Protokoll der Sitzung vom 16.05.2019

Die Arbeit an der Landesentwicklungsstrategie war ein Mammutprozess. Es wurden nicht nur viele Ressourcen der Landesverwaltung beansprucht, sondern dieser Prozess hat auch 1,3 Millionen € gekostet; auch das möchte ich an dieser Stelle erwähnt wissen.

Ansatz war eine breite Bürgerbeteiligung. Das ist ein durchaus positiver Aspekt dieses Prestigeprojekts, eines Projektes, das letztlich - auch das gehört zur Wahrheit - in vielen Fragen vage bleiben musste und schon deswegen die in unzähligen Veranstaltungen geweckten Erwartungen nicht erfüllen konnte. Kritiker, zu denen auch wir Freie Demokraten durchaus zählten, bemängelten, in diesem dicken Machwerk viel Prosa und wenig Konkretes ausfindig machen zu können.

So stellt sich nun die Frage, meine Damen und Herren: Was bleibt? Es bleiben der Fleiß, der Einsatz der Bediensteten der Landesverwaltung, der vielen Bürgerinnen und Bürger und der Verbände, die sich eingebracht haben, um ihre Anregungen und Stellungnahmen einzubringen. Die Anregungen und Erkenntnisse aus dieser Arbeit sind nicht nur in die von mir eben schon erwähnte Überarbeitung des Landesentwicklungsplanes eingeflossen, sondern haben natürlich auch Einfluss auf unsere tagtägliche Arbeit und auf die Regierungsarbeit genommen.

Aber, meine Damen und Herren, die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns mehr als Problembeschreibungen. Jamaika ist ein Regierungsbündnis, das die Probleme nicht nur wälzt, sondern anpackt und dafür sorgt, dass diese Probleme beseitigt werden. Das ist der Unterschied.

(Beifall FDP und CDU)

Nun komme ich zum Hauptargument, Frau Eickhoff-Weber. Wir können es uns schlicht nicht leisten, weitere Kapazitäten in die Überarbeitung der LES zu stecken, sondern wir haben andere große Herausforderungen vor der Brust.

(Zuruf Thomas Hölck [SPD])

Die Regionalpläne gibt es ja nun einmal, Herr Hölck. Sie müssen sich auch mal entscheiden, was Sie wollen. Jetzt sagen Sie auf einmal, jetzt müsse der Schwerpunkt in die LES 2030 gelegt werden, und morgen stehen Sie wieder hier und sagen, es gehe Ihnen nicht schnell genug mit den Regionalplänen. Was wollen Sie denn überhaupt?

(Beifall FDP und CDU)

Wir gehen die Regionalpläne jetzt an, wir gehen den Landesentwicklungsplan an und wir berücksichtigen dabei natürlich auch die vielen Stellungnahmen, die dazu eingegangen sind; das ist eine Selbstverständlichkeit, weil wir das eben gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern erarbeiten. Deshalb ist uns deren Beteiligung sehr wichtig.

Frau Eickhoff-Weber, zu Ihrem zweiten Punkt, der ordnungsgemäßen Beteiligung des Landesplanungsrats: Die Landesregierung lädt den Landesplanungsrat ein, wenn es soweit ist, wenn die Beschlüsse anstehen, so wie sich das gehört. Ich wundere mich also wirklich sehr über Ihren Antrag, der eigentlich nur die Gesetzeslage wiedergibt. Das läuft doch alles schon, meine Damen und Herren. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen und unserem Antrag natürlich zustimmen.

Wir setzen auf Dialog dort, wo es konkret wird. Wir hören zu und sind es den Bürgerinnen und Bürgern auch schuldig, all unsere Kraft und Ressourcen in eine sorgsame Landes- und Regionalplanung zu stecken und nicht in überambitionierte und teure Hochglanzprojekte aus längst vergangenen Zeiten. Danke schön.

(Beifall FDP und CDU)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Für das Frühjahr 2018 sollte die neue Landesentwicklungsstrategie verabschiedet werden, wie aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion zu entnehmen ist. Jetzt, ein Jahr später, gibt es immer noch kein Lebenszeichen davon. Woran liegt das? Sind das etwa ideologische Gründe? Ist die Jamaika-Koalition nicht willens, die von der Küstenkoalition entworfene Entwicklungsstrategie weiterzuführen? Oder sind Sie einfach nicht in der Lage, dies zu tun, weil es auf so vielen Politikfeldern ei

nen deutlichen Dissens zwischen den Koalitionären gibt?

Jeden Monat wird deutlicher, dass die Schnittmengen schrumpfen. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, die heute leider nicht anwesend ist, hat ja erst letzte Woche den Fortbestand des Jamaika-Experimentes an den weiteren Ausbau der Windkraft geknüpft. Es knirscht im Gebälk; jeden Tag wird das deutlicher.

Für uns, die AfD, ist die alte Landesentwicklungsstrategie sicher nicht das Maß aller Dinge. Für uns zählt, was konkret von dem umgesetzt wird, was Jamaika im Koalitionsvertrag vereinbart hat. Wir messen diese und künftige Regierungen an ihren Taten und nicht an Versprechungen, an die sich 2030 eh niemand mehr erinnern mag.

Wir erleben fast täglich, dass hehre Zielmarken, die von den schon länger Regierenden im Bund und im Land vollmundig angekündigt werden, Jahr für Jahr gerissen werden. Ob Verkehrs-, Energie- oder Agrarwende, überall stehen große Pläne wenig Messbarem gegenüber. Selbst die heilige Kuh des sogenannten Klimaschutzes versinkt im Morast des Parteiengezänks.

Fazit: Wir werden es nicht bedauern, wenn der Landesentwicklungsplan von Rot-Grün mit der heutigen Debatte von Jamaika beerdigt wird.

Ganz ähnlich sieht es mit dem Landesplanungsrat aus. Dieses Gremium hat gemäß Landesplanungsgesetz die Aufgabe, die Landesplanungsbehörde in grundsätzlichen Fragen der Raumordnung zu beraten. Doch Papier ist bekanntlich geduldig. Wie sieht die Realität aus?

Am 25. Juni 2018 trat der Landesplanungsrat zu seiner konstituierenden Sitzung in dieser Legislaturperiode zusammen. Ich hatte die Ehre, an dieser Sitzung teilzunehmen, und war beeindruckt von der Fülle von Themen, die der Herr Innenminister dort vortrug. Nicht minder beeindruckt war ich von der schieren Anzahl der dort vertretenen Verbände und Gremien. 43 Personen aus 36 Institutionen hatten sich dort versammelt, um, ja, um was genau zu tun: den Innenminister zu beraten, den Ministerpräsidenten? Weder in der freien Wirtschaft noch in der Medienbranche habe ich die Erfahrung gemacht, dass Arbeitsgruppen, die über die Größe einer Fußballmannschaft hinausgehen, besonders effektiv sind, um konkrete Zielsetzungen oder Ergebnisse zu erzielen. Daher hat es mich auch nicht verwundert, dass der Landesplanungsrat nach dieser ersten Sitzung vor knapp einem Jahr in den Winterschlaf gefallen ist.

(Oliver Kumbartzky)

Die Planungsbehörden kennen ihre Aufgaben; sie haben ihre Vorgaben, das Gesetz, sie haben die Mittel und hoffentlich auch das Personal, um gute Planung für das Land umzusetzen. Wir wissen alle, dass das Planungsrecht dringend reformiert werden muss. Aber das ist wiederum unsere Aufgabe und nicht die der betroffenen Behörden.

Was kann also der Landesplanungsrat dazu beitragen? Offenbar sehr wenig. Laut Gesetz soll der Rat mindestens zweimal jährlich zusammentreten. Aber zu einer weiteren Zusammenkunft ist es bis zum heutigen Tage nicht gekommen. Eine Sitzung einberufen können übrigens laut Gesetz der Herr Ministerpräsident oder ein Drittel der Mitglieder. Da beides bis heute nicht erfolgt ist, scheint das Interesse auf beiden Seiten des großen Konferenztisches nicht sehr groß zu sein.

Von daher lassen wir uns gerne von der Landesregierung über den Fortschritt der Landesplanung informieren, können aber auf ein aufgeblähtes Gremium wie den Landesplanungsrat gut und gerne verzichten. Was wir brauchen, sind schnelle und sichere Planungen und nicht immer neue Gremien, die nichts dazu beitragen können. Daher lehnen wir beide SPD-Anträge aus voller Überzeugung ab.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Vorsitzende Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Menschen in Schleswig-Holstein spüren, wie sich ihr Land verändert. Die Wege zur Schule werden länger, Nachbarschaften lösen sich auf und die Mobilitätsprobleme wachsen. Das alles wird sehr genau registriert. Manchmal ergibt sich auch eine Lösung vor Ort, wie zum Beispiel der Bürgerbus bei uns in Ladelund. Ganz häufig aber muss der Staat steuernd eingreifen.

Damit sich in diesen Fällen nicht die Perspektive des Grünen Tisches in Kiel durchsetzt, sondern die Dinge partnerschaftlicher vorangebracht werden können, wurde die Landesentwicklungsstrategie ins Leben gerufen. Mit einem großen Kongress wurde der Aufschlag gemacht. Dem schlossen sich Regionalkonferenzen, Workshops und vor allem viele tausend Gespräche an.

Viele Frauen und Männer haben sich auch jenseits der Funktionärsebene Gedanken gemacht, wie sich

Schleswig-Holstein entwickeln soll. Sie haben sich zu Wort gemeldet in dem Glauben, dass ihr Wort Gewicht hat.

Darüber hinaus begleiteten die einzelnen Ressorts der Landesregierung das Projekt und brachten viele eigene Ideen ein. Auf diese Weise sind im Laufe der Zeit über 120 Stellungnahmen zusammengekommen.

Ich selbst war im NCC in Husum auf einer Veranstaltung mit mehr als 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Das war eine beeindruckende Kulisse. Der gemeinsame Wille, etwas zum Geschick unseres Landes beizutragen, war mit Händen zu greifen. Die Menschen haben in Husum einen Teil ihrer Freizeit investiert, um die Landesentwicklungsstrategie voranzubringen. Das taten sie in dem Vertrauen, dass ihr Beitrag auch gewürdigt wird.

Eine gute Bilanz: direkte und barrierefreie Bürgerbeteiligung, viele Menschen haben sich beteiligt, damit sich etwas bewegt. Das Herzblut, das in die Strategie gesteckt wurde, sollten wir achten.

(Beifall SSW)

Tatsächlich ist es um die Strategie sehr ruhig geworden. Stattdessen reden wir wieder über den technokratisch gefassten Landesentwicklungsplan, der - ich beziehe mich auf entsprechende Veröffentlichungen des Innenministeriums - wichtige Voraussetzungen für mehr Wirtschaftswachstum, den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen und die Sicherung der Daseinsvorsorge für Schleswig-Holstein regeln soll. Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger geschieht beim angehängten Beteiligungsverfahren entweder über Veranstaltungen oder per Brief beziehungsweise Online-Eingabe. Ein Dialog ist das aber nicht gerade, was da vonstattengeht. Damit hat die derzeitige Landesregierung also kein Äquivalent zur Landesentwicklungsstrategie geschaffen. Es bleibt hier eine leere Stelle.

Diese Kritik betrifft allerdings ausdrücklich auch den Landesplanungsrat. Ich selbst gehöre diesem Gremium an und kann die Kritik, was den respektlosen Umgang angeht, wirklich nachvollziehen.

(Beifall SSW und SPD)

Richtig ist, meine Damen und Herren, dass er viel zu wenig tagt. Das zeigt eben auch, dass Jamaika nicht auf eine Beteiligung setzt - weder auf den Dialog mit den Bürgern noch auf den Dialog im Landesplanungsrat, meine Damen und Herren. Ich glaube, da müssen wir nachsteuern.

(Beifall SSW und SPD)

(Volker Schnurrbusch)

Wenn der Kollege Schnurrbusch sagt, dass der Landesplanungsrat mit seinen vielen Gremien nicht so wichtig war: Sie können selbst etwas dazu beitragen. Sie brauchen nicht zu kommen, es ist kein Zwang, dorthin zu gehen. Sie können also auch wegbleiben. Das andere ist: Wir haben nun einmal so viele Ehrenamtler, so viele große, wichtige Organisationen, die es durchaus wert sind, ein- bis zweimal im Jahr eingeladen zu werden, wie es auch vorgesehen ist, und in den Dialog zu gehen. Das ist eigentlich der Kernpunkt. Das ist kein Beschlussgremium im engeren Sinne, sondern es ist ein Gremium, mit dem wir Leute beteiligen wollen. Ich persönlich bin immer noch ein überzeugter Fürsprecher für Bürgerbeteiligung auf allen Ebenen; denn das ist, glaube ich, Ausdruck gelebter Demokratie.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zurück zur Landesentwicklungsstrategie, meine Damen und Herren, beziehungsweise zu den entsprechenden Vorarbeiten: Ich denke, dass es an der Zeit ist, diese in die Hand zu nehmen und zum Abschluss zu bringen. Wir sind eigentlich nicht mehr weit davon entfernt, einen Abschluss hinzubekommen. Ich bin davon überzeugt, dass die guten Ideen und Vorschläge in eine Strategie einfließen könnten, die Bestand über mehrere Wahlperioden haben kann. Andernfalls, wenn diese Art stiller Beerdigung weitergeführt wird, nährt das natürlich die Politikverdrossenheit, die in diesem Haus ansonsten in vielen Sonntagsreden immer beklagt wird.

Die Menschen damals in Husum und in vielen anderen Orten haben sich Zeit genommen und möchten eine Würdigung ihres Einsatzes erfahren. Sie haben das im Übrigen unabhängig von Parteipolitik gemacht. Das war keine Strategie der Landesregierung im engeren Sinne, dass es hieß, die nächsten 50 Jahre regiert nur eine Parteienkonstellation, sondern es war eine Idee unter Beteiligung aller gesellschaftlichen Gruppen, Parteipolitik wegzulassen und zu schauen, wie wir unser Land weiterentwickeln.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da haben sich viele Leute eine Rübe gemacht, und diese Leute werden jetzt vor den Kopf gestoßen. Deshalb noch einmal der Appell an Sie von der Jamaika-Koalition: Nehmen Sie sich ein Herz! Führen Sie dieses Projekt zu Ende, und dann haben wir parteiübergreifend eine richtig gute Grundlage, wie wir unser Land weiterentwickeln können. Ich glaube, das ist es durchaus wert. Das ist nicht nur ein

tolles Projekt gewesen, sondern das gibt es immer noch, und wir sollten es zu Ende führen. - Vielen Dank.

(Beifall SSW und SPD)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat die Abgeordnete Kirsten Eickhoff-Weber.