Protokoll der Sitzung vom 15.05.2019

Es sind jedoch gerade private Kleinvermieter, die ein hohes Maß an sozialer Verantwortung zeigen und im Interesse eines intakten Mietverhältnisses oft jahrelang auf eine Erhöhung des Mietzinses verzichten.

(Beifall FDP und SSW)

Auch das Wohnen in den eigenen vier Wänden, das wir eigentlich fördern wollen, würden wir verteuern. Das kann doch nicht allen Ernstes unser gemeinsames Ziel sein!

(Beifall FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sehen zahlreiche Probleme, die mit einer Gebäudebewertung verbunden sind. Entweder ist diese Bewertung zu pauschal und damit verfassungswidrig, oder sie wird derart aufwendig, dass Bürger und Verwaltung von der Bewertungslast schier erdrückt werden.

Da unsere politischen Mitbewerber jedoch nicht von einer Wertkomponente abrücken wollen, haben wir zwischenzeitlich einen Kompromissvorschlag gemacht, der vorsieht, zwar den vorhandenen Bodenwert als Wertkomponente zu akzeptieren, aber auf eine Bewertung des Gebäudes verzichtet und lediglich seine Fläche berücksichtigt.

Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für eine neue Grundsteuer sind, wie wir alle wissen, ziemlich vage gehalten. Tatsache ist allerdings, dass ein einfaches Flächenmodell die wenigsten Rechtsprobleme aufwirft und deshalb die von uns favorisierte Lösung bleibt.

(Beifall FDP)

Wir wollen eine rechtssichere und transparente Grundsteuer, die einfach zu erheben ist und unnötige Bürokratie vermeidet. Für uns ist die Grundsteuer auch kein geeignetes Instrument für sozialstaatliche Umverteilung. Nicht jeder, der eine wertige Immobilie besitzt, ist automatisch vermögend. Die

Grundsteuer ist eine reine Objektsteuer, die eben nicht an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anknüpft.

(Beifall FDP)

Wer Einnahmen aus Vermietung oder Verpachtung erzielt, unterliegt bereits der Einkommensteuer und leistet somit seinen Beitrag zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben. Insoweit mache ich persönlich keinen Hehl aus meiner Präferenz für eine Abschaffung der Grundsteuer, denn sie greift unmittelbar in die Vermögenssubstanz ein. Sie ist aber nun einmal ein bewährtes und allgemein akzeptiertes Finanzierungsinstrument unserer Kommunen. Sie ist planbar und konjunkturunabhängig.

Eine hinreichende Einnahmenautonomie in Form von eigenen Steuerkompetenzen ist eine wichtige Voraussetzung für unsere kommunale Selbstverwaltung. Die dürfen wir nicht aufs Spiel setzen.

Meine Damen und Herren, die Zeit drängt, und im Bund regiert das Chaos. Wir brauchen bald eine Lösung, und diese Lösung kann darin bestehen, den Ländern per Freigabegesetz oder mit einer Öffnungsklausel die Möglichkeit zu geben, die Grundsteuer in eigener Zuständigkeit zu regeln. Eine Föderalisierung der Grundsteuer könnte durchaus ein gangbarer Weg sein, zwingt die Länder aber auch dazu, selbst Farbe zu bekennen.

Wir werden sehen, was Berlin uns jetzt final vorlegt. Das, was bisher auf dem Tisch liegt, ist für uns freie Demokraten allerdings kaum zustimmungsfähig. Wir werden deshalb weiterhin für eine einfache, transparente und rechtssichere Grundsteuer werben, und das ist weiterhin das Flächenmodell. Herzlichen Dank.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Das Wort hat für die Abgeordneten des SSW der Abgeordnete Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Grundsteuerreform war am Wochenende in aller Munde - mal wieder, möchte man meinen. Die Zeit drängt, aber die Bundesregierung hat Schwierigkeiten, einen Entwurf vorzulegen, der alle Interessen unter einen Hut bringt. Man könnte sagen, dass wir uns mitten in Pressemitteilungsgefechten befinden, aus denen sich keinerlei Kompromisse erkennen lassen.

Klar ist wohl nur, dass eine Besteuerung auf Grundlage des errechneten Grundstückswertes aus dem Rennen ist. Schließlich müssten alle Grundstücke erst einmal dahin gehend untersucht werden, wie hoch ihr Wert ist. Das bedeutet, dass nach diesem sogenannten Ertragswertmodell mindestens fünf verschiedene Komponenten erhoben werden müssten, nämlich Baujahr, Bodenrichtwert, Grundstücksfläche, Wohnfläche und Kaltmiete. Für selbstgenutzte Gebäude käme darüber hinaus noch die Festlegung einer fiktiven Miete dazu.

Hier zeigt sich, wie kompliziert und aufwendig das Modell ist, das der Bundesfinanzminister derzeit noch bevorzugt. Den Mietern teurer Wohnungen droht dann wegen der Grundsteuer auch noch eine saftige Mieterhöhung. Das Modell ist ungerecht und vor allem eine gigantische Bürokratiemaschine. Allein Niedersachsen rechnet mit 1.000 Stellen, die die Bewertung nach sich ziehen würde. Jahrzehntelang Versäumtes wird man auf diese Weise sowieso nicht nachholen können. Diese Art Millimeter-Gerechtigkeit wird keine gerechte Besteuerung bringen können, wird sie doch erhebliche Verschiebungen mit sich bringen.

(Beifall SSW und FDP)

Meine Damen und Herren, ähnlich umstritten sind auch andere Modelle, zum Beispiel das Modell, das sich am Erbschaftsteuerrecht orientiert, oder das Modell der Kommunen, das sogenannte Kostenwertmodell. Das sieht vor, Grundstücksfläche und Bodenrichtwert zu berücksichtigen. Das ist tatsächlich noch das schlankste Modell. Es gibt so viele Modelle, weil die Grundsteuer eine durchaus wichtige Steuer ist, auf die man nicht so einfach verzichten kann. Auch das ist klar.

Die Einnahmen aus der Grundsteuer A für Bauern und Waldbesitzer betrugen 2016 insgesamt 400 Millionen €. Diese Steuermittel fließen in den Bundeshaushalt. Dazu kommt noch die wesentlich bedeutendere Grundsteuer B, die die Gemeinden erheben. Diese Steuer brachte den Kommunen im Jahr 2016 insgesamt 14 Milliarden € ein, was die große Bedeutung dieser Steuerart zeigt und eine Erklärung für die verbissene Debatte ist.

Der Vorschlag des vorliegenden Antrags, anstelle der Grundsteuer den Kommunen einen größeren Teil an der Einkommensteuer zu geben, ist allerdings völlig ungeeignet. Ich nenne dafür vier Gründe: Erstens. Die Kommunen verlieren eine Besteuerungsgrundlage, über die sie eigenständig bestimmen können. Das ist derzeit noch eine wichtige Steuerungsmöglichkeit der Kommunen, die nach

(Annabell Krämer)

dem vorliegenden Antrag ersatzlos wegfiele. Über die Einkommensteueranteile verhandeln Länder und Bund. Die Kommunen verlieren auf diesem Weg ein wichtiges Standbein ihrer Unabhängigkeit.

Zweitens. Grundstücksbesitzer ohne Einkommen aus Deutschland würden überdurchschnittlich profitieren. Sie würden von der Grundsteuer befreit, ohne dass eine Gegenleistung in Sicht wäre. Ein Grundstücksbesitzer mit Wohnsitz im Ausland man höre das, dies kommt von der AfD - würde damit gegenüber einem einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmer aus Deutschland bevorteilt. Das mag dem Finanzgebaren einiger in der AfD entgegenkommen, gerecht wird es dadurch aber nicht.

Drittens. Die Einkommensteuer ist eine Steuer, die Menschen mit einem Lohnzettel bis zum letzten Cent heranzieht, schließlich sind Lohn und Gehalt dem Finanzamt durch die Meldung des Arbeitgebers genauestens bekannt. Wer dagegen andere Einkommen hat, zum Beispiel aus Mieten, Aktien oder Grundstücken, ist erst einmal fein raus. Damit würde der vorliegende Vorschlag einmal wieder die abhängig Beschäftigten stärker belasten.

Viertens. Alle Firmen, Immobiliengesellschaften und andere Konstrukte, die keine Einkommensteuer bezahlen - und das sind viele, das wissen wir alle -, aber Grundstücke besitzen, lachen sich ins Fäustchen. Sie müssen gar keine Steuern bezahlen und stellen sich besser, ohne dass sie eine Gegenleistung erbringen müssten. Dieses Google-Modell mag für Konzerne attraktiv sein, für die Allgemeinheit allerdings ist es das überhaupt nicht.

Wir können also feststellen, der Vorschlag der AfD ist gegen die Unabhängigkeit der Kommunen gerichtet, er belastet Mieter, er ist unsozial, und, das schlägt dem Fass den Boden aus, er unterstützt nur Großkonzerne im Ausland - und das kommt von der AfD. Meine Damen und Herren, von all diesen Effekten ist wirklich nichts erstrebenswert. Deswegen können wir diesen Antrag beruhigt ablehnen.

(Beifall SSW, CDU, FDP und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Ralf Stegner aus der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Grundsteuer ist die mit Abstand wichtigste

Steuer für die Kommunen. Bei all dem Streit, der momentan herrscht, muss man schlichtweg sagen, dass die meisten vor allem wollen, dass es eine rasche Lösung gibt.

Ich finde, das, was Bayern da macht, ist nicht besonders hilfreich. Das ist sozusagen pokern. Am Ende wissen alle: Wir brauchen das, wir müssen das auch regeln. Das ist eine wichtige Steuer, sie muss geregelt werden. Ich halte von diesen Öffnungsklauseln überhaupt nichts, weil ich sagen muss: Das leitet nur den Wettbewerb ein, den wir uns nicht wünschen und den wir schon bei anderen Steuerarten nicht besonders vernünftig finden. Die Bürokratie, von der hier so oft die Rede ist, würde vielmehr geringer sein, wenn es diese nicht gibt. Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt: Ich finde, wenn man über Grund und Boden redet, dann wäre es sinnvoller, über die Fragen von Bodenwertsteuern und vernünftiger Besteuerung des Bodens nachzudenken. Da sind wir von Gerechtigkeit weit entfernt.

Ich finde den Vorschlag der Bundesjustizministerin Katarina Barley richtig, darüber nachzudenken, ob man es nicht so wie früher machen soll, nämlich dass die Grundsteuer nicht mehr auf Mieterinnen und Mieter umgelegt werden darf. Es ist eigentlich gar nicht einzusehen, dass Mieterinnen und Mieter Steuern bezahlen sollen für etwas, das ihnen gar nicht gehört. Man sollte darüber nachdenken, diese Steuer bei den Vermietern zu belassen, wie das früher lange Zeit der Fall gewesen ist. Es wäre vernünftig, das zu tun, das wäre sozial gerecht und würde die eine oder andere Schwierigkeit aufheben.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Krämer?

Herr Dr. Stegner, teilen Sie mit mir die Meinung, dass der Vermieter seine Kaltmiete anhand seiner Gesamtkosten kalkuliert? - Das heißt, dass er dann, wenn er nicht umlagefähige Kosten hat, trotzdem eine Gesamtkalkulation macht und dass er nur vermietet - es ist ja eine Option für ihn zu vermieten -, wenn die Miete selbstverständlich alle Kosten trägt und für ihn noch ein gewisser Profit übrig bleibt? Sonst würde er das Objekt ja verkaufen.

(Lars Harms)

- Ich glaube, dass die Profitabilität immer noch vorhanden ist, unabhängig von der Frage, ob man so wie früher verfahren kann, nämlich dass die Grundsteuer nicht umgelegt werden darf auf die Mieterinnen und Mieter. Ich finde, es ist nicht einzusehen, dass das so ist. Die Erträge, die man dadurch gewinnen kann, dass man vermietet, werden nicht entscheidend dadurch geschwächt, dass die Grundsteuer nur noch von den Vermietern bezahlt wird. Insofern weiß ich nicht, was das mit Ihrer Frage zu tun hat.

Jemand, der vermieten will, muss das nicht tun, und jemand, der das tut, muss nicht unbedingt die Grundsteuer dafür haben. Ich wollte das aber nur als einen Aspekt der Grundsteuer nennen, bei dem ein Gerechtigkeitsdefizit besteht. Ich wollte eigentlich mit einer Bemerkung schließen.

Entschuldigen Sie, Herr Kollege. Es gibt den Bedarf nach einer weiteren Zwischenfrage oder einer Bemerkung.

Dann will ich dies gern zulassen.

Teilen Sie mit mir die Meinung, dass das dann eher eine Scheindebatte ist und dass der Vermieter die Grundsteuer, wenn sie nicht mehr durch die Nebenkosten umlagefähig ist, in die Kaltmiete einpreist?

- Ich weiß das nicht. Ich glaube, dass es sehr viele ordentliche Vermieterinnen und Vermieter gibt. Es gibt auch andere. Ich weiß nur, dass das früher anders gewesen ist und dass ich es gerechter fände, wenn Mieterinnen und Mieter, die es schwer genug haben, nicht auch noch die Grundsteuer umgelegt bezahlen müssten. Wir haben heute schon über bezahlbaren Wohnraum geredet. Das ist ein Vorschlag der Bundesjustizministerin, ich unterstütze den, und deshalb habe ich das zum Ausdruck gebracht.

Da gibt es natürlich zu den Liberalen unterschiedliche Auffassungen, das ist ja auch in Ordnung. Aber etwas eint uns wahrscheinlich mit den Liberalen: Das Wort „nobis“ kommt ja aus dem Lateinischen und heißt „uns“. Ich will das auf gut Deutsch sagen: Verschonen Sie uns mit solchem Unsinn, den Sie hier vortragen, der den Kommunen schadet und uns Zeit stiehlt. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD und SSW)

Für die Landesregierung erteile ich der Finanzministerin Monika Heinold das Wort.

Meine Damen und Herren! Herr Stegner, ich bewundere Ihr großes Vertrauen in die Vermieter, dass Sie glauben, das, was diese nicht über die Zweitmiete nehmen dürfen, würden sie auch nicht über die Erstmiete nehmen. Alle Achtung!