Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Freitag letzter Woche hatte ich als Mitglied des Anstaltsbeirats der JVA Lübeck mal wieder die Gelegenheit, mit der Interessenvertretung der Gefangenen, mit der Anstaltsleitung und auch mit dem Personalrat der Haftbediensteten zu sprechen. Es zieht sich in der Tat wie ein roter Faden durch alle Gespräche - übrigens auch, Hauke Göttsch, in unseren Gesprächen im Petitionsausschuss, denn wir besuchen regelmäßig die Justizvollzugsanstalten im ganzen Land -: Die Personalausstattung der Haftanstalten, kombiniert mit einem überdurchschnittlich hohen Krankenstand bei Vollzugsbediensteten, ist nach wie vor zu knapp bemessen.
Meine Damen und Herren, ich gestehe es hiermit ein: Wir haben in der letzten Wahlperiode zwar ein sehr gutes, in vielen Punkten sogar vorbildliches Landesstrafvollzugsgesetz geschaffen, aber die damaligen Berechnungen für den damit verbundenen Personalmehrbedarf waren wohl unrealistisch. Es
ist misslich, dass wir zwar gute Standards zu mehr Aufschlusszeiten in den Abteilungen, zu mehr begleiteten Ausführungen im Rahmen des Übergangsmanagements und neue Ansätze für einen familienfreundlichen Vollzug geschaffen haben, aber die können wir in der Realität wegen knapper Personalbesetzungen oftmals nicht einlösen. Das schafft bei allen Beteiligten Ärger, Frustration und Verdruss, bei den Gefangenen, bei der Leitung und auch bei den Bediensteten.
Es war deshalb richtig, dass wir im Jamaika-Koalitionsvertrag die Durchführung einer externen Personalbedarfsanalyse beschlossen haben, deren Ergebnis jetzt vorliegt und mit wenig überraschendem Resultat: Es besteht ein Mehrbedarf von insgesamt 85 vollen Stellen in diesem Bereich.
Kollege Rossa, dieser Mehrbedarf bestand aber auch schon in großen Teilen vor dem Landesstrafvollzugsgesetz. Er liegt im Wesentlichen darin begründet, dass wir wie CDU und FDP einen Stellenabbaupfad eingeschlagen haben - und das in Abrede mit dem Bundesstabilitätsrat. Und das war ja auch völlig richtig.
Durch die große Einspararbeit der Küstenkoalition haben wir inzwischen wieder eine Haushaltslage geschaffen, die es uns ermöglicht, jetzt wieder diesen großen Schluck aus der Pulle zu nehmen, damit wir unsere Haftanstalten in diesem Bereich aufbessern können.
Wir kommen um diese Personalaufstockungen nicht herum; denn eines ist klar: Ein ganz bedeutsamer Gradmesser für den zivilisatorischen Stand einer Gesellschaft besteht in der Behandlung von Strafgefangenen.
Kalter Wegschluss oder resozialisierender Behandlungsvollzug? Wir haben uns aus gutem Grund für Letzteres entschieden. Dann müssen wir aber auch auf lange Sicht das erforderliche Personal dafür stellen. Das ist sicher der bessere und letztlich auch der sparsamere Weg; denn engagierter Behandlungsvollzug vermeidet Rückfälligkeit und Drehtüreffekte.
Damit schaffen wir es, die in Schleswig-Holstein nach wie vor sensationell niedrige Haftquote zu halten oder gar noch zu senken und damit eben teure Haftplätze zu vermeiden. Meine Damen und Herren, das Geld für diese Mehrstellen im Strafvollzugsbereich ist also gut ausgegebenes Geld.
Bleibt die Frage: Wie bekommen wir zukünftig Personal für die neuen Stellen? Kompetente und sozial engagierte Strafvollzugskräfte wachsen nicht auf den Bäumen, sondern müssen gefunden, motiviert, gut ausgebildet und gehalten werden.
Darauf zielt unser Antrag. Mit der Erhöhung der Ausbildungskapazitäten in Boostedt haben wir schon einen großen Schritt gemacht; das wurde bereits erwähnt. Ein äußerst wichtiger Baustein scheint mir außerdem zu sein, das Berufsfeld Strafvollzug in der öffentlichen Wahrnehmung aus einer vorurteilsbehafteten Schmuddelnische herauszuholen.
Die Menschen, die in den Anstalten unseres Landes arbeiten, meistern eine enorm sinnvolle, herausfordernde und wertvolle gesellschaftliche Aufgabe. Mit schwebt deshalb eine Art Imagekampagne für das Berufsfeld Haftvollzug vor.
Dass wir in diesem Bereich noch viel zu tun haben, zeigt der geradezu absurde Straßenschilderstreit in Lübeck. Die Stadt Lübeck weigerte sich letztes Jahr beharrlich, fünf Hinweisschilder als Wegweiser zur JVA im Lübecker Straßenraum aufzustellen, vordergründig mit dem Argument, die würden nur den bestehenden Schilderwald noch mehr anwachsen lassen. Tatsächlich handelt es sich aber doch wohl um den Versuch, die Realität der landesweit größten Haftanstalt in Lübeck auszublenden und zu negieren, weil es vermeintlich so gar nicht zu der marzipansüßen Altstadtidylle Lübecks passt.
Die JVA hat nun die Stadt Lübeck vor dem Verwaltungsgericht verklagt. Man darf gespannt sein, was dabei herauskommt.
Noch kurz ein Wort zu dir, Lars Harms. Ich bedanke mich sehr dafür, dass wir im Innen- und Rechtsausschuss sowie im Finanzausschuss eine mit Jamaika gemeinsam getragene Lösung bei der Umorganisation im Amtsgerichtsbereich gefunden haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Der Justizvollzug in Schleswig-Holstein sieht sich seit Jahren mit dem Problem eines erheblichen Personalmangels konfrontiert. Dieses Problem ist real, wie gerade auch Gewerkschaftsvertreter immer wieder zu Recht erklären.
Die im November 2017 hier im Landtag beschlossene und extern durchgeführte Personalbedarfsanalyse im Justizvollzug wird nun als Grundlage für eine weitere Planung und Erhebung Justizvollzug angeführt. Eine Berichterstattung dazu soll im Oktober 2020 erfolgen. Bis dahin wird der Justizvollzug durch - aus unserer Sicht - immer noch unzureichende Personalaufstockungen vertröstet. Zumindest bleibt aber die Hoffnung, dass besetzte Anwärterstellen eine Entlastung in der prekären Personalsituation ergeben werden.
Die Forderungen nach mehr Personal im Justizvollzug sind nicht neu und werden auch nicht abreißen, solange die Personalzumessungen im unteren Bereich des Erträglichen liegen. Es bringt nämlich rein gar nichts, wirklich absolut überhaupt nichts, wenn man sich in der Öffentlichkeit hinstellt und dort vollmundig erklärt, dass nahezu 100 % der Stellen im Justizvollzug besetzt seien, wenn diese 100 % aber zugleich kaum geeignet sind, einen menschenwürdigen Strafvollzug zu gewährleisten.
Diese Frage der Menschenwürde betrifft nicht nur die Strafgefangenen, sondern auch die Bediensteten im Strafvollzug und letztlich auch die Angehörigen der Strafgefangenen.
Die Frage der Verminderung einer Belastung des Justizvollzugspersonals muss aus unserer Sicht aber auch aus einer anderen Richtung betrachtet und beantwortet werden. Da müssen wir tatsächlich einmal auf die Belegung der Haftplätze schauen. Im Februar 2019 wurden schleswig-holsteinische Haftplätze bis zu 34 % durch Ausländer belegt; das sind etwa 500 Personen. Laut Medienberichten stammen
ausländische Strafgefangene - nicht Doppelstaatler - bundesweit überwiegend aus Polen, Tunesien, Libyen, Tschechien und Georgien, also überwiegend Herkunftsstaaten, die für sich allein betrachtet zumindest keinen Aufenthaltsstatus hier in Deutschland begründen.
Das deutsche Asyl- und Aufenthaltsrecht sieht tatsächlich auch Möglichkeiten vor, ausländische Straftäter auszuweisen und abzuschieben. Wenden wir diese Regelung also konsequent an, dann wird sich dieses auf die Belastungssituation im Justizvollzug unmittelbar positiv auswirken. Es muss nach unserer Auffassung einfach wieder gelten, dass, wer unser Gastrecht missbraucht, unser Land auch zu verlassen hat.
Mit dieser Forderung, meine Damen und Herren, steht die AfD auch nicht allein; denn hierin hat sie in der Bevölkerung große Zustimmung, wie uns Gespräche mit Bürgern auf der Straße immer wieder zeigen. Wir von der AfD erklären das, und ich tue das hier im Landtag ebenfalls: Straffällig gewordene Ausländer gehören nach Maßgabe des geltenden Rechts ausgewiesen und abgeschoben.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Claus Christian Claussen?
Herr Kollege, sind Ihre Worte so auszulegen, dass Sie in Zukunft auf den Vollzug von Strafen, die unsere Gerichte gegen Ausländer verhängen, verzichten wollen und dass stattdessen eine sofortige Ausweisung vorgenommen werden soll?
- Der Bereich der Straftaten, die von Ausländern begangen werden, ist sehr vielfältig; es gibt eine große Bandbreite. Nicht in allen Straftatfeldern - es geht ja beispielsweise auch um schwere Straftaten kann die Justiz allein darüber entscheiden. Letztlich geht es darum, dass wir überlegen müssen, wen wir in unseren Justizvollzugsanstalten halten. Letztlich ist bei der Strafzumessung auch zu bedenken, ob man einen Teil des Strafvollzuges auch zugunsten einer Abschiebung aussetzen kann. Ich denke, das sollten wir prüfen.
Denn jeder Strafgefangene, den wir nicht in unseren Anstalten haben, zeigt, dass es genau die richtige Entscheidung ist.
(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Der wird dann auch nicht bestraft, super Logik! - Claus Christian Claussen [CDU]: Darf ich noch eine weitere Frage stellen? - Sie geben mir dann aber Recht, dass wir, wenn wir den Strafanspruch, den wir - -)
Das nächste Mal würde ich gerne wieder das Wort erteilen. Aber da Sie jetzt so schön angefangen haben, machen wir das einmal so.
Vielen Dank. - Wenn wir den Strafanspruch, der durch gerichtliche Urteile verhängt wird, wirklich vollziehen wollen, dann müssen wir das doch bei uns machen; sonst kommen wir doch dazu, dass unsere Urteile woanders vielleicht gar nicht vollstreckt werden. Das jedoch würde eine Privilegierung gerade der Klientel bedeuten, die Sie meinen. Ansonsten wäre das doch einfach nur ein Leerstand bei Hafträumen, die wir doch brauchen, wenn wir wirklich alle Urteile vollstrecken wollen.
Nein, es geht ganz einfach darum, dass in Abhängigkeit von der Schwere der Tat hier auch entschieden werden muss, welchen Teil einer Strafe man zugunsten einer Abschiebung tatsächlich aussetzen kann. Ich denke, darüber sollten wir nachdenken.