Mittlerweile hat die Bahn ihr Angebot ausgeweitet und zusätzlich den sogenannten Sylt Shuttle plus auf die Strecke gesetzt. Die Sinnhaftigkeit dieses Shuttles ist in meinen Augen äußerst fragwürdig. Es wurde schon gesagt, in der Region wird dieser Shuttle der Geisterzug genannt, denn Fahrgäste verirren sich kaum in diesen Zug. Hier hat die Bahn sich eines Kniffs bedient, um Konkurrenten von der eigentlichen Autozugstrecke fernzuhalten. Das ist der eigentliche Sinn dieses Konstrukts, nichts anderes. Ich glaube nicht, dass wir die Zuschläge für Strecken so vergeben sollten, dass die einen die anderen, die Konkurrenten sind, einfach so von der Strecke fernhalten können.
Mit diesem Sylt Shuttle plus ist definitiv keine Verbesserung eingetreten. Im Gegenteil, er erschwert den Betriebsfluss auf der Strecke. Der Kollege Tietze hat es schon gesagt: 600-m-lange Züge müssen
hin und her rangiert werden. Das ist nicht einfach, wenn noch einer mehr dort „herumtigert“. Unter der Rubrik „realer Irrsinn“ hat es der Sylt Shuttle plus deshalb bereits in das Satire-Magazin extra 3 vom NDR geschafft. Das ist gewiss keine glorreiche Auszeichnung für den Autozugverkehr der Bahn.
Unter dem Strich stellen wir fest, dass hier etwas geschehen muss. All das Hackehüh, das wir bisher miterleben durften und das letztendlich auf Kosten der Pendler und der Autozugreisenden geht, muss endlich aufhören. Wir reden nicht nur vom Autozugverkehr, der beeinträchtigt wird. Die Probleme breiten sich aus wie Ringe im Wasser und beeinträchtigen damit auch die Schienenverkehre auf anderen Strecken in Schleswig-Holstein.
Daher unterstützen wir den Prüfauftrag der Koalition, wie es aus Sicht der Landesregierung gelingen kann, den Autozugverkehr mit dem Personennahverkehr in Einklang zu bringen. Darauf muss es ankommen, meine Damen und Herren. Hierbei ist aus unserer Sicht insbesondere die rechtliche Bewertung der Landesregierung in Bezug auf den § 2 Absatz 12 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes zu beurteilen.
Wir können politisch hier im Landeshaus feststellen, dass nach unserer Auffassung der Autozug aufgrund der Reisezeit und der Reiseweite als Nahverkehr einzustufen ist. Ob das jedoch in einem juristischen Verfahren auch so gesehen wird, sei dahingestellt. Aber ich halte die juristische Einschätzung dieser Frage für richtig und wichtig, denn wir können davon ausgehen, dass die Deutsche Bahn dieses Filetstück nicht einfach aus der Hand geben wird, wenn das Streckennetz West 2025 wieder ausgeschrieben werden soll.
Deshalb macht eine Klarstellung unserer hoffentlich gemeinsamen juristischen Einschätzung durchaus noch einmal Sinn. Bei Rechtsgutachten ist es ja nicht nur so, dass man sagt: Bitte prüft das einmal! Vor allen Dingen sollte man bei der Prüfung so vorgehen, dass man sagt: Bitte prüft es so, dass es uns ermöglicht wird, diese Strecke auch ausschreiben zu können, wobei dann möglicherweise auch juristische Ratschläge über diesen Paragrafen hinaus nötig sein werden. Ich glaube, wenn wir die bekommen, dann können wir gemeinsam handeln, denn es muss unser gemeinsames Interesse sein, auf dieser Bahnstrecke wieder vernünftige Verhältnisse herzustellen. - Vielen Dank.
Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Dr. Bernd Buchholz.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Situation auf der Marschbahn hat uns hier in der Tat mehrfach beschäftigt. Sie ist nach wie vor unbefriedigend für die Pendlerinnen und Pendler. Aber auch für viele Gäste, die als Touristen zu uns ins Land kommen, ist sie eine Zumutung, auch wenn wir schon einiges erreicht haben. Die Ursachen für die schlechte Situation auf der Strecke sind aber sehr vielfältig.
Zum einen ist da die marode Infrastruktur, die über Jahre hinweg liegengelassen worden ist. Sie haben zu Recht gesagt, 160 Millionen € werden jetzt investiert. Diese Maßnahme ist auf unseren Druck hin in den letzten zwei Jahren vorgezogen und zusammengefasst worden. Dies führt jetzt natürlich auch dazu, dass die Baustellensituation erst einmal wieder überwunden werden muss. Das führt wiederum zu Belastungen der Pendler.
Gerade heute nehme ich zur Kenntnis, dass ein großer Arbeitgeber auf der Insel Sylt sagt: Ich schließe mein Geschäft im Interesse meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Stunde früher, damit sie in den nächsten Wochen wegen der Bauarbeiten mit dem frühen Zug noch aufs Festland kommen. Auch die Unternehmerinnen und Unternehmer sind bereit, im Interesse ihrer Mitarbeiter hier mitzuwirken. Ich finde es gut, dass sie das tun, aber das ist eine Einschränkung, die wir eigentlich nicht zulassen sollten.
Weiter haben wir es damit zu tun, dass die DB Regio auf der Strecke immer noch nicht alles in den Griff bekommt, was man in den Griff bekommen müsste. Auch heute gab es ein klassisches Beispiel dafür. Wir sind den ganzen Tag über statt mit acht Waggons nur mit vier Waggons und statt mit sechs Waggons nur mit drei Waggons unterwegs. Das Wagenmaterial wird nicht zur Verfügung gestellt. Das hat nichts mit Verstopfung oder Ähnlichem zu tun.
Wir haben als weitere Ursache den Personalmangel bei Lokführern. Auch das ist ein DB-Regio-Problem. Parallel dazu haben wir in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass die Bahnsteige verlängert worden sind, sodass man sie eigentlich mit 12 Waggons anfahren kann. Wir stellen jetzt aber fest, dass diese
12 Waggons im Normalbetrieb ganz oft nicht gestellt werden können und dass es deshalb Ausfälle gibt. All dies führt zu dieser wirklich schwierigen Situation - die Ursachen sind vielfältig.
Eine der Ursachen ist aber auch, dass an den Autozug ein oder zwei „freundliche“ Waggons angehängt werden. Das wird Shuttle plus genannt. Es ist bereits mehrfach gesagt worden: Das ist ein Geisterzug, in dem niemand sitzt, bis auf die Ausnahme, wenn tatsächlich ein anderer Zug ausfällt und die Pendler diesen Zug nutzen können. Auch das soll es einmal gegeben haben. In Wahrheit aber sorgt dieser Zug im Wesentlich dafür, dass Rangierarbeiten stattfinden und dass die Strecke zusätzlich verstopft wird. Das ist ein Unsinn.
Es ist richtig und gut, darüber nachzudenken, ob man dies tatsächlich zulassen muss. Es ist hier ganz richtig beschrieben worden: DB Sylt Shuttle hat einen Trick benutzt, um einem Konkurrenten eine weitere Trasse zu nehmen, und zwar schlicht und ergreifend durch die Ankopplung dieser beiden Waggons. Die Verlängerung der damit zu fahrenden Strecke hat man übrigens ausgenutzt. Man ist nicht in den Fernverkehr gerutscht, sondern man hat dadurch höhere Trassenentgelte erzeugt. Eine längere Strecke mit dem Zug, auf der der Zug über Niebüll hinausfährt, führt zu höheren Trassenentgelten. Das führt bei der Vergabe nach dem eigenwirtschaftlichen System dazu, dass die DB Netz und damit die Bundesnetzagentur zu beachten hat: Wer die höheren Trassenentgelte bezahlt, muss mehr Zuschläge bekommen. So bekam RDC nicht mehr zwei Trassen zugewiesen, sondern nur eine. Die DB Sylt Shuttle AG erhielt drei. Andersherum wäre das wahrscheinlich 2:2 ausgegangen.
Meine Damen und Herren, diese Situation sollte uns in der Tat dazu veranlassen, als Erstes einmal zu gucken, ob diese Form von Umgehung, ein stückweit ein Missbrauch einer eigentlich gedachten gesetzlichen Regelung, nicht unterbunden werden kann. In der Tat ist dies 2016 schon einmal versucht worden. Ich finde, es ist den Schweiß der Edlen wert, darüber auch unter rechtlichen Gesichtspunkten noch einmal nachzudenken, weil das einfach der Strecke nutzen kann.
In der Frage, ob das gleich dazu führen muss, dass die komplette Integration der Strecke in den Nahverkehr ein Ziel sein kann und muss, bin ich bei dem Kollegen Vogel. Ich warne aber davor, zu glauben, dass wir an dieser Stelle rasend erfolgreich
sein werden. Aber wir werden das rechtlich prüfen müssen. Ich will es eingestehen: Es gibt natürlich Interessen auf der anderen Seite, die es nicht einfach machen, tatsächlich dahin zu kommen.
Meine Damen und Herren, auch das muss man sagen: Wenn man dann nachher sechs Züge auf dieser Strecke - und im Fernverkehr vielleicht noch weitere Züge - fahren lassen will, dann würden auch wir, wenn wir die Strecken vergeben, dafür sorgen müssen, dass die touristische Destination Sylt auch tatsächlich so oft wie möglich und mit vielen Autozügen bedient werden kann, und zwar mit so viel Nahverkehr wie notwendig und möglich. Das ändert sich ja nicht. Das heißt im Ergebnis: Wir prüfen das gern und sollten uns im Ausschuss darüber unterhalten.
Eine echte Befriedung der Situation wird aber nur dann möglich sein, wenn wir den komplett zweigleisigen Ausbau der Strecke hinbekommen. Deshalb geht nochmals mein Appell an den Bund, den Planungsauftrag loszutreten; wir planen an dieser Stelle ja vor. Ich appelliere aber auch an die Sylterinnen und Sylter, im Zuge der Herstellung der Zweigleisigkeit der gesamten Strecke zwischen Westerland und Niebüll darüber nachzudenken, ob die Situation auf Sylt tatsächlich so bleiben kann, wie sie ist. In einer Machbarkeitsstudie sollte erörtert werden, ob die Autoverladestation nicht doch verlagert werden müsste. Das wäre aus meiner Sicht auch von den Sylterinnen und Syltern selbst zu unterstützen. Sonst kämen wir in die Situation, dass wir trotz jahrelanger Planfeststellungsverfahren das Problem der Eingleisigkeit nicht vollständig gelöst hätten; denn nur die Strecke Niebüll-Klanxbüll wäre ausgebaut.
Alle Beteiligten sollten neu denken und gegebenenfalls Althergebrachtes ausblenden. Wenn alle sich für eine gute Lösung der problematischen Situation einsetzen, dann kommen wir tatsächlich ein gutes Stück weiter. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/1536 dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe, das ist einstimmig so beschlossen. Vielen Dank.
Für die Berichterstattung zu b) erteile ich zunächst dem Herrn Berichterstatter des Umwelt- und Agrarausschusses, dem Abgeordneten Oliver Kumbartzky, das Wort.
Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Kirsten Eickhoff-Weber.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Laut dem Anfang August 2019 vorgelegten Sonderbericht des Weltklimarats ist die Landwirtschaft für 23 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich.
Das sind alarmierende Zahlen. Die apokalyptischen Waldbrände in Brasilien, diese verheerende Brandrodung, ist an sich schon eine Katastrophe; aber sie dient auch dazu, noch mehr Flächen für Rinderherden und genmanipuliertes Soja, das dann als billiges Tierfutter in den Trögen unserer Landwirtschaft landet, zu schaffen. Ein Ausstieg daraus kann nur gelingen, wenn wir jetzt konsequent handeln. Die Politik und damit auch die Regierungen müssen dafür im Land, im Bund und in Europa endlich die Rahmenbedingungen schaffen.
Im März 2015 hat der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft das Gutachten „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“ vorgelegt. Meine Damen und Herren, dort steht alles drin!
Zielführend ist nur ein Paket aus Maßnahmen. Daher fordern wir ein staatliches Tierwohllabel. Die sich daraus ergebenden Anforderungen müssen in der nationalen Nutztierstrategie verankert werden. Die Zeit für freiwillige Vereinbarungen, wie die Bundeslandwirtschaftsministerin sie aktuell mit ihrem freiwilligen Schweinelabel plant, sind definitiv vorbei.