Mit dem Urteil ist klar, dass es ein Schnellverfahren bei der Zulassung dieser neuen Technologien bei der Entwicklung von Saatgut außerhalb von Forschungslaboren nicht geben wird. Voraussetzung für die Zulassung von mit solchen Verfahren hergestelltem Saatgut für den kommerziellen Anbau wären umfangreiche Risikobewertungen, Rückverfolgbarkeit, Kennzeichnungspflicht, Standortregister, Klärung von Haftungsfragen und so weiter.
Was die Forschung der Gentechnik an der CAU anbelangt, hat der Kollege eben schon einiges gesagt. Das ist überhaupt nicht neu. Geforscht wird in allen Bereichen, im Bereich der Medizin, im Bereich der weißen Gentechnik und im Bereich der grünen Gentechnik. Was als Forschung im geschlossenen System läuft, steht auf einem anderen Blatt. Diese Tatsache möchte ich hier überhaupt nicht bewerten. Es gilt das Prinzip der Freiheit der Wissenschaft. Unsere Aufgabe als Politiker sehe ich nicht darin, bestimmte Forschungen zu tadeln oder über den grünen Klee zu loben.
Bevor jedoch im Labor entwickelte Pflanzen in die Natur gelangen, bedarf es umfangreicher Tests und einer sorgfältigen Abwägung und Regulierung. Regulierung ist kein Widerspruch zur Freiheit der Forschung. Freiheit der Forschung umfasst nicht das Recht auf schrankenlose Umsetzung und auf Vermarktungsfreiheit der Forschungsergebnisse.
Zugelassene Sorten für den kommerziellen Anbau werden dem Patentrecht unterliegen. Die Kosten für den sicheren Anbau gentechnisch nicht veränderter Pflanzen, also die Koexistenzkosten, dürfen nicht zulasten derer gehen, die GVO-frei anbauen wollen oder wegen der Anforderungen der Märkte müssen. Hier im Land ist das bei Weitem mehr als nur der Ökolandbau, der eine GVO-freie Erzeugung als Grundbedingung für den Markt hat.
Die Anpreisung von neuen Verfahren im Pflanzenbau geht zurzeit mit einer ganzen Reihe von Heilsversprechen einher. Heilsversprechen kennen wir bereits aus der Gründerzeit der alten Gentechnik. Da ist viel Euphorie. Die braucht man als Forscher, als Unternehmer, manchmal vielleicht auch als Politiker. Da gibt es aber auch ein Ignorieren der Märkte.
Schleswig-Holstein ist, bezogen auf GVO-Pflanzen, bisher frei von Gentechnik, Europa ist weitgehend frei von Gentechnik. Das ist weltweit ein gra
vierender Standortvorteil. Er ist für die hiesige Land- und Ernährungswirtschaft wichtig. Das steht in unserem Koalitionsvertrag. Wir werden ihn nicht aufs Spiel setzen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort hat nun für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Oliver Kumbartzky.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der AfD-Fraktion geht an der Sache, nämlich dem substanziierten Umgang mit gentechnologischer Forschung, vorbei. Das ist das Problem dieses Antrags. Es ist zu keinem Zeitpunkt ersichtlich, dass durch das EuGH-Urteil die gentechnische Forschung in Schleswig-Holstein direkt eingeschränkt wird, wie Sie in Ihrem Antrag suggerieren. Die Forschungslabore sind als geschlossene Systeme nicht direkt, aber unter Umständen mittelbar vom Urteil des EuGH betroffen.
Das EuGH hat geurteilt, dass Produkte, die mit der Genschere CRISPR/Cas erzeugt wurden, ein genetisch veränderter Organismus im Sinne der Freisetzungsrichtlinie seien. Wir sollten also bemerken, dass das EuGH eine rechtliche Einordnung aufgrund bestehender Rechtsgrundlagen vorgenommen hat. Das Gericht trifft eben keine wissenschaftliche Entscheidung. Deswegen ist es dafür auch nicht zu kritisieren.
- Danke. - Wenn die bisherigen Regelungen in der EU Gentechnik so weit definieren, dass auch mit Genscheren erzeugte Produkte darunter fallen, könnte man darüber nachdenken, wie wir die rechtlichen Definitionen ändern können, sodass sie den wissenschaftlichen Sachverhalt besser beschreiben. Das ist eine Aufgabe, derer Sie sich hätten annehmen können. Das haben Sie aber nicht getan. Man muss vielmehr sagen: Sie haben das Thema verrissen.
Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist zu befürchten, dass es durch Überregulierung zu einer Verzögerung der Entwicklung von innovativen Züchtungsmethoden in Europa kommt. Das würde zulasten der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Züchter, insbesondere der kleinen und mittelständischen, gehen. Der Kollege Rickers hat das anhand von Beispielen erwähnt.
Meine Damen und Herren, die Kollegen sämtlicher Fraktionen wissen, dass der Forschungsetat einer mittleren Universität endlich ist. Eine konsequente Forschung kann hier nur betrieben werden, wenn das Vorhaben nicht als Gentechnik qualifiziert ist. Anderenfalls wird die Methode auf die großen Unternehmen beschränkt bleiben, denn diese haben in der Regel die Ressourcen, um dann die teuren und langwierigen Zulassungsprozesse zu bestreiten. Das ist ein Ansatz, den die Europäische Freisetzungsrichtlinie vertritt, was wir als FDP durchaus kritisch sehen.
Meine Damen und Herren, noch einen Satz allgemein zum Thema Gentechnik: Es wird Sie nicht wundern, wenn ich sage, dass die Freien Demokraten auf einen vorurteilsfreien und transparenten Umgang mit neuen Technologien - so auch bei der Gentechnik - setzen. Wir wenden uns dem Fortschritt zu. Wir wollen zu einer modernen Agrarbiotechnologie gelangen, die im Einklang mit Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit steht.
Abschließend noch einmal an Sie gerichtet, Herr Schnurrbusch: Sie wollten ja eine sachliche Diskussion führen. Ihr Antrag ist aber weder erforderlich, noch angemessen, noch geeignet, diese sachliche Diskussion zu führen. Deswegen werden wir ihn heute in der Sache ablehnen. - Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Aus wissenschaftlicher Sicht mag man von dem EuGH-Urteil zur CRISPR/Cas-Methode - der sogenannten Genschere - nicht überzeugt sein. Fakt ist, der Gerichtshof hat festgestellt, dass eine Pflanze, die mit dem Werkzeug der Genschere gezüchtet wird, als gentechnisch veränderter Organismus anzusehen ist. Damit muss dieser Organismus gesondert geprüft und gekennzeichnet werden.
Darüber hinaus stellt der Gerichtshof frei, dass Organismen, die durch die Anwendung anderer Genverfahren verändert wurden, der GVO-Richtlinie zu unterwerfen sind. Denn Organismen, die beispielsweise radioaktiv oder chemisch verändert wurden, unterliegen bisher nicht der GVO-Richtlinie. Das Urteil des Gerichtshofs wurde auf der Grundlage der geltenden EU-Freisetzungsrichtlinie getroffen wohlgemerkt: einer Richtlinie aus dem Jahr 2001. Es ist nun mehr als deutlich geworden, dass 17 Jahre im Bereich der Genwissenschaft ein sehr langer Zeitraum sind, denn seit dem Erlass der Richtlinie hat sich dort eine Menge getan.
Es ist natürlich einfach zu sagen: Hier hätte Politik längst handeln und die Richtlinie entsprechend ändern oder anpassen müssen. - So leicht ist das aber eben nicht. Eine solche Richtlinie wird nicht einfach alle drei Jahre geändert, nur weil es ein neues Verfahren gibt. Wer sich an die Diskussionen um gentechnisch veränderte Organismen erinnert, weiß, dass diese Diskussionen nicht immer rational geführt wurden. Das haben wir selbst auch hier im Landtag mehrmals erlebt. Das Thema Gentechnik in der Landwirtschaft - also der Einsatz von GVO wurde auch im Landtag immer wieder sehr kontrovers diskutiert.
Auf der einen Seite werden die wirtschaftlichen Interessen und Chancen angeführt. Auf der anderen Seite sind es die Auswirkungen auf Natur und Umwelt, die nicht ausreichend bekannt sind. Der Einsatz von GVO wird vom größten Teil der Verbraucherinnen und Verbraucher abgelehnt. In Kürze gesagt, ist das die Klemme, in der die Politik steckt. Die Entscheidung für oder wider ist nicht einfach, denn aus unserer Sicht gibt es keine endgültige, wissenschaftlich untermauerte Stellungnahme, die das eine oder das andere ausschließt oder befürwortet. Solange das so ist, sehe ich die Aufgabe der Politik darin, den Umgang mit der Agrogentechnik gesetzlich so zu regeln, dass keine Gefahr für Mensch und Natur davon ausgeht, denn, was ein
Daher brauchen wir entsprechende Regeln, die einen Missbrauch weitestgehend verhindern. Diese Ansicht mag für den einen oder anderen schwer nachvollziehbar sein, aber denen will ich auch ganz klar sagen: Man hat es bis jetzt nicht geschafft, die Unbedenklichkeit von Gentechnik überzeugend darzulegen. Dies gilt auch für die Anwendung der Genschere, denn auch sie ist nicht unumstritten. Die dieser Methode nachgesagte Präzision wird zum Teil infrage gestellt. Das heißt: Jenseits der Schnittstellen können zusätzlich unerwartete Schnitte auftreten, deren Folgen nicht absehbar sind.
Zugegeben: Das Urteil des EuGH erschwert den Einsatz der Genschere, weil das Verfahren nun mit den entsprechenden Auflagen der GVO-Richtlinie unterliegt. Um es auch ganz deutlich zu sagen: Diese Methode ist nicht verboten. Sie ist weiterhin anwendbar, und es kann daran auch weiter geforscht werden - das gilt auch für die CAU. Bevor dieses Verfahren aber unkontrolliert seine Anwendung findet, weil es keinen besonderen technischen Aufwand erfordert, ist es doch zu begrüßen, dass der EuGH diese Anwendung unter ganz klare Regeln gestellt hat. Darüber bin ich sehr froh. - Jo tak.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort für die Landesregierung hat jetzt der Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Jan Philipp Albrecht.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich denjenigen Rednern danken, die deutlich gemacht haben, dass die Rolle des Europäischen Gerichtshofs und seine umsichtige Wahrnehmung dieser Rolle in der Ausdeutung des Europäischen Rechts liegt und nicht etwa in der wissenschaftlichen oder politischen Bewertung. Diese Rolle steht in diesem Haus hier auch nicht zur Debatte und wird auch nicht in Zweifel gezogen. Ich denke, es ist wichtig, das an dieser Stelle zu wiederholen.
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 25. Juli dieses Jahres hat Klarheit geschaffen. Neue Verfahren der Mutagenese, oder Neudeutsch des Genome Editing, wie zum Beispiel das Verfahren CRISPR/Cas, unterliegen dem europäischen und damit auch dem deutschen Gentechnikrecht mit den entsprechenden Anforderungen an die Gentechnik.
Es ist gut, dass es nun diese Klarstellung gibt, denn das Urteil gilt für das gesamte Spektrum dieser Techniken und ihrer Verwendung. Diese Techniken können und werden nicht nur in der Pflanzenzucht, sondern auch in weiten Bereichen der Forschung, insbesondere auch in der Medizin, der Tierzucht und so weiter eingesetzt. Mit Hilfe von Genome Editing ist es möglich, einzelne Gene durch gezielte Eingriffe zu verändern und so einfacher, gezielter und vor allem schneller zu den gesuchten Ergebnissen zu kommen.
Genome Editing kann theoretisch aber auch noch mehr. Auch umfangreiche Veränderungen am Genom sind möglich, und wie bei klassischer Gentechnik können neue, fremde Gene in ein Genom editiert werden. Das funktioniert theoretisch nicht nur bei Pflanzen, sondern auch bei Tieren.
In der Forschung werden gentechnische Methoden seit vielen Jahren auch in Schleswig-Holstein angewandt, natürlich auch neue Verfahren. CRISPR/Cas ist auch bei unseren Forschern längst etabliert. Daran ändert das Urteil des Europäischen Gerichtshofs nichts - auch nicht im Bereich der Pflanzenforschung.
Die Landesregierung will daran ebenfalls nichts ändern. Diese Forschung wird in unserem Land bereits gefördert, und auch daran wollen und werden wir ebenfalls nichts ändern. Wir wollen der Forschung aber auch keine Technik vorgeben, denn wir brauchen engagierte, vielfältige Forschungen zur Lösung vielfältiger Probleme - auch im Bereich der Landwirtschaft. Deshalb wollen wir die Breite und Vielfalt der Forschung erhalten und weiter fördern. - Herzlichen Dank.
Es ist vom Abgeordneten Schnurrbusch für den Antrag mit der Drucksachennummer 19/946 die Ausschussüberweisung in den Umwelt- und Agrarausschuss beantragt worden. Wer möchte der Aus