Protokoll der Sitzung vom 21.02.2020

(Beifall AfD)

Sie können nur Politik für die Ökostromlobby oder für die Bürger machen, beides geht eben nicht. Windstrom macht krank, tötet Vögel, ist unplanbar und deshalb kaum grundlastfähig. Er zerstört Kulturräume und verschandelt Landschaften,

(Beate Raudies [SPD]: Unglaublich!)

von der Flächenversiegelung durch Stahlbetonfundamente mal ganz abgesehen.

Wem die Bürger dieses Landes wirklich am Herzen liegen, wer auch die Sorgen und Nöte der Bürger auf dem Land ernst nimmt, für den kann es nur einen ersten Schritt geben, und das ist die Einführung der 10-H-Regelung. In einem zweiten Schritt muss der Ausbau der Windkraft zumindest an Land komplett gestoppt werden.

Wir als AfD-Fraktion sind da klar aufgestellt. Wir wollen keine weitere Verspargelung der Landschaft, wir wollen keinen weiteren Ausbau der Windenergie an Land in Schleswig-Holstein. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.

Die untauglichen Versuche aus dem SPD-Antrag, die Zustimmung der Bürger zu erkaufen, verbieten sich von selbst. Die Bürgerbeteiligung, das ist das A und O, und die Antwort der Bürger ist schon heute klar: Sie wollen sich ihre Gesundheit, ihre Lebensqualität und ihre Heimat nicht abkaufen lassen. Sie wollen ein Ende des Ausbaus der Windkraft. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Vorsitzende Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Nobis hat gerade eben ausgeführt, wie der Kollege Kumbartzky sich noch vor der Landtagswahl geäußert hat. Ich schreibe das zwei Tatsachen zu: Erstens war er jung und unerfahren,

(Heiterkeit CDU und FDP)

und zweitens ist er auch das beste Beispiel dafür, dass man auch mit zunehmendem Lebensalter noch lernfähig ist.

(Christopher Vogt [FDP]: Du bist der Gegen- beweis! - Heiterkeit)

Und er beweist es ja durchaus dadurch, dass er sich jetzt für die Windenergie so, wie wir sie in der Küstenkoalition schon geplant hatten, ausspricht. Das liegt unter anderem mit Sicherheit auch daran, dass er natürlich auch aus seiner Dithmarscher Heimat genau weiß, was es bedeutet, wenn man Bürgerwindparks hat, was sie für die Menschen und die Wirtschaft vor Ort bedeuten.

Der klassische Bürgerwindpark ist für uns als SSW der optimale Windpark. Denn er wird von den Menschen vor Ort initiiert.

(Beifall SSW, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Die Menschen vor Ort können sich direkt an ihm beteiligen, und er ermöglicht dadurch die Wertschöpfung in der Gemeinde und in der Region vor Ort. Das ist anders als bei der Atompolitik der AfD. Da fließt die Kohle irgendwo in irgendwelche Zentralen in Nordrhein-Westfalen, bei uns bleibt die Knete schön in der Region. Das finden die Bürgerinnen und Bürger, von denen die AfD immer spricht, auch sehr gut.

Wenn ich mir einmal Nordfriesland anschaue: Dann haben wir bei uns immerhin eine Windkraftleistung von rund 2.000 MW. Das ist eine Menge Holz. Wir sind damit so ziemlich der Kreis, der am meisten hat. Er leidet auch nicht darunter, sondern freut sich ein Loch in den Bauch, weil 90 % dieser Anlagen in Bürgerhand sind, in den Händen der Bürgerinnen und Bürger - die Sie immer so zitieren. Die freuen sich über jede Drehung, die da stattfindet, denn jede Drehung hinterlässt auch bei den Bürgerinnen und Bürger Einkommen.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich glaube, wir haben eine energiepolitische Verantwortung. Die letzten 35 oder 30 Jahre haben wir schon ganz gut hinbekommen, aber wir haben auch die Verantwortung, hier gut weiterzumachen, weil wir die Energiewende brauchen, um die klimapolitischen Ziele zu erreichen. Deshalb brauchen wir auch die Akzeptanz vor Ort.

Man muss ehrlich sagen: Wir haben in der Vergangenheit gemerkt, dass die Akzeptanz weggebrochen ist, nämlich seit 2016, seit es auf einmal heißt, die

(Jörg Nobis)

Anlagen müssen ausgeschrieben werden, seitdem es spürbar ist, dass große Betreiber da bessere Möglichkeiten haben als Bürger, wenn sie sich zusammenschließen. Das ist die große Schwierigkeit und der Grund dafür, warum wir heute darüber reden, wie man es hinbekommen kann, dass man die Bürgerinnen und Bürger wieder besser beteiligt.

Ich glaube - genauso wie meine Vorrednerinnen und Vorredner auch -, dass wir dazu feste Regelungen brauchen. Es ist sinnvoll, gesetzliche Regelungen zu schaffen, die es ermöglichen, dass Bürgerinnen und Bürger das Recht haben, eine Beteiligung an diesen Unternehmen zu bekommen. Das ist derzeit nicht der Fall. Schön wäre es, wenn große Unternehmen - eine große Firma wie RWE oder wer auch immer - einen Windpark in Nordfriesland bauen möchte, dann verpflichtet ist, Anteile abzugeben.

Abzugeben macht in einer Gesellschaft sowieso immer ganz gut Sinn, und wenn wir über Abgeben reden, ist für uns eine Komponente ganz wichtig, egal wie das geregelt wird - landespolitisch, bundespolitisch, per Gesetz, per Verordnung oder wie auch immer -: Für uns wäre es schön, wenn sich möglichst alle beteiligen können. Oft ist es so, dass die Grenzen für manche relativ hoch sind. Wenn wir eine 1.000-€-Grenze für Beteiligungen haben, ist diese schon niedrig. Ich kenne auch Orte, wo man 10.000 € braucht. Die hat aber nicht jeder so schnell in der Tasche. Einige vielleicht schon, aber nicht alle. Wir finden es ganz gut, wenn man sich mit einem 50-€- oder einem 100-€-Schein beteiligen könnte.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Auch das würde dazu beitragen, dass die Akzeptanz besser geregelt ist.

Ein Letztes: Natürlich macht es auch Sinn, dass die Gemeinden besser beteiligt werden können. Es ist schon ein bisschen merkwürdig, dass eine Gemeinde entscheidet, einen Bürgerwindpark zu errichten, obwohl sie weiß, dass sie möglicherweise an der Gewerbesteuereinnahme selber gar nicht beteiligt ist. Bei Bürgerwindparks hingegen ist das so, weil die Gesellschaften vor Ort beheimatet sind. Bei großen Konzernen ist dies eben nicht der Fall. Daher ist es schon klug, darüber nachzudenken, ob man nicht in Zukunft gesetzliche Regelungen schaffen kann, dass die Gewerbesteuer grundsätzlich immer an den Standorten der Windkraftanlagen entsprechend zu zahlen ist. Dann haben auch die Gemeinden ein wesentlich größeres Interesse daran, und ei

gentlich, wenn man ehrlich ist, haben die Gemeinden es auch verdient, das Geld zu bekommen. Sie tun damit Gutes für die Bürger, die Bürger verdienen damit Geld, die Windräder drehen sich, wir schaffen eine ordentliche Energiewende, alles ist rund, alles ist schön. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Bevor wir mit den Kurzbeiträgen fortfahren, begrüßen Sie bitte mit mir auf der Tribüne die Deutsche Angestellten Akademie sowie Schülerinnen und Schüler des Wolfgang-Borchert-Gymnasiums Halstenbek.

(Beifall)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Dr. Andreas Tietze.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich noch einmal als Nordfriese in dieser Debatte zu Wort gemeldet. Lieber Lars Harms, du hast es ja angesprochen. In Nordfriesland ist das gut aufgegangen. Die Bürgerwindparks haben Betroffene zu Beteiligten gemacht. Bürgerwindparks beteiligen sich zum Beispiel auch konkret an der Finanzierung von Tafeln, und das Thema soziale Gerechtigkeit und Ökonomie ist für viele der Bürger-Windparks selbstverständlich.

Meine Damen und Herren, ich möchte deshalb noch den Fokus auf einen besonderen Aspekt des Themas richten, um zu hinterfragen, welches Gesellschaftsmodell eigentlich dahintersteckt. Gerade im ländlichen Raum haben wir erlebt, was Engagement von einzelnen an Veränderungen bewirkt hat. Hermann Schulze-Delitzsch und Wilhelm Raiffeisen waren Menschen, die es durch die Entwicklung des Genossenschaftsmodells verstanden haben, Menschen in ihrer Wirtschaftlichkeit anzusprechen und sie aufzunehmen. Deshalb will ich an dieser Stelle ganz besonders für dieses Genossenschaftsmodell, aber auch für die Weiterentwicklung sprechen. Wir hatten vor Kurzem in Nordfriesland eine Veranstaltung, die ich hochinteressant fand und bei der viele Investoren, Genossenschaftler und Menschen aus den Bürgerwindparks anwesend waren. Es ging um Christian Felber, der uns das Modell der Gemeinwohlökonomie vorgestellt hat. Er hat die Debatte noch einmal sehr gut auf die Frage fokussiert, welche Rendite sich aus solchen Projekten

(Lars Harms)

ergibt. Es ist tatsächlich so, dass sich Renditen aus Gemeinwohlinvestitionen ergeben können.

Sie projizieren in diesem Antrag die Förderung von Mikrofinance und stellen damit die Beteiligung von Einzelpersonen an Finanzierungen von Windkraftanlagen als einen Weg dar. Aber wenn wir uns fragen, wie wir zukünftig gerade im ländlichen Raum wirtschaften wollen, ist das Thema der Gemeinwohlökonomie etwas, was ich auch bei der direkten Vermarktung der Produkte dessen, was wir mit den Windparkanlagen erreichen, nämlich Energie, hochspannend finde. Es geht auch darum, ob es dem einzelnen Beteiligten möglich ist, Strom direkt abzunehmen, oder, wenn Wasserstoff dort hergestellt wird, ihn für das eigene Auto, für die eigene Nutzung in der Direktvermarktung solcher Produkte direkt zu nutzen. Das ist derzeit alles nicht möglich, weil wir das bei den EEG-Umlagen und bei dem Wirtschaftssystem, für das wir uns in der Energiewirtschaft entschieden haben, ausschließen.

Deshalb liegt der Ball in Berlin, das ist richtig. Aber wir brauchen auch eine Debatte. Wenn wir Akzeptanz nachhaltig sichern wollen, bekommen wir das nur hin, wenn wir das ganzheitlicher sehen. Deshalb bin ich sehr froh, lieber Bernd Voß, dass du das auch noch einmal angesprochen hast, dass wir mit dieser Initiative auch noch weitere Schritte gehen können und dass es einen Wettbewerb der Ideen gibt. Es muss in unserem Hause doch völlig klar sein: Wir erreichen nur die Akzeptanz, wenn nicht Hedgefonds, wenn sich nicht Menschen mit einer Mentalität des Manchesterkapitalismus auf die Erfolgsgeschichte der Windenergie setzen. Da müssen wir aufpassen. Wenn das passiert, sich die Leute abgehängt fühlen und sie die Mühlen vor die Nase gesetzt bekommen und sie somit nicht mehr das Gefühl haben, dass das irgendetwas mit ihnen zu tun hat, verlieren wir diese Menschen.

Deshalb ist das Modell aus Schleswig-Holstein so wichtig für die Gesamtdebatte in der Bundesrepublik, wegen der Frage, wie wir auch künftig Windenergie finanzieren wollen. Das wollte ich an dieser Stelle noch einmal in die Diskussion einbringen. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für einen weiteren Kurzbeitrag hat sich der CDUAbgeordnete Andreas Hein zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da eben nicht alle SPD-Abgeordneten anwesend waren, möchte ich gerne etwas klarstellen. Sollte der von mir vorgebrachte Vergleich eventuell in irgendeiner Art und Weise nicht richtig herübergekommen sein - ich wollte nur den Vergleich zu einer Abschreibung herstellen -, sollte das nicht so gelungen sein, bitte ich das zu entschuldigen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Noch einmal in der Sache: Wir sprechen davon, dass Schleswig-Holstein schon relativ viel getan hat. Ja, wir haben 23 TWh regenerative Energien. Aber das reicht nicht. Wenn wir im Strombereich zwar bei 14,5 GW sind, und wir diese dort gebrauchen, so müssen wir auch in dem Wärme- und in dem Verkehrsbereich etwas tun. Hierfür brauchen wir noch riesig große Mengen erneuerbare Energien.

Lassen Sie mich den Vergleich noch einmal ziehen, weil Sie, Herr Nobis, gerade gesagt haben, Ökostrom schadet. Ökostrom schadet dann, wenn wir ihn nicht ausreichend nutzen. Wir müssen es hinbekommen, dass wir die Akzeptanz in unserem Land haben und den Spagat, wenn man es so ausdrücken will, schaffen, dass wir auf der einen Seite zu einer Akzeptanz mit den Bürgerinnen und Bürgern kommen und auf der anderen Seite unsere regenerative Energie nutzen. Das ist schließlich der Schlüssel zum Erfolg. Wir werden, wenn wir nicht genügend regenerative Energien bekommen und die fossilen Energieträger nicht ausreichend in relativ kurzer Zeit verdrängen können, eine Erderwärmung haben, die wir nicht haben wollen. Dann führt das genau dazu, für das Sie immer kämpfen. Dann müssen Menschen aus anderen Regionen dieser Welt hierherkommen, weil sie in ihrem Heimatland keine Grundlage zum Wirtschaften und zum Ackern haben. Das ist der Grund, warum wir hier regenerative Energien für uns brauchen, und zwar in dem Maße, was Schleswig-Holstein leisten kann.

(Beifall CDU und FDP)

Das muss in großen Mengen natürlich auch im Offshore-Bereich passieren. Wir haben in Schleswig-Holstein schon ein gutes Fundament gelegt, wir haben die Regionalplanung auf den Weg gebracht, die bis zum Ende des Jahres durchgeführt werden soll. Dann haben wir eine vernünftige Tragweite, um das in Schleswig-Holstein umzusetzen. Das muss unser aller Ziel sein, da stehen wir alle

(Dr. Andreas Tietze)

zusammen, und das ist gut so. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)