Der Mietzins ist in den Ballungsgebieten überproportional gestiegen, gerade in den Städten und Regionen, die wir genannt haben: Kiel, Hamburger Rand und Sylt. Freie Wohnungen sind nicht vorhanden, aber auch bebaubare Grundstücke sind Mangelware. Richtig ist auch, dass wir einen Großteil der Probleme nicht hätten - darauf möchte ich noch einmal hinweisen -, wenn die Wohngemeinnützigkeit vor Jahrzehnten nicht abgeschafft und kommunale Wohnungsunternehmen nicht verkauft worden wären.
Meine Damen und Herren, das ist ein Problem, für das wir auch selbst verantwortlich sind. Es waren daran verschiedene Parteien beteiligt, liebe Frau Ünsal, auch die SPD. Natürlich ist es immer leicht, aus der Opposition heraus den Vorwurf an die regierungstragenden Fraktionen zu machen, aber es ist nicht so einfach, hier einfach die Verantwortung von sich zu schieben.
Auch Herr Kämpfer, den ich im Übrigen sehr schätze, muss für seine Stadt Kiel feststellen, dass der Quadratmeterpreis für eine 60 m² große Wohnung im Jahr 2011 bei 5,72 € und im Jahr 2018 bei 8,20 € lag. Trotz der Mietpreisbremse konnte er diesen Anstieg nicht verhindern. Andere eben im Grunde genommen auch nicht.
Meine Damen und Herren, ich plädiere dafür, dass wir an der Stelle, an der wir jetzt stehen, parteiübergreifend nach Lösungen suchen und nicht auf gegenseitige Schuldzuweisungen setzen. Wir müssen den Preisanstieg nach oben bremsen. Das ist richtig.
Die Große Koalition aus SPD und CDU im Bund hat die Mietpreisbremse auf den Weg geschickt. Zunächst war sie nicht scharf, dann wurde sie jetzt im Januar 2019 verschärft. Für meine Fraktion sage ich: Die Auswirkungen hätten wir gern abgewartet. Aber die Situation, in der wir den Koalitionsvertrag im Jahr 2017 aufgestellt haben, war noch eine andere. Durch die Einführung dieser etwas schwierigen Mietpreisbremse haben sich die Mieten eben auch innerhalb eines Jahres exorbitant erhöht. Das Ziel, die Mieten zu deckeln, hat sie nicht erreicht, zumindest nicht in der Form, wie sie in den Kompromissen - die auch Sozialdemokraten manchmal machen müssen, wenn sie in einer Koalition sind, auch wenn sie das nicht gern haben wollen - vorgesehen war.
Frau Ünsal, die genannte Verschärfung ist ja richtig, aber hätten Sie richtig verschärft, dann hätten Sie im Bund auch durchgesetzt, dass nicht die Länder sozusagen frei entscheiden können, sondern dann hätten Sie im Bundesgesetz gleich gesagt: Das gilt für das gesamte Bundesgebiet.
Auch da will ich einmal mit einem Blick zurück sagen: Wenn man es gewollt und wirklich scharf hätte schalten wollen, hätte es diese Möglichkeit gegeben. Man hat das aber nicht durchgesetzt.
Es wäre nett, wenn Sie mich trotzdem erst einmal ausreden lassen würden. - Aber dann hat jetzt der Kollege Dunckel das Wort.
Vielen Dank, Herr Kollege Tietze. - Ich bin in diesem Bereich sicherlich kein Fachmensch. Deshalb bitte ich einfach, mich noch einmal zu informieren. Ich habe jetzt zwei verschiedene Positionen gehört. Also haben sich die Mieten nun exorbitant erhöht, oder haben sie sich nicht erhöht? Eins von Beidem kann doch nur stimmen.
- Also die Botschaft ist: Regional haben sie sich durchaus exorbitant erhöht, aber nicht überall? Habe ich das so richtig verstanden?
(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ich glaube, die Antwort sollte Andre- as geben! - weitere Zurufe)
- Also ich bin sehr dankbar, dass hier auch sehr fachkundige Kolleginnen und Kollegen sitzen. Es ist eben nicht stringent. Sie haben sich nicht überall exorbitant erhöht, das wissen Sie auch. Es ist ein Mangelmarkt. Wenn ich einen Mangelmarkt habe, das heißt wenig Angebot und viel Nachfrage, dann haben die Leute natürlich die Möglichkeit, die Preise nach oben zu setzen. Viele tun das eben in nicht fairer Art und Weise, tun es eben auch so, dass sie ganz schnell Kasse machen können. Das ist etwas, was nicht richtig ist, denn Wohnen ist für uns ein Grundrecht, Wohnen gehört zu einem guten Leben dazu. Deshalb wenden wir uns natürlich auch gegen diese exorbitanten Mietsteigerungen oder dagegen, dass Hedge-Fonds und andere Wohnungen gar nicht mehr zum Mieten auf den freien Markt stellen, sondern sie nur noch als reine Spekulationsobjekte in
ihren Portfolios behalten. Das ist unanständig. Das ist auch etwas, was wir gemeinsam bekämpfen wollen. Deshalb setzen wir auf die Verschärfung des § 5 Wirtschaftsstrafgesetz. Das ist ein scharfes Schwert. Da sind Bußgelder bis zu einer Höhe von 50.000 € geplant, Mietrückzahlungen, und man kann da auch einmal in den Knast gehen, wenn man an der Stelle meint, dass man exorbitant Leute bescheißen möchte.
Genau, deshalb ist das sehr schön. Aber es ist doch ein bisschen trivial festzustellen, dass in bestimmten Bereichen des ländlichen Raumes die Mieten nicht exorbitant gestiegen sind. Das ist doch vermeintlich eine triviale Aussage. Dass sie in Ballungsgebieten natürlich gestiegen sind, ist doch genauso trivial. Das ist das, was ich jetzt verstanden habe.
- Ja, genau das habe ich geantwortet. Sie erkennen schon allein daran, dass die Mietpreisbremse nur von 12 Gemeinden eingeführt worden ist und 1.146 Gemeinden dies nicht getan haben, dass es dieses Problem nur in bestimmten Regionen gibt. Die Kollegin Ünsal hat darauf auch noch einmal rekurriert. Das ist eben Sylt, das ist Kiel, das sind die großen Städte, auch Lübeck, und das ist so im Hamburger Rand.
(Martin Habersaat [SPD]: Ja! Und warum nehmen Sie denen jetzt dieses Instrument? - Christopher Vogt [FDP]: Weil es nicht funkti- oniert hat! - Weitere Zurufe)
Herr Kollege Tietze, nun warten Sie doch erst einmal ab. - Gemeldet hat sich jetzt die Kollegin Ünsal zu einer Zwischenbemerkung oder -frage. Ich frage, ob Sie die gestatten.
Ich möchte gern noch einmal nachfassen. Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie auch der Auffassung sind, dass ergänzend zu dem Instrumentenkoffer, den Sie uns jetzt mit Ihrem Alternativantrag vorlegen, die Mietpreisbremse weiterhin hätte bestehen bleiben können, dass es keine Notwendigkeit gegeben hätte, die jetzt abzuschaffen?
- Na ja, ich habe Ihnen ja gesagt, nach unserer Auffassung hätten wir das weitergeführt. Aber wir haben einen Koalitionsvertrag zu einer Zeit abgeschlossen, in der dieses Instrument nicht geeignet war, sondern Mieten erhöht hat.
Wir haben damals gemeinsam in der berühmten Nacht festgestellt, in der wir verhandelt haben, dass das Instrument, was zu der Zeit gültig war, eben keine Wirkung entfaltet hat.
Jetzt gilt für uns - das gilt für Sie übrigens auch, wenn Sie seriös Koalitionsverträge abschließen pacta sunt servanda, was vereinbart ist, ist vereinbart. Daran halten wir uns.
Darf ich eine Nachfrage stellen? Das heißt, die Entwicklung in Bezug auf die Mietpreisbremse ist kein Grund für die Jamaika-Koalition, genau an diesem Punkt in dem Instrumentenkatalog nachzufassen und vielleicht der Lage entsprechend auch zu handeln?
Frau Ünsal, wir wissen, dass Sie jetzt die Mietpreisbremse verschärft haben. Frau Barley hat dazu ein Gutachten vorgelegt, das sagt: Ja, eine gewisse Wirkung auf die Miete, dass sie gedeckelt ist, hatte diese Mietpreisbremse. Was die Mietpreisbremse aber nicht geschafft hat, ist, dass sie Wohnungen in großer Zahl geschaffen hat. Wir erkennen: keine Wohnungen, knapper Markt, hohe Mieten. Deshalb haben wir jetzt genau dieses Maßnahmenpaket aufgelegt, für das wir im Übrigen nicht nur von den Verbänden gelobt werden, sondern zu dem wir auch von anderen hören: Das ist ein sehr pragmatischer Vorschlag, den Sie da machen, aber einer, der wirken kann, weil Sie endlich einmal eine Alternative diskutieren, auch im Markt selbst mehr möglich zu machen.