Protokoll der Sitzung vom 27.04.2018

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Ralf Stegner.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin von Kalben, erstens haben wir in der letzten Legislaturperiode gemeinschaftlich die Auffassung vertreten, dass die wünschbare Anhebung der Besoldung für Grundschullehrkräfte für ein Haushaltsnotlageland wie Schleswig-Holstein nicht vorab erfolgen kann, sondern im Geleitzug der anderen erfolgen sollte. Darüber habe ich heute gesprochen. Der Geleitzug der anderen wird aber keineswegs 2026 halten, liebe Frau Kollegin von Kalben, sondern in den meisten Ländern - drei davon habe ich Ihnen genannt, zwei davon übrigens mit keiner besseren Finanzlage, als das für Schleswig-Holstein der Fall ist - wird er nicht in acht Jahren halten, sondern deutlich früher. Das unterscheidet uns. Insofern sollten Sie nicht darum herumreden.

Zweitens. Sie sagen, wir sollten Alternativen aufzeigen. Das tun wir sehr wohl. Wir sind zum Beispiel - Frau Midyatli hat das in der Debatte dargelegt - bei der Kita-Politik der Auffassung, dass es nicht nur um Qualität und Entlastung von Kommunen gehen kann, sondern auch um Entlastung von Familien. Da sind Sie eben anderer Auffassung. Das ist eine andere Prioritätensetzung,

(Widerspruch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

für die wir politisch stehen. Dass wollte ich hier ausdrücken.

(Beifall SPD - Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mehrkosten als Alterna- tive!)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe somit die Beratung.

Ich stelle fest, dass der Berichtsantrag, Drucksache 19/694, durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Versorgung mit Sand und Kies sicherstellen

Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 19/593 (neu)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Es ist kaum zu glauben, aber die Sand- und Kiesproduktion in SchleswigHolstein ist gefährdet. Was in unserem so sandreichen Land wie ein Aprilscherz wirken mag, erfordert in Wahrheit eine dringende sachliche Debatte. Daher bringen wir heute unseren Antrag ein, der einen Anstoß für sichere Versorgung mit Sand und Kies geben soll.

Selbst so sandreiche Bundesländer wie Brandenburg und Nordrhein-Westfalen verzeichnen Lieferengpässe von Sand und Kies. Der Bauboom in Deutschland ist ungebrochen. Alte Brücken müssen saniert werden. Wegen niedriger Zinsen ist es hochattraktiv, in neue Wohnungen zu investieren. Allein in Schleswig-Holstein entstehen über 5.000 neue Wohngebäude pro Jahr. In allen Bundesländern werden Autobahnen ausgebaut oder saniert. Ich nehme an, dass Herr Arp gleich auf die A 20 eingehen wird.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Da können Sie si- cher sein!)

Verbände haben vorgerechnet, dass allein in Schleswig-Holstein allein rund 1.000 km Landstraßen saniert werden müssen. Neue Windkraftanlagen benötigen für ihre Sockel Beton in großem Maßstab. Allein die Elbphilharmonie in Hamburg hat über 60.000 m³ Transportbeton verschlungen.

(Zuruf Thomas Hölck [SPD])

- Nun stellen Sie sich vor, Herr Hölck, Sie bauen in Schleswig-Holstein 30 neue Elbphilharmonien pro Jahr. Das ist nämlich der errechnete Betonbedarf im Land. Dieser Bedarf kann kaum noch gedeckt werden. Die internationale Baustoffindustrie hat reagiert und importiert heute schon Sand über weite Entfernungen. Aber Sand aus der Sahara zu holen, ergibt weder im Sinn der Materialtechnik noch der Nachhaltigkeit irgendeinen Sinn. Kies wird schon heute aus Schottland und Norwegen importiert. Wir sollten und können unseren Bedarf hier im Land sicherstellen, denn in Schleswig-Holsteins Regionen gibt es Sand. Tatsächlich, wir haben Sand wie Sand

am Meer. Viele Regionen wie das Wattenmeer unterliegen jedoch einem besonderen Schutz.

Wie können wir also die Förderung von Baurohstoffen sicherstellen und gleichzeitig das größtmögliche Maß an Schutz gewährleisten? Wenn der zur Verfügung stehende Raum begrenzt ist, dann bietet sich eine Raumplanung an - jetzt kommen wir auf die Landesebene -, die geeignete Lagerstätten im Sinne der Versorgungssicherheit berücksichtigt.

Neben landwirtschaftlichen Flächen stellen Landschaftsschutzgebiete die Ebenen mit den flexibelsten Schutzanforderungen dar. Genau hier sind mögliche Flächendarstellungen von Kies und Sand zu prüfen. Das konkrete Schutzregime wird derzeit von der Landesregierung in den drei neuen Regionalplänen definiert.

Wir fordern in unserem Antrag, auf großzügige Weise neue Wege zu prüfen, um der Bauwirtschaft die notwendige Planungssicherheit zu gewähren. Hierzu soll insbesondere bei der Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten großzügig an die Rohstoffsicherung mit Sand und Kies gedacht werden.

Wenn wir in den nächsten Monaten im Plenum den Landesentwicklungsplan präsentiert bekommen, erwarten wir eine Berücksichtigung dieser Thematik. Wenn in den folgenden Monaten Kreise und Städte zur Fortschreibung der Regionalpläne befragt werden, fordern wir von der Regierung, darauf hinzuwirken, die Kreisverordnungen der jeweiligen Schutzgebiete notfalls zu harmonisieren. Uns ist bewusst, dass die Freigabe von Abbauflächen bei den Kreisen liegt. Das Land sollte hier sein ganzes Gewicht einbringen. Dann bekommen wir in Schleswig-Holstein keinen Engpass bei Baustoffen, der die ambitionierten Pläne für unsere Infrastruktur und den Wohnungsbau ad absurdum führt. Wir wollen nicht auf Sand bauen, sondern mit Sand.

Wir beantragen die Überweisung in den Wirtschafts- und den Innen- und Rechtsausschuss. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Hans-Jörn Arp.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sand und

(Vizepräsidentin Annabell Krämer)

Kies sind die wichtigsten Rohstoffe, die wir am Bau brauchen. Wir können sie mit heimischen Vorräten abdecken. Wir versorgen aber eben nicht nur Schleswig-Holstein, sondern zum großen Teil auch Hamburg. Wir haben im Jahr aktuell einen Bedarf von rund 17 Millionen t. Im Jahr 2013 waren es noch 14 Millionen t. Der Bedarf wird weiter steigen. Jeder weiß, wie der Boom auf dem Markt ist. Es werden weiterhin Häuser und Straßen gebaut, und mit dem, was wir hier im Landtag beschlossen haben, wird noch mehr als in der Vergangenheit gebaut.

Die Restabbauzeit aller vorhandenen Kies- und Sandflächen beträgt in Schleswig-Holstein acht Jahre. Innerhalb dieser acht Jahre muss es uns gelingen, weitere Flächen zu erschließen und zu genehmigen. Das ist eine Aufgabe, vor der wir stehen. Wir wissen, dass solche Genehmigungsverfahren manchmal bis zu 20 Jahre dauern können. Deshalb sollten wir uns im Rahmen des neuesten Landesentwicklungsplans insbesondere auch damit beschäftigen.

Wir dürfen nicht in die Lage kommen, dass wir einen Versorgungsnotstand haben. Herr Kollege Schnurrbusch, dafür, die Genehmigung zu erteilen, sind zurzeit die Kreise zuständig. Das unterscheidet uns. Wir müssen Ihren Antrag ablehnen, weil er nicht hierhergehört. Wir können das hier nicht entscheiden. Könnten wir hier entscheiden, hätten wir das eine oder andere Gebiet vielleicht schon genehmigt. Wir können es aber nicht; das liegt bei den Kreisen.

Die Kreise gehen mit der Genehmigung unterschiedlich um. Gerade in Landschaftsschutzgebieten geht man im Kreis Ostholstein - Herr Kollege Hamerich, da lobe ich Sie mit Ihrem Landrat - im Interesse der Wirtschaft fürsorglich und vorsorglich damit um. Im Kreis Rendsburg - auch dort haben wir Kollegen - ist das leider nicht der Fall. Das ist der Unterschied. Arbeitet ein Unternehmen im Kreis Rendsburg, hat es einen Nachteil gegenüber einem im Kreis Ostholstein. Wir müssen daran arbeiten, einheitliche Genehmigungspläne und Genehmigungsverfahren zu bekommen. Es ist mein Wunsch und mein Appell an die beiden Landräte, sich einmal miteinander zu verständigen. Der Rendsburger sollte einmal den Ostholsteiner fragen, wie es geht.

Die Planungsunterlagen sind veraltet. Die neuen Regionalpläne müssen darauf Rücksicht nehmen. Sicherlich ist es ökologisch sinnvoll, vernünftig damit umzugehen. Es kann aber nicht angehen, dass wir unseren Kies und Sand heute aus Dänemark

und Mecklenburg-Vorpommern holen. Dort entsteht die Wertschöpfung, und hier wird gebaut. Das ist nicht in Ordnung. Das macht den Bau auch teurer.

(Beifall CDU, FDP und AfD)

Sobald Kies und Sand mehr als 30 km bis 50 km transportiert werden, wird der Transport teurer als der Rohstoff. Das muss man überlegen. Das wird so nicht gehen. Sie können sich vorstellen, was jetzt kommt: Für 1 km Autobahn braucht man ungefähr 200.000 t Kies und Sand, für eine Landstraße 40.000 t. Das ist die Situation. Wenn wir die A 20, die wir unbedingt haben wollen, bauen und die Elbquerung bauen, brauchen wir dafür unheimlich viel Kies und Sand. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass wir diese Wertschöpfung in unserem Land haben.

(Beifall CDU, FDP und AfD)

Anstehende Baumaßnahmen wie die Rader Hochbrücke und viele andere kommen in nächster Zeit auf uns zu. Vor diesem Hintergrund müssen wir gewährleisten, dass wir den Rohstoff hier haben.

Meine Damen und Herren, die Diskussion soll eine zielorientierte Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Umweltministerium ermöglichen. Aber es wäre ein Treppenwitz, wenn es uns nicht gelänge, diesen Konflikt aufzulösen und es zu Lieferengpässen käme. Deshalb mein Appell: Sorgen wir alle gemeinsam dafür, dass der Rohstoff, den wir am Bau brauchen, der wertvoll für unsere Wertschöpfung ist, auch in ausreichendem Maß zur Verfügung steht. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt AfD)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Thomas Hölck.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bereits 2001 befasste sich der Landtag mit der „Sicherung der Versorgung der schleswigholsteinischen Bauwirtschaft mit dem Rohstoff Kies“. Das war ein Antrag der Fraktion der FDP mit der Drucksache 15/1250. Damals hat die FDP noch gute Anträge gestellt.

(Christopher Vogt [FDP]: Das war ein schar- fer Angriff! - Zurufe FDP: Oh!)

(Hans-Jörn Arp)

Damals wurde eine Gesamtfläche von geologisch erfassten Lagerstätten und Vorkommen mit etwa 7 % der Landesfläche durch das damalige Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr angegeben. Eine vorsichtige Prognose des Ministeriums sah demnach vor, dass der Bedarf an Kies und Sand damit für die kommenden 50 Jahre gedeckt ist, der Vorrat also ausreichend ist.

Seit 2001 ist die jährliche Förderung von Sand und Kies in ganz Schleswig-Holstein um etwa 20 % angestiegen, von etwa 14 Millionen t auf rund 17 Millionen t. Der Anstieg der Nachfrage ist ganz eindeutig dem Bauboom der letzten Jahre zuzurechnen. Die Nachfrage an hochwertigem Lockergestein ist hoch, zum Teil so hoch, dass es in der Vergangenheit zu Lieferengpässen in Berlin und Hamburg kam. Das war in der Presse nachzulesen. Allerdings hat es in der Vergangenheit immer schon einmal Lieferengpässe gegeben, weil der Baufortschritt in einer Region nicht mit den bestehenden Kapazitäten in Einklang zu bringen ist. Deshalb ist es auch keine neue Erkenntnis, dass es Lieferengpässe geben kann.

Festzustellen ist, dass nicht alle Lagerstätten für den Abbau zugänglich sind. Unter anderem sind Oberflächenversiegelung durch Besiedlung und Infrastruktur begrenzende Faktoren, aber auch Landwirtschafts- und Gewässerschutzgebiete reduzieren die nutzungsfähigen Flächen. An diesen Orten ist der Abbau nur begrenzt möglich oder ganz ausgeschlossen. Die Genehmigung neuer Gewinnungsstätten steht demnach grundlegend in Konkurrenz zu bestehenden Schutzgebieten.

Für eine Neuausweisung muss also eine Dringlichkeit aufgezeigt werden, wonach die Sicherung des Abbaus von oberflächennahen Rohstoffen absolut vorrangig zu bewerten ist. Dies hat einen weitreichenden Einfluss auf die Erstellung von Regionalplänen, denn hier geht es um die Veränderung von Vorranggebieten für mögliche Abbaugebiete. Denn die Sicherstellung der Versorgung der Bauwirtschaft mit dem Rohstoff Kies ist mit einem Verbrauch von Flächen verbunden. Das ist ein Wettbewerb der Flächen, dem man sich dann auch stellen muss.

Im Speziellen soll es hier um den Status von Landschaftsschutzgebieten gehen. Diese sind in erster Linie rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist. Die bestehenden Schutzinstrumentarien, sprich die Vielzahl an Landschaftsschutzgebietsverordnungen, gewährleisten, dass die regional sehr verschiedenen historischen oder tradi

tionellen Kultur- und Ökologielandschaften erhalten bleiben. Die Ausbeutung der Rohstoffquellen muss also durch übergeordnete Gründe klar dargelegt werden. Das ist gut so.

Der AfD-Antrag vereinfacht an dieser Stelle, wenn Sie das Angleichen bestehender Verordnungen für Landschaftsschutzgebiete fordern. Denn die Kreisebene ist hier besonders gefragt; sie ist in die Diskussion einzubinden, da am Ende die Genehmigungskompetenz der Zuständigkeit der Kreise und kreisfreien Städte unterliegt. Die Kompetenzebene dürfen Sie nicht vernachlässigen. Seriös wäre es, wenn Sie sich zunächst einen detaillierten Überblick über den Sachstand verschaffen und dann über Entscheidungen verhandeln würden.