Protokoll der Sitzung vom 14.06.2018

Im zweiten Teil des Antrags geht es darum, dass Kinder vor den Gefahren des Passivrauchens geschützt werden sollen. Die SPD schlägt hierzu das Verbot des Rauchens in Autos vor, wenn dort Kinder anwesend sind. Über das Ziel gibt es hier überhaupt kein Vertun. Als AfD-Fraktion haben wir allerdings Zweifel über den Weg dorthin. Mit einem Verbot allein, das sich immer schnell aussprechen lässt, werden wir die Situation zumindest nicht entscheidend ändern können.

Wir sprechen heute nicht über die Raucher. Wir sprechen auch nicht über Leute, die nichts über die Gefahren des Rauchens und Passivrauchens wissen.

Diese Ausrede zählt heute nicht mehr. Wir sprechen von Erwachsenen, die ihre Sorgfaltspflicht ihren Kindern gegenüber verletzen. Diese Einstellung, Pflichtvergessenheit und Ignoranz werden wir mit Verboten allein nicht ändern können. Wäre dies der Fall, wäre ich der Erste, der sich für ein Verbot ausspräche. Könnten wir mit Verboten tatsächlich Einstellungen verändern, müssten konsequenterweise auch weitere Verbote folgen: ein Rauchverbot in Wohnungen, während der Schwangerschaft oder - um weitere Beispiele aus dem Gesundheitsbereich zu nennen - ein Verbot von Fettmachern in Nahrungsmitteln oder von übermäßigem Fernsehund Medienkonsum.

Aber: Einstellungen lassen sich eben nicht immer durch Verbote ändern. Deshalb würden die von mir eben genannten Beispiele natürlich kaum etwas verändern - und selbst das nur bestenfalls in den Fällen, wo man es überwachen und kontrollieren könnte. In Autos ginge dies noch. Die Cabrio-Problematik haben wir angesprochen. Im elterlichen Wohnhaus würde es schon wieder nicht funktionieren. Zusammengefasst: Ein Verbot allein wird für die Mehrheit der betroffenen Kinder kaum etwas ändern. Wir brauchen in jedem Fall umfassendere Lösungsansätze.

Am Wichtigsten wird es sein, immer wieder Appelle an Eltern und Erwachsene zu richten. Dies beginnt idealerweise schon während der Schwangerschaft und wird anschließend etwa in den U-Untersuchungen mit ganz klaren Ansagen fortgesetzt. Wir sollten außerdem auch nicht außer Acht lassen, welche Möglichkeiten es bereits heute gibt, gegen Leute vorzugehen, die ihre Kinder vorsätzlich Gesundheitsgefahren aussetzen, denen diese sich nicht entziehen können.

Eigentlich gehört so ein Verhalten schlicht angezeigt. Juristisch bringt das aber nichts, habe ich mir sagen lassen. Wer dies aber trotzdem machen würde oder die Eltern auch nur ansprechen würde, bräuchte zweifelsohne eine gehörige Portion Courage. Angesichts der ausweglosen Situation der Kinder, die sich nicht wehren können und eben die Diskussion nicht gewinnen, sollte man diese Courage öfter aufbringen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, noch einmal, um Missverständnissen vorzubeugen: Wir reden heute weder über „die Raucher“ noch über „die Eltern“. Die allermeisten Raucher und Eltern verhalten sich Nichtrauchern gegenüber rücksichtsvoll und gegenüber ihren Kindern absolut verantwortungsvoll.

(Dennys Bornhöft)

Insofern stellt sich die Frage, ob wir für den kleinen Bruchteil derjenigen, die dies nicht tun, staatliche Regulierung und ein Verbot brauchen. Als AfDFraktion haben wir viel länger, als ich gedacht hatte, darüber diskutiert und das Pro und Kontra abgewogen. Sie kennen die Argumente: Ein Rauchverbot in Anwesenheit von Kindern ließe sich in Autos nur schwer überwachen, es würde nichts an der gleichgültigen Grundeinstellung von Erwachsenen ändern und wäre letztendlich halbherzig, weil man konsequenterweise weitere Bereiche reglementieren müsste - und das kann niemand ernsthaft wollen.

Aus den gesagten Gründen fällt es mir schwer, an den Erfolg des Verbots zu glauben. Das Ziel ist aber richtig. Deshalb werden wir dem Alternativantrag der Jamaika-Koalition zustimmen - auch im Hinblick auf die bevorstehende Gesundheitsministerkonferenz. Das Gebot der Stunde sollte aber nicht allein der Ruf nach neuen Verboten sein. Wichtig ist heute vielmehr: Courage zeigen, aktiv handeln - überall da, wo man Gesundheitsgefährdungen für Kinder beobachtet.

Mit deutlichen und klaren Ansagen durch Kinderärzte und Co an diejenigen, die den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt haben oder nicht erkennen wollen, sollte das Land bei der Aufklärung und Prävention jetzt nicht nachlassen. Die AfDFraktion will gesunde Familien und Kinder und im gesamten Gesundheitsbereich mehr Prävention nicht gegen die Eltern, sondern mit den Eltern und den Erwachsenen. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat Herr Abgeordneter Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir tun uns in Deutschland etwas schwer mit dem Nichtraucherschutz. Erst ab 2007 hat es hier mit dem Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens auf Bundesebene und den verschiedenen Gesetzen zum Nichtraucherschutz der Länder weitreichende neue Regelungen gegeben. Seitdem darf beispielsweise in Einrichtungen und Verfassungsorganen des Bundes oder in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr geraucht werden.

Wir haben bei uns in Schleswig-Holstein ein Nichtraucherschutzgesetz, das regelt, dass etwa in Behör

den und Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung, Krankenhäusern, Erziehungs- oder Bildungseinrichtungen nicht mehr geraucht werden darf. In Kindertageseinrichtungen und Schulen gilt das Rauchverbot, wie wir wissen, auch auf dem dazugehörigen Außengelände. Das finden wir gut und richtig.

(Beifall SSW und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Rauchverbote im öffentlichen Raum, besonders der Raum, der von Kindern genutzt wird, sind absolut richtig, und dafür sind wir immer eingestanden. Aber wenn wir ins Private regulieren - und das Auto ist gewissermaßen auch privater Raum -, müssen wir abwägen. Dabei gibt es mehrere Aspekte, die zu beachten sind:

Dem gesunden Menschenverstand entspricht es, nicht zu rauchen, wenn Minderjährige in der Nähe den Rauch abbekommen. Das ist völlig klar. Die Folgen des Passivrauchens sind bekannt und wissenschaftlich bestätigt. Daran gibt es wirklich keinen Zweifel mehr.

Wenn ich heute Morgen im Radio gehört habe, dass unser Gesundheitsminister Heiner Garg das Rauchen im Auto mit Kindern als Irrsinn bezeichnet, dann kann ich ihm nur völlig Recht geben; denn es ist Irrsinn.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Es stellt sich aber immer die Frage: Wie begegnen wir Irrsinn? Deshalb sind wir bei uns in der internen Diskussion auch schnell bei der Frage angelangt, wo wir mit Verboten anfangen und wo wir mit Verboten aufhören wollen. Wenn wir es verbieten, im Auto zu rauchen, müssen wir es dann nicht auch verbieten, in der Wohnung zu rauchen, wenn Kinder anwesend sind? Wäre das vielleicht nicht sogar angebracht? Denn auch hier könnten sich Kinder oft nicht der räumlichen Situation entziehen. Auch hier könnte man zu Recht von Irrsinn reden.

Wie ist es zum Beispiel, wenn sich die Eltern regelmäßig nach dem Essen noch am Küchentisch eine Zigarette anzünden? Oder müssen wir einschreiten, wenn Schwangere im Auto mitfahren, in dem geraucht wird? Oder wie ist es mit Schwangeren, die selber rauchen? Wie ist es mit E-Zigaretten?

Über die Zielrichtung des Antrags der SPD-Fraktion sind wir uns völlig einig. Mit der ersten Forderung, also der Forderung nach Unterbindung von Tabakwerbung und Aufklärung über die Folgen des Passivrauchens, stimmen wir völlig überein. Natür

(Dr. Frank Brodehl)

lich sollen die jüngeren Generationen vor den Folgen von Tabakkonsum geschützt werden. Eine besonders schützenswerte Gruppe sind eben Kinder und Jugendliche.

Nur über die zweite Forderung, der Forderung nach einem generellen Rauchverbot in Anwesenheit von Kindern im Auto, hatten wir Diskussionsbedarf. Wir haben darüber sehr intensiv diskutiert und haben uns die Frage gestellt, ob ein Verbot der richtige Umgang ist oder ob es auch andere, sinnvolle Möglichkeiten gibt, ob vielleicht das Land Mittel für eine Kampagne bereitstellen sollte, die aufmerksam macht, die aufklärt und die zum Umdenken auffordert.

Wir haben uns also wirklich sehr intensiv mit der Frage befasst, wie wir am besten dahin gelangen, Kinder und Jugendliche zu schützen. Klar, wir haben uns auch angesehen, wie es in anderen Ländern aussieht; denn in anderen Ländern gibt es schon das wurde hier mehrfach erwähnt - solche Verbote. Wir kennen das von Österreich, Frankreich, England, Wales, Schottland, Irland oder Griechenland. Die Verbote variieren in der Höhe des anfallenden Bußgeldes bei Verstößen dagegen. In Griechenland wird Ihnen ein Fahrverbot von einem Monat auferlegt, wenn ein Kind unter zwölf Jahren im Fahrzeug anwesend ist, während Sie rauchen. In Italien dürfen Sie auch dann nicht rauchen, wenn Schwangere im Auto mitfahren. In England und Wales gilt das Verbot nicht, wenn sie im Cabrio mit offenem Verdeck fahren. Es gibt also viele verschiedene Varianten.

Eventuelle verfassungsrechtliche Schwierigkeiten sind bereits vom wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestags geprüft worden. Ich muss feststellen, dass die Bedenken, die wir hatten, nach der internen Diskussion darüber dazu geführt haben, dass das Kindeswohl alles übertrumpft. Darum gilt es, das Kind und das Kindeswohl zu schützen. Deshalb können wir dem Antrag absolut zustimmen.

Ich bin davon überzeugt, dass wir damit auch ein gutes Signal senden. Ich bin auch davon überzeugt, dass so etwas auch zum Erfolg führen wird. Denn wir können ja sehen, dass alle anderen Maßnahmen, die wir bisher im Raucherschutz ergriffen haben, durchweg dazu geführt haben, dass heute viel weniger junge Menschen rauchen. Das ist ein unheimlich gutes Ergebnis. Wenn wir mit einem solchen Verbot ein genauso gutes Ergebnis erreichen, dann ist es das allemal wert. Deshalb haben wir unsere Bedenken beiseitegeschoben und sagen ganz klar: Wir können dem so zustimmen. - Jo tak.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen dann zu den Dreiminutenbeiträgen. Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Bernd Heinemann.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ist es nicht schön, dass man in den Gaststätten so gute Luft atmen kann, wenn man etwas essen geht? Ist es nicht schön, dass wir im Landtag so gute Atemluft haben?

(Beifall Hauke Göttsch [CDU])

Ist es nicht schön, dass wieder mehr Kinder geboren werden, und ist es nicht schön, dass sich die Zahl der jugendlichen und minderjährigen Raucher in den letzten Jahren halbiert hat? Das ist der Erfolg von guter präventiver Gesundheitspolitik.

(Beifall SPD)

Aber, meine Damen und Herren, wir wollen mehr, wir wollen dem Kinderschutz Verfassungsrang geben. Darüber sind wir uns hier im Haus ziemlich einig. Und wir wollen zunächst einmal das Leben der Kinder schützen, die ja wieder in größerer Anzahl geboren werden, und das ist gut so.

Aber es gibt Einiges, das uns doch unterscheidet. Einigen Ländern ist der Schutz der Kinder im Auto, wenn dort geraucht wird, zwischen 500 € und 1.500 € Bußgeld wert. Diesen Unterschied gibt es in der Europäischen Union durchaus. Aber allen gemeinsam ist, dass diese Länder sagen: Das ist ein Eingriff in die Gesundheit der Kinder; das ist mehr als nur eine Nachlässigkeit, es ist schlicht und ergreifend Körperverletzung.

Beim Cabriofahrer, Herr Bornhöft, na ja, da kann einem auch schon mal die Glut ins Auge fliegen, wenn man raucht. Das ist sicherlich auch ein Problem. Aber dieses ist in der Tat anders zu bewerten.

Gleichwohl muss man damit umgehen, indem man grundsätzlich sagt: In Autos gehört keine brennende Zigarette, zumindest dann nicht, wenn Kinder im Auto sind.

Es ist natürlich schön, wenn Frau Dr. Bohn hier im Parlament sagt, dass man etwas für die Prävention tun muss. Deshalb haben wir unseren Antrag ja auch so formuliert. Die WHO-Rahmenrichtlinie geht sehr deutlich auf die Prävention ein, allerdings

(Flemming Meyer)

auch auf ein Tabakwerbeverbot. Das muss man natürlich sagen. Und da kribbelt es einem in den Fingern: Das vielleicht dann doch nicht, so weit wollen wir nicht gehen.

Aber die WHO-Rahmenrichtlinie ist vom Bundestag verabschiedet worden, und zwar auch, soweit ich das im Blick habe, mit den Stimmen der FDP und der CDU. Aber in der Umsetzung der Rahmenrichtlinie - das fängt schon bei der Tabakwerbung an - sieht es ganz anders aus.

Im letzten Sommer hat der Fraktionschef der CDU/ CSU zum Beispiel verhindert, dass ein Regierungsentwurf überhaupt erst vorgelegt wurde, in dem das Tabakwerbeverbot festgeschrieben worden wäre. Aber in der EU haben wir uns längst auf die Tabakwerberichtlinie geeinigt. Wir setzen das Gesetz schlicht und ergreifend nicht um. Deswegen sind wir ein bisschen scheinheilig, wenn wir sagen: Die WHO-Debatte gehört nicht hierher, die sortieren wir einmal schön aus, das besprechen wir in aller Ruhe im Ausschuss und beerdigen sie dann. Nein, sie ist für uns verpflichtende Grundlage für Prävention, wenn wir es ehrlich meinen.

Deswegen beantragen wir als SPD-Fraktion, dass die beiden Anträge nicht als Alternativanträge, sondern als eigenständige Anträge abgestimmt werden. Es geht um die Frage, ob wir das WHO-Bekenntnis wollen oder nicht. Frau Präsidentin, diesen Antrag möchte ich hier stellen.

Ansonsten hoffe ich darauf, dass wir bald gesunde und glückliche Kinder auch in Autos vorfinden, und zwar in allen Autos. - Danke schön.

(Beifall SPD)

Das Wort für einen weiteren Dreiminutenbeitrag hat die Abgeordnete Birgit Herdejürgen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir freuen uns natürlich, dass unsere Initiative grundsätzlich auf einen breiten Konsens stößt. Liebe Kollegin Bohn, wir sind sehr dafür, an dieser Stelle Nägel mit Köpfen zu machen, aber dann auch richtig.

Vom Verfahren her muss ich meinem Kollegen ein wenig widersprechen. Wir geben uns natürlich Mühe, die Entscheidungsfindung hier möglichst effektiv zu gestalten. Deswegen ziehen wir unseren Antrag zurück und beantragen gleichzeitig, Punkt 1