Protokoll der Sitzung vom 13.11.2019

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich mir überlege, dass vor wenigen Wochen auf dem Pflegetag im Städtischen Klinikum in Kiel ein Arbeitszeitmodell vorgestellt wurde, das sich „3 + 3“ nannte - nach skandinavischem Modell -, und es uns gelungen ist - vielen Dank Monika Heinold -, innerhalb von wenigen Wochen, dass alle Fraktionen sich zu diesem Arbeitszeitmodell bekennen, möchte ich Ihnen sagen, warum das so wichtig ist: Wir haben in der Pflege in vielen Krankenhäusern die Situation, dass nicht verlässliche Arbeitszeiten dazu führen, dass immer mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Teilzeit arbeiten. Das ist verständlich, weil sie mit der Belastung nicht mehr klarkommen. Wenn wir es hinbekommen, im ambulanten Bereich auf „Buurtzorg“ zu schwenken - wie in den Niederlanden - und wenn wir es hinbekommen, im stationären Bereich mit Arbeitszeitmodellen zu arbeiten, wie sie in Skandinavien funktionieren, dann kann das die Zeitenwende für die Pflege sein. Ich finde es großartig, auch wenn es ein kleiner Baustein ist, dass dieser wichtige Baustein für die Pflege im Paket enthalten ist. Auch das ist ein Anlass zu großer Freude am heutigen Tag.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, FDP, SSW und Doris Fürstin von Sayn- Wittgenstein [fraktionslos])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wage mich an die Situation heran und sage noch einmal ganz deutlich allen Beteiligten, die hieran gearbeitet haben - das waren in den letzten Wochen und Monaten lange Tage, lange Sitzungen für die Gesundheitspolitikerinnen und -politiker und Finanzpolitikerinnen und -politiker, aber insbesondere unsere Bildungs- und Wissenschaftsministerin Karin Prien, ihren Staatssekretär Oliver Grundei, den Gesundheitsminister Dr. Heiner Garg und seinen Staatssekretär Matthias Badenhop, unsere Finanzministerin Monika Heinold und unseren Staatssekretär Udo Philipp und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter -: Vielen Dank für diesen großartigen Einsatz! Der Zukunftspakt ist ein großartiges Signal für Schleswig-Holstein. Das war tolle Arbeit! Vielen Dank an alle Beteiligten!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, FDP, SSW und Doris Fürstin von Sayn- Wittgenstein [fraktionslos])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten aber auch die Gelegenheit nutzen und noch einmal darauf hinweisen - der Kollege Koch hat es gerade mit vielen Zahlen gemacht, das möchte ich gar nicht wiederholen -, was das bedeutet, was dort jeden Tag geleistet wird. Wir haben viel schwierigere Ausgangsbedingungen in Schleswig-Holstein, ganz anders - das hat auch der Kollege Stegner gesagt - als in Rheinland-Pfalz. Das heißt, seit Jahren ist ganz hoher Druck im Kessel im UKSH. Deshalb ist dieser eine Baustein auch ein ganz wichtiger, damit in Schleswig-Holstein jetzt nicht nur ein Rieseninvestitionsschub, ein Kraftakt wie ein finanzpolitischer Popeye aus den Schuhen kommt und diese neue Herausforderung schultert, die wir uns im Zukunftspakt vorgenommen haben, sondern es bedeutet auch, dass jedes Jahr mehr Geld zur Verfügung steht; für eine gute medizinische Versorgung und für Forschung und Wissenschaft ist auch gesorgt. Wir haben damit - mit dem Zukunftspakt für das UKSH - einen Meilenstein für die Gesundheitsversorgung erreicht. Ich freue mich riesig. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, FDP und SSW)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende, der Abgeordnete Christopher Vogt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Solche Vereinbarungen wie die von gestern sind in der Tat selten. Angesichts der finanziellen Dimensionen können wir das auch nicht jeden Tag machen.

(Vereinzelte Heiterkeit CDU und SPD - Zu- ruf Ministerin Monika Heinold)

- Die Finanzministerin stimmt mir zu. - Ich danke der Landesregierung für das wirklich gute und stimmige Konzept, das in den letzten Wochen und Monaten erarbeitet wurde, insbesondere Monika Heinold, Heiner Garg, Karin Prien und ihren Teams. Das war sicherlich kein einfacher Job, aber es ist gelungen.

Es ist alles andere als selbstverständlich, dass wir solche Lösungen parteiübergreifend hinbekommen. Ich muss nicht der SPD und dem SSW ausdrücklich

(Dr. Marret Bohn)

danken, aber ich möchte ganz deutlich sagen: Ich bin froh darüber, dass es in solchen Zeiten möglich ist, solche Entscheidungen gemeinsam und in kürzerer Zeit hinzubekommen. Das ist in solchen Zeiten wie diesen schon fast ein Wert an sich. Ich bin glücklich darüber, weil das auch deutlich macht, dass das Konzept über die Legislaturperiode hinausgeht und durchträgt, denn die Opposition ist mit an Bord. Ralf Stegner hat es bereits gesagt: Das war auch in der Vergangenheit schon so, als wir das ÖPP-Modell im großen Konsens beschlossen haben. Die FDP-Fraktion - ich glaube, der damalige finanzpolitische Sprecher Dr. Heiner Garg war es hat in der letzten Legislaturperiode den Vorschlag unterbreitet, das UKSH um 100 Millionen € zu entlasten. Ich glaube, es waren drei Bedingungen. Eine der Bedingungen war, die Arbeitsbelastungen im Pflegebereich nicht weiter zu verschärfen. Insofern haben wir auch dazu gemeinsam im Ausschuss beraten und sind zu einer gemeinsamen Lösung gekommen. Auch das ist entsprechend eingeflossen.

(Beifall FDP, SPD und SSW)

Der Zukunftspakt ist in der Tat ein großer Wurf und eine gute Nachricht für die über 14.000 Beschäftigten. Das UKSH ist nicht irgendein Krankenhaus, es ist das Universitätsklinikum für unser Land, der einzige Maximalversorger, das zweitgrößte Universitätsklinikum in Deutschland nach der Charité. Es ist auch einer der größten Arbeitgeber im Land mit über 14.000 Beschäftigten, und es sind Hunderttausende Patienten - ich glaube, die meisten von uns waren schon in irgendeiner Form als Patient dort, haben Angehörige, die dort waren oder in Behandlung sind. Insofern ist es extrem wichtig für die gesamte Bevölkerung, dass das UKSH gut aufgestellt ist.

Ich sage es ganz deutlich: Es ist gestern für die Millionen Steuerzahler in Schleswig-Holstein ein guter Tag gewesen, denn damit gibt es am Ende die Planungssicherheit für die nächsten Jahre - endlich, muss man sagen. Die Menschen im UKSH - das ist am Ende das Wichtigste, Marret Bohn hat das gesagt - können jetzt beruhigt ihre Arbeit machen und sich um Forschung, Lehre und die Krankenversorgung kümmern, was schwer genug ist. Insofern ist es ein großer Wurf und eine gute Nachricht für alle Beteiligten.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Zur Wahrheit gehört natürlich auch: Für die Steuerzahler ist das Paket keine Kleinigkeit. Aber das Land hat Verantwortung für die beiden Standorte.

Ich sage es ganz deutlich, weil der Vergleich auch gestern kurz fiel: Das UKSH ist keine HSH Nordbank. Es ist auch eine große Landesbeteiligung, aber hier wird nicht durch Größenwahnsinn Geld verbrannt, sondern es wird in sehr sinnvolle Dinge investiert. Wir können auf dieses große und in vielen Bereichen äußerst erfolgreiche, mittlerweile auch moderne Klinikum stolz sein. Wir wollen ein hochmodernes Universitätsklinikum. Auch das ist parteiübergreifend deutlich geworden. Wir wollen hervorragende Krankenversorgung. Wir wollen Spitzenmedizin. Das kostet entsprechend Geld, das auch gut angelegt ist.

Von großer Bedeutung für die Patienten, für unsere älter werdende Gesellschaft, aber auch für den Wissenschaftsstandort Schleswig-Holstein ist - auch das sollte man nicht vergessen -, dass es kein normales Krankenhaus ist. Es ist auch wichtig für das Gesundheitsland Schleswig-Holstein; die Gesundheitswirtschaft spielt eine große Rolle für die Wirtschaft unseres Landes. Auch deshalb ist es wichtig.

Ein aus meiner Sicht wichtiger politischer Punkt ist, dass wir das jahrelange Pingpong-Spiel zwischen Land und Vorstand bezüglich der finanziellen Bedarfe beenden. Wir hatten diesen Brandbrief im Frühjahr, bei dem man schauen musste, was wirklich dran ist an den Zahlen, die dort über die Medien in die Öffentlichkeit gelangt sind. Jetzt sehen wir: Die neuen Gebäude in Kiel und Lübeck sind wichtige Meilensteine, aber - auch das ist deutlich geworden - sie sind nicht das gesamte UKSH.

Es gibt weitere große Investitionsbedarfe bei Gebäuden und bei der Ausstattung. Es gibt nach wie vor eine hohe Verschuldung. Jetzt wurde endlich für Klarheit gesorgt - auch vonseiten des Vorstandes. Es wurde alles auf den Tisch gelegt, und das Land hat geliefert. Jetzt, um auch das deutlich an diesem Tag zu sagen, liegt der Ball wieder beim Vorstand, weiterhin erfolgreich zu modernisieren und das Klinikum insgesamt noch wirtschaftlicher und attraktiver zu machen. Durch die Modernisierung, die das Land bezahlt, durch Zuschüsse, Investitionen und Entlastungen wird das Klinikum erfolgreich wirtschaften können, und es wird die ÖPP-Raten auch bezahlen können. Davon gehen wir nach der gestrigen Pressekonferenz ebenfalls aus. Das UKSH ist schon jetzt ein attraktiver Arbeitgeber und wird mit dem neuen Arbeitszeitmodell, das erprobt werden soll, noch mehr Flexibilität bieten können.

Es ist ein Modell, das erst einmal erprobt werden muss. Es ist sicherlich nicht für alle Beschäftigten interessant, aber für einige, die sagen: Es passt zu meinem Lebensmodell. Das Modell kostet Geld,

(Christopher Vogt)

um auch das deutlich zu sagen. Deswegen müssen wir gucken, wie es angenommen wird. Das ist auf jeden Fall ein interessanter Punkt, den wir dort vereinbart haben, und das wird die Attraktivität des UKSH als Arbeitgeber weiter steigern.

(Vereinzelter Beifall)

Land und Vorstand werden sich bis Mitte 2020/21 darauf verständigen, welche weiteren Baumaßnahmen umgesetzt werden sollen - das ist Schritt drei -, es geht um bis zu 300 Millionen €. Es geht trotz der hohen Summen aber nicht um Luxus oder irgendwelche Elfenbeintürme, sondern um moderne und zukunftsfähige Campusse. Marode Gebäude, Baracken, wie wir sie seit Jahrzehnten aus Lübeck kennen, und Sanierungsstau werden bald der Vergangenheit angehören, und hier wird für die nächsten Jahrzehnte gebaut werden. Es soll nicht wie in der Vergangenheit alles Mögliche in die Zukunft verschoben werden, Sanierungen sollen nicht weiter vertagt werden, sondern es soll ein Konzept sein, wo zukünftig richtig modernisiert und nicht alles nur auf die lange Bank geschoben wird.

Der Zukunftspakt sorgt für Klarheit, und böse Überraschungen, wie wir sie auch beim UKSH lange genug erlebt haben, werden der Vergangenheit angehören. Wir machen uns als Land ehrlich und kommen unserer Verantwortung bei den Gebäuden für Forschung und Lehre nach. Hier gibt es oft eine Vermischung, viele sehen nicht, dass das Klinikum zur Universität gehört und das Land die Verantwortung für Forschung und Lehre hat.

Das ÖPP läuft bis 2044; das ist ein gewaltiger Zeitraum. Bisher - mit der Fertigstellung der Gebäude ist der erste wichtige Schritt getan - ist es gut gelaufen, das bleibt hoffentlich so. Mein Eindruck ist, dass man dort gute Verträge abgeschlossen hat. Beim ÖPP-Finanzierungsmodell bekommt man nichts geschenkt, ganz im Gegenteil. Die Verträge müssen gut gemacht sein, für beide Beteiligten, damit das Modell langfristig trägt.

Die Landesregierung hat in dieser Wahlperiode den Aufsichtsrat gestärkt. Das war notwendig und wichtig, auch für die Kontrolle des Klinikums. Herr Dr. Stegner hat es schon angesprochen, auch die Bundesebene ist beim Thema Universitätsklinika gefragt. Die Benachteiligung Schleswig-Holsteins bei den Basisfallwerten geht überhaupt nicht. Da laufen über die Jahre hohe zweistellige Millionenbeträge auf, für die jetzt der Steuerzahler einspringen muss. Das ist nicht gerechtfertigt, das macht keinen Sinn.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir werden in den nächsten Jahren noch Diskussionen mit ver.di haben, die an verschiedenen Universitätsklinika schon Proteste durchgeführt haben; da wird es sicherlich interessante Gespräche geben. Ver.di soll sich selbstverständlich für die Interessen ihrer Mitglieder einsetzen, aber es handelt sich beim Universitätsklinikum um einen sensiblen Bereich, da muss man auch als Gewerkschaft sensibel vorgehen. Wir werden sehen, wie es laufen wird.

Am Ende steht für mich fest: Das UKSH steht für Innovation und Fortschritt. Viele Forscher gewinnen regelmäßig Auszeichnungen, bundesweit und international. Es ist zum Wohle von uns allen. Der Zukunftspakt dient allen Bürgerinnen und Bürgern in Schleswig-Holstein. Deswegen ist es ein guter Tag. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende, der Abgeordnete Jörg Nobis.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Es ist schon mehrfach gesagt worden: Das UKSH ist der Maximalversorger in Schleswig-Holstein. Mehr als jeder vierte stationäre Patient liegt im UKSH in Lübeck oder in Kiel. Bereits heute wird dort Medizin auf Spitzenniveau erbracht. Damit das so bleibt, ist der Zukunftspakt eine absolut richtige Weichenstellung.

Herr Vogt, ich kann es nur als Witz verstehen, dass Sie gerade gesagt haben: Wir haben als Politiker diesen tollen Zukunftspakt unterzeichnet, und morgen könnt ihr wieder alle ganz beruhigt eurer Arbeit nachgehen.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Was glauben Sie denn, was die Ärzte, das Pflegepersonal und die Schwestern die ganze Zeit machen? Wenn ein Arzt nach zwölf Stunden wieder in den OP gerufen wird, macht er sich Sorgen um die Altschulden des UKSH? Das ist doch so weit hergeholt! Die machen doch die ganze Zeit ihre Arbeit.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Christopher Vogt?

(Christopher Vogt)

Herr Nobis, Sie sollten vernünftig zuhören, was ich sage. Ich habe nicht gesagt, die hätten bisher nicht ihre Arbeit gemacht. Wenn Brandbriefe geschrieben werden, das UKSH mit gewaltigen Summen in den Medien ist und es große Unsicherheit gibt, ist das für die Beschäftigten immer ein Unsicherheitsfaktor. Das stört natürlich. Wenn es jetzt Planungssicherheit gibt und die Finanzierung gesichert wird, ist das für die Beschäftigten ein gutes Signal. Wer das nicht sieht, sondern in Abrede stellt, der hat ehrlich gesagt keine Ahnung.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

- Herr Vogt, ein Arzt, der nach zwölf Stunden Arbeit in den OP gerufen wird, macht sich keine Gedanken über die Altschulden oder darüber, ob sein Gehalt bezahlt wird, sondern der geht da rein, macht seine Arbeit und weiß, dass er auch morgen noch einen Job hat - ob im UKSH oder anderswo in Deutschland; Spitzenmediziner finden überall einen Job. Wenn sie den in Deutschland nicht bekommen, gehen sie nach Norwegen oder in die USA und verdienen da vielleicht noch mehr Geld. Es ist das Verdienst der rund 14.000 Beschäftigten, sie verdienen unsere Hochachtung und Anerkennung für ihre Arbeit in unserem maroden Gesundheitssystem,

(Beifall AfD)

der Pflegekräfte, die nicht nur schlecht bezahlt werden, sondern häufig auch unter Überlastung leiden.

Herr Abgeordneter Nobis, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Abgeordneten Christopher Vogt?

Selbstverständlich, gern.

Herr Nobis, dass die Unsicherheit Ärzte, die sechsstellige Beträge im Jahr verdienen, vielleicht weniger tangiert als die Tausende von Pflegekräften im UKSH, sollte vielleicht auch Ihnen einleuchten.

(Beifall, FDP, SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)