Protokoll der Sitzung vom 28.08.2020

(Zuruf: Er war als Bürger da, oder?)

In den letzten Monaten konnte der Ausschuss, bedingt durch die Coronapandemie, keine Bürgersprechstunden anbieten. In den kommenden Monaten aber wird der Ausschuss wieder vor Ort sein. Die weiteren Zahlen aus dem Berichtszeitraum ergeben sich aus dem Bericht, der Ihnen vorliegt.

Seit Ausbruch der Pandemie hat sich der Ausschuss mit zahlreichen Petitionen besorgter Bürgerinnen und Bürger zum Komplex Corona beschäftigt. In vielen Fällen konnte der Ausschuss helfen und die Menschen über die aktuelle Rechtslage informieren und auch Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Aus dem Berichtszeitraum möchte ich Ihnen kurz zwei Fälle vorstellen.

In einem Fall beschwerte sich ein Petent über einen durch seinen Nachbarn an seinem Grundstück aufgestellten Zaun. Wegen Sicherheitsbedenken und Problemen im Zugang zu seinem Grundstück möchte er ein Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde des zuständigen Kreises erreichen. Der Petitionsausschuss hat sich - ebenso wie das zuständige Ministerium - dafür ausgesprochen, dass die Bauaufsichtsbehörde in diesem Fall erneut eine Prüfung vornimmt. Dem Petenten konnte damit geholfen werden.

In einem anderen Fall beklagte ein Petent den maroden Zustand eines Radweges. Insbesondere im Bereich des Ortsausganges sei der Radweg teilwei

(Präsident Klaus Schlie)

se weder zu begehen noch mit dem Fahrrad zu befahren. Das Ausweichen auf die Landstraße sei für Radfahrer allerdings aufgrund des erhöhten Verkehrsaufkommens durch Lkw gefährlich. Der Ausschuss hat sich den Fall vor Ort angesehen. - Herr Weber, schönen Dank dafür! - Er begrüßt, dass der Radweg zwischenzeitlich so saniert werden konnte, dass er wieder benutzbar ist. Im Beschluss hat er seine Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass die restliche Wegstrecke sowie die Fahrbahn in das darauffolgende Erhaltungsprogramm aufgenommen werden. Fazit: Wir machen den Weg frei. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wortmeldungen zum Bericht gibt es nicht. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Der Ausschuss empfiehlt, den Bericht, Drucksache 19/2288, zur Kenntnis zu nehmen und die Erledigung der Petitionen zu bestätigen. Wer der Ausschussempfehlung folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe, das ist einstimmig der Fall. Ich danke Ihnen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 65 auf:

Bericht der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein bei dem Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Tätigkeitsbericht für das Jahr 2019 Drucksache 19/2162

Ich begrüße die Bürgerbeauftragte des Landes auf der Tribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags.

(Beifall)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion der CDU hat der Abgeordnete Werner Kalinka.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch der Tätigkeitsbericht 2019 zeigt eine Reihe von realistischen Problemen auf. Es ist ein Querschnitt durch die soziale Landschaft unserer Gesellschaft.

3.643 Eingaben wurden bearbeitet. Das ist in etwa eine seit zehn Jahren konstante Zahl. Das deutet vielleicht auch darauf hin, dass Probleme angegan

gen und gelöst werden. Ich möchte - auch für meine Fraktion - Frau El Samadoni und ihrem Team für die geleistete Arbeit sehr herzlich danke schön sagen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Bedrückend in dem Bericht bleibt für mich vor allem die geringe Höhe einer Rente wegen Erwerbsminderung. Ich habe das Thema ja schon mehrfach vorgetragen: 795 € pro Monat - ich meine, hier ist der Bund gefordert, mehr zu leisten. Es ist zwar einiges geschehen, aber jeder, der in diese schwierige Situation kommt, ist auf weitere soziale Leistungen angewiesen. Ich meine, das ist in der heutigen Zeit einfach zu wenig.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos])

Zum Problem des Autismus: Ich habe dieser Tage selbst einen solchen Fall geschildert bekommen. Es geht hier vor allen Dingen darum, dass eine Hilfe durch die Jugendhilfe - und dieses möglichst rasch erfolgen muss. Es darf nicht nur ein Verweis von der einen an die andere Stelle erfolgen. Ich finde, das ist ein berechtigtes Interesse.

Die Forderung nach einfacher, verständlicherer Sprache wird in dem Bericht erhoben. Nun darf man nicht jeden einzelnen Fall verallgemeinern, aber das ist ebenfalls ein Thema, das nicht neu ist. Ich sehe es für wichtig an, dass wir uns künftig der Frage zuwenden, wie wir hier konkret zu Veränderungen kommen können. Wir haben im Landtag und im Sozialausschuss bekundet, dass wir das zu einem Thema machen wollen und werden. Allerdings haben wir allein 25.000 Paragrafen in der schleswig-holsteinischen Verwaltungsgesetzgebung - 25.000 Paragrafen! Ich fände es sehr schön, wenn uns vonseiten der Bürgerbeauftragten konkrete Vorschläge dazu unterbreitet würden, was im dicken Sozialgesetzbuch ganz konkret geändert werden kann, damit wir hier den Bürgern weiter entgegenkommen können.

(Birte Pauls [SPD]: Das ist eigentlich nicht ihre Aufgabe!)

Zum Thema Kita wird von 75 Petitionen gesprochen. Wir haben in Schleswig-Holstein 1.770 Kindertageseinrichtungen, wir haben 113.000 Plätze. Gemessen daran ist das eigentlich eine relativ kleine Problemlage. Bei diesen Kita-Themen wurde vor allen Dingen davon gesprochen, wir hätten zu wenig Plätze aufgrund zu wenig qualifizierten Perso

(Hauke Göttsch)

nals, und wünschenswert sei die Beitragsfreiheit. Ich hätte mir gewünscht, dass in dem Bericht dann auch deutlich wird, was in diesem Land mit der Kita-Reform und 1 Milliarde € Zuwendungen an positiven Entwicklungen in Gang gesetzt worden ist.

(Vereinzelter Beifall CDU - Lachen und Zu- rufe SPD)

Das gehört auch dazu. Die Wahlfreiheit, die wir haben, hat eben auch Folgen, die ich aus Zeitgründen nicht weiter darlegen kann.

Es werden außerdem die Komplexe Altersarmut und Pflege angesprochen.

(Zurufe SPD)

Ich möchte von den vielen Punkten, die hier genannt werden, nur zwei erwähnen. Zum einen geht es darum festzustellen, dass in der Pflege inzwischen auch eine ganze Menge auf den Weg gebracht worden ist. Zum anderen geht es um Ihren Hinweis, dass sechs von zehn Menschen den Anspruch auf Grundsicherung nicht wahrnehmen, weil sie ein zu starkes Schamgefühl haben. Das ist ein wichtiger und richtiger Punkt. Wenn jemand aus dem Gefühl heraus, ich mag nicht offenbaren, wie schlecht es mir geht, einen Anspruch nicht wahrnimmt, darf das nicht sein. Diese Zeiten müssten wir eigentlich überwunden haben.

(Vereinzelter Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Sie sprechen außerdem die Forderung nach barrierefreien bezahlbaren Wohnungen an. Hier gibt es zu wenig Wohnungen. Das ist leider so. Ich wünsche mir, dass hier auch einbezogen wird, dass wir vonseiten des Landtages und des Sozialausschusses, Herr Präsident, für Obdachlose und andere Menschen, die besonders in Wohnungsnot sind, eine Menge an Initiativen gestartet haben und für diesen Bereich die Arbeit gemeinsam koordinieren.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Sie sprechen in dem Bericht außerdem das Opferentschädigungsrecht an. Auch das ist ein berechtigter Punkt. Die Landesregierung, der Justizminister, hat ja den Opferschutzbeauftragten ernannt. Das sind zwei Paar Dinge, das weiß ich wohl. Ich denke, es wäre vorteilhaft, wenn wir das Thema der Opfer, die in unserer Gesellschaft in verschiedenen Bereichen sichtbar werden, in ihren Ansprüchen bündeln und versuchen, in unserer Arbeit weiterzukommen.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, leider kann ich die anderen Punkte jetzt nicht mehr ansprechen. Ich möchte abschließend aber doch noch kurz folgende Anmerkung machen dürfen: Sie sagen in Ihrem Bericht, es sei die Pflicht des Staates, eine adäquate Gesundheitsversorgung für alle Bürger herzustellen. Ich finde, wir haben ein Gesundheitssystem, in dem zumindest niemand auf der Strecke bleibt. Über die Frage, was adäquat ist, müssen wir miteinander noch einmal diskutieren, angelehnt an die jeweils einzelnen Fälle.

Wenn ich zwei abschließende Wünsche äußern darf, dann ist das zum einen der Wunsch, dass Sie bei bestimmten Dingen, beispielsweise bei dem Thema verständliche Sprache, konkrete Vorschläge unterbreiten. Zum Zweiten wünschte ich mir hier und da in dem Bericht ein bisschen mehr Differenzierung insoweit, dass die politische Forderung eigentlich nicht immer das Ziel der Argumentation sein kann. Ein Bürgerbericht soll uns wiedergeben, was die Bürger an Problemen und Sorgen haben, aber daraus Folgerungen zu ziehen, ist dann Sache des Parlamentes.

(Zurufe SPD)

Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schluss kommen.

Diese Anmerkung mache ich ganz bewusst, weil ich mir diesen Bericht sehr genau angeschaut habe. Auch das gehört in die Beratung des Tätigkeitsberichts. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und FDP - Beate Raudies [SPD]: Eben hat er noch gefordert, dass kon- krete Vorschläge gemacht werden sollen! Das ist Dialektik!)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Birte Pauls.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werter Kollege Kalinka, ich muss schon sagen, Ihr Beitrag war ziemlich widersprüchlich. Auf der einen Seite erwarten Sie politische Handlungsideen, auf der anderen Seite sagen Sie: Bitte keine Politik in diesem Bericht! Ich empfehle Ihnen die

(Werner Kalinka)

Lektüre. Sie sagen, Sie haben den Bericht genau gelesen. Ich empfehle Ihnen aber die Lektüre der Seiten 11 bis 65. Diese Seiten sind voller Hinweise für uns, die wir politisch gut aufnehmen können.

(Beifall SPD)

Im Namen der SPD-Fraktion bedanke ich mich ganz herzlich bei Samiah El Samadoni und natürlich ihrem gesamten Team für den Bericht, für die wertvollen Hinweise, aber vor allem auch für die unverzichtbare Arbeit.

(Beifall SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)