Das Wort zur Begründung wird, wie ich sehe, nicht gewünscht. - Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort für die AfD-Fraktion dem Abgeordneten Volker Schnurrbusch.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Die öffentlich-rechtlichen Anstalten betreiben derzeit über 20 Fernsehkanäle und mehr als 60 Hörfunksender. Das ist ein deutliches Überangebot, das auch nach dem vom Bundesverfassungsgericht definierten Vorgabenauftrag mit nichts zu rechtfertigen ist. Ein Umbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist längst überfällig.
Die stetige Ausweitung der Programme und Inhalte hat dazu geführt, dass sich ARD und ZDF in einem permanenten Bieterwettstreit befinden. Sport- und Filmrechte sind teuer. Sportübertragungen und hochwertige Spielfilme werden inzwischen nicht nur von Privatsendern angeboten, sondern auch im Pay-TV und von Streaming-Diensten im Internet.
Im Bestreben, der privaten Konkurrenz Paroli zu bieten, haben ARD und ZDF ihre Hauptprogramme aufgebläht und verwässert und sich darüber hinaus mit einer Phalanx von Spartenkanälen umgeben. Ja, hier findet der Zuschauer hochwertige Kultur-, Bildungs- und Informationssendungen. Aber warum es reine Wiederholungskanäle wie den Sender ONE, mit Tagesschau24, ZDFinfo und Phoenix gleich drei reine Informationskanäle oder mit 3sat, ARTE und ZDFkultur gleich drei Kulturkanäle geben muss, ist dem Zwangsbeitragszahler schwer zu vermitteln.
Ganz absurd wird es, wenn man beobachtet, wie sich ARD und ZDF auf Neuland begeben. Das gemeinsame Angebot für junge Zuschauer nennt sich „funk“ und bildet eine lose Sammlung von über 30 Magazinen, die ausschließlich im Netz laufen. Ob das überhaupt noch Rundfunk darstellt, ist frag
lich. Die Qualität mancher Sendungen ist durchaus fragwürdig, ja grenzwertig. Welcher Beitragszahler möchte Formate wie „Auf Klo“, einem Mädelstalk auf dem Klo, wie es auf der Startseite heißt, einer ich zitiere - „Vorglühtour mit Bananenschnaps“ oder einer Sexberatung mit einem Titel mitfinanzieren, den ich nicht nur in diesem Hohen Haus nicht in den Mund nehmen würde?
Auch die Ausweitung von Textinhalten im Netz, die den Zeitungsverlegern Konkurrenz machen, ist nicht vom Auftrag abgedeckt, den ihn das Verfassungsgericht abgesteckt hat.
Die Ministerpräsidenten der Länder haben sich in diesem Jahr mehrfach getroffen. Ministerpräsident Günther gehört zu den Landeschefs, die den Reformbedarf erkannt haben. Im Juni 2018 wurde er in der Presse damit zitiert, dass ein Auftrag gebraucht werde, der auf qualitativen Inhalten beruhe. Dazu müsse geprüft werden, welche Angebote der öffentlich-rechtliche Rundfunk zwingend vorhalten muss.
Genau dieser Frage stellen sich die öffentlich-rechtlichen Sender eben nicht. Wie kann es sein, dass die Rundfunkkommission der Länder Einsparungen von ARD und ZDF fordert, die die Anstalten schlichtweg ablehnen? Sie meinen, es genüge, in den nächsten zehn Jahren 1,1 Milliarden € einzusparen. Aber bedarf das wirklich einer großen Kraftanstrengung, wenn sich bis 2020 bereits ein Überschuss von mehr als einer halben Milliarde €, genau 544,5 Millionen €, bei den Anstalten ansammelt? Wenn gleichzeitig der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm, übrigens ein ehemaliger Pressesprecher der Bundesregierung unter Frau Merkel, ankündigt, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten ab 2021 mehr Geld benötigen werden, dann schlägt das dem Fass den Boden aus. Mehr Geld bekommen, um mehr Geld einzusparen: Was ist das für eine verquere Logik? Wer soll das verstehen? Das versteht kein Bürger, der wenig öffentlich-rechtliche oder nur private Sender sieht, niemand, für den 17,50 € im Monat kein Pappenstiel sind, keiner, der von einem nicht kommerziellen System neutrale
Die angekündigten Einsparmaßnahmen sollen daherrühren, dass ARD und ZDF enger kooperieren wollen. Das ist toll.
Warum nicht gleich ARD und ZDF zusammenlegen? Die Unterschiede zwischen Inga Lindström und Rosamunde Pilcher sind doch eher marginal und ohnehin nicht vom Versorgungsauftrag gedeckt.
Dass ARD und ZDF neben überhöhten Beiträgen auch mindestens 500 Millionen € an Einnahmen durch Werbefenster erzielen, ist ein Anachronismus, der schleunigst abgeschafft gehört.
Wir fordern die Landesregierung heute auf, sich im Bundesrat und in der Rundfunkkommission - falls noch nicht geschehen - für eine grundlegende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einzusetzen, damit er sich auf Information, Bildung und Kultur konzentriert. Das öffentlich-rechtliche System ist ein Relikt der Nachkriegszeit, das mithilfe der Zwangsbeiträge in einer marktwirtschaftlich organisierten Medienlandschaft mitspielen will. ARD und ZDF sollen keine besseren Privatsender sein, sondern eine seriöse Alternative. Diesen Anspruch werden wir immer wieder einfordern, bis die Rundfunkstaatsverträge gekündigt und neu verhandelt werden. Wir bitten um Abstimmung in der Sache.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon ein Jahr her als wir einen ähnlichen Antrag von der AfD-Fraktion hatten. Damals sollten die Staatsverträge gekündigt werden. Sie sind in diesem Hohen Haus damit gescheitert - zu Recht gescheitert. Wahrscheinlich stellen Sie deshalb jetzt wieder einen ähnlichen Antrag. Nur gehen Sie diesmal nicht ganz so plump vor, obwohl Sie nach wie vor dasselbe Ziel verfolgen: Sie wollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk schwächen.
Sie sprechen zwar davon, dass Sie ihn auf den Prüfstand stellen. Sie wollen ihn „nur“ auf den Prüfstand stellen. Ich setze das „nur“ bewusst in Anführungszeichen. Tatsächlich schwebt Ihnen keine ergebnisoffene Prüfung vor, sondern Sie haben bereits - das haben Sie auch in Ihrer Rede deutlich gemacht, Herr Schnurrbusch - eine klare Vorstellung davon entwickelt, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Zukunft aussehen soll. Sie wollen ihn - auch das klingt vielleicht im ersten Moment gut auf den Informations-, Bildungs- und Kulturbereich reduzieren. Sie wollen Sender und Senderformate einstellen.
Mit anderen Worten: Sie wollen ihn kleinmachen. Ich frage mich, woher Ihr Argwohn gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt. Liegt es an der kritischen Berichterstattung?
Es scheint Ihnen auch nicht zu gefallen, dass 83 % der wahlberechtigten Bevölkerung den öffentlichrechtlichen Rundfunk für unverzichtbar halten. Diese Menschen fordern genau diese Berichterstattung, die sich kritisch mit der Politik auseinandersetzt.
Die Vehemenz und die Häufigkeit, mit der die AfD den öffentlich-rechtlichen Rundfunk beharkt, lässt nur einen Schluss zu: Man möchte sich kritischer Berichterstattung entledigen.
„Das sind Leute aus anderen Parteien und leider auch aus den Medien. Die möchte ich aus der Verantwortung treiben.“
Meine Damen und Herren, solche Äußerungen haben nichts, aber auch gar nichts mit unserer freiheitlichen, demokratischen Grundordnung zu tun. Hier gilt es, ein Stoppschild zu setzen.
Das Perfide ist, Sie gehen mit Ihrem Antrag durchaus geschickt vor. Auf den ersten Blick mag es attraktiv sein, durch den Verzicht auf Sport und Unterhaltung beim Rundfunkbeitrag zu sparen. Für diese Forderung werden Sie wahrscheinlich auch viel Applaus erhalten, doch ist diese Entlastung wirklich Ihr Ziel? - Nein. Hinter der Forderung, Sport und Unterhaltung den kommerziellen Sendern zu überlassen, steckt etwas anderes, nämlich das Kalkül, ARD und ZDF in der Gesamtnutzung zu schwächen und damit auch die Nutzung der Informationsangebote. Auf diese Weise wollen Sie die Reichweite kritischer Berichterstattung reduzieren.
- Doch, das ist so. Hören Sie doch Ihrem Parteivorsitzenden zu. Wie kommen Sie eigentlich darauf, dass Sport und Unterhaltung zu viel Platz im Programm einnehmen? - Einen Blick in die Statistik ich empfehle „MediaPerspektiven“ aus April 2018 zeigt: Der Sportanteil bei der ARD beträgt 6 % und im ZDF 5 %. Ich denke, das ist nicht zu viel, wenn man dagegen sieht, dass etwa 40 % der Sendezeit für das Verbreiten von Informationen, von Nachrichten und Dokumentationen genutzt werden. Ein Missverhältnis, so wie Sie es dargestellt haben, kann ich hier überhaupt nicht erkennen.
Ihre Forderung, den Sport ausschließlich dem privaten Fernsehen zu überlassen, halte ich für hochgradig unsozial.