Protokoll der Sitzung vom 06.09.2018

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Dr. Andreas Tietze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gleich vorweg: Der Antrag der SPD findet in manchen Aspekten durchaus unsere Sympathie. Wer von uns hat sich noch nicht über eine Maklerprovision geärgert? Da ist man zunächst nur froh,

endlich eine passende Immobilie gefunden zu haben, und dann fallen Kosten an, deren Grundlagen oft schwer einzusehen sind. Ich komme ja von einer Insel mit der größten Immobilienmaklerdichte der Republik.

Hinzu kommt, dass für den Beruf des Immobilienmaklers oder der Immobilienmaklerin keine Berufsqualifikation oder -ausbildung vorausgesetzt wird. Gefordert durch § 34 c der Gewerbeordnung werden nur fehlende Vorstrafen und geordnete Vermögensverhältnisse. Das sind die Voraussetzungen, um in Deutschland Makler zu sein. Da ist ein kritischer Blick auf die Provision durchaus angebracht.

Doch auf den zweiten Blick kommen mir Zweifel und ein Zitat von Montesquieu in den Sinn.

(Christopher Vogt [FDP]: Ja, klar!)

Ich zitiere:

„Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.“

(Beifall FDP, Peter Lehnert [CDU] und Ole- Christopher Plambeck [CDU] - Zuruf Chri- stopher Vogt [FDP] - Heiterkeit)

Es ist nicht so, als hätten wir in Deutschland keinerlei Regelungen dazu. Zumindest im Bereich der Wohnungsvermietungen gibt es seit 1971 und überarbeitet im Jahr 2015 eine Vorschrift, nämlich das bundesdeutsche Wohnraumvermittlungsgesetz. Dort ist geregelt, dass das Entgelt für eine Vermittlung von Wohnraum den Betrag von zwei Monatsmieten inklusive der gesetzlichen Umsatzsteuer nicht überschreiten darf. Mit dem Mietrechtsnovellierungsgesetz 2015 gilt neben der Mietpreisbremse auch das Bestellerprinzip. Wir finden das richtig. Wer die Maklerin oder den Makler bestellt, muss auch dafür bezahlen. Es wurde eingeführt, um sozialen und wirtschaftlichen Ungleichgewichten zulasten der Wohnungssuchenden entgegenzuwirken mit Erfolg: Die durchschnittliche Courtage hatte sich nach einem Jahr bei etwa einer Monatsmiete eingependelt, und der Umsatz der Immobilienmaklerinnen und Immobilienmakler ging um 20 % zurück.

Für die Vermittlung von staatlich gefördertem Wohnraum - wenn also Belegungsrechte bestehen darf im Übrigen unserer Auffassung nach kein Entgelt genommen werden. Für Sozialwohnungen und deren finanziell schlecht gestellte Mieterinnen und Mieter besteht dieses Problem also so gut wie gar nicht, und das ist auch gut so.

(Peter Lehnert)

Im Grundsatz teilen wir aber die Ansicht unserer grünen Bundestagsfraktion, die an dem Gesetzentwurf arbeitet und das Bestellerprinzip auch auf den Kauf von Immobilien ausweiten möchte. Das ist der einzig richtige Weg, und meine Fraktion unterstützt das.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es ist aus unserer Sicht erstens ein simples und konsequentes Instrument. Zweitens werden Kosten da gelassen, wo sie verursacht werden. Das macht nach unserer Auffassung Sinn.

Ich möchte hier eigentlich ungern unsere geschätzten Koalitionspartner aus Jamaika zitieren, aber in dem Fall mache ich das einmal: Der Markt regelt es von allein. - Das stimmt in der Tat manchmal. Wenn dem Verkäufer klar ist, dass er die Gebühren für seine Maklerin oder seinen Makler auch selbst bezahlen muss, dann wird er im Zweifel auch mit seiner Maklerin oder seinem Makler über die Höhe der Courtage verhandeln, und nur eine Courtage wird sich durchsetzen, die marktkonform ist. Wie gesagt, nicht derjenige, der die Immobilie sucht, zahlt die Courtage, sondern der, der die Immobilie anbietet. Ein Käufer, der eine Maklerin oder einen Makler auf die Suche schickt, kann im Vorwege verhandeln, zu welchem Kurs das geschehen soll. Im Übrigen passiert das in den Märkten. Bei 200 Maklern auf Sylt werden Sie immer einen haben, der Ihnen ein Angebot macht, das letztlich besser ist als das der anderen. Das ist ein Markt, der vorhanden ist. Deshalb sind die Gebühren zum Beispiel entsprechend auch gerade in dem hochpreisigen Markt Sylt reduziert. Bei Luxusimmobilien gilt das nicht, aber da finde ich, dass jemand, der 50 Millionen € für ein Haus zahlt, auch eine hohe Courtage zahlen kann.

Wir finden auch, dass die zunehmende Digitalisierung das tradierte Berufsfeld der Maklerinnen und Makler verändern wird. Wenn Sie einmal googeln, werden Sie feststellen, dass es inzwischen viel mehr freie Portale gibt, auf denen man problemlos selbst Bilder und Texte über Angebote einstellen kann. Die machen einer schlichten Adressenvermittlung von Maklerinnen und Maklern erhebliche Konkurrenz. Sie können auf Internetportalen heute alles kaufen. Da finden Sie Autos, Wohnungen, Häuser und Jobangebote direkt aus der Region. Wenn man das Berufsbild der Maklerinnen und Makler betrachtet, wird auch die Digitalisierung das Berufsfeld von Maklerinnen und Maklern erheblich verändern. Auf diese Portale können im Übrigen alle ausweichen, die sich entscheiden, keine Vermitt

lung für ihre Wohnung oder ihr Häuschen in Anspruch zu nehmen.

Bei Begutachtung und qualifizierter Immobilienbewertung - was für die Grünen übrigens dann auch in Richtung einer qualifizierten Maklerinnen- und Maklerausbildung geht, zum Beispiel im Hinblick auf energetische Beratung, das Thema Energiepass, Bonitätsprüfung, um hier einige Felder zu nennen könnte es tatsächlich interessant sein, den Beruf der Makler auch in Richtung dieser Qualität weiterzuentwickeln.

Horrende Preise, ohne adäquate Leistungen zu erbringen - dieses Konzept wird nicht zuletzt durch die digitale Öffentlichkeit in Zukunft nicht mehr funktionieren.

Dann ist noch Folgendes zu sagen: Das Thema, das Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ansprechen, ist im Grunde ein Bundesthema. Es ist wieder ein bisschen unlogisch, den Landtag erst aufzufordern, im Bund zu handeln, deshalb würde ich Sie herzlich um das bitten, was auch die Kollegen gesagt haben: Das, was Sie fordern, können Sie am Regierungstisch und in Berlin mit auf den Weg bringen. Deshalb muss man nicht gleichzeitig den Landtag dazu auffordern.

Deshalb sage ich auch: Wir wollen die ungerechtfertigten, überzogenen Nebenkosten im Zusammenhang mit einer Immobilie regeln. Da liegt die Zuständigkeit im Bereich des Bundes, das haben Sie auch gesagt, dass die Kollegin Barley das entsprechend -

Herr Abgeordneter Dr. Tietze!

Ich dachte, Sie wollten Ihren Satz beenden. Ansonsten würde ich Sie fragen, ob Sie eine Bemerkung des Abgeordneten Dr. Stegner erlauben?

Ja, bitte gern.

Herr Kollege Tietze, Sie haben - ich habe das voller Begeisterung gehört - Montesquieu zitiert, sehr libe

(Dr. Andreas Tietze)

ral, damit, dass man kein Gesetz machen müsste.

(Beifall Dennys Bornhöft [FDP])

Ich würde Ihnen gern mit Rousseau antworten, der sagt: „Bei allen Tugenden, bei allen Pflichten sucht man nur den Schein; ich suche die Wirklichkeit.“ Wenn Sie sich den Markt ansehen, stellen Sie fest, dass die Wirklichkeit eine andere ist, Herr Kollege.

(Beifall SPD und Lars Harms [SSW] - Chri- stopher Vogt [FDP]: Das haben Sie aber ge- rade gegoogelt, oder! - Martin Habersaat [SPD]: Das kann der alles auswendig! - Zu- ruf: Nein, das kann er so!)

- Ich bin nicht der Überzeugung, dass wir für einen Markt, der tatsächlich - da haben Sie recht - in einem gewissen Unordnungsbereich ist - es gibt diese Intransparenz, die wollen wir auch unbedingt abschaffen -, immer Gesetze brauchen, sondern wir können auch über den Bereich der hier vorgeschlagenen Berufsqualifizierung, der Berufsordnung und auch durch das Bestellerprinzip eine ganze Menge erreichen. Das ist vielleicht ein Schritt, den ich zunächst einmal sehe, bevor wir in das gesetzliche Verfahren eintreten, denn wir haben sehr viele Maklerinnen und Makler, die auf dem Markt eben keine schwarzen Schafe sind, sondern die auch nach einer gewissen beruflichen Ehre - so sage ich es einmal - arbeiten. Deshalb finde ich es erst einmal wichtig, dass wir diesen Weg gehen, bevor wir das über die gesetzliche Keule machen. - Vielen Dank.

Das Wort für die FDP-Fraktion hat deren Fraktionsvorsitzender, Herr Abgeordneter Christopher Vogt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die steigenden Immobilien- und Wohnkosten stellen ein Problem für immer mehr Menschen in unserem Land dar. Deshalb ist die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum mittlerweile auch in SchleswigHolstein - in Hamburg schon länger - zu einer der größten Herausforderungen für die Politik geworden.

Man muss natürlich auch sehen: Vielen Menschen, die Eigentum haben, kommt das auch entgegen. Sie sagen: Es ist doch schön, wenn die Preise steigen, dann steigt auch unser Vermögen. Es ist aber mitt

lerweile eine große soziale Frage, ob man sich Wohnraum leisten kann oder nicht.

Ich finde es deshalb gut, dass sich auch die SPDFraktion Gedanken darüber macht, wie man dem Problem begegnen kann. Die Kauf- und Mietnebenkosten spielen bei den Wohnkosten in der Tat eine große Rolle. Die SPD sagt uns schon mit der Überschrift ihres Antrags, dass sie damit, ich zitiere, „bezahlbares Mieten und Kaufen von Wohnungen und Häusern sicherstellen“ will.

Das ist ein bisschen weit oben ins Regal gegriffen, denn das ist ein hehres Ziel. Leider kann Ihr Antrag dieses Ziel nicht annähernd erreichen. Die Ursachen für steigende Kosten sind deutlich komplexer, als Sie es mit Ihrem Antrag suggerieren. Die Wohnungspolitik der SPD beschränkt sich im Bund und auch hier im Land ja im Wesentlichen darauf, den vermeintlich gierigen Vermietern und den noch gierigeren Maklern die Schuld für steigende Preise in die Schuhe schieben zu wollen. Ich finde, das ist etwas unterkomplex. Man könnte das auch populistisch nennen, das ist aber natürlich nicht mein Stil.

(Beifall FDP - Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Herr Stegner, witzig! - Ich glaube, klar ist auch: Die meisten Makler verdienen in Zeiten des Immobilienbooms sehr gut. Ich glaube, das liegt auf der Hand. Wenn die Immobilienpreise steigen, wie es seit einigen Jahren in deutlichem Maß der Fall ist, dann steigen natürlich auch die Provisionen. Es ist momentan einfacher, eine Immobilie zu verkaufen als in früheren Zeiten. Das heißt, der Aufwand ist auch etwas geringer. Aber die Bekämpfung von Symptomen hilft uns nicht wirklich weiter. Das Kernproblem ist und bleibt, dass das Wohnraumangebot seit Jahren nicht mehr mit der steigenden Nachfrage schritthält.

Wir haben hier jetzt interessante Aussagen zum Thema Funktionieren des Marktes gehört. Natürlich funktioniert der Markt. Das Angebot ist zu klein. Die Nachfrage ist groß, deshalb steigen die Preise. Aber der Markt löst natürlich nicht das Problem. Die Politik muss ihre Hausaufgaben machen. Die Kommunen müssen in den nachgefragten Gebieten, und das betrifft im Wesentlichen den gesamten Hamburger Rand und den Bereich um die Städte sowie natürlich Tourismusregionen wie Sylt oder die Ostküste, deutlich mehr Bauland zur Verfügung stellen. Das Land muss es ihnen aber auch erlauben.

Herr Dr. Stegner, darauf haben wir in der vergangenen Wahlperiode schon hingewiesen. Wir werden jetzt endlich entsprechend den Landesentwick

(Dr. Andreas Tietze)

lungsplan flexibilisieren, sodass das Land das nicht verbietet, wo Wohnraum nachgefragt wird. Das ist doch völlig widersinnig. Die Landesbauordnung muss ebenfalls mehr Freiräume schaffen. Auch bei der innerstädtischen Schaffung von Wohnraum gibt es viele Beschränkungen. Ich glaube, auch da müssen wir rangehen.

Der Staat muss die Schaffung und den Erwerb von Wohneigentum unterstützen und darf nicht weiter der größte Kostentreiber beim Thema Wohnen sein. Das gehört auch zur Wahrheit dazu. In der Tat hat Deutschland im europäischen Vergleich eine erschreckend geringe Quote an Wohneigentum. Das ist gerade für die junge Generation ein Problem wegen der Altersversorgung. Dies wird immer wichtiger, um im Alter tatsächlich abgesichert zu sein.

Die meisten Bundesländer - und Schleswig-Holstein ging da leider voran - haben angesichts von Haushaltsproblemen in den vergangenen Jahren die Grunderwerbsteuer erhöht. Auch die allermeisten Kommunen, ich glaube, über 70 % in SchleswigHolstein, haben die Grundsteuer erhöht. Planungen und Genehmigungen von Wohngebieten dauern vielerorts immer noch zu lange. Es mangelt an Handwerkern, an Vorschriften mangelt es nicht. Auch hier kommen jedes Jahr neue Vorschriften hinzu, die das Bauen verkomplizieren, verlangsamen und verteuern. Ehrlich gesagt, ich finde, die Politik muss ihre Hausaufgaben machen und nicht mit dem Finger auf vermeintlich gierige Vermieter und Makler zeigen.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Herr Dr. Tietze, mich überzeugt auch nicht der Vorschlag, die Maklergebühren dem Verkäufer statt dem Käufer aufzubürden. Diese Gebühr würde bei einem Verkäufermarkt, wie wir ihn seit Jahren haben, eingepreist werden. Insofern wäre der Effekt aus meiner Sicht gleich null. Das würde also nicht helfen. Wir sehen das Problem bei den Mietwohnungen seit der Einführung des Bestellerprinzips. Seit 2015 hat sich die Lage für Mieter vielerorts nicht gerade zum Positiven entwickelt. Das liegt auch daran, dass viele Wohnungen gar nicht mehr auf dem Immobilienmarkt angeboten werden, weil man als Vermieter sagt: Gut, ich akzeptiere gleich den Nachmieter, bevor ich noch eine Provision zahlen muss. Insofern ist das auch kein Instrument, das funktioniert.

Maklergebühren zahlen, das wollen wohl die Wenigsten gern. Frau Ünsal, Sie haben das heute etwas anders dargestellt, als es in der Berichterstattung rüberkam. Ich finde es ein bisschen schwierig, die

Gebühren an die der Notare anzupassen. Der Aufwand ist doch ein anderer, das muss man, glaube ich, sehen. Sie haben das heute etwas differenzierter dargestellt. Ich glaube, es macht keinen Sinn, dass viele kleine Makler sich zurückziehen müssen und dass man den wenigen Branchengrößen das Feld überlässt.