Protokoll der Sitzung vom 16.05.2019

Auch die Verbraucherverbände unterstützen unseren Weg. Wenn man die Suchtverbände und die Verbraucherverbände an seiner Seite hat, ist das eine vernünftige Sozialpolitik, lieber Kollege Kalinka.

Wir wissen, dass dies eine Übergangsregelung ist, die nur bis zum Juni 2021 gilt. Wir müssen uns damit beschäftigen, wie es weitergeht. Das werden wir rechtzeitig machen.

Wir alle müssen uns die Frage stellen: Wem nützt es, wem schadet es, wem hilft es, wer hat Vorteile? Die Vorteile liegen auf der Hand. Sie liegen eindeutig bei der Frage des Marketings, insbesondere für Holstein Kiel, der Spielgemeinschaft FlensburgHandewitt und den THW Kiel. Diese drei Proficlubs sind auf die zusätzlichen Einnahmen angewiesen.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Wir haben noch ein paar mehr davon!)

- Es gibt mehrere, die davon profitieren, aber die sind besonders abhängig von hohen Marketingmitteln, und die werden sie bekommen.

Wer profitiert noch davon? - Der Spieler in Schleswig-Holstein bekommt mehr Sicherheit, er bekommt Spielerschutz, den er nicht hat, wenn er illegal spielt. Wir gehen gegen die Suchtgefahr vor, weil wir kontrollieren können, wer spielt. Und vor allem hat der Jugendschutz einen Vorteil, denn über unseren Safe-Server können wir genau sehen, wer spielt, wie lange er spielt, welches Geld er einsetzt. Wenn er Jugendlicher ist, kommt er gar nicht erst ins System rein.

(Hans-Jörn Arp)

Das ist der erste Schritt auf einem längeren Weg. Wir müssen endlich dazu kommen, dass wir diesen Weg über Landesgrenzen hinweg gehen. Das war immer die Mahnung der Grünen, die uns zu Recht daran erinnert haben: Wir wollen nicht alleine einen Weg gehen, sondern einen gemeinsamen Weg. Dies ist der erste Schritt mit der Zustimmung der anderen Ministerpräsidenten. Wir sind im Gespräch mit anderen Ländern, unter anderem mit Hessen und anderen bedeutenden Ländern, in denen die Grünen an der Regierung beteiligt sind oder auch nicht. Wir werden im Sommer einen Weg vorschlagen, der zeigt, dass wir breit aufgestellt sind und für unseren Weg die Unterstützung vieler Länder haben.

Wir sind einen langen Weg gegangen, aber es war ein sehr fruchtbarer Weg, im Interesse der Spieler, vor allem des Spielerschutzes, der Vereine und einer Regulierung des Marktes, der riesengroß geworden ist. Man schätzt diesen Markt heute auf 84 Milliarden €; daraus darf sich der Staat nicht zurückziehen, im Gegenteil, er muss aufpassen, was in dem Bereich geschieht. Wir sind da auf dem Weg.

Herr Dr. Stegner, Sie sind herzlich eingeladen, die Scheuklappen abzunehmen, sich zu beteiligen. Bei mir im Büro finden häufig GAK-Sitzungen statt. Die können wir fraktionsübergreifend machen. Wenn Sie Lust haben, kommen Sie, oder schicken Sie eine kompetente Kollegin oder einen Kollegen. Sie sind jederzeit herzlich eingeladen. - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Dr. Kai Dolgner das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So unterschiedlich können Wahrnehmungen sein. Die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände schreibt Ihnen ins Stammbuch: Die angesprochenen Mindeststandards werden aus unserer Sicht den erforderlichen präventiven Maßnahmen nicht gerecht. Zum Abschluss warnen die Wohlfahrtsverbände davor, den schleswig-holsteinischen Weg fortzusetzen.

Die für Schleswig-Holstein erteilten Genehmigungen für Online-Casinospiele sind ausgelaufen. Kein Anbieter besitzt zurzeit eine rechtsgültige Genehmigung. Nun könnte man von seriösen Anbietern erwarten, dass diese daraufhin ihr Internetangebot

sofort mit Ablauf der Lizenz einstellen würden. Schließlich ist Ihr Hauptargument und inzwischen auch das des SSW, dass man bei einem Geschäft, das man nicht verhindern könnte, durch Legalisierung dafür sorgt, dass nur seriöse Anbieter am Markt sind, die zum Beispiel die angesprochene Suchtprävention ernst nehmen.

Die Realität ist aber eine andere. Ja, einige Anbieter haben ihr Angebot rechtzeitig abgeschaltet - Chapeau! -, andere haben das aber nicht getan, wie wir spätestens seit dem Bericht des NDR vom 4. Februar 2019 wissen. Da ist zum Beispiel die Firma OnlineCasino. Die Lizenz ist am 18. Dezember 2018 ausgelaufen. Unter „legal, sicher, fair!“ täuscht der Anbieter bis heute die Spielerinnen und Spieler darüber, dass er keine gültige Lizenz mehr besitzt Ihr Gesetz ist ja noch nicht beschlossen - und sein Angebot gemäß des schleswig-holsteinischen Glücksspielrechts nicht legal ist. Auch wenn man die Lizenznummer - ich kriege sehr wohl mit, wer was macht - am 22. März 2019 entfernt hat, steht da trotzdem, dass es für schleswig-holsteinische Spieler momentan legal wäre. Das ist nicht so. Das hat mir auch die Landesregierung in ihrer Antwort auf meine Kleine Anfrage bestätigt.

Im Moment wird vom Innenministerium auf entsprechende aufsichtsrechtliche Maßnahmen verzichtet. Eine Kleine Anfrage von mir hatte das Ergebnis, dass das Innenministerium sehr wohl Erkenntnisse über diese Täuschung hat, und das Innenministerium hat den speziellen Anbieter aufgefordert, den Spielbetrieb einzustellen. Das hat der Anbieter aber mitnichten getan.

Herr Innenminister, offenbar schert sich der Anbieter überhaupt nicht um Ihre Aufforderung und macht fröhlich weiter. Anstatt glücksspielrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, verwiesen Sie auf das anstehende und heute zum Abschluss kommende Gesetzgebungsverfahren.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Legal, illegal …!)

- Herr Kollege Fraktionsvorsitzender, man kann zum Thema Glücksspiel und Liberalisierung unterschiedlicher Auffassung sein. Ich habe das in meinen Redebeiträgen immer konstatiert. Aber was ist das für ein Signal an diejenigen, die, wenn sie keine Lizenz mehr haben, ihren Betrieb sofort einstellen? Können die auch auf nachträgliche gesetzliche Heilung ihres in dem Moment illegalen Tuns hoffen? Ist das die Rechtsstaatlichkeit der Rechtsstaatspartei? Das wage ich infrage zu stellen.

(Beifall SPD)

(Hans-Jörn Arp)

Anstatt in Ihrem Übergangsgesetz eine Neuerteilung der Genehmigungen vorzusehen und Anbietern wie OnlineCasino aufgrund der Täuschung auf der Homepage eine neue Lizenz zu verweigern, verlängern Sie mit Ihrem Gesetz die alten Lizenzen einfach. Eine neue Zuverlässigkeitsprüfung findet nicht statt.

(Lars Harms [SSW]: Das heißt, dass sie zu- verlässig sind!)

- Sie haben in diesem Lande viereinhalb Monate zuverlässig ein illegales Glückspielangebot gemacht!

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: So ist es!)

Das sind die Anbieter, denen ich glauben soll, dass sie für Suchtprävention einstehen? Ich weiß nicht, welche Kriterien Sie an Zuverlässigkeit anlegen. Es gab Anbieter, die abgeschaltet haben. Ich hätte kein Problem damit, wenn das Glücksspiel liberalisiert wird und Sie sagen, dass die eine neue Lizenz erhalten. Durch Ihr gewähltes Verfahren legalisieren Sie nachträglich das Verhalten derjenigen, die bewusst einen Regelbruch begangen haben, die bewusst gegen die Aufforderung der Glücksspielaufsicht verstoßen haben. Die belohnen Sie. Dieses Signal senden Sie in die Welt.

Das können wir nicht mittragen, unabhängig von der Frage der Liberalisierung. Ich hoffe, dass das ein einmaliger Vorgang bei einem Gesetzgebungsverfahren in Schleswig-Holstein ist. Wenn Ihnen bei dieser Aktion nicht wenigstens ein bisschen unwohl ist, dürfte ich Teile der Kolleginnen und Kollegen auf dieser Seite des Hauses bisher falsch eingeschätzt haben. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Abgeordneten Burkhard Peters das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kai Dolgner, das Dilemma liegt doch auf der Hand. Trotz des klaren Verbots in § 4 Absatz 4 Glücksspielstaatsvertrag können alle Menschen in Deutschland jederzeit und problemlos in Online-Casinos zocken - egal wo sie wohnen, egal ob sie volljährig sind. Diese Angebote sind zwar illegal, doch auf Firmen mit Sitz in Malta oder

Monaco üben die Glücksspielaufsichtsbehörden der Bundesländer keinerlei Kontrolle aus.

(Lars Harms [SSW]: Wohl wahr!)

All diejenigen, die in der Anhörung darauf hingewiesen haben - freie Wohlfahrtsverbände und andere -, dass das für Schleswig-Holstein kein guter Einzelweg wäre, drücken sich um dieses Problem herum, und das ist das Hauptproblem.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

Herr Abgeordneter Peters, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Dolgner?

Immer mit dem größten Vergnügen.

(Heiterkeit)

Herr Kollege Peters, ich bewundere Ihre Fähigkeit, von Sachen abzulenken. - Der von mir zitierte Anbieter online-casino.de war zum damaligen Zeitpunkt kein Anbieter aus dem sogenannten grauen Bereich beziehungsweise mit Sitz auf Malta, sondern hat eine schleswig-holsteinische Glücksspiellizenz gehabt; sein Sitz war übrigens in Deutschland. Das Versprechen war, dass man die Verstöße glücksspielrechtlich ahnden könnte. Ich kann sagen, die gelebte Praxis zwischen dem 28. Dezember 2018 und dem heutigen Tag war, dass nicht geahndet werden konnte und Sie nicht geahndet haben. Sie wollen das Verhalten nachträglich vielmehr legalisieren.

Gestehen Sie mir zu, dass es ein Unterschied ist, ob ich einen Regelverstoß aus verschiedenen Gründen nicht verfolgen kann oder ob ich das Verhalten nachträglich ehre und über einen entsprechenden Gesetzentwurf legalisiere, indem ich diesem Anbieter von der Zuverlässigkeitsprüfung rausnehme?

- Ich finde das auch nicht gut. Dieser Anbieter hatte sich aber immerhin einmal einer Lizensierung in Deutschland unterzogen.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Dann ist ja gut!)

- Das ist ein Unterschied im Vergleich zu dem, was ansonsten auf diesem Markt passiert. Deswegen gibt es einen gewissen Vertrauensgrundsatz.

(Dr. Kai Dolgner)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Daher, denke ich, können wir die vier Monate ohne Lizenz überbrücken.

Meine Damen und Herren, in Schleswig- Holstein war es ein bisschen anders. Die Lizenzen, die unsere Glückspielbehörde 2012 erteilt hat, sind an Bedingungen geknüpft: die Einhaltung der Regeln zum Spielerinnen- und Spielerschutz, zum Jugendund Verbraucherschutz und die Abwicklung aller Spiele über unseren Safe-Server, um die Kontrolle sicherzustellen und Weiterleitungen aus anderen Bundesländern zu verhindern.

Spielerinnen und Spieler haben bei den schleswigholsteinischen Angeboten den Vorteil, dass sie wissen, dass es sich um sichere und legale Angebote handelt - bis auf diese Ausnahme. Die Anbieter, die sich unserer Regulierung unterwerfen, dürfen im Gegenzug ihre Spiele legal und seriös anbieten.

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund muss man ganz klar festhalten: Ein Auslaufen der Lizenzen nützt niemandem. Es nützt den Jugendlichen und den Verbraucherinnen und Verbrauchern nichts; am allerwenigsten nützt es den Spielerinnen und Spielern, die süchtig und suchtgefährdet sind. Denn natürlich haben Online-Casinos ein maximal hohes Suchtpotenzial: Sie sind rund um die Uhr schnell verfügbar, maximal bequem, und es gibt keinerlei soziale Kontrolle. Zudem werden hier gern gerade die Spiele nachgebildet, die auch im Offlinebereich zu den gefährlichsten gehören.

Doch wenn die in den letzten Jahren legalen Anbieter ihre Lizenz verlieren, werden Suchtkranke natürlich nicht aufhören zu spielen. Stattdessen werden sie sich den illegalen Märkten zuwenden. Im sogenannten Graumarkt sind sie der Suchtmaschinerie dann schutzlos ausgeliefert.

Nur durch unsere schleswig-holsteinische Regulierung gibt es bislang überhaupt Überprüfungen von Anbietern und Schutz vor Betrug. Nur bei uns sind die genauen Spielbedingungen transparent. Nur bei uns werden Minderjährige vom Spiel ausgeschlossen. Nur bei uns werden Art und Zuschnitt der Spiele geregelt und dadurch Spielerinnen und Spieler vor den gefährlichsten Spielformen geschützt. Nur bei uns sind Anbieter verpflichtet, ein Sozialkonzept zu erstellen.