nicht auch, dass der Tarifvergabemindestlohn sehr wohl Einfluss auf die Lohnentwicklung im Land hat, weil er nämlich dazu dienen soll, ein Lohndumping zu verhindern, indem es attraktiver ist, es anderswo zu machen als in der niedrigsten Tarifgruppe im öffentlichen Dienst? Das ist ja die Begründung.
Mich würde interessieren: Warum die Eilbedürftigkeit, und warum sehen Sie keinen Zusammenhang mit dem Tarifmindestlohn?
- Zunächst zum Thema Eilbedürftigkeit. Ich kann überhaupt nicht erkennen, dass wir mit einer Eilbedürftigkeit unterwegs sind. Wir haben den Koalitionsvertrag im Juni letzten Jahres abgeschlossen. Die Thematik ist relativ schlank. Der Gesetzentwurf ist relativ schlank. Wenn ein Dreivierteljahr nach Unterzeichnung des Vertrags ein Gesetzentwurf auf den Weg gebracht wird, der zum 1. Januar 2019 greifen soll - das ist ja entscheidend; das steht im Gesetz -, weiß ich nicht, worin Sie große Eilbedürftigkeit erkennen. Das ist ein ganz normales Gesetzgebungsverfahren.
Es ist im Übrigen auch völlig egal, ob dies im Juli oder im Oktober beschlossen wird, weil der 1. Januar 2019 im Gesetz steht.
Zweitens. In der Masse hat es keinen Einfluss, weil vom Landesmindestlohn nicht besonders viele Menschen betroffen sind. Viele Versuche von uns und auch von anderen, nach dem Motto „Butter bei die Fische“ einmal herauszubekommen, wer konkret vom Landesmindestlohn betroffen ist und sich unterhalb des Landesmindestlohns in einem Beschäftigungsverhältnis befindet, sodass der Landes
mindestlohn greift, sind gescheitert. Das konnte uns in den vergangenen Debatten niemand erklären, auch Sie nicht. Ich denke, dass die Aussagekraft des Landesmindestlohns in Bezug auf das Tarifniveau oder den Lohnspiegel hier im Land nicht besonders groß ist.
Lieber Herr Kollege Andresen, Sie haben zwei Fragen beantwortet, die ich nicht gestellt habe. Ich habe Sie nicht gefragt, warum Sie den Landesmindestlohn jetzt erst abschaffen, sondern ich habe Sie erstens gefragt, warum Sie es tun, bevor das eingetreten ist, was unter Verweis auf die "FAZ" prognostiziert wird, warum Sie nicht warten konnten, ob diese Prognose zutrifft.
Die zweite Frage bezog sich auf den Vergabemindestlohn. Denn der Zweck des Vergabemindestlohns ist es, Lohndumping im öffentlichen Bereich zu vermeiden, indem das an eine vergleichbare Tätigkeit in der untersten Tarifgruppe des öffentlichen Dienstes gebunden ist. Das ist doch der Punkt, von dem Wirkungen ausgehen.