Protokoll der Sitzung vom 26.04.2018

(Beifall SPD und SSW)

Und dann wollen wir doch auch noch einmal auf die Bemerkung Showantrag eingehen: Ich habe den Verdacht, das hat etwas damit zu tun, dass Sie das ganze Thema komplett nicht verstanden haben. Aber ist ja egal.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Bornhöft?

Sehr geehrte Kollegin Eickhoff-Weber, da Sie hier gerade den Dreisatz aufgemacht haben: Machen Sie dann auch volkswirtschaftlich ceteris paribus, und es gibt nur die Neonicotinoide und nichts anderes, was die Bienenvölker die letzten 20 Jahren beeinträchtigt hat?

- Das hat doch niemand gesagt, Herr Bornhöft. Hören Sie doch einfach einmal zu.

(Dennys Bornhöft [FDP]: Ich habe Ihnen ge- rade zugehört!)

- Nein, das habe ich so nicht gesagt. Wenn Sie sich mit der Thematik eingehend befasst haben, dann werden Sie gesehen haben, dass die Neonicotinoide eine ganz besondere Art der Wirkweise haben. Sie haben es selbst beschrieben, dass die Bienen davon ein bisschen „döschig“ werden und alles das, was ein Bienenvolk, einen Bienenstaat ausmacht, dann nicht mehr funktioniert. Sie haben das selbst beschrieben. Außerdem haben die Neonicotinoide noch einen ganz anderen miesen Effekt, sie machen nämlich süchtig - selbst diese kleinen Insekten. Das heißt, es gibt auch noch einen Trend, dass sie immer wieder dahin fliegen, wo es Neonicotinoide gibt.

(Flemming Meyer)

Wir haben also mit dieser Wirkstoffklasse - das betrifft alle Neonicotinoide - eine ganz besondere Bedrohung für die Insekten. Das ist nichts, was ich mir jetzt gerade ausgedacht hätte, sondern das ist nachzulesen, wenn Sie die EFSA-Studien, die britischen, die kanadischen und amerikanischen Studien lesen. Überall kommt die Wissenschaft zu dem Ergebnis, dass die Gefährlichkeit und Bedrohung durch Neonics mit kaum anderen Mitteln zu vergleichen ist. Deshalb ist es so wichtig, dass wir genau über diese Gruppe sprechen - und nicht nur über drei Stoffe, an denen man zehn Jahre herumgeforscht hat, sondern über die gesamte Gruppe der Neonicotinoide.

(Dennys Bornhöft [FDP]: Gut, dann stelle ich fest, dass Sie meine Frage konkret nicht beantwortet haben! Danke! - Vereinzelter Beifall SPD und SSW)

Wenn wir dann Ihren Alternativantrag noch einmal genau angucken, stellen wir fest: Am 25. April, fünf Tage nach der Bundestagsdebatte, in der sich die Regierung erklärt hat, beantragen Sie einen Appell an die Bundesregierung, dass die sich am 27. April 2018 enthalten soll. - Mein Gott, fünf Tage zu spät!

Dann kommt das große Thema Forschung. Lieber Bernd Voß, wir haben 2013 und 2015 über dieses Thema diskutiert, und wir haben jedes Mal gefordert: Es muss geforscht werden! Wir haben eine Reform des Zulassungsverfahrens gefordert. Deshalb sind wir beide wahrscheinlich gleichermaßen froh, dass die EU seit Februar einen Sonderausschuss eingerichtet hat, der sich genau mit diesem Thema befasst. Aber das ist doch alles nichts Neues.

Dann hören wir jetzt auch noch, dass dieser Alternativantrag weitergehender sei als der von der SPD, in dem wir fordern, endlich den Schritt zu tun: weg mit Neonics, und zwar vollständig! - Das muss mir bitte noch einmal jemand erklären. Dafür wäre ich ganz dankbar.

(Beifall SPD und SSW)

Ganz ehrlich - zu den Themen forschen und entwickeln und alternative Methoden -: Die Agrarchemie unterstützt intensiv, mit Lobbyismus und viel Geld die Klagen in Europa gegen die Verbote. Aber die Kraft, wirklich zu sagen: „Wir gehen mit auf dem Weg hin zur Nachhaltigkeit, wir entwickeln alternative Methoden“, die entwickelt die europäische und deutsche Agrarchemie nicht. Auch an diesem Punkt müssen wir darüber nachdenken, ob wir wirklich weiter der zahnlose Tiger sein wollen.

Deshalb bleibe ich dabei: Es ist richtig, wenn wir uns jetzt dazu bekennen, dass der Ausstieg aus den Neonics kommen muss, und zwar aus allen. Denn sonst müssen wir über Bienensterben gar nicht mehr reden. So viele Insektenhotels können wir gar nicht aufhängen, damit wir unser Insektensterben aufhalten können.

(Beifall SPD und SSW)

Also, ich bleibe dabei: Ich bitte - gerade wenn man sich noch einmal den Proporz beim Antrag anschaut - um Zustimmung zu unserem Antrag. Bei Ihrem Antrag werden wir uns enthalten, weil er nur Dinge enthält, die irgendwie alle schon besprochen, beschlossen und entschieden sind. - Danke.

(Beifall SPD und SSW)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat Herr Abgeordneter Rickers.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegen! Sehr geehrte Frau Eickhoff-Weber, wir waren auf Bundesebene doch schon einmal weiter. Wir waren uns doch schon einig - das habe ich versucht, hier auch darzustellen -, dass die Abstimmung morgen mit der neuen Landwirtschaftsministerin Klöckner genau so ausfallen wird, wie Sie das fordern.

Wo ist aber der Unterschied in unserer Argumentation? - Sie wollen ein Komplettverbot, ohne zuvor zu untersuchen - Herr Schnurrbusch hat das ja dargestellt -, ob es nicht auch Neonicotinoide geben könnte, die nicht bienengefährlich sind.

(Kirsten Eickhoff-Weber [SPD]: Genau!)

Das Zweite, vielleicht haben Sie das auch nicht verstehen wollen, ist: Es gibt durchaus Unterschiede in der Anwendung. Wenn man das im Freiland macht und oberirdisch, wenn man es bei Pflanzen im Saatgut einsetzt, bei denen die Pflanze letztendlich blüht und von Bienen angeflogen wird, ist das ein himmelweiter Unterschied im Vergleich zur Anwendung bei einer Zuckerrübe, die vor der Ernte gar nicht zur Blüte kommt. Sie wird deshalb von Insekten auch so gut wie gar nicht angeflogen. Wissenschaftlich gesehen ist das wirklich ein himmelweiter Unterschied.

Deshalb ist es einfach zu schnell gesprungen, alles in Bausch und Bogen zu verbieten, ohne Alternativen vorzuweisen. Die haben Sie eben gerade nicht aufgewiesen. Die gibt es weder in der Wissenschaft

(Kirsten Eickhoff-Weber)

- vielleicht hat die auch geschlafen, das will ich gar nicht sagen - noch in der Industrie oder auch im Berufsstand. Wenn wir alles in Bausch und Bogen verbieten, haben wir morgen ein Riesenproblem.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Eickhoff-Weber?

Natürlich, sehr gern.

Verehrter Kollege Rickers, wenn wir über die Neonicotinoide sprechen und sagen, wir wollen ein Verbot dieser Wirkstoffklasse, dann ist das kein Antrag für morgen. Morgen wird so in Europa entschieden, wie es jetzt auf den Weg gebracht worden ist. Aber wir wollen damit ein Zeichen setzen, dass das nicht reicht, dass wir grundsätzlich ein Verbot der Neonicotinoide anstreben. Ich denke, wir beide sind uns einig, dass erst dann, wenn Zeichen aus der Politik kommen, der ganze Apparat von Wissenschaft, Forschung und Entwicklung anfängt zu laufen. Solange Politik sich nicht äußert, solange Politik keine Zeichen setzt, solange wird nichts passieren.

(Beifall SPD und SSW)

- Ich antworte gern. Die Zeichen sind ja gesetzt. Das sehen Sie an der Abstimmung, die morgen erfolgen wird, und an der heutigen Aussage, dass die drei genannten Neonicotinoide dann tatsächlich in der Zulassung auch nicht verlängert werden.

(Sandra Redmann [SPD]: Dann brauchen Sie gar nichts beantragen, dann ist es ja bereits so! Was soll das dann?)

- Ja, aber das muss doch trotzdem diskutiert werden. Es ist doch auch richtig, dass das hier diskutiert wird. Aber dass Sie alles verbieten wollen, macht für morgen keinen Sinn. Es mag ja sein, dass das in 15 Jahren Sinn macht oder in fünf Jahren, wenn es Alternativen gibt. Das wiederum haben Sie aber in keinem Satz erwähnt. Sie hätten auch sagen können: Wir sind für ein Verbot, wenn wir dann wirklich auch realistisch einsetzbare Alternativen für die genannten Produkte haben. Das tun Sie aber mit keiner Silbe. Sie sagen: Alles verbieten und dann einmal gucken, wie sich das System entwickelt. Das kann es ja nun wirklich nicht sein.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Ja, natürlich.

Wir sind doch beide lange genug im Geschäft. Dass sich irgendjemand freiwillig auf den Weg macht und Alternativen entwickelt, ohne Grund Geld in die Erforschung neuer Projekte investiert, ist doch utopisch. Ist Ihnen irgendein Fall bekannt, wo die Agrarchemie gesagt hat: „Huch, jetzt haben wir hier irgendetwas Besseres, ihr könnt das Giftigere vom Markt nehmen!“, ohne dass es politischen oder fachlichen Druck gegeben hat?

- Ja, natürlich sind mir da Beispiele bekannt. Denn am Ende zählt immer die wissenschaftliche Bewertung der von mir genannten Behörden auf EU- und Bundesebene. Da zählen nun einmal die EFSA und das BfR, also das Bundesinstitut für Risikobewertung.

Nehmen Sie einmal die Entscheidung zu Glyphosat: Am Ende war die Entscheidung, sich nach den Aussagen der Behörden zu richten, genau die richtige, nämlich Einschränkung für den Privatanwender, Einschränkung auf öffentlichen Flächen, Einschränkung bei nicht Sachkundigen, aber ansonsten eine Zulassung für die Landwirtschaft. Das war keine reine politische Entscheidung, sondern das war eine politische Entscheidung, die wissenschaftlich fundiert abgesichert worden ist. - Alles in Ordnung.

(Beifall CDU und Anita Klahn [FDP] - Zuruf Hans-Jörn Arp [CDU])

Ich glaube, ich habe alles gesagt. Denken Sie noch einmal darüber nach: Neonicotinoide nur in der Beize, nur bei Pflanzen, die nicht zur Blüte kommen. Auch dann wären alternative Stoffgruppen bei Neonicotinoiden nach wie vor eine Alternative zu denjenigen, die hoffentlich dann morgen auch verboten werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und vereinzelt FDP - Zuruf Sandra Redmann [SPD])

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Bernd Voß.

(Heiner Rickers)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Frage der Alternativen muss man einmal Folgendes sagen - das mag die CDU vielleicht gar nicht so gern hören -: Jetzt, da wir weltweit drei große Saatgut- und Pflanzenschutzkonzerne haben, beherrschen diese zwei Drittel des weltweiten Saatgutmarkts und über 60 % des weltweiten Pflanzenschutzmarkts. Eine große deutsche Firma, die mit dem Buchstaben B anfängt, ist bei den Neonics auch ganz vornan. Es geht da um nicht gerade kleine Millionenbeträge. Die Zusammenhänge sind uns klar, und uns ist auch klar, wie schwierig es ist, den entsprechenden Druck auszuüben. Wir haben zum Glück noch viele Mittelständler, die unterwegs sind, andere Sorten zu züchten. Das ist das eine.

Das andere, warum wir zu diesem Antrag sagen, dass wir heute einen Beschluss haben wollen, ist ganz klar: Wir haben jetzt endlich die Situation morgen scheint es zu klappen - und hoffen, dass da auch auf EU-Ebene keine und keiner mehr wackelt und die Bundesregierung zustimmt. Sie hat verdammt oft - auch mit der SPD in der Großen Koalition - bei all diesen Abstimmungen nicht mitgespielt. Von daher lauten die ganz klare Botschaft und die ganz klare Aussage, nicht in den Ausschuss zu überweisen, sondern sich darauf zu konzentrieren, über dieses Freilandverbot abzustimmen.

Das Nächste ist - da haben Sie ja recht, Frau Eickhoff-Weber -: Wir haben immer wieder gefordert, dass endlich nicht mehr nur - das muss man sich immer wieder reinziehen - anhand von Gutachten bewertet wird, die von den Antragstellern, also von den großen Unternehmen, den Chemiekonzernen, in Auftrag gegeben werden, sondern anhand von Gutachten, die die Genehmigungsbehörden in Auftrag gegeben haben. Seit 2009 ist das, wie ich vorhin schon gesagt habe, möglich. Jetzt ist die Verordnung endlich auf dem Weg, und es bestehen gute Chancen, dass sie in den nächsten Monaten kommen wird. Von daher ermöglicht auch dieser zweite Punkt ein klares Signal in Richtung EU und Bundesregierung, dass das nicht ins Stolpern kommen darf und umgesetzt werden muss.

Jetzt noch mal zu den Neonicotinoiden: An den verschiedenen Beiträgen von Ihnen und von Herrn Bornhöft sind die systemische Wirkung und die Probleme, die damit auftauchen, sehr deutlich geworden. Aber: Die haben eine ganze Reihe von Mitteln mehr - die man vielleicht auch noch gar nicht richtig aussprechen kann -, die, wie die Neonicotinoide, höchst problematisch sind und auch ge

nauer angeguckt werden müssen. Wir haben dazu landespolitisch - auch im Koalitionsvertrag - etwas geschrieben.

Ich plädiere dafür, dass wir Ihren Punkt - Ihren Antrag - mit in den Ausschuss hineinnehmen und da genauer gucken, welche Neonics wir in SchleswigHolstein im Einsatz haben, um bei dem Thema einfach weiterzukommen. Das führt weiter, als wenn wir uns hier lange zerlegen.