Protokoll der Sitzung vom 13.02.2019

(Beifall CDU, FDP, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD)

Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir, einen Blick auf die letzten zehn Jahre zu werfen. Es ist eben nicht so, Frau Waldinger-Thiering, dass alle Schulen, an denen Kindern in den letzten zehn Jahren zieldifferenziert beschult wurden, Notenzeugnisse erteilt haben. Nein, die Praxis war an jeder Schule anders. Ist das gerecht? Ich glaube, es ist nicht gerecht, dass die Vergabe eines Notenzeugnisses davon abhängt, auf welche Schule ein Kind geht, das die zieldifferenziert unterrichtet wird.

Andersherum wird doch ein Schuh daraus. Die Lehrkräfte wurden bei dieser Art der individuellen Notenerteilung völlig alleingelassen. Einen verbindlichen Charakter konnten diese Noten nicht haben. Justiziabel waren sie erst recht nicht, meine Damen und Herren.

Noch etwas: Wie eigentlich macht man Eltern von zieldifferenziert unterrichteten Kindern und Jugendlichen klar, dass die Kinder auf dem Zeugnis eine Zwei oder gar eine Eins haben, weil sie sich nämlich richtig angestrengt haben - Kinder mit Förderbedarf strengen sich in den Schulen an und bringen für ihre Verhältnisse, für das, was sie leisten können, tolle Leistungen -, dass es trotzdem nicht für den ESA und schon gar nicht für einen MSA reicht?

Denkt man ein bisschen mehr darüber nach, was die Benotung in diesem zieldifferenziert unterrichteten Fächern bedeutet, kommt man zu anderen Ergebnissen. Lassen Sie uns doch lieber darüber sprechen, wie wir gemeinsam mit den Arbeitsagenturen, gemeinsam mit den Coaching-Kräften noch besser erreichen, dass diese Jugendlichen eine Ausbildung erhalten. Darum geht es doch. Das müssen wir doch erreichen.

(Beifall CDU und FDP)

Es geht um die bestmögliche Förderung jedes Kindes und jedes Jugendlichen. Wir können es uns heute nicht mehr leisten, auch nur ein einziges Kind zurückzulassen.

(Sandra Redmann [SPD]: Das konnten wir noch nie!)

Ich erwarte, dass Sie zumindest respektieren, dass das die Zielsetzung dieser Notenverordnung ist. Diese Art von Skandalisierung, die Sie betreiben, geht wirklich zulasten der Schülerinnen und Schüler.

(Zurufe SPD)

Wir haben die Veränderung umgesetzt. Wir halten sie für richtig. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir den betroffenen Schülerinnen und Schülern helfen, besser als bisher in den Beruf zu kommen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, FDP und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank an die Ministerin. - Die Ministerin hat die vereinbarte Redezeit um circa 2 Minuten überschritten. - Ich sehe nicht, dass eine Fraktion von der Möglichkeit eines Redebeitrags Gebrauch machen will. Ich weiß aber, dass der Kollege Heinemann von der SPD-Fraktion sich zu einem Kurzbeitrag gemeldet hat.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Die Würde des Menschen findet auch in unserem gültigen Schulgesetz seine Entsprechung. Ich zitiere § 4:

„Der Auftrag der Schule wird bestimmt durch das Recht des jungen Menschen auf eine seiner Begabung, seinen Fähigkeiten und seiner Neigung entsprechenden Förderung und Ausbildung...“

„Es ist Aufgabe …, die kognitiven, emotionalen, sozialen, kreativen und körperlichen Fähigkeiten … unter Wahrung des Gleichberechtigungsgebots zu entwickeln.“

So steht es in unserem Schulgesetz. Das ist die Richtschnur.

Dann werden im Gesetz im Weiteren auch noch Menschenrechte zitiert; so weit möchte ich nicht gehen.

Jede Schülerin, jeder Schüler hat das Recht auf eine individuelle Förderung. Das schließt eine passgenau Rückmeldung zu ihrem Leistungsvermögen ein, wie Sie, Frau Ministerin, sehr richtig gesagt haben.

(Ministerin Karin Prien)

Genau das gilt allerdings für alle Schülerinnen und Schüler. Das bedeutet Gleichbehandlung. Sie haben sich für ein passgenaues Rückmeldesystem mit den Noten als bestes Konzept entschieden. Das ist etwas anders, als wir vorgeschlagen haben, aber okay. Aber auch Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf müssen individuell bewertet werden, und es bedarf einer passgenauen Bewertung.

Sie grenzen aus. Sie sorgen für eine Zwangsexklusion. Seit Langem gibt es in mündlicher und schriftlicher Form eine besondere Form der qualifizierten Rückmeldung. Dieses Instrument nennt man Förderplan. Dieser Förderplan ist individuell, er ist auf den Menschen genau ausgerichtet, und er ist zielgenau.

Meine Damen und Herren, es wird darin sogar bis ins Kleinste geregelt, wo genau welche Hilfe passiert. Das alles ist wunderbar. Das Leistungsvermögen, die Entwicklungsziele werden systematisch bearbeitet; die Exklusion von Schülerinnen und Schülern ist nicht nur überflüssig, sondern auch diskriminierend. Darauf sind wir bereits eingegangen.

Stellen Sie sich Folgendes vor: Hannah ist 15 und besucht die 8. Klasse; sie hat einen anerkannten Förderbedarf. Hannah fühlt sich wohl in ihrer Klasse, ist dort zusammen mit ihren Freunden. Ihre Sonderförderung und die einfacheren Aufgaben in Deutsch und Mathe sind ihr unangenehm, aber sie möchte dazugehören und nimmt sie in Kauf. Jetzt darf sie im Gegensatz zu den anderen Kindern in der Klasse keine Noten mehr bekommen, weder in Klassenarbeiten noch im Zeugnis. Stattdessen bekommt sie als exklusives Alleinstellungsmerkmal einen Bericht und kann damit die Note befriedigend für ihren weiteren Lebensweg nicht mehr nachweisen; das ist nämlich nicht möglich.

Seitenlange Berichte sind zwar schön und individuell, aber sie führen eben nicht zu dem, was Sie anstreben.

Was löst also dieser amtliche Stempel bei Hannah aus, Frau Ministerin? Hannah möchte dazugehören, wie die anderen sein. So geht es den Kindern, die mit einem oft seitenlangen Gutachten abgestempelt werden. Wer liest das alles noch? Wenn alle anderen die Abkürzung über Noten nehmen, dann muss sie den Umweg über diesen Weg nehmen?

Jedes Kind hat den gleichen Anspruch. Das steht im Schulgesetz. Sie können es nachlesen.

Herr Kollege!

Sie spalten die Kinder in zwei Gruppen. Hören Sie damit auf, die Menschen mit Behinderung zu benachteiligen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall SPD)

Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es sind unterschiedliche Anträge zur Ausschussüberweisung gestellt worden. Ich bitte Sie, kurz aufzupassen. Der Kollege Dr. Brodehl hat beantragt, beide Anträge, also sowohl der Antrag der SPD-Fraktion und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/1207, sowie den Alternativantrag Drucksache 19/1256 in den Bildungsausschuss zu überweisen. Dann ist von der SPD-Fraktion und anderen beantragt worden, den Antrag der Fraktion der SPD und der Abgeordneten des SSW in den Bildungsausschuss zu überweisen.

Ich lasse zunächst über den Antrag der AfD-Fraktion abstimmen, beide Anträge in den Bildungsausschuss zu überweisen. - Wer möchte dem folgen? Gegenprobe! - Dies ist gegen die Stimmen der AfD-Fraktion und der fraktionslosen Abgeordneten von Sayn-Wittgenstein mit den Stimmen der übrigen Fraktionen und der Abgeordneten des SSW abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Ausschussüberweisung des Antrags Drucksache 19/1207. Wer diesen Antrag in den Bildungsausschuss überweisen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Das ist einstimmig der Fall.

Dann müssen wir noch über den Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 19/1256 in der Sache abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! Damit ist dieser Antrag gegen die Stimmen der AfD-Fraktion und der Abgeordneten von SaynWittgenstein abgelehnt.

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 4:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Erweiterung behördlicher Bezirke auf den Bereich der festen Fehmarnbelt-Querung

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 19/997

Bericht und Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses Drucksache 19/1219

(Bernd Heinemann)

Ich erteile zunächst zur Berichterstattung dem stellvertretenden Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses, dem Herrn Abgeordneten Kay Richert, das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Feste Fehmarnbelt-Querung ist eines von mehreren Megaprojekten infrastruktureller Art, die wir in Schleswig-Holstein haben. Wir sind davon überzeugt, dass moderne Infrastruktur zum Wohl der Menschen in unserem Land beiträgt. Deshalb sind wir da ganz stark hinterher, insoweit auch möglichst schnell voranzukommen. Wir sind auch der Meinung, dass immense Möglichkeiten, gerade durch die Feste Fehmarnbelt-Querung in dem Bereich Lübeck/Fehmarn möglich sind.

(Beifall FDP)

Deswegen hängen wir uns weiter voll rein und bringen das so schnell wie möglich voran.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird der Zuständigkeitsbereich der zuständigen Behörden erweitert auf den Tunnelbau, der dort entstehen wird. Das ist ein weiterer Schritt. Wir gehen zügig voran.

Ich bitte um Zustimmung. - Danke schön.

(Beifall FDP, CDU und Volker Schnurrbusch [AfD])

Herr Kollege Richert, ob dies im Rahmen Ihrer Rolle als stellvertretender Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses die richtige Form der Berichterstattung über die Beschlussempfehlung war, ist sicherlich diskutabel und kann vielleicht auch an anderer Stelle noch diskutiert werden. Ich nehme das jetzt einmal so hin. Aber ich glaube, dass wir uns über die Frage, wie die Berichterstattung von Ausschussvorsitzenden oder stellvertretenden Ausschussvorsitzenden vorgebracht wird, einmal näher unterhalten sollten.

Eine Aussprache ist zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vorgesehen. Es gibt aber von dem Kollegen Hölck für die SPD-Fraktion und aus der SPD-Fraktion den Wunsch, zum Abstimmungsverhalten eine Erklärung abzugeben. Das Recht hat er nach der Geschäftsordnung. Dazu erteile ich ihm jetzt das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion hält ein Gesetz zur Regelung der