Meine Damen und Herren, lassen Sie uns also den Antrag ruhig als das bewerten, was er ist. Es ist ein Störfeuer. Mit den eigentlichen Schwierigkeiten hat der Antrag nichts zu tun. Uns bleibt in Richtung Landesregierung an dieser Stelle zu sagen, dass wir sehr wohl sehen, dass Sie einen überfälligen Diskussionsprozess angestoßen haben. Die Probleme sind klar benannt.
Ich frage mich allerdings, was Sie meinen, wenn Sie davon sprechen, einzelne Fächer vertiefen zu wollen. Derjenige, der etwas vertieft, leistet doch etwas. Wir sollten den Begriff „Leistungskurs“ ruhig wiederbeleben; denn Leistung motiviert unsere Schüler. Leistung ist nichts Böses, sondern gehört zum Leben dazu. Das darf an den Oberstufen gern wieder stärkeren Niederschlag finden. Das muss nicht einmal auf die Kompetenzen in den Kernfächern Mathe, Englisch, Deutsch gehen.
Natürlich habe ich die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen, aber es wäre durchaus denkbar zu schauen, wie man diese Kompetenzen bereits in der Mittelstufe, also bis Ende Klasse 10, stärken kann, damit bisher häufig dringend notwendige Wiederholungsphasen, nämlich Jahrgangsstufe 11, gekürzt werden könnten. Dann entstünde wieder Zeit, und die könnte man für Leistungskurse nutzen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Sehr geehrte Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Noch einmal zur Diskussion zum Tagesordnungspunkt: Es ist nicht nur die SPD, die den Antrag gestellt hat, sondern es ist auch der SSW.
Streng genommen wird seit der Einführung der Profiloberstufe vor über zehn Jahren die Diskussion über ihren Sinn oder Unsinn geführt. Das ist für bildungspolitische Reformen zwar nicht ganz ungewöhnlich, aber doch bezeichnend. Ich denke, wir sind uns heute zumindest darüber einig, dass mit der Entscheidung für die Profiloberstufe nicht nur Vorteile verbunden sind. Grundsätzlich wird oft kritisiert, dass Profilierung und Klassenbildung vermischt werden.
Aber auch im konkreten Vergleich stehen zum Beispiel für Fächer auf erhöhtem Anforderungsniveau weniger Stunden zur Verfügung als in der früheren Kursoberstufe. Das wirkt sich bei einem Teil der Schülerinnen und Schüler negativ auf die Kompetenzen aus. Deshalb teile ich die Auffassung, dass man unser Oberstufenmodell kritisch hinterfragen muss.
Die hier geltende Verordnung gibt mitunter Dinge vor, die in der Praxis nicht wirklich umsetzbar sind. An jeder Oberstufe muss zum Beispiel ein naturwissenschaftliches, aber auch ein sprachliches Profil mit drei Fremdsprachen eingerichtet werden. Doch für Letzteres gibt es an vielen Standorten schlicht zu wenig Interesse.
Auch bei der fächerübergreifenden Zusammenarbeit, die ich für enorm wichtig halte, gibt es im Schulalltag erhebliche Umsetzungsprobleme; denn auch hier finden sich in manchen Profilen nicht genügend Schülerinnen und Schüler für die vorgesehenen fächerübergreifenden Lerngruppen. Ich kann alle Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler, aber auch alle Eltern verstehen, die wenig Lust auf den nächsten Eingriff in die Schulstruktur haben.
Die Rückkehr zu G 9 ist gerade erst besiegelt, und längst nicht alle Betroffenen fühlen sich in diesem Prozess mitgenommen. Auch wir hatten unsere Zweifel. Aber wenn man nach vorne schaut, dann kann man die Entscheidung für G 9 auch als eine Chance begreifen, als Chance für eine Neugestaltung der Oberstufe und damit auch für konkrete Verbesserungen. Wir sollten diese Gelegenheit nutzen, bevor die neuen G-9-Jahrgänge in einigen Jahren die Oberstufe erreichen.
Das Bildungsministerium hat schon vor einigen Monaten ein Diskussionspapier zur Neujustierung der Profiloberstufe herausgegeben. Dieses Papier enthält sinnvolle Ideen, allen voran natürlich den Ansatz, die Informatik deutlich aufzuwerten. Aber es gibt auch die eine oder andere Lösungsmöglichkeit für die Probleme, die ich gerade erwähnt habe.
Deshalb freue ich mich, dass wir diese Dinge schon morgen in einer ganztägigen Veranstaltung weiter vertiefen können. Natürlich haben auch wir eigene Vorstellungen für eine neue Oberstufenstruktur. Aber ich möchte im Sinne der Betroffenen festhalten, dass diese Diskussion nicht nur möglichst breit angelegt, sondern auch - Frau Klahn und Herr Loose - ergebnisoffen geführt werden muss. Denn es gibt viele spannende Ansätze. Aber gleichzeitig besteht auch die Gefahr, Dinge zu verschlimmbessern.
Ich hoffe, wir alle sehen die Herausforderungen, die eine voranschreitende Digitalisierung und Globalisierung mit sich bringen. Allein dadurch steigen die Anforderungen an Berufsanfänger und Absolventen deutlich. Hinzu kommt, dass die Schülerschaft durch Inklusion, aber auch durch Zuwanderung heterogener wird. Diese Entwicklung gilt auch für Gymnasien und wird von mir ausdrücklich begrüßt.
Aus Sicht des SSW haben aber auch langsam lernende oder anderweitig benachteiligte Schülerinnen und Schüler und natürlich auch zugewanderte Kinder und Jugendliche ein Recht auf den für sie höchstmöglichen Abschluss. Vor diesem Hintergrund sollten wir gemeinsam daran arbeiten, möglichst vielen jungen Menschen die Chance auf gute Bildung und eine qualifizierte Beschäftigung zu sichern. Anders gesagt: Es reicht nicht, wenn wir bei der Neugestaltung der Oberstufe nur die Studierfähigkeit einzelner Schülergruppen im Blick haben. Wir müssen die jungen Menschen deutlich breiter qualifizieren, um ihnen wirklich gute Bildungschancen und Perspektiven zu eröffnen. Ich bin davon überzeugt, dass wir dieses Ziel auch durch individuellere und flexiblere Angebote und mehr Eigenverantwortung in der Oberstufe erreichen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Frage „Warum haben Sie es denn nicht in der letzten Legislaturperiode umgesetzt?“ ist ja keine, die heute das erste Mal aufgekommen ist. Bei diesem speziellen Punkt ist es allerdings so, dass wir bereits in der letzten Legislaturperiode gesagt haben, dass es aktuell kein guter Zeitpunkt ist, weil der doppelte Abiturjahrgang in den Schulen war. Schon damals habe ich gesagt: Wenn der doppelte Abiturjahrgang die Schulen verlassen hat, wird ein guter Zeitpunkt sein, über eine Neustrukturierung der Oberstufe zu sprechen. - Den haben wir jetzt.
Liebe Frau Klahn, ich kann mir vorstellen, dass Sie mir nicht glauben, was den Bildungsdialog angeht. Aber jetzt koalieren Sie ja mit den Grünen. Vielleicht unterhalten Sie sich einmal bei einem Kaffee mit den Grünen und lassen sich erklären, wie offen die Dialogveranstaltung damals war.
Ich finde es übrigens falsch zu sagen, alles, was wir mit der Oberstufe tun, dient einzig und allein der Studierfähigkeit, wie ich es auch im Bericht zum Bildungsbonus falsch fand, dass alles, was wir in Sachen Bildungsbonus tun, der Ausbildungsfähigkeit dient. Man muss mit einem Abitur vernünftigerweise sowohl eine Ausbildung antreten können als auch studieren können dürfen, wenn man an einer Schule ist, die einen Bildungsbonus bekommt.
Wenn Sie in Ihrem Koalitionsvertrag schreiben, Sie wollen durch Änderungen an der Profiloberstufe mehr Wahlmöglichkeiten erreichen, dann fürchte ich, dass Sie sich da ein bisschen in einem Widerspruch befinden. Mehr Wahlmöglichkeiten wünsche auch ich mir. Ich persönlich bin mir aber nicht sicher, ob das im Rahmen einer Profiloberstufe mit den Wahlmöglichkeiten machbar sein wird. Als einer von zwei Rednern hier habe ich auch schon einmal an einer Profiloberstufe unterrichtet.
Der nächste spannende Punkt ist dieser: Sollen die Schülerinnen und Schüler möglichst viel Wissen zu einem bestimmten Zeitpunkt abwerfen können? Ist
das der Sinn von Oberstufe? Oder ist der Sinn von Oberstufe, Schülerinnen und Schülern Rüstzeug für ein Studium, für eine Ausbildung, für ihr ganzes weiteres Leben mitzugeben, von dem sie noch lange zehren können? Das ist aus meiner Sicht der wesentlich wichtigere Punkt. Da kann man Unterricht auch anders gestalten als nur nach diesem Bulimieprinzip: Alles in kurzer Zeit in sich hineinstopfen, einmal abwerfen, und dann ist es vorbei.
Gerade in Mathematik klagen doch die Hochschulen darüber, dass die jungen Studenten schon ein halbes Jahr später nicht mehr das beherrschen, was sie in der Schule sehr wohl noch konnten. Das spricht doch dafür, das ein bisschen anders zu gestalten.
G 9 haben wir nie verteufelt; darauf müssen wir an dieser Stelle nicht eingehen. Wir haben auch gesagt, wir würden an Ihren Regelungen festhalten, wenn wir in Kürze wieder regieren.
Ich bitte Sie darum, die sinnvollen Ideen zumindest einmal kurz in Ihren Herzen zu bewegen, zum Beispiel bei Mathematik dieses 3+2-Prinzip. Drei Stunden Mathematik-Grundkurs, für die Cracks zwei Stunden Vertiefung und für die anderen zwei Stunden Mathe-Mittelstufenwiederholung. Dann kommen sie, wenn sie das ihr Leben lang beherrschen wollen, diesem Ziel wesentlich näher als mit vielen anderen Varianten.
Letzter Gedanke: Zweitkorrekturen außerhalb der eigenen Schule - lassen Sie uns darüber auch nachdenken - würde diese elende Debatte beenden, ob denn die Gemeinschaftsschulen oder die Gymnasien das bessere Abitur anbieten. Ich glaube, sie bieten beide ein identisch gutes Abitur an. - Vielen Dank.
Ich habe schon vor längerer Zeit an einem Gymnasium in der reformierten Oberstufe gelernt und gearbeitet. Ich möchte Sie gerne noch einmal bitten, die Idee von der Flexibilisierung der Wahlfreiheit in Ihrem Herzen zu bewegen.
Ich glaube, das war damals der erste reformierte Jahrgang in Deutschland, nämlich in Hamburg, und wir hatten sehr viele Optionen. Wir konnten Mathematik abwählen, wir konnten mehr Deutschkurse wählen, davon einige abwählen und so weiter und so fort. Ich glaube, das war ganz erfolgreich.
Man kann natürlich darüber streiten, ob mein Berufsweg jetzt erfolgreich war. Das lassen wir mal dahingestellt sein.
Aber ich kann Ihnen versichern, dass meine Mitschüler durchaus erfolgreich waren. Das stellen wir in den Jahrgangstreffen fest.
Nein, ich glaube, das ist eine Bestätigung. Schauen Sie sich die Geschichte noch einmal an, in der man sehen kann, dass die Möglichkeit, Schwerpunkte zu setzen, über Optionen zu verfügen, Wahlfreiheiten zu haben, in der Tat sehr erfolgreich war. Das hat auch den Schülerinnen und Mitschülern neue Möglichkeiten eröffnet, die in einer normalen traditionellen gymnasialen Oberstufe gescheitert wären. Diese konnten nämlich eigene Schwerpunkte setzen, ihre Stärken unterstützen und die für sie nicht so geeigneten Fächer relativ schnell abwählen. Deshalb glaube ich, dass die Möglichkeit, mehr Optionen zu haben, ausgesprochen positiv ist. - Vielen Dank.