Protokoll der Sitzung vom 29.03.2019

Ich darf auch noch einmal daran erinnern: Auch in der Gesamtbilanz sprechen die Klimakosten für Züge. Jedes Auto pro Tag weniger entlastet nicht nur die B 502, sondern auch das Klima, nämlich jährlich mit 1 t CO2.

Mein Fazit: Wenn es heißt, dass wir den Nutzen der Strecke durch intelligente Konzepte mehren müssen, müssen wir auch die Mehrkosten kompensie

(Dr. Andreas Tietze)

ren. Dann müssen wir unsere Köpfe so lange rauchen lassen, bis es die Auspuffe der Autos nicht mehr tun.

„Hein Schönberg“ ist es wert; der Zug lässt sich nach unserer Auffassung nicht mehr aufhalten. Wir brauchen gute und richtige Stadt-Umland-Verbindungen. Das ist die Aufgabe, die wir haben; sonst können wir die Lärm- und Schmutzemissionen in der Kieler Innenstadt nicht zurückfahren. Das geht nur mit mehr und nicht mit weniger ÖPNV.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich darf die Kritiker auch noch einmal daran erinnern: Wo wir gute Eisenbahnschienen reaktiviert haben, steigen auch die Kosten der Immobilien. Dort entsteht Wohnungsbau. Wir brauchen dringend Wohnungsbau im Land. Das werden wir nicht allein in Kiel schaffen, sondern nur durch intelligente Verbindungen von ÖPNV und sozialem Wohnungsbau. Deshalb brauchen wir auch eine kluge und gute ÖPNV-Politik.

Das war ein schönes Schlusswort.

Ich komme zum Schluss. - Wir nehmen wahr: Die Region steht voll hinter diesem Projekt - 13 Amtsbürgermeister und Amtsbürgermeisterinnen. Wir werden jetzt in Ruhe analysieren. Seien Sie sicher: Auch als Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses werde ich darauf achten, dass wir uns regelmäßig über den Sachstand berichten lassen.

Danke, Herr Kollege.

Wir suchen nach Lösungen, und wir werden Lösungen finden. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Für die FDP-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Kay Richert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein echtes Anliegen

dieser Jamaika-Koalition, gute und emissionsarme Angebote im ÖPNV zu machen,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

weil wir so mehr Menschen aus dem individuellen Personenverkehr in Bus und Bahn bringen möchten. So möchten wir Straßen und Menschen vom Verkehr entlasten. So möchten wir einen Beitrag zum Schutz der Umwelt vor Abgasen und Stäuben leisten. So möchten wir aber vor allen Dingen die Lebensqualität für die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner heben.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist sehr nett, wenn Sie hier von Bildern vom Beginn des 20. Jahrhunderts sprechen, Kollege Vogel; das ist sehr putzig. Aber es sind halt auch genau diese: Bilder vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Der Mobilitätsanspruch der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner hat sich in der Zwischenzeit verändert; das glaube ich jedenfalls.

Weil es uns auf alle Fälle ernst ist mit dem Anliegen, Verbesserungen und attraktive Angebote zu machen, ermitteln wir gerade, wie die öffentlichen Verkehre in Schleswig-Holstein kundengerechter organisiert werden können, denn eines ist doch klar: Es ist sekundär, was wir hier toll finden, welche Strecken, Trassen oder Verkehrsmittel wir toll finden oder gerne sehen würden. Der Wurm muss dem Fisch schmecken, oder, um es mal auf die Situation anzupassen: Das Angebot muss den Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern schmecken, es muss für sie attraktiv sein, denn für diese Menschen machen wir das ja. Ist ein Angebot nicht attraktiv, können wir es hier noch so toll finden: Es wird nicht genutzt werden.

Eine Möglichkeit, den ÖPNV kundengerechter und attraktiver zu machen, ist natürlich die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Davon gibt es mehrere im Land, und wir untersuchen das ja auch. Herr Vogel und Frau Ünsal, Sie haben das auch mit unterschrieben: Einzigartig ist jede dieser Strecken, aber einmalig ist „Hein Schönberg“ nun nicht. Jede dieser Strecken hat genügend Potenzial, und welches Potenzial das genau ist, werden wir untersuchen.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Dr. Andreas Tietze)

Wie schon angesprochen, liegt eine der vormals stillgelegten Strecken im Kieler Osten; sie wurde bereits wiederbelebt: Es ist die Strecke von Kiel nach Schönberg oder, genauer gesagt, nach Schönberger Strand. Strandbahn oder „Hein Schönberg“ wird sie auch ganz liebevoll genannt. Von Kiel bis Oppendorf fährt der Zug bereits; die restliche Strecke soll jetzt folgen. Die Vorarbeiten wurden in der letzten Legislaturperiode beschlossen und begonnen. Wir haben das Projekt bis jetzt weitergeführt.

Leider gab es vor etwa drei Wochen, nachdem die Vorarbeiten für die Reaktivierung weitgehend abgeschlossen sind, schlechte Nachrichten: Anstatt der veranschlagten 35 Millionen € soll das Ganze nun plötzlich 50 Millionen € kosten. Diese 50 Millionen € sind auch nur um eine erste Schätzung; das kann jetzt gut oder schlecht sein.

Minister Buchholz wird sich vom Vorhabenträger eine gründliche und valide Gesamtkostenaufstellung geben lassen. Ich erwarte auch, dass diese Aufstellung die gesamten Kosten und, wenn möglich, auch sämtliche Planungsalternativen realistisch und vollständig nennt. Ich möchte nämlich nicht erleben, dass wir in einem Jahr wieder hier stehen und die nächste Kostenexplosion präsentiert bekommen.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Um eines ganz klar zu sagen: Explodieren die Kosten, ohne dass der entsprechende Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort entsteht, werden wir hier die Reißleine ziehen. Einen Blankoscheck nach der Devise „koste es, was es wolle“ wird es nicht geben.

Weil die Parallele zu den Straßen und besonders zu den Autobahnen gezogen wird, möchte ich sagen: Wissen Sie, was der Unterschied zwischen Landesund Bundesinvestitionen ist? - Die einen kommen vom Land, und die anderen kommen vom Bund.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf Beate Raudies [SPD])

Genau das sind auch die verschiedenen Zuständigkeiten; das sollten wir nicht vergessen.

(Zuruf)

Mir sind die Argumente der betroffenen Gemeinden durchaus bewusst und bekannt. Am Ende des Tages geht es hier aber darum, das Geld aller SchleswigHolsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner so auszugeben, dass der Nutzen für alle möglichst groß ist.

(Zuruf Sandra Redmann [SPD]: Ach, das ist ja interessant!)

Alles andere ist unverantwortlich. Schließlich fehlt jeder Euro, den ein Projekt mehr kostet, als veranschlagt worden ist, in anderen wichtigen Bereichen.

Ich persönlich hoffe, dass „Hein Schönberg“ weitergehen kann. Ich sehe in Streckenreaktivierungen eine tolle Möglichkeit, das Reisen oder Pendeln so attraktiv zu machen, dass die Bahn eine echte Alternative zum Individualverkehr wird. Bahnfahren entzerrt nicht nur Straßenverkehr; ich persönlich empfinde es auch als wesentlich entspannter. Aber um meine bahnromantischen Vorstellung geht es hier nicht.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Letztlich wird das Verhältnis zwischen den gesamten Projektkosten und dem daraus entstehenden Nutzen über die Weiterführung von „Hein Schönberg“ entscheiden.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir von der FDP und wir von der Jamaika-Koalition wollen in Schleswig-Holstein attraktive Angebote schaffen, um mehr Menschen von der Straße auf die Schiene zu bringen. Das ist uns wichtig, und dafür tun wir viel. Wir wollen auch ein Netz mit attraktiven Angeboten schaffen und Beförderung zu bezahlbaren Preisen ermöglichen. Aber, liebe Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner, wir wissen, dass Sie einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Geld erwarten, das Sie erarbeitet und uns anvertraut haben. Wir werden alles tun, um dieses Vertrauen zu rechtfertigen. - Vielen Dank!

(Beifall CDU und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Bauvorhaben mit einer hohen Bedeutung für den öffentlichen Personennahverkehr benötigen gerade vonseiten des öffentlichen Auftraggebers Verlässlichkeit in Bezug auf Planung und Bauausführung. Diese Verlässlichkeit steht derzeit bei der Aktivierung der Bahnverbindung von Kiel nach Schönberger Strand infrage.

Wir haben es gerade gehört, kürzlich wurde bekannt, dass der weitere Ausbau der Strecke ab Op

(Kay Richert)

pendorf mit bisher nicht bekannten Kosten verbunden ist. So besteht der Unterbau der Strecke aus Sand und nicht aus einem Schotterbett, sodass der gesamte Unterbau erneuert werden müsste. Es bedarf keiner Erklärung, dass dies Kostensteigerungen in Millionenhöhe zur Folge haben wird.

Welche Konsequenzen aus dieser Kostensteigerung zu ziehen sind, ist seitdem umstritten. Die regierungstragenden Fraktionen haben nun heute kurzfristig einen Alternativantrag vorgelegt und darin zunächst die zu erwartenden Kostensteigerungen bedauert. Ja, was auch sonst? Auch die Bitte an die Landesregierung, die Ursachen für die Kostensteigerung zu untersuchen, versteht sich doch wohl von selbst, denn die Vertragsparteien dürften längst damit befasst sein, herauszufinden, wo die Kostensteigerungen herkommen. Die Notwendigkeit dafür folgt ja bereits aus den bei jedem Bauvorhaben zu beachtenden vertraglichen Kooperationspflichten.

Die Notwendigkeit einer neuen Kostenkalkulation für dieses Vorhaben ist ebenso unbestritten. Entscheidend ist jedoch, was eine neue Kostenkalkulation für Folgen hat. Reicht es hier heute aus, lediglich eine Entscheidung anzukündigen, oder ist ein politisches Bekenntnis für ein Bauvorhaben angesagt, das bereits weit vorangeschritten ist? - Es mag überraschend sein, aber in dieser Sache unterstützen wir den Antrag des Kollegen Vogel, dass der Landtag sich auch weiter eindeutig für eine Reaktivierung der Bahnstrecke von Kiel nach Schönberger Strand aussprechen sollte. Wir halten dies für ein wichtiges verkehrspolitisches Signal, gerade auch zur Stärkung des Regionalverkehrs in den ländlichen Regionen.

Sechs Gemeinden haben sich für die Realisierung ausgesprochen, ebenso wie die Landrätin des Kreises Plön. Für die Region stellt die Bahnverbindung eine wichtige Lebensader dar. Berufspendler, Touristen, aber auch Familien, die neu in diesen schönen Kreis ziehen wollen, sind davon betroffen. Der regionale Eisenbahnverkehr muss ein gleichwertiger Bestandteil der zukünftigen Verkehrsplanung sein. Dazu gehört nach jahrelangen Negativschlagzeilen im Regionalbahnverkehr eine wieder steigende Attraktivität. Wir können doch nicht ständig über die Attraktivität des ÖPNV sprechen und über Fahrverbote in Kiel, die wir vermeiden wollen, indem wir mehr Bahn fahren, gleichzeitig aber eine Bahnstrecke beerdigen. Wir sehen deshalb die Reaktivierung der Bahnstrecke Kiel-Schönberger Strand als wichtigen Bestandteil einer Verkehrspolitik, die auf Nachhaltigkeit gerade in den ländlichen Regionen setzt und unterstützen deshalb das Be

kenntnis zur Verwirklichung dieses wichtigen Projekts.