Protokoll der Sitzung vom 27.04.2018

Daten zu schützen, ist eben kein Ärgernis, soll und darf kein Ärgernis sein, sondern muss Teil des Selbstverständnisses eines freiheitlichen Staates sein. Gleichzeitig gilt aber auch, dass Datenschutz nicht eine einmalige, sondern eine kontinuierliche Aufgabe ist. Wir haben deshalb ganz bewusst einen Evaluierungsparagrafen eingeführt. Dieser ist zunächst eine Selbstverpflichtung. Wir wollen damit

deutlich machen, dass Datenschutz aktiv weiterentwickelt werden muss.

Wir sehen auch, dass es wichtige technische Entwicklungen gibt, die in der öffentlichen Verwaltung in den kommenden Jahren erhebliche Veränderungen zur Folge haben werden, seien es KI-Systeme künstliche Intelligenz -, sei es die gesamte Big-Data-Thematik, sei es digitale Kommunikation mit Bürgern, sei es Blockchain als Technologie. Datenschutz muss sich weiterentwickeln, sich an moderne Technologien und neue Herausforderungen anpassen.

(Beifall FDP - Unruhe)

- Ich hoffe, dass das Verlassen des Raumes durch die SPD-Kollegen nicht eine Reaktion auf mein vorheriges Lob ist. - Nun, eine moderne Verwaltung darf nicht stillstehen. Sie muss sich in einem kaum vorstellbaren Tempo der Entwicklung anpassen und sich weiterentwickeln. Datenschutz muss dabei ein integraler Bestandteil sein. Datenschutz wird auch in diesem Hause - davon bin ich überzeugt - ein Dauerthema bleiben.

Heute passen wir das Landesrecht an die neue europäische Rechtsnorm, an die Rechtssystematik an. Das tun wir, mit Unterstützung des ULD, in Time es ist hoffentlich gut umsetzbar - und mit Quality. Ich denke, da sind wir alle einen guten Schritt weiter. Wir werden diese Qualität im Laufe der Zeit noch weiter steigern. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und CDU)

Das Wort für die AfD hat der Abgeordnete Claus Schaffer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Verehrte Gäste! Der Datenschutz findet in der Gesellschaft immer weiter Akzeptanz und gewinnt in allen Lebensbereichen an Bedeutung. Das nun zu beschließende Landesdatenschutzgesetz ist ein Schritt auf diesem Weg. Die Vorgabe der EU für die Neuregelung des Datenschutzes wird auf nationaler Ebene bindend und schlägt bis in unser schönes Land durch. Die Datenschutz-Grundverordnung mündet nun in ein Gesetz. Ein entsprechender Entwurf der Landesregierung liegt uns vor. Das ist wahrlich ein ziemlich dickes Brett, das es da zu bohren galt. Allen Beteiligten in der Landesregierung, aber auch in den Fraktionen, die sich im Innen- und Rechtsausschuss mit dem

(Stephan Holowaty)

Entwurf befasst haben, sei hier Dank ausgesprochen. Niemand hat es sich leicht gemacht. Auch Bedenken und Anregungen, wie etwa vom ULD und anderen Anzuhörenden, wurden im Innen- und Rechtsausschuss intensiv besprochen und bewertet, wenngleich das Ergebnis nicht immer befriedigend gewesen sein kann.

Am Ende ist auch nach Auffassung der AfD-Fraktion ein Gesetzentwurf entstanden, dem wir gerade so zustimmen können. Bei allem Lob, das hier auch von anderen Fraktionen zu vernehmen war, gibt es auch Kritik am Entstehen des nun vorliegenden Gesetzentwurfes und auch inhaltlicher Natur, Kritik vor allem hinsichtlich der Geschwindigkeit - die heißen und glühenden Nadeln sind bereits genannt worden - und der teils übereilten und kurzfristigen Änderungen, die zuletzt am Mittwoch in der Mittagspause seitens der Jamaika-Koalition hineingetragen worden sind.

In die in § 12 des Entwurfs enthaltene Regelung zu besonderen personenbezogenen Daten und vor allem zu deren Schutz und der Verarbeitung haben leider auch unbestimmte Rechtsbegriffe wie „erhebliches öffentliches Interesse“, „Nachteil für das Allgemeinwohl“, „Belange des Allgemeinwohls“ Einzug gehalten. Betroffen, meine Damen und Herren, sind hierbei Daten - ich zitiere aus Artikel 9 der Verordnung -,

„aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder Gewerkschaftszugehörigkeiten hervorgehen, sowie die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung“.

Meine Damen und Herren, das sind zweifelsohne personenbezogene Daten, die einen hohen Stellenwert im Datenschutz haben müssen.

Leider kam auch dieser Änderungsantrag derart kurzfristig, dass eine sachgemäße Bearbeitung im Ausschuss kaum noch erfolgen konnte. Das ist nur ein Beispiel von vielen, welches die eilig überwiesene und noch eiliger geänderte Fassung kennzeichnet.

Das Landesdatenschutzgesetz ist insgesamt aber gelungen und wird sich in der rechtssicheren Anwendung nun noch beweisen müssen. Unbestimmte Rechtsbegriffe werden in der Rechtsprechung hoffentlich dann ihre Konkretisierung finden. Hier müssen wir unserer Justiz vertrauen. Regelungen,

die sich in der Anwendung aber nicht bewähren, werden durch den Gesetzgeber nötigenfalls modifiziert werden müssen. An dieser Stelle kommen wir in diesem Haus dann wieder zusammen.

Unterstreichen möchte auch ich noch einmal die Folgen für das ULD. Die in der Anhörung gegenüber dem Innen- und Rechtsausschuss vom ULD erhobenen und nach meiner Auffassung vollkommen fundierten Vorwürfe und schweren Bedenken wurden zwar erörtert, aber sie sind dann kaum bis gar nicht in die Fassung eingeflossen. Das wirklich dicke Brett des Landesdatenschutzgesetzes wurde wahrhaftig gebohrt. Ein Loch ist drin. Die Bewährung steht noch aus. Ich bin gespannt, wir werden das sehr interessiert begleiten. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zeit drängt, und das ist bei komplizierten Verfahren immer besonders unerfreulich. Unter Zeitdruck werden schließlich nicht immer die besten Ergebnisse erzielt. Man kann jetzt schon sagen, dass das hier nicht anders sein wird. Aber der Wissenschaftliche Dienst des Landtages hat in seiner Stellungnahme klipp und klar gesagt: Werde das Landesdatenschutzrecht nicht bis zum 25. Mai 2018 an die Maßgaben der Datenschutz-Grundverordnung angepasst, so trete dann ein unionsrechtswidriger Rechtszustand ein. Darum auch noch die Ausschusssitzung während dieser Tagung.

Aber wie gut wir mit dem Gesetz dem neuen Datenschutzregime gerecht werden können, wird wohl erst die Zukunft zeigen. Ehrlicherweise muss man nämlich einräumen, dass trotz gründlicher Beratung noch Unklarheiten bestehen. Viele sind schon darauf eingegangen. Wie werden zum Beispiel die Kommunen die Auflage, einen Datenschutzbeauftragten zu benennen, umsetzen? Werden es die Kommunen bei einer Benennung belassen? Wird er vielleicht irgendwie hauptamtlich dort sein, oder wird eine umfangreiche Schulung mit einer Aufgabe verknüpft werden? Wird dort ein Personalstab angesiedelt sein? Das wird sich erst in den nächsten Monaten von Kommune zu Kommune zeigen. Wir werden dann möglicherweise erkennen können, wie sich der Verwaltungsaufwand entwickelt. Das ist gerade für die kleinen Kommunen wichtig. Wie

(Claus Schaffer)

wird zum Beispiel aber auch in den Mischverwaltungen, die wir ja haben, der Übergang gelingen? Das alles sind Aspekte der übergeordneten Frage: Wie praxistauglich ist dieses Gesetz überhaupt?

Die kommunalen Landesverbände haben in der Anhörung um eine möglichst schlanke Umsetzung europäischer Vorgaben gebeten; das tun sie ja eigentlich immer. So ganz ist das bei dieser komplexen Materie nicht gelungen. Ich halte es durchaus für ein Problem, dass Datenschutzrichtlinien inzwischen so kompliziert sind und immer komplizierter werden. Datenschutz darf nicht die Angelegenheit von Fachleuten sein; denn der Datenverkehr ist inzwischen allgegenwärtig und hat alle Lebensbereiche durchdrungen, bis weit hinein in die Privatsphäre. Gerade darum ist ein sorgfältiger Umgang mit Daten, ihrer Archivierung und ihrer Verknüpfung zentral für unsere demokratische Gesellschaft und muss klar und vor allen Dingen einfach für die Menschen geregelt werden. Nur auf diese Weise kann es gelingen, dass der sorgsame Umgang mit Daten zum Alltag gehört. Das gilt insbesondere für die öffentliche Verwaltung. Der Staat muss äußerst sorgsam mit den Daten seiner Bürgerinnen und Bürger umgehen. Er hat da eine besondere Verpflichtung und nimmt eine Vorreiterrolle ein.

Der Landtag hat als Verfassungsorgan wiederum eine besondere Stellung. Ich bin davon überzeugt, dass die Abgeordneten sich dieser besonderen Stellung bewusst sind; denn der Landtag muss ein Höchstmaß an Transparenz gewährleisten, wenn es um Schutzbedürftigkeiten für den Landtag geht.

In einer ähnlichen Lage sind Journalistinnen und Journalisten. Sie sollen einerseits ihre Quellen offenlegen, um Gerüchten keinen Vorschub zu leisten. Andererseits müssen sie die Anonymität von Tippgebern garantieren. Ansonsten können sie gar nicht mehr recherchieren. Das ist ein schmaler Grat. Es ist gut, dass im vorliegenden Gesetz dem Schutz der Pressefreiheit eine höhere Bedeutung eingeräumt wird als dem Datenschutzrecht. SchleswigHolstein stellt klar, dass die Datenschutzrichtlinie auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zu journalistischen Zwecken keine Anwendung findet. Wir haben damit dafür gesorgt, dass die Pressefreiheit nicht unter dem Banner des Datenschutzes hinterrücks ausgehebelt werden kann.

(Beifall SSW und FDP)

Problematisch ist unserer Ansicht nach, dass die Leitung des ULD mit einer Karenzzeit belegt werden soll. Abgesehen von rechtlichen Bedenken meinen wir, dass hier dann doch weit über das Ziel hin

ausgeschossen wird. Für eine Karenzzeit für Minister kann man noch argumentieren, weil diese politische Rahmenbedingungen per Gesetzgebung beeinflussen können und weil sie direkt Unternehmen und Institutionen fördern können. Beim ULD ist das aber nicht so. Dort geht es nur um die Umsetzung von Recht und Gesetz, nicht um die Schaffung von Gesetzen und auch nicht um die Förderung von Unternehmen. Deshalb bedarf es nach unserer Auffassung auch keiner Karenzzeit für die Leitung des ULD.

(Beifall SSW)

Uns ist es aber bisher nicht gelungen, den Datenschutz so zu formulieren, dass er einer digitalen Verwaltung grundsätzlich nicht im Weg steht. Auch das ist ein Problem. Dataport hat meines Erachtens zu Recht bemängelt, dass neue Verfahrensanforderungen im vorliegenden Landesgesetz einer länderübergreifenden Zusammenarbeit im Norden teilweise entgegenstehen. Vielleicht sollten wir in naher Zukunft noch einmal überprüfen, inwieweit sich eine stärkere Harmonisierung auch mit anderen Bundesländern, insbesondere mit Hamburg, umsetzen lässt.

Datenschutz ist ein hohes Gut. Gerade nach den letzten Datenskandalen wird zunehmend klar, dass Daten zu leicht verfügbar sind. Das Gesetz sieht hier einige Maßnahmen vor. Das ist auch gut so. Wir müssen aber weiterhin wachsam beobachten, wie dieses Ziel mit dem Gesetz erreicht wird. Darum müssen wir den Gesetzesvollzug in den nächsten Monaten kritisch begleiten und eventuell über Nachbesserungen nachdenken. Aber deswegen haben wir ja auch eine Evaluationsklausel in das Gesetz aufgenommen. Das finden wir richtig. Ich freue mich schon: Wir sehen uns in einem Jahr mit genau dem gleichen Gesetz wieder. - Vielen Dank.

(Beifall SSW und Burkhard Peters [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Ich lasse über den Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 19/429, in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist der Gesetzentwurf, Drucksache 19/429, mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und AfD gegen die Stimmen der SPD bei Enthaltung

(Lars Harms)

der Abgeordneten des SSW in der Fassung der Drucksache 19/664 angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Landesfischereigesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 19/677

Ich sehe, das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf dem Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 24 auf:

Gemeinsam sind wir stark - für eine breite Beteiligung und Unterstützung der Special Olympics in Kiel

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/681

Das Wort zur Begründung wird auch hier nicht gewünscht. Eine Aussprache ist ebenfalls nicht vorgesehen. Die Reden zu diesem Punkt geben Sie bitte zu Protokoll.

Ich schlage vor, über den Antrag in der Sache abzustimmen. - Es erhebt sich kein Widerspruch. - Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 27 auf:

Geschichtswissenschaftliche Aufarbeitung der personellen und strukturellen Kontinuität nach 1945 in der schleswig-holsteinischen Legislative und Exekutive fortsetzen