Protokoll der Sitzung vom 26.09.2018

(Flemming Meyer)

schussüberweisung zustimmen? - Die Gegenprobe! - Dann ist dies gegen die Stimmen der AfD-Fraktion mit den Stimmen aller anderen Fraktionen und der Abgeordneten des SSW abgelehnt.

Wir kommen damit zur Abstimmung in der Sache. Wer dem Antrag Drucksache 19/946 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Die Gegenprobe! - Dann ist der Antrag gegen die Stimmen der AfD-Fraktion mit den Stimmen aller anderen Fraktionen und der Abgeordneten des SSW abgelehnt.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, begrüßen Sie mit mir neue Gäste auf der Besuchertribüne. Es handelt sich um den Inner Wheel Club aus Kiel und um Beschäftigte der Firma Microsoft. - Ihnen allen ein herzliches Willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 14 auf:

Verkehrsfluss optimieren, Schadstoffe reduzieren und alternative Mobilitätskonzepte voranbringen

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/862

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dennys Bornhöft für die Fraktion der FDP.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die ständig gewachsene Verkehrsdichte, Staus und Stop-and-go-Verkehr auf Fernstraßen, aber auch im städtischen Raum, stellen eine hohe Belastung für Mensch, Umwelt und Wirtschaft dar.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Auch für die Tiere!)

- Natürlich auch für die Tiere.

In Verkehrsstaus passieren mehr Unfälle, es werden Zeit und Energie verschwendet. Die Schaffung eines gleichmäßigen Verkehrsflusses bedeutet deshalb Energieeinsparung, Schadstoffminimierung und Zeitgewinn. Das schont die Nerven der Menschen - und der Tiere, Herr Arp - und ist daher sowohl ökologisch als auch ökonomisch ein sinnvolles Ziel.

Stockender Verkehr führt bei allen Verkehrsmitteln zu einem gravierenden Mehrverbrauch von Treibstoff beziehungsweise Energie. Je niedriger die Staugeschwindigkeit, desto höher aufgrund des Abbremsens und Anfahrens der Verbrauch pro Wegstrecke. Bei Lastwagen steigert sich so der Mehrverbrauch um 45 %, bei Pkw ist er ähnlich hoch. Auch andere Werte, wie beispielsweise der Stickoxidausstoß, der derzeit en vogue ist, können bei Stop-and-go sogar um das Vierfache steigen. Das sind Emissionen, die durch entsprechende Maßnahmen und einen fließenden Verkehr verhindert werden können.

(Zuruf Wolfgang Baasch [SPD])

Stockender Verkehr und einschränkende Mobilität sind eine Gefahr für Klima und Umwelt, vermeidbare Gefahren, wenn wir das Verkehrswesen neu denken.

(Beifall FDP)

Innerorts sind Vorkehrungen gegen Staus kompliziert. Hier geht es nicht nur darum, die Geschwindigkeit in die jeweilige Fahrtrichtung untereinander anzugleichen, sondern innerorts müssen auch die Mobilitätsbedürfnisse von Fußgängern, Radfahrern, des Lieferverkehrs oder auch des sogenannten Parksuchverkehrs mitgedacht werden.

Nehmen wir einmal unsere Landeshauptstadt als Beispiel. Kiel wächst ebenso wie auch andere Städte und Gemeinden in Schleswig-Holstein. Um den ebenfalls wachsenden Mobilitätsansprüchen gerecht werden zu können und sie zugleich mit den berechtigten Forderungen nach Umweltschutz, Verkehrssicherheit und natürlich auch der Wohnumfeldqualität in Einklang zu bringen, braucht es neue und innovative Maßnahmen und Denkweisen.

Fahrverbote wiederum gehören nicht zu diesen innovativen Maßnahmen. Sie sind weder innovativ noch wirksam. Die Schadstoffbelastung sinkt allenfalls in der betroffenen Straße, in den angrenzenden Stadtgebieten steigt sie dagegen an. Viele Menschen sind auf ihr Fahrzeug angewiesen und lassen ihr Auto nicht einfach nur stehen, weil eine einzelne Straße gesperrt wird. Nein, die Leute umfahren die Strecke, und durch die längeren Strecken kommt es in der Summe letztendlich zu einem höheren Schadstoffausstoß. Das haben auch die ersten Ergebnisse der Fahrverbote in Hamburg gezeigt. Die ersten Ergebnisse auf der Stresemannstraße zeigen, dass zwar auf der Stresemannstraße selbst ganz knapp der Grenzwert unterschritten wird, dafür sorgt der Umgehungsverkehr dafür, dass in den umliegenden Straßen die Grenzwerte überschritten

(Vizepräsident Rasmus Andresen)

werden. Solche Fahrverbote durchzusetzen, ist reiner Aktionismus und im Zweifel sogar umweltschädlich.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Was wir brauchen, ist ein umfassendes Verkehrskonzept, das den Bedarfen aller Verkehrsteilnehmer gerecht wird. Das heißt, dass beispielsweise allein die Debatte um die Stärkung des ÖPNV kaum in der Lage sein wird, das Problem zu lösen. Warum? - Deutschland ist eine Pendlernation, und Schleswig-Holstein besteht überwiegend aus ländlichem Raum. Diejenigen, die innerstädtisch nahe ihrem Arbeitsort wohnen und daher mit Fahrrad oder Bus zur Arbeit kommen, sind in der arbeitenden Bevölkerung leider eine Minderheit. Dies hat also mit der Lebensrealität der Pendlerinnen und Pendler, die zum Beispiel täglich über den Theodor-Heuss-Ring „schleichen“ müssen, wenig zu tun und würde ihnen nicht weiterhelfen.

Mit der vorliegenden Drucksache möchten wir Best-Practice-Lösungen für Mobilität und der Lenkung erheben und breit zugänglich machen. Digitalisierung, die Nutzung von Daten, kann viele Chancen für eine intelligente Verkehrsführung eröffnen. Insbesondere die Verknüpfung von motorisiertem Individualverkehr auf der einen Seite und ÖPNV und Radverkehr auf der anderen Seite bieten Chancen.

Es geht um Modellprojekte, die es zum Beispiel auf Initiative von Kommunen oder Privaten schon in Schleswig-Holstein, in Deutschland, im EU-Ausland oder international gibt. Mit diesem Antrag soll diese Idee, die Mobilität für die Menschen zu verbessern, schneller in die Fläche gestreut werden.

Eine Verbesserung des Verkehrsflusses kann die Schadstoffbelastung reduzieren, ohne dabei die Mobilität und die Freiheit des Einzelnen einzuschränken. Verkehr bleibt damit ökologisch und ökonomisch tragfähig, denn fließender Verkehr ist umweltfreundlicher Verkehr. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, CDU und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Kai Vogel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Ich muss sagen: Sprachlich ist der Antrag ein wunderbarer Beleg für einen Antrag, bei dem viele nette Begrifflichkeiten suggerieren, die Koalition hätte einen Plan, um unsere verkehrspolitische Welt endlich glücklicher und schöner zu machen. Die Inhaltsleere ihres Antrags finde ich wirklich schon bemerkenswert. Denn bei jedem Satz merkt man, wie schwierig es wohl war, sich in der Koalition auf konkrete Ziele zu einigen.

(Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt kein einziges Ziel in dem Antrag, das wegweisend wäre.

Auf der Homepage des Ministeriums heißt es bereits heute bei den Aufgaben der Verkehrsinfrastruktur mit zwei Sätzen: Voraussetzung seien intakte, leistungsfähige und umweltgerechte Verkehrswege; und es gelte, die Verkehrsinfrastruktur der Zukunft ressourcenschonend, umweltverträglich und emissionsarm zu gestalten. Wofür das Ministerium hier zwei Halbsätze benötigt, dazu brauchen Sie eineinhalb Seiten, auf denen Sie das Ministerium bitten, genau das zu machen, was ohnehin schon deren Aufgabe ist.

Sie bitten die Landesregierung, sich für eine Optimierung des Verkehrsflusses einzusetzen. - Wow! Ja was soll denn sonst ihr Blickwinkel sein? Soll sie etwa Staus produzieren? - Nein, es geht natürlich darum, Staus zu vermeiden.

Das Ministerium soll Energieeffizienz erhöhen und Emissionen senken. Nur wie, das schreiben Sie nicht. Es sollen Maßnahmen für den Radverkehr getroffen werden. Aber welche bitte? - Wer mit einem solchen Antrag auch verbal auf der Stelle tritt, erweckt den Eindruck, das Ministerium müsste erst daran erinnert werden, dass es auch Radverkehr gibt. Ich bin wirklich gespannt, was der Minister nachher aus diesem prägenden Antrag macht und welche Ziele er daraus für das Ministerium ableitet.

In der Mitte des Textes findet man dann sogar eine klitzekleine Forderung. Dem Ministerium wird vorgeschlagen, eine Plattform mit den Kommunen zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch und zur Bestandsaufnahme zu schaffen. Mit gewissem germanistischen Fachverstand erfahren wir also: Die Koalition bittet die Landesregierung, sich mit den Kommunen zu unterhalten. - Wow, welch ein Ziel!

Dieser Antrag bringt unser Land nicht voran, obwohl das so leicht möglich wäre. Warum fordern

(Dennys Bornhöft)

Sie kein spezielles Förderprogramm beispielsweise für den Radwegebau? Hier könnten Sie mit einer Förderung nach neuen und nicht nur nach sanierten Radwegen den Radverkehr deutlich attraktiver gestalten.

(Dennys Bornhöft [FDP]: Wie innovativ!)

Das Einsetzen von Schnellbuslinien, die Reaktivierung von Bahnstrecken, Förderprogramme für EBusse, Förderprogramme für Car-Sharing, ein Azubi-Ticket, ein Semester-Ticket, endlich ein PendlerTicket, wie es der HVV bietet - setzen Sie endlich den Nordtarif um -, fördern Sie Bürgerbusse, Sammel- und Ruftaxis! - Das alles sind Maßnahmen, mit denen Sie sehr schnell und ohne Widerstände innerhalb der Bevölkerung viel weniger Autoverkehr erzeugen, Schadstoffe senken und den Verkehrsfluss optimieren würden.

(Dennys Bornhöft [FDP]: Gibt es doch schon! Machen wir doch! Maßnahmen von gestern!)

Nutzen Sie doch das viele Geld, das Ihnen zur Verfügung steht, endlich für wegweisende Projekte und das zusätzlich zu dem notwenigen Austausch zwischen Ministerien und Kommunen.

Über diese Möglichkeiten, was man aus Ihrem Antrag alles herausholen könnte, würden wir gern im Ausschuss weiter sprechen. In diesem Zuge würde uns auch sehr interessieren, wie weit die Landesregierung mit der Umsetzung der Empfehlungen ist, die sich aus dem schon 2016 erstellten Gutachten des Wirtschaftsministeriums zur Mobilität der Zukunft, Umdruck 18/6646, ergeben. Wir beantragen die Überweisung und sind gespannt. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort hat der Abgeordnete Andreas Hein für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine Damen und Herren! Sie alle kennen das: Sie stehen im Auto an einer roten Ampel, unzählige Male, und es geht nicht voran.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Dann sollten wir vielleicht die roten Ampeln abschaffen!)

Die Straßen sind verstopft, Sie suchen einen Parkplatz, drehen unzählige Runden, und Sie kommen

nicht voran. Das Fazit: Nicht nur Sie, sondern auch viele andere Autofahrer sind genervt, noch viel schlimmer, unsere Luft wird verschmutzt, und es ist unnötig zu erwähnen, dass wir dabei auch noch viel Energie verbrauchen. Diese Situation kostet alle obendrein auch noch sehr viel Zeit.

Dass dieses Problem vor allem in den industrialisierten Ländern - also auch bei uns - ein Problem ist, liegt auf der Hand. Hier will Jamaika ansetzen.