Protokoll der Sitzung vom 27.08.2020

(Beifall FDP und CDU)

Zum Thema Akzeptanz muss ich gar nichts mehr sagen, da verweise ich auf die Debatte heute Morgen. Aber auch wenn das OVG-Urteil nicht gekommen wäre, wäre der Windkraftausbau wahrscheinlich etwas schneller gelaufen, aber die Emissionen im Energiesektor nicht weniger geworden.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: So ist es!)

Wir müssen doch einmal ganz genau schauen: Was machen wir hier eigentlich? Natürlich bauen wir die erneuerbaren Energien aus. Wir müssen aber auch sehen, dass weniger Emissionen da sind. Deswegen müssen wir diese gute Windenergie in die Bereiche Wärme und Verkehr transformieren. Das wird durch das EEG verhindert. Das ist leider so.

Es wird auch durch viele andere bundesgesetzliche Regelungen und Umlagen verhindert. Das ist der Grund, warum die Sektorenkopplung nicht wirtschaftlich ist. Deswegen ist es goldrichtig, dass wir im Bundesrat immer wieder auf der Matte stehen und die anderen Bundesländer fast nerven, dass diese Gesetze und Verordnungen angepasst werden, sodass wir eine echte Sektorenkopplung kriegen.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zum Thema Landwirtschaft. Wir sollten bei dieser Diskussion eine Sache nicht vergessen: Schleswig-Holstein ist ein landwirtschaftlicher Gunststandort. Unsere Felder, Ställe und Betriebe versorgen andere Bundesländer mit. Die Emissionen werden aber hier angerechnet. Da muss man sich die Zahlen ganz genau anschauen.

Die Landwirtschaft hat die Zeichen der Zeit erkannt und sich schon früh eine eigene Klimaschutzstrategie als Selbstverpflichtung auferlegt. Die Landwirt

schaft der Zukunft wird auch durch unsere Landesregierung vorangebracht, indem wir das Dialogformat haben. Am nächsten Montag geht es mit einer neuen Runde weiter. Wir reden nicht nur, da werden auch Taten folgen.

Um die CO2-Emissionen zu senken, muss man auch weiter denken als nur an Fahrzeuge und Fabriken. Drainierte Moore oder fehlende Waldflächen beispielsweise tragen ebenso zum Klimawandel bei. Deswegen setzen wir mit unserem Programm auf die Bewahrung von Humus als natürlichem Kohlenstoffspeicher im Boden und auf die Förderung seines Aufbaus.

Der biologische Klimaschutz leistet einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Kohlenstoffvorräte und damit zum Klimaschutz generell. Sie kennen das Programm, der Minister hat es auch vorgestellt. Man muss dies wirklich einmal sagen: Dieses Programm - Sie sehen es im Bericht - ist für den Klimaschutz in Schleswig-Holstein eine wirklich gute Sache.

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir müssen bei der Landwirtschaft auch feststellen, dass sie zum einen natürlich Hauptbetroffener des Klimawandels ist, aber die Land- und Forstwirtschaft auch der einzige Wirtschaftsbereich ist, der CO2 wirklich bindet. Eine hundertprozentig emissionsfreie Landwirtschaft ist nicht denkbar. Sie ist unmöglich. Wir können aber die Emissionen begrenzen. Dazu trägt dieses Programm bei. Wir wollen erreichen, dass mehr drainierte Moorflächen, die derzeit für den Ackerbau genutzt werden, wiedervernässt werden.

Das geht nur auf freiwilliger Basis, gemeinsam mit engagierten Landwirten und Flächeneigentümern. So steht es auch in dem Programm. Für die weitere Fortführung wäre es gut, wenn wir mit Bundesmitteln noch mehr einbringen könnten, denn der biologische Klimaschutz nützt ja nicht nur uns in Schleswig-Holstein, er nützt auch weit darüber hinaus etwas.

Meine Damen und Herren, solange die Bundesregierung aber in der Klimapolitik nicht entschlossen und marktwirtschaftlich vorgeht, drehen wir an den Schrauben, die auf Landesebene möglich sind. Wir tun, was wir hier beeinflussen können. Wir haben dieses Programm für den biologischen Klimaschutz, wir haben schon die erwähnte norddeutsche Wasserstoffstrategie, die wir hier voranbringen. Wir haben die zahlreichen Bundesratsinitiativen, und wir stellen die Regionalpläne Wind fertig. Wir sind

(Oliver Kumbartzky)

auf der Zielgeraden. Außerdem arbeitet die Regierung im Dialog mit Hamburg daran, dass das Kohlekraftwerk in Wedel abgeschaltet wird, denn auch diese hohen Werte tauchen bei uns in der Statistik auf. Das ist eigentlich eine Unmöglichkeit. Vor allem: Dieser alte Meiler muss endlich abgeschaltet werden.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nur auf die Regierung zu schimpfen und immer wieder auf die Windkraftpläne zu verweisen, wie es die SPD so gern tut, ist ein bisschen undifferenziert und doch sehr eindimensional. Das wird der Komplexität dieser Aufgabe des Klimaschutzes auch nicht gerecht, Herr Dr. Stegner. Klimaschutz ist mehr als die Aufstellung von Windrädern. Ich glaube, das ist in meiner Rede deutlich geworden.

Unsere Landesregierung ergreift Maßnahmen dort, wo es sinnvoll ist. Wir haben auch innovative Unternehmer hier in Schleswig-Holstein, die eigene Konzepte und Produkte entwickeln. Weltverändernde Ideen made in Schleswig-Holstein - ich schaue einmal nach Heide, wo wir Wasserstoff in der Raffinerie als Thema haben. Das ist ein Projekt, bei dem wir zeigen können, wie man Sektorkopplung voranbringen kann. Diese Idee ist zu exportieren. Lieber Andreas Hein, es zeigt sich einmal wieder: Wo Dithmarschen ist, da ist vorne, aber auch: Wo Schleswig-Holstein ist, da wird vorangegangen beim Thema Klimaschutz und beim Thema Energiewende.

Dort, wo wir nichts Eigenes machen können, brauchen wir mehr Kooperation der Länder, Kooperationen mit dem Bund, marktwirtschaftliche Lösungen auf Bundes- und EU-Ebene. Vor allem aber brauchen wir Pragmatismus statt Fingerzeigen. Die europäischen Klimaschutzziele sind erreichbar. Wir wollen sie auch erreichen, und ich denke, wir sind hier in Schleswig-Holstein wirklich auf einem sehr guten Weg dazu. - Danke schön.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Jörg Nobis das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Albrecht, wenn Sie

sich hier hinstellen und sagen, die Kinder unserer Kinder werden die Spuren der untergegangenen Insel Pellworm im Watt suchen, dann ist das wirklich - ich würde fast sagen - widerlicher Klimaalarmismus. Da bauen Sie wirklich Angstszenarien auf. Es heißt immer, wir machen den Menschen Angst. Nein, das sind Sie, die den Menschen hiermit Angst machen: Wir werden alle sterben, wir werden alle untergehen.

(Zurufe)

Fakt ist, und das bestreitet auch niemand: Der Meeresspiegel steigt weltweit an. Das tut er seit Tausenden von Jahren, weit vor der Industrialisierung. Vor 8.000 Jahren, ich habe das hier schon einmal gesagt, war die Doggerbank zwischen Dänemark und Großbritannien bewaldet. Dort haben Menschen gelebt. Man hat dort mit Baumkurren Menschenknochen gefunden. Das liegt heute in 30 m Tiefe. Das heißt: Ja, unbestritten, wir werden uns auf Wandel in dieser Welt einstellen müssen, gar keine Frage.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Petersdotter?

Ich unterhalte mich gerade mit Herrn Albrecht. Er nickt mir so zu. Da habe ich mir gedacht, ich will mit meiner Rede fortfahren. Von daher: nein.

(Zurufe)

Das heißt, der Meeresspiegel steigt. Das tut er schon sehr lange. Wir leben in einer Eiszeit, vielleicht in einer Warmphase dieser Eiszeit. Warum Eiszeit? Weil wir Eis an unseren Polen haben. Das hat wer gesagt? Das war nicht ich, es war der Erklär-Physiker aus dem ZDF, Harald Lesch, der das gesagt hat. Er hat auch gesagt: Über 80 % der Erdgeschichte hinweg war dieser Planet eisfrei. Das stammt auch nicht von mir, das stammt auch von Harald Lesch. Also befürchten wir etwas, was während 80 % der Erdgeschichte schon da war. Möglicherweise könnte sie in Hunderten von Jahren auch einmal eisfrei sein.

(Zuruf Lars Harms [SSW])

Dass damit der Meeresspiegel steigt und fällt, ist uns allen klar. Also: Wir werden uns auf Veränderungen einstellen müssen, keine Frage.

Es ist also sehr löblich, wenn Sie mit Ihren hehren Zielen denken, Sie wollen hier in Schleswig-Holstein das Weltklima retten oder überhaupt nur mar

(Oliver Kumbartzky)

ginal beeinflussen. Sie schreiben auch: Die auf europäischer Ebene beschlossenen Energie- und Klimaschutzziele für das Jahr 2030, das ist schon bald, sind Ihnen - ich zitiere - „zu wenig ambitioniert“. Sie befürworten ehrgeizigere Ziele. Sie wollen also auf europäischer Ebene im Konsens gefasste Ziele noch toppen und noch viel besser sein.

Herr Albrecht, Ihr Bericht belegt, dem vermeintlichen Klimaschutz soll erneut alles untergeordnet werden. Der Bericht der Landesregierung strotzt nur so von grünen Phantastereien und Wunschvorstellungen. Natürlich haben Sie längst erkannt, dass Ihre ursprüngliche Zielvorstellung, nämlich bis 2050 irgendwie CO2-neutral zu sein, wie es so schön heißt, völliges Wunschdenken ist.

So wurden im vorliegenden Bericht nunmehr zwei Szenarien entwickelt: Szenario 1 bezieht sich auf eine Treibhausgasminderung um 80 % bis zum Jahr 2050, und Szenario 2 nennt eine Treibhausgasminderung um 95 % bis 2050. Und wieder liest sich der Bericht der Landesregierung wie Wunschdenken fernab jeglicher Realitäten.

Sie wollen den Endenergieverbrauch senken, und zwar drastisch. So weit, so gut. Energie, die nicht verbraucht wird, muss letztlich nicht produziert werden. Das ist klar, das ist eine Binsenweisheit, und das ist auch gut so. Doch wenn ich lese, dass Sie den Endenergieverbrauch mehr als halbieren wollen, dann muss ich wirklich sagen, dass Ihr Bericht nur eine Aneinanderreihung von irrealen Wünschen und Zielen ist. Eine Halbierung des Endenergiebedarfes geht doch nur durch Deindustrialisierung unseres Landes oder durch wirklich extremen Staatsdirigismus oder eine Mischung aus beidem. Jegliche Bestrebungen in die eine oder andere Richtung lehnen wir kategorisch ab.

(Beifall AfD)

Sie wollen Energie noch teurer machen, sodass - so kann man sagen - Oma Erna lieber im Parka schläft, als ihre Wohnung zu heizen. Fakt ist, dass sich schon heute viele Bürger die Heizkosten nicht mehr leisten können. Rund die Hälfte der Endenergie, die Sie hier einsparen wollen, wird heutzutage von Industrie, Handel und Gewerbe verbraucht. Wollen Sie Industrie und Gewerbe in Schleswig-Holstein abschaffen, um Ihre Einsparziele zu verwirklichen? Das kann es ja wirklich nicht sein. Wie auch immer Sie Ihre grünen Phantastereien umsetzen wollen, wir werden Ihnen auf die Finger schauen. Wir wollen bezahlbare Energie für die Bürger und nicht hochsubventionierte grüne Energie, die sich niemand mehr leisten kann, meine Damen und Herren.

Beim Lesen von Seite 23 des Berichts bin ich fast vom Stuhl gefallen. Ich zitiere einmal:

„Eine erhebliche Rolle für die Erreichung von Klimaschutzzielen spielen auch die Entwicklung der Bevölkerung und ihrer Konsummuster - zum Beispiel bezüglich Ansprüchen an Wohnflächen, individuelle Mobilität, Flugreisen und Konsum von emissionsintensiven Gütern wie zum Beispiel Fleisch.“

Hören Sie genau hin, meine Damen und Herren. Sie erkennen da zwischen den Zeilen ganz unverhohlen die ersten Anzeichen einer - ich nenne es einmal Klima- und Ökodiktatur. Da war das Vermiesen des Autofahrens erst der Anfang.

(Zurufe)

Sie wollen nämlich den Bürgern das Fliegen verbieten oder es jedenfalls so verteuern, dass sich niemand mehr eine Flugreise leisten kann. Sie wollen die Bürger am liebsten zu veganen Ökountertanen machen und den Fleischpreis staatsdirigistisch so erhöhen, dass sich die große Masse der Bevölkerung nur noch sehr selten Fleisch auf dem Teller leisten kann, um den Fleischkonsum zu verringern.

(Zurufe SPD)

Wie ist denn der Kommentar zur Wohnfläche zu verstehen? Das habe ich auch noch nicht ganz verstanden. Das wird nicht weiter ausgeführt. Da kann ich mir nur etwas vorstellen. Wollen Sie die Wohnfläche pro Person vorschreiben? Wollen Sie vielleicht zu große Wohnungen mit einer extra Klimaabgabe belegen? Oder was soll dabei rumkommen? Jamaika ist wirklich auf dem Weg in den Klimatotalitarismus. Diese Gedankenansätze kann jeder heute schon im vorliegenden Bericht der Landesregierung nachlesen, meine Damen und Herren.

(Zurufe)

Herr Voß nennt das verniedlichend - was haben Sie gesagt? - Marktgestaltung. Das habe ich mir aufgeschrieben. In Wahrheit meinen Sie aber: Preise hoch für Energie, keiner kann sich mehr etwas leisten, keiner soll mehr Fleisch kaufen. Das ist das, was Sie wirklich meinen.

Bezüglich dieser tollen Wasserstoffstrategie, die Sie immer so toll hochjubeln: Strom ist für die Elektrolyse von Wasser heutzutage einfach viel zu teuer. Da haben Sie natürlich recht, das sind die Folgen des EEG. Aber Strom ist ja schon ein edler Energieträger. Er ist eigentlich der edelste Energieträger, den wir haben.