Ich will Ihnen einmal eines sagen, Herr Dr. Stegner: Sie haben doch damals die Evaluierung in das Gesetz hineingeschrieben, als Sie es eingeführt haben. Es war noch in der letzten Wahlperiode, dass der Evaluationsbericht vorlag. Dieser Bericht - ich habe bis heute das Gefühl, ich bin der Einzige hier, der ihn wirklich gelesen hat - war vernichtend. Er war komplett vernichtend und hat im Wesentlichen aus
gesagt, dass das Gesetz so nicht funktioniert, völlig übertrieben ist, nicht kontrolliert wird und auch kaum kontrolliert werden kann.
Sehr geehrter Herr Kollege, wir sprechen in der Tariftreue ganz viel über das Kontrollieren. Ich war letzte Woche bei der Anhörung im Wirtschaftsausschuss und war schockiert darüber, dass nicht kontrolliert wurde und man sich dadurch einfach nicht an die Tariftreue hält und nicht den vorgeschriebenen Lohn bezahlt.
Meine Frage ist: Wieso muss kontrolliert werden, und geben Sie mir Recht darin, dass man eigentlich als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber davon ausgehen müsste, dass man sich an Gesetze hält und daher natürlich den Lohn bezahlt, der vorgeschrieben ist?
- Ja, ich hatte eben versucht es auszuführen. Für Unternehmen, die gesagt haben: „Wir haben ein Gesetz, an das wollen wir uns halten“, ist das ein Problem gewesen und übrigens nicht nur für Unternehmen, sondern auch für die vielen, vor allem kommunalen Verwaltungen. Die waren mit ihren Vergabestellen auch sehr glücklich, dass das Gesetz nicht mehr Bestand hat. Auch sie haben nämlich gesagt: Wir wissen gar nicht, wie wir uns an dieses Gesetz wirklich halten sollen, weil es nicht praktikabel ist. - Das war das Kernproblem, Frau Kollegin. Man hätte unfassbar viel Personal gebraucht, das man gar nicht hat, um das zu kontrollieren, was auch gar nicht sinnvoll ist.
waren zuerst gar nicht drin. Es galt im ersten Gesetzentwurf nur für das Land, die Kommunen wurden mit reingenommen. Das Land hat den Kommunen damals 3,8 Millionen € pro Jahr für deren Vergabestellen zur Verfügung gestellt. Das hat nichts mit Kontrolle zu tun. Diese 4 Millionen € geben wir den Kommunen jetzt, die sie für sinnvollere Dinge ausgeben können. Die Kommunen sind uns dafür dankbar. Das muss man an dieser Stelle vielleicht einmal festhalten.
Wie gesagt, haben diejenigen, die sich daran halten wollten, in der Regel eine Schlussfolgerung daraus gezogen: Sie haben sich nicht mehr beteiligt. Das kann doch nicht Sinn der Sache sein, dass kleine Unternehmen in Schleswig-Holstein, die ihre Mitarbeiter gut bezahlen und fair behandeln, sich nicht mehr an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen. Das hat den Sinn des Gesetzes in das Gegenteil verkehrt, Frau Kollegin. Das ist das Problem, das wir da haben.
Verzeihung, Herr Abgeordneter, wenn ich das richtig verstehe, möchte die Abgeordnete WaldingerThiering eine weitere Zwischenfrage stellen.
Ja. - Meine Frage ist für mich noch nicht ganz richtig beantwortet worden, weil ich darauf abgezielt habe, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sich einfach an das Gesetz zu halten haben, ohne dass es kontrolliert werden muss. Das ist für mich der Punkt. Wir sprechen in Schleswig-Holstein darüber, dass wir einen Mindestlohn haben müssen, der für den Tag reicht. Dass die Busfahrerinnen und Busfahrer nächste Woche weiterhin streiken werden, zeigt doch, dass da echt eine Lücke ist.
Ich begrüße es und finde es gut, dass es jetzt kontrolliert wird, ob es so ist, dass die Busfahrerinnen und Busfahrer den Tariflohn einfach nicht kriegen, der eigentlich vorgeschrieben ist. Insofern sind wir uns fast einig, aber nicht ganz. Wir sollten die Debatte fortführen.
Frau Kollegin, ich würde gern kurz darauf antworten, wenn ich darf. Selbstverständlich müssen sich alle Menschen in unserem Land an die Gesetze, die wir beschließen, halten. Ich will aber noch einmal darauf hinweisen: Das Gesetz war derart kompliziert, dass es in Teilen gar nicht praktikabel war. Das heißt, diejenigen, die sich daran halten wollten, haben es sozusagen dadurch gewährleistet, dass sie sich an öffentlichen Ausschreibungen oft nicht mehr beteiligt haben. Das ist das Problem, das ich damit habe.
Natürlich kann man sagen: Wir haben das beschlossen, es müssen sich alle daran halten, und wir kontrollieren es nicht, weil wir davon ausgehen, dass sie das tun. - Ich sage aber einmal so: Wenn wir das im Strafrecht und in anderen Bereichen machen würden, hätten wir ein massives Problem.
Man muss, wenn man Regeln aufstellt, schon kontrollieren, ob sich alle daran halten. Sie müssen aber auch praktikabel und nicht übertrieben sein. Das ist der entscheidende Punkt.
Sehr geehrter Herr Kollege Vogt, ich habe mit Interesse gehört, was Sie zum Thema Wirtschaftskompetenz gesagt haben - widerspruchsfrei. Darf ich Sie daran erinnern, dass wir den Mindestlohn eingeführt haben und Ihre Partei es gewesen ist, die gesagt hat, es würde tausende Jobs kosten, wenn man so etwas macht, und sei ganz falsch? Als Olaf Scholz die Stellen zur Verfügung gestellt hat, damit auch kontrolliert wird, dass das eingehalten wird, haben Sie kritisiert, das sei Bürokratie, die den Mittelstand schurigeln würde.
Wo ist eigentlich Ihre Wirtschaftskompetenz, wenn ich Ihnen bei diesen beiden Punkten, wie Sie wissen, nachweisen kann, dass keine Ihrer Prognosen eingetreten ist? Der Mindestlohn hat sogar für mehr Jobs gesorgt,
weil das Dumping beseitigt worden ist. Es war wichtig, dass es von der Bundesregierung die Stellen gab, das zu kontrollieren. Das war überhaupt nicht mittelstands- und handwerksfeindlich.
- Ich möchte Sie darauf hinweisen: Die FDP Schleswig-Holstein hat sich schon vor vielen Jahren für Lohnuntergrenzen eingesetzt, die nach Branchen und Regionen differenziert sind. Weil das sinnvoller und zielgerichteter ist, hat sich die FDP Schleswig-Holstein schon vor über zehn Jahren dafür eingesetzt. Das sollte man vielleicht zur Kenntnis nehmen. Es wurde dann 2014 auch Beschlusslage unserer Bundespartei. Insofern: Sie wollen eine undifferenzierte Lösung; ob die den Leuten wirklich gezielt hilft, weiß ich nicht. Wir wollen zielgerichtete Lösungen, die aus meiner Sicht besser sind. Aber wir haben jetzt eine Regelung auf Bundesebene, und die wird in der Mindestlohnkommission, die auch Sie geschaffen haben, ständig weiterentwickelt, wie ich feststelle. Jetzt trotzdem gesetzlich höhere Mindestlöhne zu fordern, ist da nicht wirklich stringent, Herr Dr. Stegner.
Ich war nicht gegen Mindestlöhne, ich war nur gegen einen bundesweit einheitlichen Mindestlohn, weil er aus meiner Sicht zum Beispiel in Ostdeutschland nicht zielgerichtet hilft.
Einen letzten Satz will ich noch zur SPD und Wolfgang Baasch sagen: „Der Minister guckt nur in die Vergangenheit“, und: „Wir haben jetzt eine völlig andere Lage!“ Die Arbeitsmarktlage ist eher in eine andere Richtung gegangen. Der Minister hat zu Recht auf Bundesgesetze und das Grundgesetz hingewiesen, Wolfgang Baasch. Da einfach zu sagen: „Das ist ein Betrachtungswinkel in die Vergangenheit“, finde ich ein bisschen merkwürdig. Wir sollten auch an solchen Stellen unser Grundgesetz besser achten oder fordern, dass man das Grundgesetz an der Stelle ändert.
Wenn man das aber nicht ändern will, sollte man nicht solche Anträge stellen, die unserem Grundgesetz widersprechen. Das finde ich an der Stelle nicht redlich. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mit zwei, drei Mythen aufräumen, weil mir das ganz wichtig ist. Es hat sich schon etwas geändert. Der Minister hat ja gesagt, es habe sich kaum etwas geändert. Dem ist nicht ganz so, sondern in der Tat ist es so: Bei ÖPNV und SPNV gilt immer noch die Tariftreue. Vielen Dank an die Grünen, die das reinverhandelt haben, sonst wäre das womöglich auch noch weggefallen. Allerdings gab es - aufgrund einer speziellen Rechtslage, insbesondere EU-Recht, wonach man das seinerzeit extra formulieren musste - Tariftreue natürlich auch für alle anderen öffentlich ausgeschriebenen Bereiche.
Ich will Ihnen einmal einen Bereich nennen: Unsere Pförtner draußen vor der Tür des Landeshauses, waren damals - 2004 -, als wir als SSW dieses Gesetz durchbringen konnten, die ersten, die davon profitierten. Ich freue mir heute noch ein Loch in den Bauch, dass diejenigen, die bei uns beschäftigt sind, aber auch die, die von einer anderen Firma entsandt werden und hier tätig sind, tatsächlich alle den gleichen Lohn kriegen. Darauf bin ich immer noch ganz stolz. Man merkt also, dass es durchaus Effekte haben kann.
Zweiter Punkt: Landesmindestlohn - ja, den gibt es noch. Er stieg seinerzeit automatisch, musste immer per Verordnung verlängert und erhöht werden. Der ist jetzt auf einem gewissen Niveau eingefroren worden, und soll irgendwann das Level des Bundes erreichen
Ich persönlich glaube, das ist immer noch der falsche Weg. Eigentlich müsste auch der Mindestlohn auf Bundesebene erhöht werden, sodass man eine ordentliche Rente herausbekommen kann. Das ist auch eine Änderung.
Der dritte Punkt, der geändert worden ist, ist, dass sämtliche ökologische Standards herausgenommen worden sind. In Zeiten von Klimawandel ist das irgendwie nicht das richtige Signal. Man darf jetzt noch ökologische Dinge fordern, aber wenn man keinen Bock darauf hat, kann man das auch weglassen.