Protokoll der Sitzung vom 23.09.2020

Es ist vorhin bereits erwähnt worden: Bei uns sind zu viele Kinder immer noch schwimmunfähig, und das im Land zwischen den Meeren. Beinahe 20 % der Schüler in den Klassenstufen 5 und 6 besitzen keine dem Schwimmabzeichen Bronze entsprechenden Fertigkeiten. Meine Damen und Herren, das ist der Freischwimmer alter Art. Das ist eigentlich eine Grundfertigkeit, die unsere Kinder im Leben brauchen. Das wird hier vermutlich niemand bestreiten. Wir halten daher die Empfehlung 64 des Sportentwicklungsplans, wonach jedem Einwohner in zumutbarer Entfernung eine ganzjährig nutzbare und geeignete Schwimmsportstätte zur Verfügung stehen muss, um das Schwimmen erlernen zu können, für wichtig und richtig.

Ohne finanzielle Hilfeleistung stünden auch zahlreiche Sportvereine vor dem Aus. Der Erhalt und der Aufbau von Sportstätten ist für unsere Sportinfrastruktur von enormer Bedeutung. Sport als unverzichtbarer Teil unseres kulturellen und sozialen Lebens darf auch unter wirtschaftlichen Zwängen nicht verloren gehen.

Der Sportentwicklungsplan beinhaltet viele gute Ideen, und wir begrüßen ihn ausdrücklich. Aber er ist derzeit noch eine Planung. Am Ende müssen greifbare Ergebnisse stehen, damit wir wirklich auch Sport in unserem Land weiterbetreiben können. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

(Claus Schaffer)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung legt nun einen umfassenden Sportentwicklungsplan für das Land vor. Dieser ist nicht nur von der Seitenzahl her umfassend, sondern vor allem auch in Bezug auf die Inhalte. In einem Zeitraum von rund zwei Jahren wurden 42.000 Bürgerinnen und Bürger in SchleswigHolstein befragt. Das ist in der Tat eine ganze Menge, und das ist auch wirklich gut so; denn nur so können die zugrunde gelegten Umfragen auch in die Tiefe gehen. Das sieht man auch am Ergebnis. Erwachsene, Schüler, Schulen, Sportvereine und auch Kreissportverbände wurden mit dem Ziel befragt, die künftigen Anforderungen an ein zeitgemäßes Sporttreiben in sämtlichen Bereichen des Sports zu analysieren. Wie steht es also um den Sport in unserem Land?

Grundsätzlich ganz gut. Es stellt sich heraus, dass ein großer Teil der Bevölkerung sportlich aktiv ist oder zumindest vorhat, sich sportlich zu betätigen. Darüber hinaus genießt der Sport ein gutes Ansehen. Auch den Sportstätten geht es lange nicht so schlecht, wie viele zunächst glauben mögen. Trotzdem gibt es einen hohen Bedarf, die Sportstätten auf einen modernen Stand zu bringen. Das war ein Grund dafür, dass die Vorgängerregierung das Thema Sport massiv vorangetrieben hat. Ich freue mich natürlich, dass auch die Jamaika-Koalition hier weiterarbeitet. Noch nie gab es eine höhere Sportstättenförderung als in den vergangenen acht Jahren. Das ist, meine Damen und Herren, eine hervorragende Ausgangsposition.

Im Bericht wird jedoch auch deutlich, dass es hier und da noch Luft nach oben gibt, wenn wir es als Landespolitik wirklich ernst meinen, SchleswigHolstein zu einem echten Sportland zu küren. Es stimmt natürlich, dass die Menschen durch den Sport zusammenkommen. Jedoch fehlt oftmals der Blick über den Tellerrand. Das wird ganz besonders in den Antworten in Bezug auf E-Sport deutlich. Das Unverständnis ist groß, und das ist aus Sicht des SSW bedauerlich. Ich persönlich glaube, es fehlt hier weiterhin an Berührungspunkten und einem echten Austausch. Viele Sportvereine haben den E-Sport anscheinend noch nicht kennengelernt.

Beide Seiten könnten von einer Begegnung auf Augenhöhe profitieren. Meiner Meinung nach wäre es

eine gute Aufgabe für die Sportministerin unseres Landes, hier für eine Zusammenführung zu sorgen und so eben auch Vorurteile abzubauen.

(Beifall SSW, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall Dennys Bornhöft [FDP])

Schließlich, meine Damen und Herren, geht es immer auch um die Zukunft und die Nachhaltigkeit des Sports. Wir dürfen uns nicht auf den in der Strategie genannten hohen Werten der Sportbeteiligung ausruhen, sondern es geht auch darum, dass in unserem Land in Zukunft noch Sport betrieben wird, und dazu braucht es insbesondere die Jugend. Die Jugendarbeit in Bezug auf den Sport ist essenziell. Dazu brauche ich nicht noch weit auszuholen, nur eben so viel, meine Damen und Herren, dass der E-Sport mitgedacht werden muss, insbesondere wenn es um die Beteiligung von Jugendlichen geht. Hier gibt es in der Tat noch Luft nach oben, und es gibt vor allen Dingen auch Chancen für die Sportvereine, die sie ergreifen sollten.

Beim Thema „Luft nach oben“ schließt sich noch ein weiteres Manko im Sportbereich SchleswigHolsteins an: das jahreszeitenunabhängige Training. Wir Schleswig-Holsteiner kennen es zur Genüge, bei uns im Norden ist es oftmals nass und dunkel. Wir brauchen daher vermehrt Flutlichtanlagen für unsere Sportplätze im Land. Auch ein vernünftiger Kunstrasenplatz gehört einfach ebenso dazu wie Indoor-Sporthallen, in denen Sportarten angeboten werden, die nicht klassisch sind, wie zum Beispiel Sportarten, die sonst nur im Fitnessstudio zu finden sind. Einige Sparten laufen im Sommer richtig gut und hängen dafür im Herbst und Winter umso mehr durch. Hier müssen wir auch etwas tun.

Ein Schritt in die richtige Richtung ist daher die Ankündigung der Sportministerin, eine kombinierte Beachvolleyball- und Leichtathletikhalle in Kiel zu bauen. Bislang gibt es in Schleswig-Holstein nämlich keine Leichtathletikhalle, was für Leichtathleten und Fans natürlich bitter ist. Ähnliches gilt für den Beachvolleyball; auch hier sollten im Winter Trainings- und Wettkampfmöglichkeiten geschaffen werden. Diese Halle wird nicht nur für den Breitensport wichtig sein, sondern durchaus auch für den ambitionierten Sport in diesen beiden Bereichen. Insofern ist das genau die richtige Entscheidung, meine Damen und Herren.

Vor diesem Hintergrund führt kein Weg an der Nutzung unseres Bundesinvestitionspakts „Sportstätten 2020“ vorbei. Dies ist auch der Grund für unseren

gemeinsamen Antrag. Mit 4,3 Millionen € 25 Millionen € kozufinanzieren, ist schon etwas Gewaltiges, und damit wird auch ein Zeichen gesetzt. Wir wünschen uns dann aber auch, dass die Kommunen reichlich Gebrauch von den Investitionsfördermitteln machen, damit Schleswig-Holstein ein attraktives Sportland bleibt. Denn, meine Damen und Herren, in Zeiten der Pandemie wird jede Investition hinterfragt.

Allerdings muss es ein Prä für den Sport geben; denn Sport ist Integration, Jugendarbeit, Wirtschaftskraft, Weiterentwicklung des Charakters der Menschen, Sozialarbeit, Sport ist natürlich Gesundheit, und Sport ist vor allen Dingen - das muss man sich auch in den Kommunen immer wieder vor Augen halten - die größte ehrenamtliche Bewegung in Schleswig-Holstein. Fast eine Million Menschen sind in diesem Bereich engagiert. Insoweit muss man Prioritäten setzen. Wir haben das glücklicherweise gemeinsam getan. Ich hoffe, dass die Kommunen viele Sporthallen renovieren, viele Flutlichtanlagen erneuern, viele Kunstrasenplätze schaffen, damit wir auch in den dunklen Jahreszeiten guten Sport anbieten können und die Jugendlichen eine vernünftige Freizeitbeschäftigung haben. Das nämlich ist der Sport. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, vereinzelt CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Nunmehr lasse ich über den Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/2394, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.

Zwar ist zum Bericht der Landesregierung kein Antrag gestellt worden, aber ich gehe davon aus, dass Sie ihn abschließend im Innen- und Rechtsausschuss beraten wollen. Wer also zustimmt, dass der Bericht der Landesregierung Drucksache 19/2395 dem Innen- und Rechtsausschuss zur abschließenden Beratung überwiesen wird, den bitte ich um das Handzeichen. - Auch das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Mündlicher Bericht über die Folgen der veränderten Einnahmesituation auf die mittelfristige Finanzplanung des Landes

Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 19/2287

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht.

Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktion der AfD und die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein. Wer ist dagegen? - Niemand. Wer enthält sich? - Das ist der Rest des Hauses.

Ich erteile nun für die Landesregierung der Frau Finanzministerin Monika Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie kennen die Zahlen der September-Steuerschätzung. Die Coronapandemie trifft unser Land, aber auch die Kommunen hart. Für das Land sinkt die Einnahmeerwartung im Vergleich zur Planung vor Corona um rund 3,6 Milliarden €, davon rund 1 Milliarde € allein in diesem Jahr. Für die Kommunen liegt dieser Einbruch bei rund 1,6 Milliarden €. Damit stehen wir in diesem Haus vor einer maximalen Herausforderung, wie wir sie bisher nicht hatten. Um gut durch diese Situation zu kommen, hat die Landesregierung den Vorschlag für eine Nothilfe in Höhe von 4,5 Milliarden € auf den Tisch gelegt.

Mit dieser Nothilfe wollen wir den Kommunen helfen. Sie wissen, dass wir uns mit den Kommunen zur Bewältigung der Krise zusammengesetzt haben, um mit 517 Millionen € zu unterstützen, um Steuermindereinnahmen in diesem Jahr und teilweise auch im nächsten Jahr zu kompensieren, um den negativen Finanzausgleich in diesem Jahr auszugleichen - in Teilen wird er gestundet, in Teilen zahlen wir die Rechnung -, aber auch, um ein großes Infrastrukturprogramm in Höhe von 150 Millionen € auf den Weg zu bringen, für das sich die Kommunen den Titel „Schule, Klimaschutz und Mobilität“ gewünscht haben. Dies ist ein Titel, der sehr gut in unsere Zeit passt, weil wir in diesen Bereichen Handlungsbedarf haben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Wir helfen den Kommunen mit Reaktion bei den Steuern und mit Aktion, indem wir Mittel für die Infrastruktur bereitstellen. Diese Form der nachhaltigen Finanzpolitik ist klug, und sie ist in dieser schwierigen Zeit notwendig, befinden wir uns doch noch immer mitten in der Pandemie.

(Lars Harms)

Meine Damen und Herren, was für die Kommunen gilt, gilt natürlich auch für das Land. Gegen die Krise ansparen zu wollen, wäre der komplett falsche Weg, weil wir das zarte Pflänzchen der Konjunktur sofort wieder tottreten würden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD und SSW)

Deshalb braucht unser Land einen großen Notkredit für Innovation, für Investition, für Gesundheitsprävention, und unser Land braucht die Möglichkeit, sich mittelfristig auf diese veränderte Finanzplanung einzustellen.

Lassen Sie mich eines sehr deutlich sagen: „Notkredit“ heißt nicht, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und können uns zurücklehnen. „Notkredit“ heißt, dass wir in der Notsituation helfen und dass wir einen Weg beschreiben, wie es gelingen kann, mittelfristig mit weniger Geld als bisher geplant auszukommen.

Für alle, die diese Situation des Sparens hier im Landtag noch nicht miterlebt haben, will ich sehr deutlich sagen: Jeder Euro, den wir nicht zur Verfügung haben, obwohl wir dachten, wir hätten ihn, ist in der Umsetzung des Kürzens sehr schmerzhaft.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und SPD)

Meine Damen und Herren, wir müssen uns um die Daseinsvorsorge kümmern. Es geht um die Bürger und Bürgerinnen in unserem Land, um Mobilität, um Krankenhäuser, um Digitalisierung, um die Krankenversorgung, um die Gesundheitsprävention und um Bildung.

Der Notkredit, den wir vorschlagen, enthält einen großen Investitionsblock in Höhe von 2,5 Milliarden €. Sie wissen, dass wir auf eine Zweidrittelmehrheit in diesem Landtag angewiesen sind, für die ich auch werbe. Natürlich bringt jeder und jede, wenn wir uns zusammensetzen, seine und ihre eigenen Vorstellungen ein. Die SPD hat heute Morgen sehr deutlich gesagt, sie wolle in dem Rahmen von 4,5 Milliarden € bleiben, was ich sehr begrüße.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie kennen das Prinzip von Peter Harry Carstensen: Wer einen Baustein hineintut, muss zuvor einen anderen herausnehmen. Schauen wir deshalb gemeinsam, welche Bausteine herausgenommen werden sollen, damit wir andere hineintun können. Darüber werden wir uns unterhalten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und Birgit Herdejürgen [SPD])

Ich bin mir sicher, dass wir es schaffen können, die Weichen gemeinsam zu stellen, mit Mut, mit Optimismus und mit der Kraft, diesen milliardenschweren Notkredit, versehen mit dem dazu notwendigen Tilgungsplan, auf den Weg zu bringen. Ich werbe bei SPD und SSW für ein gemeinsames Vorgehen, ich werbe für eine Zweidrittelmehrheit, sage aber auch: Wir befinden uns nicht in Koalitionsverhandlungen, sondern es geht darum, einen Notkredit auf den Weg zu bringen.

(Lachen Serpil Midyatli [SPD])

Koalitionsverhandlungen werden Sie auch nicht wollen.

(Zurufe SPD)

Es geht also nicht um große politische Pakete, sondern es geht darum, einen Notkredit auf den Weg zu bringen, der unseren Kommunen und unserem Land jetzt hilft und es beiden möglich macht, sich mittelfristig auf die neue Situation einzustellen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SSW und vereinzelt SPD)

Ich eröffne die Aussprache. Für die AfD-Fraktion hat ihr Fraktionsvorsitzender, der Herr Abgeordnete Jörg Nobis, das Wort.