Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Heiner Rickers.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Haltungskennzeichnungen für Produkte aus Milch oder Fleisch, darum geht es heute in dem Antrag, den wir in der Jamaika-Koalition gemeinsam auf den
Wer kennt das als Verbraucher nicht: Man geht mit einem hehren Ansatz Lebensmittel einkaufen, Milch- und Fleischprodukte, schaut auf die Verpackung und sieht wieder einmal eine Kuh auf der Weide oder ein Ferkel im Stroh? - Das sind alles schöne Bilder für die Werbung auf der Verpackung, die aber gleichzeitig dem Endverbraucher ein Stück weit suggerieren, dass die Tiere tatsächlich so gehalten werden. Das ist nicht immer der Fall. Wenn auf der Milchtüte nicht tatsächlich explizit „Weidemilch“ steht, können Sie sicher sein, dass die Bilder zwar schön sind und eine Weide abgebildet wird, aber am Ende vielleicht gar keine Weidemilch in der Tüte enthalten ist.
Genau das ist das Problem: Wir verlangen, dass der mündige Bürger ein Stück weit bei uns im System im gesättigten Deutschland dafür sorgt, dass es, wenn wir Tiere halten, am Ende gewährleistet ist, dass es den Tieren, die genutzt werden, während dieser Nutzungsdauer auch gut geht und sie so gehalten werden, dass es Haltungsbedingungen und Fütterungsmethoden gibt, die ihrem natürlichen Verhalten entsprechen. Wir sind verpflichtet - ich hoffe, da sind wir uns alle einig -, dass es den Tieren während ihrer Haltung möglichst gut gehen soll.
Nichtsdestotrotz stehen wir natürlich mit unserer Tierhaltung im internationalen Wettbewerb. Die Märkte sind international, die Preise werden international ausgeschrieben. Selbst in der EU - gestern gab es dazu eine spannende Debatte - können wir als deutsche Erzeuger froh sein, dass wir im geeinten Europa die gleiche Währung haben, denn das gab es vor Einführung des Euro nicht. Da kam die Milch aus Italien, weil die D-Mark zu stark war und das immer wieder zu Verzerrungen geführt hat.
Wir stehen also im internationalen Wettbewerb. Das Problem ist immer wieder einmal hier diskutiert worden. Eier werden heute nach Haltungsformen von 0 bis 3 gekennzeichnet, also in vier Stufen, von ganz guter Haltung bis dann irgendwie, vielleicht auch in Käfigen gehalten. Das ist auf der Verpackung ausgewiesen. Der Verbraucher kann ganz klar erkennen, zu welchem Frischeiprodukt im Regal er greift. Es hat Jahre gedauert, bis das System am Ende dazu geführt hat, dass auch der Handel darauf reagiert und mit einer Art Selbstver
pflichtung tatsächlich Eier in den Fertigprodukten kaum noch vorhanden sind, die aus dem EU-Ausland oder Nicht-EU-Ausland kommen und somit vielleicht auch aus einer Haltung, die wir so nicht wollen.
Käfighaltung bei Hühnern ist hier in Europa verboten. Es hat lange Übergangsfristen gegeben. Ähnlich wie bei den Hühnern müssen wir - das ist auch Meinung der CDU - bei der Tierhaltung besonders im Bereich der Hähnchenhaltung, aber auch bei der Schweinemast und der Rinderhaltung zu verbesserten Haltungsbedingungen kommen.
- Vielen Dank. - Ob wir dann noch wettbewerbsfähig sind, ist immer wieder die spannende Frage. Es gibt gute Ansätze: Vielleicht haben Sie schon einmal von der Initiative Tierwohl gehört. Diese wurde zumindest in den Anfangszeiten sogar von den Tierschutzverbänden unterstützt, allen voran dem Deutschen Tierschutzbund. Es gibt die Initiative Tierwohl oder vielleicht auch ein staatliches Tierwohllabel, das auch von der CDU-Landwirtschaftsministerin in Berlin gefordert wird, aber leider noch nicht umgesetzt wurde.
Ein erster Schritt in Richtung auf mehr Tierwohl könnte dann aber sein, dass wir den mündigen Bürger tatsächlich an der Ladentheke ein Stück weit besser dadurch entscheiden lassen können, dass die Lebensmittel tierischer Herkunft im Hinblick auf Haltungsbedingungen eindeutig gekennzeichnet sind.
Es hat eine aktuelle Umfrage in diesem Frühjahr gegeben. Bei dieser Umfrage haben sich fast alle großen Lebensmittelhersteller und Verbraucherverbände für eine Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln ausgesprochen. Es gibt auch politischen Konsens in Berlin, dass diese Lebensmittelkennzeichnung zukünftig auf den Weg gebracht werden soll. Deswegen wäre das ein erster Schritt zu mehr Tierwohl.
Wir könnten am Verbraucherverhalten feststellen, ob tatsächlich die teureren Produkte für mehr Tierwohl aus dem Regal genommen und auch verbraucht werden. Wenn das am Ende nicht zielführend sein sollte, müssten wir über den Start einer zweiten Stufe nachdenken, das wäre ein staatlich verordnetes Tierwohl-Label, um über einen staatlichen Ausgleichsfonds letztendlich dem Erzeuger ein Stück weit die teure Produktion wegen besserer Haltungsbedingungen auszugleichen.
Ich freue mich über die Debatte. Stimmen Sie unserem Antrag zu, und bringen Sie dieses wichtige Thema politisch mit auf den Weg. - Herzlichen Dank.
„Wir haben schönes Wetter. Aber Ihr Antrag ist aus unserer Sicht - es tut mir leid, das so sagen zu müssen - ein Schönwetterantrag.“
Das war der erste Satz in dem Redebeitrag des Kollegen Heiner Rickers in der Sitzung des Landtages im Mai 2014 zum Antrag der Küstenkoalition „Für eine transparente und verbraucherfreundliche Kennzeichnung von Herkunft und Haltungsformen bei tierischen Lebensmitteln“.
Wenn Sie den Antrag der Küstenkoalition vor vier Jahren als Schönwetterantrag bezeichnet haben, lieber Herr Kollege Rickers, dann müssen wir heute Ihren Jamaika-Antrag als Schaufensterantrag einordnen,
zumal - das kommt erschwerend hinzu - die Entwicklungen der letzten Wochen Ihren Antrag zu weiten Teilen überholt haben.
Bereits Anfang April 2018 hat Gitta Connemann, die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSUFraktion im Deutschen Bundestag, in einem Brief an den Verbraucherschutzkommissar eine Kennzeichnungspflicht für die Herkunft und Produktionsweise von Eiern und anderen tierischen Produkten wie Fleisch und Milch in Fertigprodukten gefordert.
Wir alle wissen, es ist eine gute Idee, aber es ist ein Stück weit Augenwischerei, denn zurzeit sind die erforderlichen Mehrheitsverhältnisse in der EU nicht da. Das ist bekannt, das ist der CDU bekannt, das ist den Grünen bekannt, das ist der FDP bekannt, das ist uns bekannt. Da kommen wir im Moment nicht weiter.
Deshalb ist es erforderlich, dass wir auf Bundesebene endlich die Einführung eines staatlichen Tierwohllabels nach vorn bringen - das steht auch in Ihrem Antrag -, und zwar zügig, ein staatliches Tierwohllabel, das bei der Ausgestaltung an dem Tierschutzlabel des Deutschen Tierschutzbundes orientiert sein muss. Das Tierschutzlabel muss dem Tierwohl dienen, der Transparenz für die Verbraucher und nicht dem Marketing der Fleischindustrie.
Die Kennzeichnung - hier sind wir uns einig - muss verpflichtend sein. Aber - Herr Rickers hat es schon erwähnt - Ihre Landwirtschaftsministerin will ein freiwilliges Tierschutzlabel. Da müssen Sie noch ein bisschen tun, damit Druck ins Ministerium kommt. Herr Rickers, das dürfte aber kein Problem sein, weil im Gegensatz zu Ihrer Ministerin selbst der Deutsche Bauernverband ein verpflichtendes Tierwohllabel will.
Wir dürfen das Thema nicht länger dem Lebensmitteleinzelhandel überlassen. Es darf nicht sein, dass die Lebensmittelindustrie die Standards festlegt und nicht der Staat. Wer soll die unabhängige Kontrolle gewährleisten, wenn nicht die Behörden?
Zum einen steht der Verbraucher einer Labelvielfalt gegenüber, die irritiert und verwirrend ist und damit wieder Tür und Tor für einen Missbrauch öffnet. Das darf nicht sein, deswegen das eine staatliche Tierwohllabel. Zum anderen müssen die Bauern je nach Handelskette spezifische Verpflichtungen eingehen. Damit werden sie in eine Abhängigkeit getrieben. Die Unternehmen, die Lebensmittelbranche, entscheiden, wie die Bauern ihre Tiere zu halten haben, welche Genetik, welches Futter, welcher Tierarzt auf den Hof kommt. Bei diesem Preisdruck und diesen Knebeleien können die Bauern nicht einfach wechseln, da sie zum Beispiel spezifisch LIDL-Schweine machen, die sie nicht einfach bei EDEKA verkaufen können. Diese vertikale Integration ist der falsche Weg. Das Label kann ein Stück weit helfen. Gucken wir uns die Machenschaften von Tönnies an, dann wissen wir, wie dramatisch die Entwicklungen für die Bauern sein können.
Wir wollen, dass Bauern in eigener Verantwortung, orientiert an einem zuverlässigen staatlichen Tierwohllabel, dem Verbraucherinteresse und dem Tierwohl verpflichtet eine nachhaltige Nutztierhaltung betreiben. Heiner Rickers hat es schon gesagt:
Das ist auch eine Möglichkeit, der Bereitschaft der Verbraucherinnen und Verbraucher, für eine gute Haltung mehr Geld zu bezahlen, Ausdruck zu geben.
Die Agrarministerkonferenz hat Anfang Mai 2018 ein verpflichtendes Label beschlossen und die Ministerin aufgefordert, das jetzt zu tun. Ihr Antrag schwimmt also in einem guten Fahrwasser.
Wir brauchen ein Bundesprogramm „Nachhaltige Nutztierhaltung“. Der tierwohlgerechte Umbau der Ställe darf nicht allein bei den Bauern hängen bleiben, vor allen Dingen nicht in der Übergangszeit.
Wir wollen mit diesen Instrumenten eine Neuausrichtung hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft, ökologisch verträglich, sozial gerecht, ökonomisch rentabel und am Tierwohl ausgerichtet. Das heißt auch, dass wir bei der Reform der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik weg müssen von der flächengebundenen Förderung hin zu einer, die die Leistungen für das Gemeinwohl honoriert. Dazu gehört auch das Tierwohl.
Ich beantrage Überweisung an den Ausschuss. Denn wir haben unseren Antrag im Mai 2014 beschlossen. Ich kann nicht richtig erkennen, dass das zu großen Initiativen vonseiten des Ministeriums geführt hat. Deshalb in den Ausschuss, dann können wir den Prozess gemeinsam beraten. - Danke schön.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Eickhoff-Weber, Sie haben zum Schluss zum Glück noch die Kurve gekratzt