Ich bin mir sicher, Sie werden weniger Schaden als Mao anrichten, aber vermutlich genauso wenig Fortschritt wie das Känguru erzielen.
2019 war das Jahr der politischen Bildung. Wir schauen zurück: Zur Mitte des Jahres der politischen Bildung haben Sie eine Oberstufenreform ins Werk gesetzt, die den WiPo-Unterricht an unseren Schulen schwächt. Zum Ende des Jahres der politischen Bildung - als großes Finale - haben Sie gesagt: Na ja, vier Stunden WiPo -Wirtschaft und Politik - in der Sekundarstufe I sollen es dann schon sein. Vier Stunden - das ist uns immerhin zwei Drittel so wichtig wie Religion. - In Stunden ausgedrückt heißt das: vier Stunden für WiPo, sechs Stunden für Religion in der Sekundarstufe I.
Frau Präsidentin, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie meine Zeit nicht weiterlaufen lassen. Ich habe auch das Gefühl, sie steht irgendwie still, aber ich wäre bereit, mit fünf Minuten auszukommen.
2020 kommt nun das Jahr der Bildung für Nachhaltige Entwicklung. Ich habe die Sorge, dass Sie für 2021 schon das Jahr der Entrepreneurship Education im Auge haben, weil wir darüber am Freitag beraten werden.
Dabei hätte es in einem offenen Diskurs und konstruktiven Prozess durchaus Möglichkeiten gegeben. Ja, man hätte mit einem Jahr der politischen Bildung starten können, und daraus hätte sich
selbstverständlich - meinetwegen - ein Jahr der Bildung für Nachhaltige Entwicklung ergeben können; aber Sie machen das deklaratorisch von oben.
Sie sagen in Ihrem Antrag: Na ja, das passt ja irgendwie zu politischer Bildung, und deswegen kommt jetzt das nächste. - Man hätte das in einem diskursiv offenen Prozess aus den Schulen heraus entwickeln können. Man hätte die Fridays-for-Future-Bewegung konstruktiv aufgreifen können. Jetzt sieht es ein bisschen so aus, als wollten Sie einem etwas unsouveränen Verhalten im Jahr 2019 und einem unsouveränen Umgang mit diesen Fridays-forFuture-Aktionen ein Motto 2020 entgegenstellen.
Und ja, auch ein Blick auf die Zukunftsschulen in Schleswig-Holstein ist absolut sinnvoll. Aber dann müsste man auch einmal schauen, warum es eigentlich so schwierig ist, an manchen Schulen die Kontinuität, Zukunftsschule zu sein, sicherzustellen und die nächste Stufe zu erreichen. Außerdem müsste man fragen: Warum sieht es an der Westküste eigentlich mit den Zukunftsschulen so mau aus?
Wenn man so etwas neu gedacht hätte, hätte man sich auch überlegen können, ob man diesem BNE, Bildung für nachhaltige Entwicklung, nicht doch irgendwie einen neuen Glanz hätte verleihen können. Ehrlicherweise ist der Inhalt wahnsinnig wichtig, aber der Begriff ein wenig angestaubt. Möglicherweise wäre man da mit dem Klimaschutz ein bisschen weitergekommen.
Die Vermittlung der Inhalte, um die es da gehen soll, sind laut Schulgesetz natürlich immer Aufgabe unserer Schulen. Insofern kann man grundsätzlich gar nicht dagegen sein, dass das jetzt unter ein besonderes Motto gestellt wird.
(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Wo ist denn eigentlich dein Problem? - Weitere Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)
- Frau von Kalben, wir wünschen uns mehr als eine bloße Überschrift. Wir wollen, dass Sie die Schulen mitnehmen und gemeinsam so einen Schwerpunkt entwickeln. Wir wollen nicht, dass Sie einfach nur sagen: Wir machen morgen das und übermorgen das und so weiter.
Lieber Kollege Habersaat, ich finde das hochinteressant. Weil Sie so im Thema sind: Wie könnte man aus Ihrer Sicht dem Thema BNE noch mehr Sexyness verleihen? Könnten Sie uns das bitte noch einmal erläutern?
- Das ist relativ einfach. Wir hatten und haben weltweit eine der größten Jugendbewegungen aller Zeiten zu verzeichnen. Dieser Tage sind junge Menschen jeden Freitag vor dem Landeshaus und demonstrieren. An den Schulen gab es die große Frage: Wie gehen wir mit den Schülerinnen und Schülern um? Die wollen freitags demonstrieren gehen, aber wir haben Schulpflicht und so weiter. - Was Sie gemacht haben, war, im Wesentlichen zu erzählen: Na ja, wir müssen auf die Schulpflicht hinweisen, denn nur so ermöglichen wir den jungen Leuten den zivilen Ungehorsam, um zeigen zu können, was sie wollen.
Man hätte doch aber auch mit den Schulen gemeinsam - möglicherweise an Freitagen unter Sprengung der üblichen Fächergrenzen - entwickeln können: Wie geht es denn weiter, wie gehen wir in den Schulen damit um?
Meine Damen und Herren, wir diskutieren gerade bundesweit über Ganztagsschulen. Ganztagsschulen böten jede Menge Möglichkeiten, sich dem Thema zu nähern. Es gibt neue Möglichkeiten, Leben in die Schule zu bringen, es gibt neue Möglichkeiten der Rhythmisierung von Schultagen, und es gibt neue Möglichkeiten für jahrgangsübergreifende Projekte. Dann kann man in der Tat die UN-Nachhaltigkeitsziele umsetzen, statt sie nur auswendig zu lernen.
Das Beispiel mit dem Samenkorn war ja ganz plastisch. Aber so ein landwirtschaftliches Projekt an einer Schule ist etwas ganz anderes und viel Toll
- Ich weiß nicht, ob das eine Frage ist, Frau Präsidentin, wenn ja, würde ich sie nicht zulassen wollen.
(Christopher Vogt [FDP]: Aber so einen Bau- ernhof zu besuchen, das solltest du auch ein- mal machen! - Beifall Anette Röttger [CDU] - Weitere Zurufe CDU)
Sie wären überrascht, aber ich bin inzwischen so alt, dass in meiner Jugend die Gemeinde Barsbüttel tatsächlich noch aus vier Dörfern bestand. Da gab es reichlich Bauernhöfe, zumindest als ich noch kleiner war.
(Christopher Vogt [FDP]: Ja, aber seitdem haben sich die Höfe weiterentwickelt, mein Guter! - Weitere Zurufe CDU)
Auch die Oberstufenreform hätte ja die Möglichkeiten mit sich gebracht, das Thema strukturell vorzubereiten und eben nicht nur die Überschrift zu setzen. Das ist es, was ich Ihnen vorwerfe: Sie setzen eine Überschrift, und die klingt irgendwie toll, aber inhaltlich ist nichts dahinter.
Wir haben engagierte Schülerinnen und Schüler, das finden wir gut. Das Thema finden wir wichtig, aber es verdient mehr als Kampagnen. Deshalb werden wir uns voller Inbrunst enthalten.
die BNE-Thematik unterstützt. Zur Kampagnenpolitik ist mir eingefallen, dass sich die SPD da eigentlich ganz gut auskennt, wenn ich an Titel von Gesetzen wie beispielsweise das „Gute-Kita-Gesetz“ denke. Ich glaube, da sind wir nicht so weit auseinander.