Protokoll der Sitzung vom 28.08.2020

Zum Schluss noch einmal mein herzlicher Dank für Ihre Arbeit, Frau El Samadoni. Ich wünsche Ihnen weiterhin eine glückliche Hand bei dem, was Sie tun. - Danke schön.

(Beifall FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW und vereinzelt CDU)

Herr Minister Dr. Garg hat es trotz Abwesenheit geschafft, die Redezeit um 1 Minute zu überziehen.

(Heiterkeit)

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

Aber das ist wirklich sehr wenig. Ich nehme an, dass niemand diese zusätzliche Redezeit in Anspruch nehmen will. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Bericht, Drucksache 19/2162, an den Sozialausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das ist einstimmig der Fall.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 66 auf:

Bericht der Beauftragten für die Landespolizei Schleswig-Holstein bei dem Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Tätigkeitsbericht 2016 bis 2018 Drucksache 19/2250

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die CDUFraktion hat der Abgeordnete Tim Brockmann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Endlich liegt der erste Tätigkeitsbericht der Beauftragten für die Landespolizei vor. Vielen herzlichen Dank. Damit können wir Abgeordneten uns nun ein eigenes Bild von der Tätigkeit machen.

Lassen Sie mich jedoch vorwegstellen: Ich finde es bedauerlich, dass der Bericht erst jetzt vorgelegt wurde, denn das Gesetz sieht vor, dass ab dem zweiten Jahr des Tätigwerdens der Beauftragten diese jährlich dem Landtag einen Bericht über ihre Arbeit zu erstatten hat. Demnach hätte der Bericht bereits im vergangenen Jahr vorgelegt werden müssen. Das ist nicht geschehen und auch zu kritisieren: Ein gesetzlicher Auftrag ist keine bloße Anregung. Der Tätigkeitsbericht ist integraler Bestandteil der Institution Polizeibeauftragte. Er ist auch für uns Parlamentarier wichtig, denn das ist doch der Sinn und Zweck dieser beauftragten Stelle: Schwachstellen aufzeigen, damit wir diesen zeitnah begegnen können.

Ich will mich an dieser Tatsache gar nicht lange abarbeiten, aber es wäre für die Zukunft und für die Integrität der Institution der Beauftragten für die Landespolizei schon gut, wenn sie sich an die entsprechenden Fristen hielte.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Kommen wir zum eigentlichen Bericht. Dieser verzeichnet insgesamt 105 Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern in zwei Jahren, wobei sich 20 als unzulässig erwiesen. Es lässt sich also feststellen, dass

weniger als eine Eingabe pro Woche eingegangen ist. 33 Beschwerden richteten sich gegen die Rechtmäßigkeit polizeilicher Maßnahmen, wobei sieben nicht bearbeitet werden konnten, da der Beschwerdeführer keine Unterlagen zur Verfügung stellte oder den Kontakt abbrach. 24 Eingaben erwiesen sich als unbegründet. Somit verbleiben zwei Fälle, bei denen die Polizeibeauftragte feststellt, dass diese Beschwerden zumindest teilweise begründet seien. Im Ergebnis findet sich also kein einziger Fall, bei dem es eindeutig zu rechtswidrigen polizeilichen Maßnahmen gekommen ist.

Der Bericht beschäftigt sich auch mit Fällen missglückter Kommunikation zwischen Polizei und Bürgern. Einmal pro Monat ging eine solche Beschwerde ein. Ich stimme dabei mit der Polizeibeauftragten voll und ganz überein, dass polizeiliches Handeln transparent und nachvollziehbar sein muss. Dass dies für den Bürger offensichtlich nicht immer der Fall ist, ist natürlich nicht schön, es verwundert ehrlich gesagt aber auch nicht. Manchmal sind unterschiedliche Erwartungshaltungen oder das klassische Sender-Empfänger-Problem, mit dem sich die Wissenschaft bereits seit Jahrzehnten befasst, die Ursache.

Schauen Sie sich beispielsweise den Fall des Hamburger Porschefahrers auf der A 7 an. Hier der Porschefahrer, der im Grunde alles richtig gemacht habe, und dort die empathielosen Polizisten, die ihn in angeblich schnodderigem Ton auf der Autobahn über den Abstand des Warndreiecks zum Fahrzeug belehrten. Ich frage mich, ob dies wirklich ein Fall ist, mit dem sich die Polizeibeauftragte intensiv befassen muss. Vielleicht hatten alle einfach nur einen schlechten Tag.

Für wichtiger halte ich dagegen Fälle, in denen es um den Vorwurf von Polizeigewalt geht. Solche Vorwürfe sind immer brisant, und ihnen ist ohne Wenn und Aber nachzugehen. Gleichwohl steht für mich außer Frage, dass Polizei Gewalt anwenden darf. Der Einsatz von Gewalt kann und darf nur allerletztes Mittel sein, aber wenn Recht durchzusetzen ist, müssen wir uns auf den Einsatz des unmittelbaren Zwangs durch die Polizei verlassen können.

Insgesamt erreichten in zwei Jahren sechs Vorwürfe von Polizeigewalt die Polizeibeauftragte, die sich bei näherer Betrachtung jedoch sehr unterschiedlich darstellen und von denen letztlich nur ein Fall zu strafrechtlichen Konsequenzen führte. Alle anderen Fälle lassen sich, je nach Blickwinkel, so oder so lesen. Vorsätzliche oder unberechtigte Polizeigewalt kann ich jedenfalls nicht erkennen.

(Präsident Klaus Schlie)

(Zuruf Sandra Redmann [SPD])

Unsere Landespolizei fährt pro Jahr mehr als 500.000 Einsätze. Dem stehen insgesamt 105 Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern gegenüber. Dies ist ein hervorragendes Zeugnis für die professionelle und herausragende Arbeit und den Ausbildungsstand unserer Landespolizei. Meine Anerkennung!

(Beifall CDU, vereinzelt FDP und Beifall Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [frakti- onslos])

Meine Anerkennung gilt daher allen Polizistinnen und Polizisten, die jeden Tag auch in schwierigen Lagen mit viel Umsicht, Geduld und Einfühlungsvermögen ihren Dienst leisten.

Die Beauftragte ist aber nicht nur für Vorgänge zwischen Bürgern und Polizei, sondern auch für innerpolizeiliche Angelegenheiten zuständig. So kann sich jeder Polizeibeamte unmittelbar ohne Einhaltung des Dienstweges an sie wenden. Im Berichtszeitraum wurde 281-mal von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, wobei fast zwei Drittel der Eingaben vertraulich waren. In den Fällen geht es dabei um den generellen innerdienstlichen Umgang oder innerdienstliche Konflikte. Auch dies verwundert wenig, schließlich handelt es sich bei der Polizei um eine hierarchische Organisation, in der nicht jede Entscheidung endlos diskutiert werden kann.

Insofern ist es selbstverständlich, dass es auch kritische Stimmen zur Arbeit der Polizeibeauftragten gibt. So weist die Gewerkschaft der Polizei darauf hin, dass sich Polizeibeamte durch das Auftreten der Beauftragten angegriffen und teilweise vorgeführt fühlten und gleichzeitig die ungute Erkenntnis hätten, sich gegen eine nur dem Gesetz verantwortliche und somit unantastbare Polizeibeauftragte nicht verteidigen zu können.

Meine Damen und Herren, auch solche Stimmen müssen wir ernst nehmen und dürfen sie nicht unberücksichtigt lassen. Die Akzeptanz der Polizeibeauftragten innerhalb der Polizei lebt jedenfalls davon, dass diese Sachverhalte neutral und im Dialog bearbeitet und aufgeklärt werden. Die Polizeibeauftragte darf nicht zu einem Instrument des Misstrauens gegen die Polizei werden. Sie hat die Polizei und die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes zu unterstützen. Das funktioniert nur mit der notwendigen Distanz und der gebotenen Neutralität.

Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schluss kommen.

Herr Präsident, ich komme zum Ende. - Ich finde, die recht geringe Anzahl von Fällen macht vielmehr deutlich, dass die Idee der Bürgerpolizei in Schleswig-Holstein genauso wie die Aus- und Fortbildung der Polizeibeamtinnen und -beamten sowie die Führungskultur innerhalb unserer Polizei hervorragend funktionieren. Ich finde, das ist die gute Botschaft dieses Berichtes. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, vereinzelt FDP und Beifall Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Herr Oppositionsführer, der Abgeordnete Dr. Ralf Stegner.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

„Wir lassen nicht zu, dass unsere Polizei durch eine völlig überflüssige zusätzliche Beschwerdestelle mit weiterem Papierkram zugeschüttet wird.“

Sie kennen dieses Zitat sicher, es stammt nämlich vom Oppositionsführer Daniel Günther aus dem Jahr 2015, der ein fatales Signal gegenüber jedem einzelnen Beamten darin sah, dass die Küstenkoalition den Weg für die Polizeibeauftragte geebnet hatte. Kein Argument war damals platt genug, als dass nicht CDU, gelegentlich auch FDP, mit rhetorischer Schärfe gegen das Schreckgespenst einer unabhängigen Anlaufstelle ins Feld zogen. Mit dem ersten Bericht der Polizeibeauftragten des Landtages zeigt sich, wie wenig Substanz diese großspurige Kritik hatte. Knapp 400 Petitionen allein im Zeitraum von 2016 bis 2018 widerlegen alle, die eine Polizeibeauftragte für unnötig hielten.

(Beifall SPD, SSW, Joschka Knuth [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN] und Lasse Petersdot- ter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Angesichts dessen, dass drei Viertel der Eingaben aus dem Kreis der Beamtinnen und Beamten kommt - drei Viertel! -, kommt einem manchmal die damals geführte Diskussion über eine Misstrauensbeauftragte reichlich absurd vor.

Ich möchte mich herzlich bei Samiah El Samadoni und ihrem Team für die engagierte Arbeit in den vergangenen Jahren bedanken: Wir verdanken Ihnen maßgeblich den überaus gelungenen Start die

(Tim Brockmann)

ser neuen Institution, das gilt allemal unter den schwierigen Startbedingungen sowohl in Bezug auf die Vorbehalte als auch die Personalausstattung.

Herr Kollege Brockmann, Sie hätten ein bisschen weniger über den Zeitraum des ersten Berichts reden können und stattdessen vielleicht etwas entschiedener unterstützen können, dass Frau El Samadoni die Stellen bekommt, die sie auch braucht, und dass die dann auch besetzt werden können.

(Beifall SPD, SSW, Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das gilt auch für andere, die ich hier nicht näher nennen möchte. Ich bin heute einmal mehr denn je davon überzeugt, dass die Küstenkoalition 2016 eine hervorragende Personalentscheidung getroffen hat. Ich bedanke mich an dieser Stelle bei den heutigen Koalitionsfraktionen, dass wir Frau El Samadoni in diesem Frühjahr gemeinsam wiederwählen konnten. Das Amt der Polizeibeauftragten ist in allerbesten Händen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, Annabell Krämer [FDP] und Oliver Kumbartzky [FDP])

In jedem zweiten Artikel über Polizeigewalt, der dieser Tage in den USA erscheint, findet sich ein Verweis auf die deutsche Polizei, die als exemplarisches Gegenbeispiel beschrieben wird. Ich muss ehrlich sagen: Unsere Polizei hat international zu Recht einen hervorragenden Ruf. Ich bin stolz darauf, dass das Leitbild der Bürgerpolizei in Schleswig-Holstein nach wie vor in besonderer Weise gelebt und hervorgestellt wird.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Der vorliegende Bericht hält einmal mehr fest, dass wir hochengagierte Polizistinnen und Polizisten haben, die sich nicht nur mit ihrer Arbeit identifizieren, sondern professionell einer Tätigkeit nachgehen, die oftmals alles andere als einfach ist. Aber gerade weil Polizistinnen und Polizisten regelmäßig mit Situationen konfrontiert sind, die schwierig und gefährlich sind, gibt es eben auch Missverständnisse und Fehler. Wir haben jetzt eine unabhängige Instanz, die in diesen Fällen vermitteln und - das zeigen die Beispiele - auch eine gute Fehlerkultur und Umgang damit etablieren kann.

Die letzten Monate waren bundesweit von Diskussionen über strukturellen Rassismus und Missstände in den Reihen der Sicherheitsbehörden geprägt. Ich bin davon überzeugt, dass der weit überwiegende Teil unserer Polizisten nicht nur auf dem Boden

der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht, sondern auch überzeugt dafür eintritt. Andererseits zeigen Beispiele wie der sogenannte NSU 2.0 und anderes - glücklicherweise weniger in Schleswig-Holstein als anderswo -, dass es auch Bereiche mit strukturellen Problemen gibt, und auch davor dürfen wir die Augen nicht verschließen.

Jeder Einzelfall ist einer zu viel, und jedem muss nachgegangen werden.