Protokoll der Sitzung vom 13.12.2019

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN - Zuruf Jette Waldinger-Thiering [SSW]: So ist es!)

Aus Sicht des SSW ist es daher sinnvoll, dass die SPD dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt hat. Dabei ist es besonders wichtig, die Frage zu stellen, wie und wann die ländlichen Räume angebunden werden. Natürlich ist das nicht einfach zu beantworten. Wir haben schon gehört, dass wesentliche Dinge ganz woanders entschieden werden, aber die Regierungen auf Landes- wie auf Bundesebene haben Einflussmöglichkeiten.

Wir erwarten, dass diese Möglichkeiten auch genutzt werden, zum Beispiel dadurch, dass man ganz konkret festschreibt, wie viele Menschen mit welchen Übertragungsgeschwindigkeiten versorgt werden müssen. Dann müssen Unternehmen im Zweifel eben auch dort Antennen aufstellen, wo es sich für sie sonst nicht rechnet.

So wichtig die Diskussion über die Einführung von 5G auch ist, sie fühlt sich gleichzeitig sehr theoretisch an. Wer im Land viel unterwegs ist, wird wissen, wovon ich rede. Das haben wir jetzt ja schon mehrmals gehört. Von einem flächendeckenden mobilen Internet kann in Schleswig-Holstein keine Rede sein. Auch geringere Übertragungsstandards sind längst nicht überall verfügbar. Wer unterwegs im Auto mal telefonieren will - mit Freisprechanlage, wohlgemerkt -, weiß, dass eine gute Verbindung eher die Ausnahme als die Regel ist. Ich weiß genau, dass ich, wenn ich auf der Autobahn nach Hause fahre, sieben Stellen habe, an denen die Verbindung richtig schlecht ist, und drei Stellen, an denen sie ganz abbricht. Wenn ich über Eckernförde fahre, sieht es nicht viel besser aus. Gerade wurde wieder über Hunderte Funklöcher im Land berichtet. Das zeigt doch klar und deutlich, dass nicht nur mit Blick auf 5G, sondern beim Mobilfunk insgesamt noch sehr viele Hausaufgaben gemacht werden müssen.

Das Ziel, flächendeckende und leistungsstarke 5GNetze aufzubauen, ist schön und gut. Aber vor dem Hintergrund unserer lückenhaften Versorgung sehen viele Menschen dieses Vorhaben zurzeit eher als Witz an. Bis heute sind längst nicht alle Schulen im Land ausreichend vernetzt, und bis heute leiden die Geschäfte von Firmen unter den unzureichenden Übertragungsraten. Das sind handfeste Probleme, die schon heute zu Wettbewerbsnachteilen führen.

(Volker Schnurrbusch)

Diese Dinge müssen dringend behoben werden. Der Verweis darauf, dass zum Beispiel unsere Westküste dünn besiedelt ist, trägt wirklich nicht; denn in einem Land wie Finnland erreicht 4G zum Beispiel 99,9 % der Menschen.

Aus Sicht des SSW kann es nicht angehen, dass es bei uns in Schleswig-Holstein noch immer Funklöcher gibt. Deshalb sagen wir: Ja, wir brauchen die schnelle Einführung des 5G-Standards. Aber wir sagen auch, dass wir uns gleichzeitig um den Ausbau bestehender Netze kümmern müssen, um Funklöcher zu beseitigen. Solange wir dies nicht gemacht haben, ist es auch schwer, Akzeptanz zu erhalten. - Jo tak.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Jörg Nobis.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist richtig, dass es derzeit keine Studien gibt, die irgendwie die Gefährlichkeit von 5G auf den menschlichen Körper belegen. Das haben Sie richtig gesagt. Da soll auch weiter geforscht werden. Als Ingenieur freue ich mich auf den Netzausbau und sehe viele Vorteile in diesem 5G-Netz.

Ich bin zwar kein Experte für Hochfrequenz, aber ich habe mal eben nachgeguckt, was das Bundesamt für Strahlenschutz denn dazu sagt. Das Bundesamt für Strahlenschutz rät in einem Statement in der Tat dazu - ich zitiere -, beim Ausbau des 5G-Netzes umsichtig vorzugehen. Es müsse untersucht werden, ob die Menschen einer höheren Strahlungsmenge ausgesetzt werden. - Das schreibt das Bundesamt für Strahlenschutz. Es sagt auch, derzeit ist es kein Problem, weil derzeit noch die normalen Mobilfunkfrequenzen genutzt werden, und zwar auch für den weiteren Erstausbau, für die ersten Stufen. Aber in einigen Jahren sollen Frequenzen dazukommen, die deutlich höher sind, hochfrequente elektromagnetische Felder, und das ist noch nicht in letzter Instanz erforscht.

Die Weltgesundheitsorganisation, genauer gesagt, die International Agency for Research on Cancer, stuft elektromagnetische Felder insgesamt als krebserregend ein. Es gibt diesbezüglich zwar keinerlei Beweise, aber es sagt mir vor allem eines: Es muss noch viel geforscht werden. Vielleicht sollte man das machen, bevor man das in einem großen

Experiment an der Bevölkerung testet. Ich sehe da noch weiteren Forschungs- und Klärungsbedarf, wenn selbst das Bundesamt für Strahlenschutz sagt: mit Gemach, vorsichtig, umsichtig. Ob es auch unterhalb der bereits gültigen, zulässigen Grenzwerte krebserregend ist, wird auch noch erforscht. Da gibt es in der Forschung derzeit noch keinen aktuellen Stand. Das wollte ich nur gesagt haben. - Danke.

(Beifall Claus Schaffer [AfD])

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Kai Dolgner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier natürlich wieder das klassische Problem: Man kann nicht die Nichtexistenz von etwas beweisen. Also, ich kann nicht beweisen, dass es keine rosa Drachen gibt. Trotzdem würde ich die Flugrouten danach ausrichten, dass es sie geben könnte.

(Beifall SPD und FDP - Christopher Vogt [FDP]: Sehr vernünftige Ansicht!)

Das ist ein beliebter Trick. Der ist aber eigentlich seit der altgriechischen Logik in einem Diskurs nicht akzeptabel, auch wenn man ihn immer wieder findet.

Kommen wir zum Thema Technik. Okay, mein Strahlenschützerschein ist inzwischen abgelaufen, zugegebenermaßen, weil ich hier bin. Aber so ein bisschen habe ich noch etwas mitgenommen, und das nicht nur für die Ingenieure hier im Haus.

Egal, ob elektromagnetische Strahlung gesundheitsschädlich ist oder nicht: Die epidemiologischen Studien weisen jedenfalls auf eine Gesundheitsschädlichkeit hin, die weit geringer ist als alles andere Mögliche. Mir ist einmal eine rauchende Handybenutzerin entgegengekommen, die mir etwas davon erzählt hat, dass ein Funkmast bei ihr Krebs verursachen würde. Ich habe einen Toxikologie-Kurs empfohlen und dann den sanften Hinweis gegeben, dass wir jedes Jahr zwar 40.000 bis 80.000 Tote durch Rauchen haben, aber dass man Schwierigkeiten hat, einen Toten durch Elektrosmog in der ganzen Welt nachzuweisen.

(Serpil Midyatli [SPD]: Also noch einmal auf Deutsch bitte! - Volker Schnurrbusch [AfD]: Das gilt auch für Kernkraftwerke!)

(Flemming Meyer)

- Ja, das gilt auch für Kernkraftwerke. Da sind die Probleme die Endlagerung und die grundsätzliche Toxizität. Darüber kann man sich sicherlich austauschen.

Kommen wir jetzt aber zum eigentlichen Problem zurück. Selbst wenn es eine Gesundheitsgefährdung gäbe - ich nehme das einmal an -: Wissen Sie, was wir dann machen müssten? - Wir müssten ganz viele Handymasten bauen. Warum? - Weil es bei der eigentlichen Gefährdung so ist - das sollten Sie als Ingenieur auch wissen -: Elektromagnetische Strahlung nimmt im Entfernungsquadrat ab. Das hier ist auch ein Sender.

(Dr. Kai Dolgner [SPD] hält sein Mobiltele- fon ans Ohr)

Das heißt, der Millimeter, der hier dran ist, verursacht eine um das Tausendfache stärkere Strahlung, auch wenn es nur 2 W sind, an Ihrem Ohr und an Ihrem Gehirn als ein Funkmast in 500 m Entfernung. Das Ding muss umso stärker funken, je weiter die Handymasten weg sind. Mit anderen Worten - um den Gedanken noch einmal zu Ende zu bringen -: Je größer die Distanz zum Mast ist, desto stärker muss das Ding hier funken. Bereits bei einem Abstand von 3 m haben Sie, selbst bei den stärksten Funkmasten, weniger Strahlung, als wenn Sie Ihr Handy 1 cm vom Kopf entfernt halten; manchmal halten Sie es gar nicht 1 cm weg. ProTipp: Wenn Sie Angst davor haben, benutzen Sie eine Freisprecheinrichtung.

Und noch ein Pro-Tipp: Die meisten Menschen, die durch Handynutzung sterben, sterben, weil sie im Auto keine Freisprecheinrichtung benutzen, und das ist eine reale Gefahr.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich kann es zwar nicht nachweisen, aber ich befürchte, sie sind am meisten deshalb abgelenkt, weil die Handyverbindung so schlecht ist. Das ist nämlich der Ablenkungsmaßstab, weil man tausend Mal nachfragen muss, wie das gemeint war.

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, selbst strahlenschutztechnisch ist ein Ausbau des Handynetzes dringend geboten, damit diese Dinger am Ohr nicht so strahlen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Herr Abgeordneter Dr. Dolgner, bei aller Qualität Ihrer wissenschaftlichen Ausführungen: Ihre Redezeit ist beendet.

Ich war schon fertig, Herr Präsident.

(Beifall im ganzen Haus)

Meine Damen und Herren, nunmehr hat sich Herr Minister Dr. Buchholz zu Wort gemeldet. Dazu bedarf es einer geschäftsordnungsmäßigen Bemerkung.

Nachdem, sehr geehrter Herr Dr. Buchholz, das ehemals vorhanden gewesene „jederzeitige“ Recht der Vertreter der Landesregierung, hier zu reden, aus der Verfassung gestrichen wurde, gibt es nur noch eine Möglichkeit, Ihnen das Wort zu erteilen ich hoffe, Herr Minister Garg überhört das -: Das ist die Regelung in § 52 Absatz 3 der Geschäftsordnung. In der Kommentierung dazu ist vom sogenannten interorganfreundlichen Verhalten des Landtagspräsidenten die Rede.

(Heiterkeit)

Ich werde mich jetzt so verhalten und erteile Ihnen das Wort.

(Beifall)

Herr Präsident! Ich bin Ihnen dafür außerordentlich dankbar.

Ich bin auch dem Kollegen Dolgner außerordentlich dankbar für seine Ausführungen; denn damit kann ich mir diese Erklärungen sparen. Herr Dr. Dolgner, Sie sind als Erklärbär für dieses Haus wirklich gut geeignet. Hut ab!

(Heiterkeit und Beifall)

Die Ausführungen Ihres Fraktionskollegen boten mir allerdings Anlass, mich noch einmal zu Wort zu melden. Sehr geehrter Herr Professor Dunckel, ich kann nicht stehen lassen, dass Sie meinem Haus vorwerfen, wir hätten Ihre Kleine Anfrage lapidar beantwortet. Das grenzt an Realsatire. Ich werde Ihnen auch sagen, warum.

Ihre Kleine Anfrage datiert auf den 17. Juni 2019. Sie fragen darin, wann welche Haushalte in Schles

(Dr. Kai Dolgner)

wig-Holstein mit dem Mobilfunkstandard 5G versorgt werden, welche Frequenzen in welchen Landesteilen geplant sind und wann der flächendeckende Ausbau der Versorgung erreicht wird. Drei Tage nach dem Zeitpunkt der Fragestellung hat die Bundesnetzagentur die Vergabe der Frequenzen abgeschlossen. Zu Ihren Fragen lagen uns damit damals keine Erkenntnisse vor. Ich bitte Sie daher, das Wort „lapidar“ für die Beschreibung unserer Antworten nicht zu benutzen.

Auch die Frage, wie der Tourismusminister das Wetter im Sommer des Jahres 2020 beurteilt, kann die Landesregierung im Dezember 2019 nicht beantworten. - Herzlichen Dank.

(Vereinzelt Beifall CDU und FDP)

Es gibt einen weiteren Beitrag vom Abgeordneten Dr. Dunckel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich kurzfassen. „Lapidar“ heißt „überraschend“, „kurz“ und „knapp“. Das ist die direkte Übersetzung. Diese finde ich nicht problematisch. Insofern war Ihre Bemerkung lapidar.