Protokoll der Sitzung vom 29.08.2019

gegebenenfalls aus? - Da bin ich mir nicht sicher, ob das so richtig klug ist.

Sie haben ja bereits angeregt, dass es Sinn macht, das noch einmal im Wirtschaftsausschuss zu vertiefen. Dem können wir uns gern anschließen. Ich habe nicht so ganz verstanden, warum eigentlich nicht die Möglichkeit genutzt wurde, im Ministerium juristisch prüfen zu lassen, ob dieses möglich ist. Normalerweise wären das Dinge gewesen, bei denen ich in meinem Verhältnis, das ich früher zu den Ministern pflegte - und auch im jetzigen Verhältnis, wenn wir auch mitunter hier und da Scharmützel austragen -, gebeten hätte, so etwas einmal juristisch im Ministerium prüfen zu lassen. Dafür hätten wir nicht einen Antrag behandeln und auf diese Art und Weise zur Freude aller anderen uns 35 Minuten damit beschäftigen müssen. Sei es drum: Wir stimmen der Überweisung des Antrages natürlich gern zu. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Kay Richert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Schon häufig haben wir uns über Mobilität unterhalten. Mobilität ist ein großes Thema, weil es ein Ausdruck persönlicher Freiheit ist. Es ist ein Grundbedürfnis unserer modernen Gesellschaft. Keiner von uns kann sich so richtig vorstellen, nicht mehr zu reisen oder andere Städte besuchen zu können. Das gehört zu unserem Lebensgefühl.

Auch wenn sich die Art der Fortbewegung vor allem im Ballungsraum verändert hat: Der Wunsch nach Reisen ist nach wie vor stark. Viele Menschen arbeiten nicht mehr in ihrem direkten Wohnumfeld, sondern pendeln oft über beachtliche Entfernungen. Das ist auch in diesem Fall so. Diese Fahrten - in den Urlaub, zum Shoppen oder einfach nur, um Freunde und Verwandte zu besuchen - so sicher und komfortabel wie möglich zu machen und gleichzeitig die negativen Effekte auf die gesunde Umwelt so klein wie möglich zu halten, ist ein zentrales Ziel dieser Jamaika-Koalition.

Für uns von der FDP ist dabei die Bahn ein wichtiges Verkehrsmittel, denn je voller die Straßen werden, desto mehr wird das Pendeln mit der Bahn zur attraktiven Alternative. Wir von Jamaika tun viel dafür, die Bahn attraktiv zu machen, denn wir drän

(Kai Vogel)

gen zum Beispiel auf den Ausbau von Bahnstrecken. Das betrifft auch genau diesen Abschnitt. Wir gehen da auch schon einmal planerisch in Vorleistung - das betrifft auch diesen Abschnitt. Wir kümmern uns um die Erhöhung von Kapazitäten und klemmen uns dahinter, dass die Bahn pünktlicher und zuverlässiger wird. Wir sind beständig dabei zu prüfen, ob das Angebot für die Menschen in unserem Bundesland noch besser werden kann.

Eine zweifellos besondere Position in unserer Schienenlandschaft nimmt dabei die Marschbahn ein. Sie ist in erster Linie bekannt geworden durch Verspätungen oder ganze Zugausfälle, Probleme mit Kupplungen, Verständigungsprobleme der Bord-IT, Motorenausfälle, Rollkur, Langsamfahrabschnitte und so weiter. Es gibt aber noch eine Besonderheit: Der Abschnitt Niebüll-Westerland ist einer der profitabelsten Abschnitte in der deutschen Schienenlandschaft, denn hier verkehren die Autozüge nach Sylt. Lange Zeit gab es hier nur einen Anbieter, der es sich gern so profitabel erhalten hätte. Mittlerweile gibt es aber auf diesem Abschnitt Konkurrenz durch andere Eisenbahnverkehrsunternehmen, die auch gern ein Stück vom Kuchen abhaben wollen. Da hat der bisherige Anbieter jetzt zu einem Trick gegriffen.

Es gilt nämlich der Grundsatz, dass bei vollen Trassen im Personennahverkehr Personenfernverkehr Vorrang vor Personennahverkehr hat und dass eigenwirtschaftliche Angebote Vorrang vor gemeinwirtschaftlichen Angeboten haben. Also hat die Deutsche Bahn Züge eingesetzt, die sie als Fernzüge bezeichnet und eigenwirtschaftlich betreibt, um die Gleise - das muss man einmal ganz deutlich so sagen - für die Konkurrenz zuzumachen.

Also hat die Deutsche Bahn Züge eingesetzt, die sie als Fernzüge bezeichnet und die sie eigenwirtschaftlich betreibt, um die Gleise für die Konkurrenz zuzumachen. Herr Kollege Vogel, da sehe ich tatsächlich ein Problem, und ich halte die Redezeit von 35 Minuten für diesen Tagesordnungspunkt für durchaus angemessen.

Erfüllen diese Züge überhaupt die Kriterien? Ein Fernzug ist ein Zug - Sie haben die Legaldefinition angesprochen -, der eine Reiseweite von mehr als 50 km hat und eine Reisezeit von über einer Stunde. Ist das hier so? Ich denke eher nein, aber das werden wir ja noch näher betrachten. Wir wollen die Betriebssituation vor Ort verbessern, und dazu müssen der Autozugverkehr und der Personennahverkehr harmonisiert werden, damit sie beide auf die Schiene raufpassen.

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Möglicherweise können wir das am besten, wenn wir über den landesweiten Nahverkehrsplan direkten Einfluss auf die Trassenvergabe nehmen. Vielleicht geht es aber auch anders. Der Weg ist mir auch gar nicht so wichtig, Hauptsache, wir erreichen unser Ziel, dass wir die Angebote verbessern.

(Beifall FDP und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Mir als Liberalem fällt es nicht leicht, über eine Einstufung als Personennahverkehr zu sprechen. Worüber sprechen wir denn da? Wir sprechen de facto über die Abkehr vom eigenwirtschaftlichen hin zum gemeinwirtschaftlichen Verkehr auf diesem Streckenabschnitt. Subsidiarität ist für uns ein hohes Gut. Unser oberstes Ziel ist es allerdings, für die Menschen in diesem Land die bestmögliche Mobilität zu gewährleisten. Dieses Ziel hat für uns oberste Priorität.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, Mobilität ist persönliche Freiheit, und wir alle wollen den Menschen den Traum von der Mobilität erhalten, dabei die Umweltbeeinträchtigungen so gering wie möglich halten und den Bahnverkehr für Bürgerinnen und Bürger so sicher und komfortabel wie möglich machen. Wir wollen den Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern attraktive und sichere Mobilität ermöglichen. Dazu werden wir jeden gangbaren Weg prüfen. Das machen wir auch gern im Ausschuss; auch ich beantrage Ausschussüberweisung. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Lukas Kilian das Wort.

Sehr geehrter Landtagspräsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir heute auch eine etwas ruhigere verkehrspolitische Debatte führen. Ich bin erstaunt, dass der Vertreter der SPDFraktion diesen Antrag ein wenig infrage stellt. Inhalt des Antrags ist ja nicht nur, dass wir eine juristische Überprüfung anstellen, sondern auch, dass wir die Landesregierung bitten zu hinterfragen, wie wir Autozugverkehr und Personennahverkehr har

(Kay Richert)

monisieren können. Es geht zum einen um eine juristische Prüfung und zum anderen um eine tatsächliche Prüfung, wie man eine Harmonisierung zwischen Nahverkehr und Autozugverkehr hinbekommen kann.

Ich kann mich im Wesentlichen den Vorrednern anschließen: Die Deutsche Bahn hat es durch einen Taschenspielertrick geschafft, mit dem Sylt Shuttle plus den Autozugverkehr rechtlich anders bewerten zu lassen. Das muss man einmal hinterfragen. Gerade in Zeiten des Klimawandels, in denen wir darüber sprechen, wie wir Emissionen an jeder Ecke einsparen können, in denen wir über Dieselfahrverbote sprechen und in denen wir versuchen, eine Vielzahl von Maßnahmen zu ergreifen, um CO2Ausstoß zu vermeiden, und unsere Bahnstrecken elektrifizieren, täglich mehrfach einen Zug fahren zu lassen, in dem maximal zwei Personen sitzen

(Lars Harms [SSW]: Der Lokführer und der Schaffner!)

- im Durchschnitt sitzen zwei Fahrgäste in dem Zug -, ist an Absurdität nicht zu überbieten. Da muss man der Deutschen Bahn sagen: Vorsicht an der Bahnsteigkante! Wir prüfen das, wir schauen uns jetzt an, ob es sinnvoll ist, was dort passiert.

Wenn man sich den Sylt Shuttle plus im Internet einmal genauer anguckt, sieht man, dass die Bahn selbst mit leeren Zügen wirbt. Der NDR hat in einem Extra-3-Beitrag sehr schön dargestellt, wie sich die Thematik aufgliedert. Deswegen steht es uns gut an, dieses Thema hier zu diskutieren, den Finger in die Wunde zu legen und zu fragen: Braucht es den Sylt Shuttle plus in der Form, gibt es andere Möglichkeiten, den Autozugverkehr mit dem Personennahverkehr zu harmonisieren? Auch eine rechtliche Überprüfung ist da sicher angebracht. Wir werden sehen, was dabei herauskommt.

Das ist nicht eine Entscheidung, die der Landtag mit einem Fingerschnipp treffen kann. Deswegen finde ich es gut, dass wir das im Wirtschafts- und Verkehrsausschuss diskutieren werden. Wir brauchen da eine breite Beteiligung, wir brauchen aber auch Akzeptanz in der Region. Akzeptanz für einen Zug, der ohne Fahrgäste durchs Land geistert, einen Geisterzug, gibt es nicht. Die kann man nicht erwarten, und die können wir auch nicht herstellen, indem wir so tun, als ob es das Richtige wäre, was in unserem Land passiert. Im Gegenteil, wir haben die Verantwortung, darauf zu schauen. Wenn mit Tricks am Markt agiert wird, müssen wir als Ge

setzgeber und als Verantwortliche für unsere Bürger schauen, wie wir dagegen vorgehen können.

Deswegen haben wir den Antrag gestellt. Der Antrag beinhaltet deutlich mehr als eine rechtliche Überprüfung. Die Probleme auf der Strecke bestehen weiter, und die Probleme sollten im Landtag regelmäßig thematisiert werden, damit die Menschen in der Region wissen, dass wir sie nicht im Stich lassen, sondern uns aktiv darum bemühen, in jedwede Richtung zu denken, um die Probleme auf der Marschbahn und bei der Anbindung der Insel Sylt zu beheben. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Wieder einmal beschäftigt sich dieses Parlament mit dem Zugverkehr nach Sylt - ein Thema, das leider auch mit dem vorliegenden Antrag nicht aus der öffentlichen Diskussion verschwinden wird. Gerade in jüngster Zeit sind auf der Marschbahn wieder Zugausfälle und weitere Ärgernisse, zum Beispiel defekte Klimaanlagen, zu beklagen. Es ist völlig inakzeptabel, dass der DB-Vorstand dies damit zu entschuldigen versucht, dass es draußen gerade so heiß ist.

Die Investitionsmaßnahmen der Deutschen Bahn auf der Marschbahnstrecke nach Sylt mit einer geplanten Grundsanierung bis zum Jahr 2022 ändern nichts daran, dass der laufende Bahnbetrieb auf dieser wichtigen Strecke nach wie vor gravierende Mängel aufweist. Die Ausrede des Bahnvorstands, wonach sich der Zugverkehr von und nach Sylt angeblich stabilisiert habe, können uns kaum beruhigen.

Der von den regierungstragenden Fraktionen vorgelegte Antrag ist zwar von der Feststellung her zutreffend, bringt aber in der Sache nichts Neues; Herr Vogel hat darauf schon hingewiesen.

(Unruhe)

Natürlich muss die Betriebssituation auf der Strecke Niebüll-Westerland grundlegend verbessert werden, da sie die Zuverlässigkeit des Schienenverkehrs auf der gesamten Marschbahn beeinflusst. Wer will ernsthaft bestreiten, dass eine qualitativ

(Lukas Kilian)

hochwertige Schienenanbindung für Sylt essenziell ist?

Das alles sind Selbstverständlichkeiten. Es schadet nichts, wenn wir es heute noch einmal betonen, in trauter Eintracht, aber konkret nützt es niemandem.

Die Kritik am Sylt Shuttle plus ist berechtigt. Seit seinem Start im Jahr 2015 sorgt dieser Geisterzug für heftige Ablehnung - aus gutem Grund. Das Fahrgastaufkommen ist niedrig, durch das An- und Abkoppeln an den Autozug dauern die Fahrten unverhältnismäßig lange, und die Fahrkarten des Schleswig-Holstein-Tarifs haben keine Gültigkeit. Dadurch liegen die Preise meistens sogar über dem Tarif der Regionalbahn. Oft wurde deshalb bereits der Vorwurf erhoben, die Bahn habe mit dem Sylt Shuttle plus lediglich versucht, einen Konkurrenten zu blockieren. Kritik an dieser Strategie ist daher durchaus berechtigt.

Herr Kollege Dr. Tietze, gegen Gewinnstreben per se ist nichts einzuwenden, sofern der erwirtschaftete Gewinn für Innovationen wieder in den Betrieb gesteckt wird. Das ist sinnvoll. Davon ist beim Zustand der Fahrzeuge der DB aber nicht viel zu merken.

Was nicht geht, ist, dass die Bahn ihre Monopolstellung auf dieser Strecke zum Nachteil der Kunden ausnutzt. Der Zustand, den wir jetzt vorfinden, ist unbefriedigend. Deswegen sollten wir im Wirtschaftsausschuss nach Lösungen suchen, auch rechtlicher Art. Wir unterstützen den Antrag und wünschen uns, dass die Nennung der Insel Sylt demnächst wieder positive Assoziationen auslöst, auch in diesem Haus. - Danke.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Marschbahn hat es in den letzten Jahren immer wieder geschafft, im negativen Sinne für Aufsehen zu sorgen. Die Probleme sind hinlänglich bekannt und erschöpfend diskutiert. Die Leidtragenden dieser Misere waren und sind insbesondere die Pendler. Mittlerweile hat die DB Netz bekannt gegeben, dass sie in die Infrastruktur auf der Strecke insgesamt 160 Millionen € investieren will, und natürlich haben auch wir diese Maßnahme begrüßt.

Dabei möchte ich aber deutlich sagen, dass eine solche Investition mittlerweile dringend notwendig ist. Die Marschbahn ist den Anforderungen der heutigen Zeit nicht mehr gewachsen. Dies gilt so auch für den Abschnitt des Autozugverkehrs nach Sylt. Auch hier haben wir es mit erheblichen Problemen zu tun. Die Verkehrsbelastung und die stetig gewachsene Zahl an Fahrzeugen bringen die bisherigen Kapazitäten an ihre Grenzen.

Der Autozug ist ein einträgliches Geschäft. Umgerechnet auf die Kilometer dort dürfte es möglicherweise das ertragreichste Geschäft der Bahn in der gesamten Republik sein. Genaue Zahlen liegen uns nicht vor, aber wir reden hier über Einnahmen im höheren zweistelligen Millionenbereich. Das heißt, die Bahn hat dort über Jahre hinweg sehr gutes Geld verdient. Dagegen ist nichts einzuwenden, aber sie hat auch über Jahre nichts getan, um die Strecke wirklich zu ertüchtigen.

Dass eine solch rentable Strecke für Begehrlichkeiten sorgt, hat dazu geführt, dass es mittlerweile einen zweiten Anbieter auf der Strecke gibt. Wir erinnern uns an den holprigen Beginn, als RDC dazukam. Die von allen erwarteten Preissenkungen sind leider nicht so eingetroffen, wie man es erwartet hat. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir hier diskutiert haben. Das sollte alles supergünstig werden, und die Konkurrenz sollte das Geschäft beleben. Im Nachhinein ist das klar, wenn man weiß, dass man nur auf dieser Strecke fahren kann und anders nicht auf die Insel kommt, außer vielleicht mit der Fähre von Røm aus. Man kann sich denken, dass die Bahn mit diesem Oligopol ganz gut arbeiten kann. Auch für zwei ist die Strecke immer noch eine Goldgrube.

Mittlerweile hat die Bahn ihr Angebot ausgeweitet und zusätzlich den sogenannten Sylt Shuttle plus auf die Strecke gesetzt. Die Sinnhaftigkeit dieses Shuttles ist in meinen Augen äußerst fragwürdig. Es wurde schon gesagt, in der Region wird dieser Shuttle der Geisterzug genannt, denn Fahrgäste verirren sich kaum in diesen Zug. Hier hat die Bahn sich eines Kniffs bedient, um Konkurrenten von der eigentlichen Autozugstrecke fernzuhalten. Das ist der eigentliche Sinn dieses Konstrukts, nichts anderes. Ich glaube nicht, dass wir die Zuschläge für Strecken so vergeben sollten, dass die einen die anderen, die Konkurrenten sind, einfach so von der Strecke fernhalten können.