Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorhaltekosten für die Erstaufnahmeeinrichtung in Bad Segeberg, LevoPark, haben wir Ihnen gestern noch einmal zusammengestellt und an den Finanzausschuss übermittelt, um eine transparente Beratungsgrundlage zu haben.
Das Finanzministerium hat ein hohes Interesse daran, dass das Zahlenwerk offenliegt und verständlich ist. Bei der Verständlichkeit ist es zugegebenermaßen aufgrund der unterschiedlichen Begrifflichkeiten, die es im Zusammenhang mit einer Liegenschaftsbewirtschaftung gibt, manchmal nicht so einfach, wie man es sich wünscht. Deshalb kann es dazu kommen, dass es Erläuterungsbedarf gibt.
Manchmal gibt es auch Ergänzungsbedarf. Wir hatten diese Situation im Sommer 2019 im Zusammenhang mit der Migration, als wir auf das Parlament zugegangen sind, unaufgefordert und von uns aus, und eine Kleine Anfrage ergänzt haben, damit alle Zahlen transparent und aktualisiert auf dem Tisch liegen.
Meine Damen und Herren, die finanziellen Ausgaben des Landes lassen sich dem Grundsatz nach auch dem Haushalt entnehmen. Hinzu kommt der Zuwanderungsbericht, der jeden Monat vom Innenministerium erstellt wird und Auskunft über die Entwicklung der Zahl der neu nach Schleswig-Holstein gekommenen Asylsuchenden gibt.
Dem Zuwanderungsbericht ist auch zu entnehmen, aus welchen Ländern die Asylsuchenden kommen. Die sechs zugangsstärksten Länder im Jahre 2019 waren Syrien, Afghanistan, Irak, Iran, die Türkei und der Jemen.
Ein kurzer Blick in die tägliche Nachrichtenlage genügt, um festzustellen, dass die Situation und die Entwicklung in diesen Ländern alles andere als vorhersehbar sind. Niemand kann mit Gewissheit sagen, wie sich die weltpolitische Lage im Nahen Osten, im Mittleren Osten, aber auch in Teilen Afrikas entwickelt. Das ist der Grund, warum unser Innenminister zu Recht sagt, es wäre geradezu leichtsinnig, die bestehende Reserve an Unterbringungskapazitäten kurzfristig nicht revidierbar abzubauen.
Als Landesregierung wollen und müssen wir gut aufgestellt sein, wenn Menschen vor Krieg und Verfolgung flüchten und zu uns kommen. Das ist unsere humanitäre Verantwortung.
Ergänzen möchte ich noch, dass wir aufgrund von Bedarfen vor Ort in Segeberg Teile des LevoParks untervermietet haben, unter anderem für den Verein Jugend- und Kulturarbeit, mit der festen Vereinbarung, die Räumlichkeiten kurzfristig wieder zur Verfügung zu stellen, wenn das Land die Kapazitäten für die Unterbringung von Flüchtlingen benötigt. Aber auch Jobcenter sind dort teilweise in den Räumen.
Das ist eine Win-win-Situation und zeigt, wie flexibel wir als Land mit den vorgehaltenen Kapazitäten umgehen.
„Eine Gesellschaft, die sich als Solidargesellschaft versteht, handelt auch Flüchtlingen gegenüber aus einem solidarischen Geist heraus.“
Meine Damen und Herren, begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Tribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtages die Beauftragte der Nordkirche, Frau Pastorin Bruweleit, und den DGB-Vorsitzenden Herrn Uwe Polkaehn. - Herzlich willkommen bei uns im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
a) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein
Ich erteile das Wort der Berichterstatterin des Innen- und Rechtsausschusses, der Abgeordneten Barbara Ostmeier.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms. - Heute Morgen sind alle so überrascht von ihrem Aufruf.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Beim Wort des Jahres 2019 hat „Fridays for Future“ es auf den dritten Platz geschafft. Zum Unwort des Jahres 2019 wurde hingegen „Klimahysterie“ gewählt. Unterschiedlicher konnten die Wahlen kaum ausfallen. Das macht deutlich, in was für einem gesellschaftlichen und politischen Spannungsfeld die Debatten und Diskussionen um Klimawandel und Klimaschutz geführt werden: Auf der einen Seite steht die junge Generation, die ihre Zukunft in Gefahr sieht und daher von der Politik einfordert, endlich konkrete Maßnahmen zur Einhaltung der Klimaschutzziele zu ergreifen. Auf der anderen Seite werden die Klimaschutzbewegung und die Klimaschutzbemühungen diffamiert oder lächerlich gemacht und als „Hysterie“ abgetan. In diesem Kontext bewegt sich die Politik. Es ist unsere Aufgabe, Stellung zu beziehen und einen Weg aufzuzeigen.
Die Debatten zu Klimawandel und Klimaschutz laufen nicht erst seit dem letzten Jahr. Wir befassen uns politisch bereits seit Jahren mit diesem Thema. Es wird uns politisch und gesellschaftlich auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten in unserem Denken und Handeln beeinflussen. Die Klimaschutzdiskussion ist also keine Erfindung einer
Schülerin aus Schweden, die sich um ihre Zukunft sorgt. Sie hat nur ihr Recht wahrgenommen und auf Probleme hingewiesen. Seit Jahren stellen wir fest, dass auf Weltklimakonferenzen neue internationale Ziele formuliert werden, die es in nationale Ziele umzusetzen gilt. Diese sind dann meist so in die Zukunft gerichtet, dass sie das Gefühl vermitteln, wir hätten ja noch alle Zeit der Welt, die entsprechenden Maßnahmen einzuleiten.
Das ist zum Teil nachvollziehbar. Mittlerweile aber hat die ruhige Hand des Handelns dazu geführt, dass wir uns eingestehen müssen: Es wird immer schwieriger und aufwendiger, die mittel- und langfristigen Zielformulierungen zu erreichen. Die Notwendigkeit, dies der Bevölkerung darzustellen und herüberzubringen, wird nicht einfacher, wenn sich nicht alle an die internationalen Abmachungen halten wollen oder stattdessen den vom Menschen beeinflussten Klimawandel leugnen.
Dass wir in großen Dimensionen durchaus etwas tun können, haben wir in Deutschland mit der Energiewende bewiesen. Wir müssen dabei aber auch ehrlich sein und eingestehen, dass sich eine Energiewende mit allen Maßnahmen und Konsequenzen nicht von heute auf morgen umsetzen lässt. Das braucht seine Zeit und vor allem Überzeugungskraft.
Wir haben den Atomausstieg in einem breiten politischen Konsens - bis gestern jedenfalls - beschlossen. Zum ersten Mal gibt es einen festen Fahrplan für den Ausstieg aus der klimaschädlichen Energiegewinnung aus Stein- und aus Braunkohle. Das ist erst einmal gut, weil es uns selbst und auch die Wirtschaft unter Druck setzt, neue Wege zu finden und die gefundenen Lösungen entsprechend umzusetzen.
Manchem, meine Damen und Herren, ist das Jahr 2038 für den Kohleausstieg nicht früh genug. Anderen sind die Kompensationszahlungen von 40 Milliarden € wiederum viel zu hoch, nach dem Motto: Irgendetwas ist immer!
Es bleibt festzuhalten: Eine Energiewende, also der Ausstieg aus fossilen Energieträgern, die über mehrere Jahrzehnte genutzt wird, hin zu erneuerbaren Energien ist die komplette Umkehr unserer bisherigen Energieproduktion und des Energietransports. Ebenso wie beim Atomausstieg gilt daher für den Kohleausstieg: Es ist ein politischer Kompromiss, der sich nur mittelfristig und mit entsprechender Kompensation umsetzen lässt.
Auch ich bin der Auffassung: Eine schnellere Lösung wäre wirklich besser gewesen. Aber wir müssen wohl oder übel erkennen, dass anscheinend nicht mehr drin war. Das Aus für Atom und Kohle ist beschlossen. Nun heißt es, weiter nach vorne zu sehen und einen Termin für die mit Öl und Gas betriebenen Kraftwerke zu finden.
Bei der Energiewende reden wir also über das ganz große Rad, das nur schwer zu drehen ist. Der Wegfall der fossilen Energieträger stellt uns vor die Herausforderung, dieses Defizit zu kompensieren. Hier waren wir als Land Schleswig-Holstein mit unserer Windenergie insgesamt auf einem guten Weg. Wir, die Küstenkoalition, haben damals die Planungsgrundlagen so geändert, dass sie den Vorgaben in dem Urteil des Schleswiger Oberverwaltungsgerichts entsprochen haben. Aber seitdem diese Planung dem Wahlkampfversprechen von CDU und FDP zum Opfer gefallen ist - allein aus politischen Gründen wurde nach der Wahl alles über den Haufen geworfen -, haben wir in der Windbranche eine wirtschaftliche Flaute. Jamaika hat es geschafft, dass der Ausbau der Windenergie bei uns im Land seit über zwei Jahren blockiert wird, und ihn damit zum Erliegen gebracht.