Protokoll der Sitzung vom 19.06.2019

Genau hier liegt das nächste Problem: Auch die Auftragsforschung sollte im geplanten Gesetz als förderfähig eingestuft werden. Hier halten wir den bisherigen Entwurf auf Bundesebene für nicht ausreichend. Danach werden nämlich neben der Eigenforschung lediglich Kooperationsprojekte mit Forschungseinrichtungen oder anderen Unternehmen unterstützt - aber nur sofern sie eigene Forschung betreiben. Auf diese Problematik haben die meisten meiner Vorredner und mehrere Verbände hingewiesen. Gerade KMU sind in der Regel auf externe Forschung angewiesen. Eine Beauftragung von Universitäten oder Forschungseinrichtungen ist jedoch nach der derzeitigen Planung des Bundesgesetzgebers nicht förderfähig.

Kosten für die Auftragsforschung sollten deshalb ebenfalls anrechenbar gemacht werden, damit auch die Zahl der forschenden Unternehmen in Deutschland nachhaltig wachsen kann.

Die AfD-Fraktion befürwortet deshalb die steuerliche Förderung der Auftragsforschung als Maßnahme zur Stärkung des Mittelstandes in SchleswigHolstein, denn der Mittelstand ist und bleibt das Fundament unserer gesamtwirtschaftlichen Ordnung und hat unsere Förderung verdient. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die globale Wirtschaft verändert sich rasend schnell, wie wir alle selbst miterleben. Der Wettbewerb der Wirtschafts- und Forschungsstandorte ist hart umkämpft und die Konkurrenz hochkarätig und ambitioniert. Ohne die Schlüsselinstrumente „Innovation und Investition“ werden wir aus dem aktuell stattfindenden Strukturwandel nicht als Gewinner hervorgehen - im Gegenteil: Unsere Wettbewerbsposition ist akut gefährdet.

Deutschland ist ein rohstoffarmes Land. Unsere wichtigsten Ressourcen sind und bleiben: Bildung,

Forschung und Entwicklung. Unsere Zukunft als wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort hängt daher nicht zuletzt entscheidend von dem Mut, dem Erfindergeist und der Investitionsbereitschaft der in Deutschland ansässigen Unternehmen ab.

(Beifall Kay Richert [FDP])

Ich denke hier insbesondere an den Mittelstand, an die Vielzahl von kleineren und mittelgroßen Unternehmen, die Hidden Champions und natürlich auch an die vielen Start-Ups. Diese Unternehmen bilden das Rückgrat der deutschen Wirtschaft und verdienen unser besonderes Augenmerk. Es ist daher umso wichtiger, so früh wie möglich das Signal auszusenden, dass Deutschland als Wirtschafts- und Forschungsstandort weiterhin attraktiv bleibt, indem die Rahmenbedingungen weiter verbessert werden.

(Beifall SSW und vereinzelt FDP)

Zu diesem Zwecke brauchen wir neben den bewährten auch neue Instrumente; und damit komme ich nun zum vorliegenden Antrag. All diese Überlegungen wird auch die Bundesregierung angestellt haben. Herausgekommen ist ein Gesetzentwurf, der noch nicht in Gänze ausgefeilt ist; an den Details sollte nun also nachjustiert werden.

Zu diesem Thema mag es zahlreiche Pro- und Contra-Studien geben, und ich kann und will nun nicht sämtliche Argumente rezitieren. Lassen Sie mich dennoch einige kritische Punkte aufgreifen.

Erstens. Die bisherige Handhabung, Projekte direkt zu fördern, hat sich bewährt und wird allgemein als ein effektives Instrument geschätzt. Brauchen wir daher diesen zusätzlichen zweiten Ansatz der steuerlichen Förderung, oder sollten wir nicht besser die Direktförderung weiter ausbauen?

Zweitens. Stichwort: Förderkontrolle. Es mag ja sein, dass die meisten anderen OECD-Länder eine steuerliche Forschungsförderung bereits praktizieren, doch diese ist nicht per se ein Garant für mehr Forschungsaktivität, Innovation und Wirtschaftswachstum. Geld kann hier auch einfach versickern.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sollte diese Art Förderung nun auch in Deutschland eingeführt werden, so sollte die im Formulierungsprozess verloren gegangene vorläufige Befristung des Gesetzes wieder aufgegriffen werden,

(Beifall SSW und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

um die Nachfrage nach diesen Fördermaßnahmen, aber auch die Wirksamkeit wirklich bewerten zu können. Ich glaube, wir sollten mit diesem Instrument wirklich sehr vorsichtig umgehen.

Drittens. Ohne den Unternehmen von vornherein Betrug unterstellen zu wollen, kann das potenzielle Risiko einer Umdeklarierung von Personalmitteln in Personalmittel für Forschung und Entwicklung doch nicht gänzlich ausgeschlossen werden; so kreativ sind Unternehmen.

(Beifall SSW und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ob einer der in diesem Zusammenhang notierten Lösungsvorschläge - die Einführung und Verwaltung einer umfassenden Förderdatenbank - aus ökonomischer und vor allen Dingen aus administrativer Sicht sinnvoll wäre, müsste - freundlich formuliert noch einmal geprüft werden. Es darf nicht sein, dass wir uns durch dieses Gesetz möglicherweise zu Tode verwalten.

Viertens. Über die in dem vorliegenden Antrag angeregte Korrektur in puncto Auftragsforschung können wir gern sprechen, denn grundsätzlich sollte ja der kluge Kopf hinter einer Innovation gefördert und belohnt werden, gleichgültig ob dieser nun in einer unternehmensinternen Forschungsabteilung sitzt oder als Auftragnehmer ohne eigenes Forschungslabor im Unternehmen beziehungsweise im Rahmen eines Kooperationsprojektes wichtige Impulse gesetzt hat. Das kann eigentlich egal sein. Dieser Ansatz im Antrag der Koalition ist genau richtig.

(Beifall Christopher Vogt [FDP])

Meine Damen und Herren, dies sind nur einige Beispiel für die Ungenauigkeit dieser Förderung, wie sie die Bundesregierung vorsieht.

Wir halten also fest: Die ausdrückliche Begrüßung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung tragen wir so nicht mit; da sind wir etwas kritischer. Über den Entwurf insgesamt, die Details der Ausgestaltung und daher auch über den vorliegenden Antrag der Jamaika-Koalition würden wir gern noch weiter im Ausschuss diskutieren, damit wir konkrete Vorschläge für die Gesetzesverbesserung machen können. Denn grundsätzlich ist die Intention hinter dem Entwurf und dem Antrag ja richtig. Die KMU und Start-ups sollen weiterhin ermutigt werden, sich aktiv und engagiert als Innovator hervorzutun, und Mittelstand und Spitzenforschung sollen noch näher zusammengebracht werden.

(Lars Harms)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Abgeordneten Christopher Vogt?

Aber herzlich gerne. Klar.

Lieber Kollege Harms, ich bin daran interessiert - - Da sich meines Wissens noch in diesem Monat der Bundesrat damit befassen wird, ist aus meiner Sicht eine Beschlussfassung am heutigen Tag sinnvoll. Wären die Abgeordneten des SSW für den Fall der Ablehnung einer Ausschussüberweisung in der Lage, dem denn zuzustimmen? So habe ich Ihre Rede jetzt verstanden. Also, Sie sind nicht hundertprozentig zufrieden, aber zu 85 %. Würden Sie dem Antrag heute zustimmen, wenn wir ihn in der Sache abstimmen würden.

- Lieber Kollege Vogt, ich kann Ihnen zumindest garantieren, dass der SSW immer zu jedem Tagesordnungspunkt abstimmungsbereit ist,

(Heiterkeit)

weil wir uns intensiv mit sämtlichen Punkten beschäftigen. Ob wir dem Ganzen zustimmen werden - ich finde, da sollten wir die Spannung noch ein wenig hochhalten. Mal gucken, was dann gleich passieren wird.

(Heiterkeit und Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Ich glaube aber, eines eint uns, meine Damen und Herren: Unsere Aufgabe in der Politik ist es, langfristige Perspektiven, Planungssicherheit und ein günstiges Investitionsklima zu schaffen, damit wir als Gesamtgesellschaft unsere ambitionierten Ziele erreichen und auf der globalen Wirtschaftsbühne weiterhin bestehen können. Das ist etwas, was uns wirklich eint. Insofern bin ich ganz froh, dass wir dieses wichtige Thema hier einmal diskutiert haben, und freue mich sowohl auf die Abstimmung darüber, ob wir es noch an den Ausschuss überweisen, als auch auf eine mögliche Schlussabstimmung dazu. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Professor Dr. Heiner Dunckel.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Noch zwei, drei Punkte zur Klarstellung. Wie Thomas Hölck schon gesagt hat, kann man sich zum Thema Auftragsforschung relativ gut an den Stellungnahmen der großen Forschungsverbände orientieren. Die Fraunhofer-Gesellschaft und die Max-PlanckGesellschaft haben zum Referentenentwurf der Bundesregierung schon Stellung genommen und haben den Punkt Auftragsforschung - insoweit kann man es in der Tat abschichten, Herr Vogt - auch entsprechend thematisiert. Wir unterstützen explizit diesen Teil. Wir sagen: Natürlich muss die Auftragsforschung gerade für die KMU möglich sein. Die Formulierung von Fraunhofer heißt in dem Fall, dass das auf der Ebene des Auftraggebers anrechenbar sein muss. Das ist die Formulierung von Fraunhofer. Das halten wir für sinnvoll.

Unser Stand war und ist, dass dieses im Diskussionsentwurf auch so schon berücksichtigt worden ist; zumindest unsere Bundestagsabgeordneten haben uns das signalisiert. Ich würde aber sagen: Wenn nicht, umso deutlicher ist es hier noch einmal zu thematisieren, dass wir diesen Punkt für sinnvoll halten. Erster Punkt.

Zur Größe muss man sagen: Da tue ich mich in der Tat ein bisschen schwer, ob 500 nun die angemessene Größe ist. Warum tue ich mich schwer? Weil Fraunhofer zum Beispiel 250 genannt hat. Das ist quasi die Größe, mit Fraunhofer überwiegend kooperiert. Für mich ist in der Tat das Problem: Was ist die richtige Zahl? Ist 250 für Schleswig-Holstein dann nicht besser?

(Zuruf Lukas Kilian [CDU])

- Bitte? Warten Sie es doch einmal ab. Ganz ruhig.

(Wortmeldung Christopher Vogt [FDP])

Herr Abgeordneter, gestatten Sie -

Ich will nur sagen, was für mich eigentlich der wichtigere Teil ist, den ich so in der Tat auch nirgendwo im Referentenentwurf finde. Eigentlich brauchen wir Qualitätskriterien. Es geht nämlich darum, gute Forschung zu fördern. Gute Forschung heißt zum Beispiel, dass wir Qualitätsstandards haben, dass wir die Innovationskraft eines Antrags bewerten. Da ist es mir völlig egal - das ist auch ein

bisschen die Intention dieses Referentenentwurfs -, ob das ein ganz kleines KMU oder ein größerer Betrieb ist. Das heißt, wir haben einen Wettbewerb von guten Anträgen, und der beste soll sich durchsetzen. Das ist der Punkt, der mir eigentlich wichtiger ist.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Abgeordneten Christopher Vogt?

Lieber Herr Kollege Dunckel, vielen Dank für die Klarstellung für die SPD-Fraktion. Also Auftragsforschung: Da sind wir uns einig. Bei der Mitarbeiterbegrenzung - das habe ich jetzt herausgehört - auch; die Frage ist nur wo genau. Den Kollegen Hölck hatte ich so verstanden, dass er die Begrenzung auf eine bestimmte Mitarbeiterzahl im Mittelstand für nicht sinnvoll erachtet. Teilen Sie meine Sorge, dass wir, wenn wir dem Kollegen Hölck folgen, mit schleswig-holsteinischem Steuergeld Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen subventionieren würden, also deren Industrie? Das ist der erste Punkt.

Und der zweite Punkt ist: Da Sie wie wir der Meinung sind, dass eine Mitarbeiterbegrenzung und Mittelstandsfokussierung sinnvoll sind: Stimmt die SPD unserem Antrag jetzt doch zu, oder haben Sie einen Änderungsantrag?

- Wir schichten das ab. Das eine ist die Auftragsforschung. Da, glaube ich, sind wir uns einig. Wie gesagt, die Formulierung von Fraunhofer halte ich für richtig. Beim Zweiten muss ich sagen - das ist ja das, dass die Bundesregierung, was von mir und auch von Thomas Hölck gesagt wurde, meint, keine Grenzen zu haben, weil es in der Tat eher darum geht, die Qualität von Anträgen zu bewerten. Da können Größere mit Kleineren in gleichem Maße entsprechend konkurrieren. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.