Protokoll der Sitzung vom 07.03.2019

Sich hier so aufzublasen, als wenn Sie das Thema erfunden hätten!

(Kirsten Eickhoff-Weber [SPD]: „Aufblasen“ klären wir gleich noch einmal! - Sandra Red- mann [SPD]: Oha!)

Wenn man mit dem Finger auf andere zeigt, muss man auch einmal auf sich selber schauen.

Meine Damen und Herren, gleichzeitig tritt in dieser Sache die mitverantwortliche Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner auf die Bremse und weist die Verantwortung von sich. Sie wurde gestern von „dpa“ folgendermaßen zitiert:

„Besser wäre gewesen, erst eine rechtliche Klärung herbeizuführen und dann entsprechend behördlich zu agieren und nicht umgekehrt.“

Was sie verschweigt: Am besten wäre es gewesen, wenn das Bundesministerium höchst selbst dem Antrag der Agrarminister vom April 2018 gefolgt wäre und Antworten auf die im Raum stehenden rechtlichen Unsicherheiten gegeben hätte. Ein Jahr war Zeit dafür, und nichts ist geschehen.

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es ist auf Bundesebene versäumt worden, eine klare Weisung in dieser Sache zu erteilen. Deswegen ist jetzt absolut die Bundesebene gefordert.

(Lasse Petersdotter)

Meine Damen und Herren, was wir nicht vergessen sollten: Die Unsicherheit darüber, nach welchen Kriterien die Kreisveterinärämter Exporte genehmigen dürfen, hat auch zu einem Schaden für die hiesigen Rinderzüchter geführt. Herr Rickers, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie diesen Zusammenhang ausführlich dargestellt haben. Es ist ein wirtschaftlicher Schaden entstanden, aber auch ein Imageschaden, den die Rinderzüchter nicht verdient haben.

(Beifall CDU und Kay Richert [FDP])

Das Geschäftsmodell der RSH eG ist nicht Brutalität, sondern Qualität, beispielsweise durch die Nutzung von EU-anerkannten Exportställen und die professionelle Zusammenarbeit mit den jeweils zuständigen Zoll- und Veterinärbehörden. - Das wollte ich noch einmal klarstellen.

Meine Damen und Herren, es hilft niemandem, wenn Ministerinnen und Minister mit dem Finger aufeinander zeigen, während Teile der Öffentlichkeit ihre Vorurteile über die Rinderzuchtbranche bestätigt sehen. Das Schwarze-Peter-Spiel muss ein Ende haben; jetzt müssen Lösungen her. Deswegen unterstützen wir das Ansinnen von Minister Albrecht, weiter auf Dialog mit den Betroffenen zu setzen und Druck auf den Bund auszuüben, um für eine möglichst rasche Klärung der entstandenen Rechtsunsicherheiten zu sorgen. Das ist gut. Volle Unterstützung von uns.

Ich freue mich, dass wir nächste Woche im Umwelt- und Agrarausschuss über die Dinge, die der Minister angestoßen hat, aber auch über die Anträge von SSW und SPD reden werden. Der Überweisung stimmen wir gern zu. - Ich danke Ihnen ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort hat für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Sehr geehrter Herr Minister, vielen Dank für Ihren Bericht zu diesem wichtigen, aktuellen Thema. Wir hoffen, dass der am Runden Tisch eingeschlagene Dialog sehr bald konkrete Ergebnisse hervorbringt. Bis jetzt habe ich Ihrem Bericht nicht viel Konkretes entnehmen können.

Es ist bekannt - das wurde schon gesagt -, dass in vielen muslimischen Ländern wie der Türkei, Ma

rokko, Algerien, Ägypten und Zentralasien von Turkmenistan bis Usbekistan - um nur einige der problematischen Staaten zu nennen - die Tiere seit jeher geschächtet, also ohne Betäubung geschlachtet werden. Dadurch widerfährt ihnen ein unnötig langer Todeskampf. Das entspricht definitiv nicht unseren hohen Ansprüchen an Tierschutz und Tierwohl.

(Beifall AfD)

Daher darf Fleisch aus ritueller Schlachtung kein Biosiegel bekommen - so lautet ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Mehrere Landräte haben beschlossen - das haben wir gehört -, keine Genehmigung für Tiertransporte in diese Staaten zu erteilen. Gestützt wird diese Einschätzung durch ein weiteres Urteil des EuGH. Er stellt fest, dass eine behördliche Genehmigung nach Artikel 14 der Tierschutztransportverordnung dann zu versagen ist, wenn beim Transport die Möglichkeit besteht, dass es im Bestimmungsland zu einem Verstoß gegen die Tierschutztransportverordnung kommen wird. Denn Tierschutz endet nicht an den Außengrenzen der EU.

Herr Minister, Sie haben mittels Erlass an die Kreisveterinärämter versucht, Tiertransporte in die 14 problematischen Länder bis zum 24. März 2019 vorläufig auszusetzen und auch keine Vorlaufatteste mehr zu erteilen. Bedacht worden ist bei diesem Erlass jedoch nicht, dass bei Tiertransporten aus Schleswig-Holstein über Sammelstellen in anderen Bundesländern, zum Beispiel Niedersachsen, für die Ausstellung der grenzüberschreitenden Genehmigung die dortigen Veterinäre zuständig sind. Der Erlass überschreitet schlicht die Kompetenzen des Landes Schleswig-Holstein und wurde deswegen vom Verwaltungsgericht kassiert.

Insofern bedarf es nun schnellstens einer überarbeiteten Handlungsanweisung an die Veterinärämter in Schleswig-Holstein, denn die warten schon seit Jahren darauf. Es muss jetzt endlich Rechtssicherheit her für die Amtstierärzte, denn die wollen sich nicht zu Helfershelfern für Tierquäler machen.

Müssen die Kreise jetzt noch lange warten, bis ein Rechtsgutachten vorliegt? - Ich hoffe nicht. Ich hoffe, wir werden nächste Woche im Umweltausschuss mehr von Ihnen erfahren.

Die Kontrolle von Tiertransporten liegt in der Verantwortung der einzelnen EU-Staaten. Die geltende EU-Verordnung 1/2005, die Tiere vor überflüssigem Stress und Leid bewahren soll, wird jedoch in der Praxis oft ungenügend umgesetzt. Nur so lassen sich jedenfalls die grausamen Bilder erklären, die

(Oliver Kumbartzky)

manche Medienberichte zeigen. Und ja, Herr Rickers, Sie haben recht: Es sind wahrscheinlich Einzelfälle. Aber auch Einzelfälle sollten wir unterbinden, wenn es in unserer Macht steht.

Deshalb brauchen wir unangekündigte Kontrollen und den Einsatz moderner Ortungstechnologien. Ich habe selbst schon Filme über solche Ortungssysteme gedreht. Die Fernfahrer fühlen sich überwacht, ja, das ist so. Aber es hat in diesem Fall wirklich Sinn, die Routen genau zu überwachen und zu wissen, wann wo gestoppt wird, wie lange Pausen eingehalten werden oder ob nicht, wie schnell gefahren wird, wie hoch die Temperatur ist. Das alles ist heute technisch überhaupt kein Problem. Das sollten wir nutzen, um die Tiere zu schützen.

EU-Staaten, die Verstöße feststellen, sollen in solchen Fällen auch Sanktionen verhängen können wie etwa die Beschlagnahme von Fahrzeugen, bei Wiederholungen sogar den Entzug der Transporterlaubnis.

Wir fordern außerdem, in zukünftige Regelungen folgende Grundsätze einzubeziehen: Jedem langen Transport ist eine Schlachtung im nächstgelegenen Schlachthof vorzuziehen. Einem Transport von lebenden Zuchttieren ist der Versand von Sperma und Embryonen vorzuziehen, um eine nachhaltige Zucht in Drittstaaten aufzubauen. Das ist auch eine Möglichkeit, die heute noch nicht genannt worden ist.

In der Debatte werden Schlacht- und Zuchttiere oft in einen Topf geworfen. Hier sollten wir aber differenzieren. Die Rinderzüchter haben nämlich ein berechtigtes Interesse daran, ihre hochwertigen Zuchttiere zu verkaufen - eben gerade, um in anderen Ländern die Voraussetzungen für eine eigene Zucht und eine eigene Milchwirtschaft zu schaffen. Das ist ein durchaus unterstützenswertes Ziel.

Sämtliche Transporte sind auf maximal sechs Stunden zu beschränken. - So steht es im AfD-Programm zur bevorstehenden EU-Wahl. Sechs Stunden maximal! Dort fordern wir auch umfassende Kontrollen und eine Sanktionierung von Verstößen.

(Beifall AfD)

Der Export von lebenden Schlachttieren in Länder außerhalb der EU ist zu verbieten. - Auch das steht in unserem Programm, und zwar nicht erst seit gestern.

So wollen wir Tiere schützen. Nun ist es an der Landesregierung - wir haben die Bereitschaft schon vernommen -, sich auf Kreis-, Landes- und, soweit

es möglich ist, auf Bundesebene für Rechtssicherheit einzusetzen und so nicht nur die Veterinäre zu schützen, sondern vor allen Dingen auch die Schlacht- und die Zuchttiere vor Qualen.

Den Antrag der SPD-Fraktion begrüßen wir übrigens sehr, sehr geehrte Frau Eickhoff-Weber, denn er führt sehr detailliert auf, woran es derzeit mangelt.

Wir beantragen die Überweisung aller vorliegenden Anträge. Unser Antrag hat sich noch nicht erledigt, denn er besteht aus mehr als einem Punkt. Es gibt noch einen Punkt, den wir noch nicht geregelt haben. Darüber sollten wir, wie sich das gehört, im Umwelt- und Agrarausschuss weiter beraten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Das Wort hat jetzt die fraktionslose Abgeordnete Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Herr Minister, vielen Dank für Ihren Bericht. Als im Jahr 2002 Artikel 20 a des Grundgesetzes um den Passus „und die Tiere“ erweitert wurde, war dies ein rechtspolitischer Meilenstein. Leider mangelt es in vielen Bereichen noch an der konsequenten Umsetzung dieses hehren Staatszieles.

Nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb Europas werden Tiere unter mangelhaften Bedingungen transportiert. Häufig ist schon ihre Aufzucht und Haltung qualvoll, von der Grausamkeit bei vielen Schlachtungen ganz zu schweigen.

Es ist deshalb bedauerlich, dass der Eindruck entsteht, dass Gewinnerzielung dem Tierschutz entgegengestellt, ja, ihr Vorrang eingeräumt werden soll. Muss dies wirklich ein Widerspruch sein?

Der Schutz der Tiere vor dem Menschen - nichts anderes ist es - muss weiter vorangetrieben werden. Alles in allem gilt es, das Staatsziel Tierschutz endlich auch konsequent umzusetzen.

Der Regierungsantrag ist mir hierzu nicht weitgehend genug. In meinen Augen war der Alternativantrag der AfD bislang derjenige, der den Tierschutz im vorliegenden Fall ziel- und ergebnisorientiert anging, bevor er in differenzierter Form von der SPD aufgenommen wurde.

(Volker Schnurrbusch)

Auf alle Fälle sollten wir uns einig sein, dass wir schleunigst im Interesse des Tierschutzes handeln. Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit, denn es gibt unterschiedliche Anträge.

Zunächst hat der Kollege Schnurrbusch beantragt, dass alle Anträge zu Punkt a), also sowohl der Antrag des SSW mit der Drucksachennummer 19/1291 als auch der Alternativantrag der Fraktion der AfD mit der Drucksachennummer 19/1330 als auch der Alternativantrag der Fraktion der SPD mit der Drucksachennummer 19/1332 in den Umweltund Agrarausschuss überwiesen werden. Wer dem Antrag des Kollegen Schnurrbusch folgen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Dies ist gegen die Stimmen der AfD-Fraktion und der Abgeordneten von Sayn-Wittgenstein mit den Stimmen der CDU-Fraktion, der SPD-Fraktion, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP-Fraktion und der Abgeordneten der SSW abgelehnt.

Wir kommen zum Antrag der Kollegin EickhoffWeber aus der SPD-Fraktion, die beantragt hat, die Anträge der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/1291, sowie den SPD-Antrag, Drucksache 19/1332, in den Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen. Wer dem folgen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.