Protokoll der Sitzung vom 28.09.2018

dass wir uns an jedem dritten Donnerstag des Monats zum Club der geheimen Parlamentarier in der Bibliothek treffen. Aber zu dem Zitat kann ich nicht mehr sagen, als dass ich es nicht kenne.

Wir brauchen unbedingt ein Konzept zur Demokratiebildung. Dieses Konzept zur Demokratiebildung soll hier vorgelegt werden. In diesem Konzept muss es darum gehen, dass Schülerinnen und Schüler dazu befähigt werden, in stärkere Selbstreflexion zu gehen, Kritik zu äußern und - ganz essenziell - einmal nicht mitzumachen. Die Frage der Stärke zum Nichtmitmachen ist ein wesentlicher Bestandteil von Demokratie.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Jette Waldinger-Thiering [SSW] - Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Über den Satz muss man nach- denken! Er war sehr schön!)

- Vielen Dank. Die Landesschülervertretungen haben in den letzten Tagen Vorschläge gemacht. Sie haben ein Positionspapier an die bildungspolitischen Sprecherinnen und -sprecher der Fraktionen und an die Bildungsministerin geschickt, in dem alle Landesschülervertretungen gemeinsam - von den Förderschulen, von den Gemeinschaftsschulen, von den Gymnasien, von den beruflichen Schulen - gesagt haben: Leute, wir brauchen mehr Demokratiebildung, wir brauchen mehr politische Bildung in den Schulen. - Da sind viele gute Vorschläge enthalten, nicht nur, den WiPo-Unterricht auszuweiten.

Als besonders interessanten Vorschlag empfinde ich auch, dass es mehr Rhetorik- und Medienbildung in der Schule geben muss, dort mal wieder zu

(Lasse Petersdotter)

verstärken, dass wir zum einen einen selbstbewussten und selbstbestimmten Umgang mit Medien brauchen, wir uns zum anderen aber auch bewusst werden, welche Macht Sprache hat und welche Auswirkungen Sprache hat. Rhetorik ist mehr als nur zu lernen, wie man Subjekt, Prädikat und Objekt aneinanderreiht. Sie bedeutet auch, von der Sprachgewalt Gebrauch zu machen oder sie einschätzen und sich dagegen wehren zu können. Ich halte diesen Vorschlag, den wir unbedingt hier einbringen sollten, für hochreflektiert und dringend diskussionsbedürftig.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt SPD)

Es geht hier also um die großen Fragen der Demokratie, um die Frage, wie es mit der Demokratie weitergeht. Dieses Konzept ist ein Bestandteil in einem wichtigen Jahr, das uns im kommenden Jahr bevorstehen wird und in dem wir noch weitere Maßnahmen der politischen Bildung diskutieren werden, denn Demokratiebildung ist ein Mittel der wehrhaften Demokratie. Die wehrhafte Demokratie ist die Form der Demokratie, die wir gerade heute brauchen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP, SSW und vereinzelt CDU)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat die Abgeordnete Anita Klahn.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wo komplexe Sachverhalte auf wenige vermeintliche Wahrheiten reduziert werden oder Andersdenkende für die Probleme des Landes verantwortlich gemacht werden; wo auch aus Unwissenheit die freiheitliche Grundordnung infrage gestellt wird, dort hat die Demokratie einen schweren Stand. Wo aber gebildete Menschen um ihre und die Rechte ihrer Mitmenschen wissen, wo sie ein kritisches Reflexionsvermögen haben und nicht den Versuchungen der großen Vereinfacher erliegen, wo Respekt die Grundlage des Zusammenlebens bildet, da kann die Demokratie gedeihen. Demokratie und Bildung gehören zusammen.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall Sandra Red- mann [SPD])

Die letzte Shell-Jugendstudie von 2015 konnte uns alle glücklich stimmen: Die Mehrheit der Jugendli

chen gab an, mit der Demokratie zufrieden zu sein, und sehr viele meinten, sie seien auch politisch interessiert. Doch scheint es mittlerweile unter den Jugendlichen aber auch ein grundsätzliches Misstrauen in die Politik zu geben, denn 71 % der deutschen Jugendlichen vertrauen der Politik nicht mehr.

(Jörg Nobis [AfD]: Warum wohl?)

Zu diesem Ergebnis kam zumindest eine Umfrage im Rahmen der europäischen Studie „Generation what?“. Dieses offensichtliche Misstrauen zeigt sich auch darin, dass sich zwar viele junge Menschen politisch engagieren wollen, sich aber von den politischen Parteien nicht angesprochen fühlen.

Vertrauen entsteht durch Wissen. Wer weiß, welche Erfolge unser politisches System hervorbringt und welche Möglichkeiten der politischen Teilhabe es gibt, verliert auch sein Misstrauen. Der- oder diejenige weiß, dass man selbst etwas verändern kann und dass man der Politik nicht ohnmächtig gegenübersteht.

Deshalb ist die Demokratiebildung an Schulen so wichtig: Hier werden politische Grundkenntnisse und Grundfertigkeiten vermittelt. Die Schülerinnen und Schüler haben ein Bedürfnis nach politischer Bildung und äußern das auch laut. Die Landesschülervertretungen - das wurde schon erwähnt - gaben der Politik erst neulich den klaren Auftrag: Sorgt für mehr Unterricht! Liebe Schülerinnen und Schüler, ich sage euch: Das machen wir.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Das Konzept zur Demokratiebildung, das die Landesregierung erarbeiten soll, wird die Schulen bei der Demokratiebildung und - ich möchte es so nennen - der politischen Aufklärung unterstützen. Dies ist in Zeiten des Politikverdrusses und der politischen Radikalisierung am linken und rechten Rand unbedingt notwendig.

(Beifall FDP und Peer Knöfler [CDU])

In den Schulen werden also Grundlagen der Politik vermittelt. Dazu gehören auch Kenntnisse über geschichtliche Ereignisse, geografische Grundlagen und wirtschaftliche Entwicklungen. Ganz wichtig ist an dieser Stelle das Verstehen von Zusammenhängen und den Folgen daraus.

Ich halte es auch für wichtig, dass Schülerinnen und Schüler in ihrer Schulzeit mindestens einmal einen Besuch bei uns im Landeshaus, im Bundestag oder im Europaparlament erleben. Durch die Nähe des

(Lasse Petersdotter)

tatsächlichen Erlebens des Gesprächs mit Politikern bauen sich Barrieren ab, und Verständnis entsteht.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Meine Damen und Herren, Kinder lernen ein freies und liberales Miteinander vor allem in ihrem Umfeld. Wir alle - Eltern, Lehrer, Politiker, Vereine und Verbände - haben hier eine ganz große Verantwortung, nämlich die Verantwortung, uns wie Vorbilder zu benehmen. Dazu gehört es, respektvoll und wertschätzend miteinander umzugehen.

(Beifall FDP, Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Jette Waldinger- Thiering [SSW])

Wir müssen der Verrohung der Sprache, die derzeit überall zu beobachten ist, der Herabsetzung und der Ausgrenzung anderer im Alltag entschlossen entgegentreten. Nur so erfahren Kinder und Jugendliche, wie eine demokratische Gesellschaft aussehen kann.

Zum Schluss möchte ich darauf hinweisen oder es in Erinnerung rufen: Zu der Landtagswahl, aber auch zur Bundestagswahl hat der VPJ an den Schulen viele Veranstaltungen organisiert. Ich bin der Meinung, dass man noch mehr Schulen einbinden kann, wenn sich herumspricht, wie erfolgreich das war. Ich persönlich habe dort bei den Diskussionen, an denen ich als Ältere teilnehmen durfte, erfahren, wie interessiert die Jugendlichen sind und wie kritisch sie sich mit unseren Parteien auseinandergesetzt haben. Das hat mich endgültig in der Überzeugung bestärkt, dass es ein guter Schritt war, dass wir das Wahlalter heruntergesetzt haben, insofern als es dazu beiträgt, dass sich unsere Kinder und Jugendlichen in Zukunft mehr für Politik interessieren.

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich hoffe, dass wir in der Sache abstimmen können.

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Liebe Kollegen, bitte begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags unseren Beauftragten für politische Bildung, Herrn Christian Meyer-Heidemann. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Frank Brodehl das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Das Jahr 2019 ist durch Bildungsministerin Karin Prien zum Jahr der politischen Bildung ausgerufen worden. Als Anlässe werden der 70. Geburtstag des Grundgesetzes und die anstehenden EU-Wahlen genannt. Ich ergänze: Der 30. Jahrestag des Mauerfalls wäre mit Sicherheit auch ein guter Anlass gewesen, um das Thema Demokratieerziehung einmal zu einem Schwerpunktthema zu machen.

(Beifall AfD)

Dass man Schwerpunkte setzt, ist eine gute pädagogische Tradition. Ich muss aber überlegen, ob in der letzten Zeit auch mal ein Jahr der musischen oder der sportlichen Bildung ausgerufen worden ist. Das wirft natürlich die Frage nach der eigentlichen Motivation auf. Ich muss ehrlich sagen: Ich hatte streckenweise befürchtet, dass das hier vielleicht ein Kampf gegen die AfD oder gegen rechts ist oder so. Das habe ich bis jetzt nicht gehört; darüber bin ich sehr froh.

Heute liegt also der Antrag aller Parteien hier im Landtag außer der AfD vor. Der Antrag fordert: Die Schulen sollen stärker bei der Vermittlung demokratiepädagogischer Inhalte unterstützt werden. Als Ziele werden - ich zitiere aus dem Antrag - „die aktive Verteidigung der Demokratie“ und die „Bereitschaft zur politischen und gesellschaftlichen Beteiligung …, Selbstvertrauen und Selbstreflexion“ als zu erwerbende Kompetenzen genannt.

Jeder der genannten Punkte, meine Damen und Herren, ist natürlich schon längst integraler Bestandteil unserer Lehrpläne. Zudem belegen Studien, dass Schleswig-Holstein in Sachen politischer Bildung überdurchschnittlich gut aufgestellt ist. Das gilt erst recht für die Möglichkeit direkter demokratischer Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Das Land nimmt hier bundesweit eine Führungsrolle ein.

Natürlich kann man alles noch viel besser machen; dennoch habe ich mich tatsächlich - ich deutete das an - gefragt: Was ist der Beweggrund? Ist es die Sorge über „die Entwicklung der letzten Jahre und Wochen“, wie es im Antrag heißt, oder sind es der wachsende Populismus und demokratiefeindliche Tendenzen, wie es Frau Prien einmal ausgedrückt

(Anita Klahn)

hat? Wer oder was gemeint ist, bleibt im Antrag erst einmal ungesagt.

(Zuruf)

Wenn wir Andersdenkende pauschal ausgrenzen mit Andersdenkenden meine ich diejenigen, die nicht unsere Gegner sind, sondern eine politisch andere Wahl getroffen haben -, dann führt das im schlimmsten Fall zu Mitläufertum und Opportunismus, im allerschlimmsten Fall zu Denunziantentum. Das kann heutzutage keiner wollen. Sie wissen, dass man heute schneller rechts ist, als man gucken kann. Das dürfen wir nicht unterstützen.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damit kennen Sie sich aus!)

- Genau, ich kenne mich damit aus.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Allerdings!)

Man wird schneller rechts, auch wenn man zum Teil der bürgerlichen Mitte gehört. Das haben auch Politiker hier aus verschiedenen Parteien - ich erinnere an Herrn Kubicki bei der Fernsehsendung Lanz - genau so gesagt.