Weltbild und Gesinnung verfestigen sich im Laufe der Jahre. Genau vor diesem Hintergrund bin ich besorgt, dass der vorliegende Antrag den Fokus fast ausschließlich auf Bildungsaspekte legt. An dieser Stelle möchte ich deutlich machen, dass in Schule und Erwachsenenbildung durchaus Defizite im Bereich der politischen Bildung zu erkennen sind, dass die Inhalte aber im Großen und Ganzen gut funktionieren. Die Qualifikation der Lehrkräfte wurde in den letzten Jahren systematisch verbessert, und die Materialien sind auf dem neuesten Stand. Gedenkstätten und Museen wurden modernisiert und richten sich mit vielfältigen Angeboten an die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner. Inhalte und Fakten sind leicht verfügbar und oft nur einen Klick entfernt.
Die Anstrengungen haben sich also gelohnt. Jetzt eine Kampagne für politische Bildung zu fahren, hieße nur, mehr von dem Gleichen anzubieten. Die politische Bildungslandschaft in unserem Land ist nicht verantwortlich für die Entgleisungen auf den sogenannten Hygienedemos. Wer sich als Impfgegner einen Judenstern anheftet, weiß nämlich ganz genau, was diese Provokation bedeutet. So einen Demonstranten muss man nicht aufklären, sondern bestrafen.
Darauf zielt auch der Antrag, der im dritten Punkt zur Durchsetzung des bestehenden Rechts aufruft. Dazu benötige ich aber keinen Antrag. Das ist bei der Polizei und den Strafverfolgungsbehörden selbstverständlich. Bei aller Kritik an dem Antrag sehe ich durchaus Handlungsbedarf, aber eben bei uns allen. Wer Verschwörungserzählungen hört, egal ob im privaten Gespräch oder in einer Familien-WhatsApp-Gruppe, sollte das ernst nehmen und ansprechen - nicht ignorieren, sondern dagegen argumentieren, nicht auf andere wie auf Schulen oder Bildungseinrichtungen die Verantwortung verlagern, sondern selbst dafür Sorge tragen, dass sich Fakten durchsetzen. Nur so stoppen wir langfristig und nachhaltig die Ausbreitung von Verschwörungserzählungen.
Ich freue mich deshalb, dass wir den Antrag der SPD an den Bildungsausschuss überweisen, damit wir noch einmal darüber diskutieren können, was uns eventuell fehlen könnte.
Wir haben gestern Abend auf der Kuratoriumssitzung des Gremiums zur politischen Bildung auch darüber diskutiert. Ganz viele Dinge laufen schon, das hat Lasse Petersdotter vorhin erzählt. Ich glau
be, wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass wir die jungen Menschen in Schleswig-Holstein so gut rüsten, dass sie ein bisschen immuner werden und fähig sind, ihre eigene Meinung zu bilden. Das ist die einzige Waffe gegen diese Verschwörungstheoretiker. Sie wird es immer geben, aber wir müssen sie einschränken, damit wir nicht mit unseren demokratischen Grundrechten ins Schwanken geraten.
Ich stelle zunächst fest, dass der Berichtsantrag, Drucksache 19/2219, durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat.
Es ist beantragt worden, den Antrag, Drucksache 19/2239, federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend an den Bildungsausschuss zu überweisen. Ist das richtig?
- Nur an den Bildungsausschuss? - Es ist beantragt worden, den Antrag nur an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.
a) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Aussetzung des Anpassungsverfahrens gemäß § 28 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Schleswig-Holsteinischen Landtags (Schleswig-Holsteini- sches Abgeordnetengesetz) für die Jahre 2020 und 2021 sowie zur Änderung des SchleswigHolsteinischen Abgeordnetengesetzes (Anpas- sungsverfahrensaussetzungsgesetz 2020)
b) Zweites Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Abgeordnetengesetzes
Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/2060
Ich erteile das Wort der Berichterstatterin des Innen- und Rechtsausschusses, der Abgeordneten Barbara Ostmeier zu a).
Ich erteile dann dem Berichterstatter des Finanzausschusses, dem Abgeordneten Stefan Weber, zu dem zweiten Bericht das Wort.
- Dann erteile ich jetzt dem stellvertretenden Vorsitzenden des Finanzausschusses das Wort, Lasse Petersdotter.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wieder einmal geht es heute um die Altersversorgung von Abgeordneten, und wir reden in eigener Sache. Jeder weiß, dass wir damit eigentlich durch waren.
Wir hatten damals, im Jahre 2006, aufgrund eines Urteils des Thüringer Verfassungsgerichts uns selber den Auftrag gegeben, ein modernes Gesetz auf den Weg zu bringen, das die Altersversorgung aller Abgeordneten regelt. Leider haben wir zu dem Zeitpunkt nicht gewusst, dass wir eine jahrelange, um nicht zu sagen jahrzehntelange Nullzinspolitik vor
uns haben würden. Wir sind den Weg vorweggegangen und haben gedacht, die anderen Länder würden dann alle hinterherkommen. Es waren aber nur die Länder Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Brandenburg, die diesen Weg gegangen sind; der Rest der Länder hat sich dann nach dem Erfolg in Schleswig-Holstein erkundigt und hat gesagt: Das ist ein Weg, den gehe ich so nicht, er ist nicht vernünftig. Wir haben hier eine Verantwortung insbesondere für jüngere Kollegen, für diejenigen, die früh einsteigen, aber auch wieder rauswollen.
Jeder weiß, dass die Abgeordneten durchschnittlich drei Wahlperioden lang im Landtag sind. Das würde nie reichen für eine eigenständige Altersversorgung.
- Da ist es anders; denn das wird auf Lebzeiten vererbt. Es gibt ja noch andere demokratische Parteien.
Das ist also die Ausgangslage. Diejenigen, die einsteigen und aussteigen, sollten das nie als eine Allroundversorgung sehen, sondern immer nur als eine Versorgung für diese Zeit. Aber wir müssen das Spiegelbild der Gesellschaft sein.
In vielen Bereichen ist es heute nicht mehr attraktiv, in den Landtag zu gehen. Selbst Beamte, die für einige Zeit hier im Landtag sind, haben dafür eine andere Altersversorgung als diejenigen, die weiter in ihrem Dienst tätig sind. Darüber müssen wir nachdenken.
Freiberufler, Menschen in Leitungsfunktionen, Selbstständige - sie alle müssen das Spiegelbild dieses Parlaments sein. Für viele spiegelt es sich nicht mehr wider, weil das Risiko zu groß ist und insbesondere die Altersversorgung zu schlecht.
Wir wollen keine Luxusversorgung haben, wie es sie einmal gab. Wir wollen uns auch nicht mit anderen Ländern vergleichen. Ich könnte gute Beispiele aus Bayern oder dem Bundestag nehmen, die aufzeigen, wie das dort gelaufen ist, sondern wir wollen ein angemessenes Verhältnis hier im Landtag haben.
Deshalb danke ich dem Landtagspräsidenten sehr. Wir haben in der letzten Legislaturperiode schon einmal auf anderer Ebene versucht, zumindest den inflationsbedingten Verlust auszugleichen. Aber hier hat der Landtagspräsident gesagt: Auch das reicht nicht aus. Ich trage die Verantwortung dafür; ich bin unabhängig. Denn der hat seine Pension durch andere Aufgaben längst gesichert. Der hat dadurch nicht mehr. Und es ist gut, dass er das gemacht hat.
Man hat dann die Schön-Kommission ins Leben gerufen, die aus Unternehmern besteht. Stellvertreterin war ja immerhin Frau Schwitzer, die vom Deutschen Beamtenbund kommt und weiß, wie Beamte versorgt sind. Sie weiß auch, dass dies eine andere Versorgung ist als die bei Abgeordneten. Die Schön-Kommission, die sich zusammengesetzt hat aus Beamten, Freiberuflern und anderen unabhängigen Leuten, hat dann gesagt: Nun machen wir einmal einen Vorschlag. Dieser Vorschlag ist nicht von uns gekommen, sondern er stammt von dieser unabhängigen Kommission. Deshalb, lieber Herr Landtagspräsident Schlie, noch einmal herzlichen Dank dafür, dass Sie den Mut gehabt haben. Sonst wäre die Kommission nicht ins Leben gerufen worden.
Wir haben dann gesehen: In Nordrhein-Westfalen wurde ein Versorgungswerk gegründet. Neben den Einzahlungen von anfangs immerhin 2.500 € im Monat hat man das noch einmal durch zusätzliche Steuergelder aufgestockt. Wir dagegen haben uns lange Zeit bei den 1.500 € aufgehalten. Es ist ein Novum - in anderen Ländern gibt es das auch nicht -, dass bei uns Führungskräfte, Ausschussvorsitzende, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Abgeordnete mit Sprecherfunktionen allesamt nicht zusätzlich honoriert werden. Insoweit kann man also sagen: Auch insoweit laufen wir den anderen Ländern ein Stück hinterher. Wir haben das alles so gewollt. Wir können niemandem einen Vorwurf machen. Es ist durch uns so entstanden.
Aber das, was dabei herausgekommen ist, ist so, dass wir sagen müssen: Mit dem Thema müssen wir in Zukunft anders umgehen. Deswegen ist es mit Beginn der nächsten Legislaturperiode auch angemessen und angebracht, dass wir heute darüber reden und dieses Gesetz verabschieden.
Den Noch-Kollegen - lange werden Sie ja nicht mehr in diesem Landtag sitzen - der AfD kann ich sagen: Ich kann mich sehr gut erinnern. Im Jahre 2017 standen Sie hier vorne und haben gesagt, wir sollten die Diäten in der nächsten Legislaturperiode doch um 20 % senken. Das war Ihre Forderung. Ich sage Ihnen aus Erfahrung: Das, was man hier vorne fordert, muss man auch machen; denn sonst ist man nicht glaubwürdig.
Es ist nicht glaubwürdig, hier eine Senkung um 20 % zu fordern, dann aber das Geld einzustreichen. Das sind für jeden von Ihnen in dieser Zeit rund 50.000 €. Sie werden sich ja gleich auch noch ans Rednerpult stellen. Sagen Sie uns doch einmal, was Sie mit diesen 50.000 €, die Sie zusätzlich zu dem bekommen haben, was Sie haben wollten, in der letzten Zeit gemacht haben. Ich hätte Respekt, wenn Sie dann sagen, alle hätten das gespendet für gemeinnützige Zwecke, für wen auch immer, für Integrationszwecke oder dergleichen mehr. Das haben Sie ja sicherlich gemacht. Ich bin gespannt auf Ihre Aussagen. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.