Protokoll der Sitzung vom 15.09.2010

Mein Fazit. Ich glaube nicht, dass die in Ihrem Antrag geforderte Lösung uns wirklich zu einem Ziel führt. Ich halte sie auch für bedenklich, was den Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung angeht. Aus diesem Grund wird die SPD-Fraktion Ihrem Antrag heute nicht zustimmen. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kolb. - Das Wort hat nun Karl-Josef Jochem von der FDP-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem Anliegen der Fraktion DIE LINKE möchte ich sagen, dass Sie im vorliegenden Antrag zur Neuansiedlung von Einkaufszentren ein Problem aufzeigen, das viele Städte und Gemeinden im Saarland trifft. Wer von uns kennt dieses Gefühl nicht, durch das Zentrum einer saarländischen Stadt

zu laufen und sich zu fragen, warum Ladenlokale in bester Lage leer stehen. Es liegt nahe, einen Zusammenhang zwischen dem Sterben des Einzelhandels in den Stadtkernen und der Platzierung von überregionalen Warenhausketten in Innenstädten zu sehen. Der Einzelhandel in den Ortskernen scheint vom Aussterben bedroht. Doch muss man sich die Frage stellen: Zerstören Einkaufszentren wirklich den Einzelhandel?

Meine Damen und Herren, mit dieser Erklärung machen wir es uns zu einfach. Die genannten Gründe, warum es zu Geschäftsschließungen kommt, sind zu einseitig und zu pauschal. Das aufgeführte Argument, dass großflächige Betriebe allein für das Geschäftesterben verantwortlich sind, ist nur ein Teil von vielfältigen Gründen. Als mögliche Ursachen des Problems lassen sich unter anderem Nachfolgeprobleme, geändertes Einkaufsverhalten der Verbraucher, zu geringe Eigenkapitalausstattung der Unternehmen, persönliche Fehler von Unternehmern, fehlende Flächen in Ortszentren bis hin zu fehlenden Parkplätzen im Umfeld anführen. Das ist die Meinung zu diesem Problem, die uns der Landesverband Einzelhandel und Dienstleistung hierzu mitgeteilt hat.

Die Nachfolge ist nicht nur im Einzelhandel ein Problem. Viele kleine und mittelständische Unternehmen klagen darüber, dass es immer schwieriger wird, Nachfolger für Familienbetriebe zu finden. Häufig haben Kinder und Enkel von Unternehmerinnen und Unternehmern ganz eigene Pläne, wie sie ihr Leben und ihre Zukunft gestalten möchten.

Das geänderte Einkaufsverhalten der Verbraucher lässt sich gut in Zahlen nachvollziehen. Im Jahr 1990 haben Verbraucher noch über 40 Prozent ihres privaten Konsums im Einzelhandel getätigt, im vergangenen Jahr waren es nur noch 28,9 Prozent. Die Entscheidung des Verbrauchers ist somit ebenfalls eine Ursache für die Schwierigkeiten des Einzelhandels.

Die von Ihnen vorgeschlagene Maßnahme, Geschäfte auf 1.200 Quadratmeter zu beschränken, ist nicht zielführend. Mit einem Verbot von großflächigen Geschäften helfen wir dem Einzelhandel weniger. Wir behindern dadurch auch Warenhäuser, die ein Vollsortiment führen. Die Größenbeschränkung ist durchaus umstritten, wenn es um Ansiedlungen von Lebensmittelmärkten geht. Als Beispiel sei hier die Ansiedlung eines Lebensmittelvollsortimenters genannt. Dieser benötigt - egal, ob er im Zentrum oder außerhalb angesiedelt und betriebswirtschaftlich sinnvoll geführt werden soll - eine Verkaufsfläche von rund 1.500 Quadratmetern und ein Einzugsgebiet von rund 5.000 Einwohnern.

Die Diskussion über einen neuen Landesentwicklungsplan Umwelt, Teilbereich „Siedlung“, hat erst

(Abg. Kolb (SPD) )

begonnen. Darauf hat die Kollegin Kolb hingewiesen. Kammern und Verbände sind in diesen Prozess eingebunden. Auch der neue Entwicklungsplan sollte nicht in kommunales Recht eingreifen. Die kommunale Selbstverwaltung ist weiterhin gefordert und am Zuge. Das, was auch der Kollege Heinrich eindeutig ausgeführt hat, besagt, den Städten und Gemeinden muss so viel Vertrauen entgegengebracht werden, dass sie eigenständig entscheiden können, ob ein weiterer Supermarkt in ihrem Einzugsgebiet für die Handelsinfrastruktur sinnvoll ist oder ob die bereits ansässigen Geschäfte und Kaufhäuser durch ein weiteres Einkaufszentrum geschädigt werden.

Meine Damen und Herren, in Summe kann ich sagen: Ein kommunales Problem wurde erkannt, doch die von Ihnen gebotene Ursachenbeschreibung ist zu pauschal. Auch sind Ihre Maßnahmen nur unzureichend, da die genauen Ursachen nicht erkannt wurden. Als Parlament dürfen wir nicht über die Köpfe von Städten und Gemeinden hinweg regieren, dies im Sinne einer gut funktionierenden kommunalen Selbstverwaltung. Die Kompetenz der Kommunen muss gestärkt und nicht durch unsere Arbeit behindert werden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jochem. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Markus Schmitt von der B 90/GRÜNEN-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag, den wir hier und heute diskutieren, hat eine positive Zielsetzung. Frau Kolb hat schon angedeutet, dass es der SPD gefällt. Uns geht es nicht anders. Wir GRÜNEN teilen das Anliegen dieses Antrages im Kern, denn wir GRÜNE haben die Sinnhaftigkeit von Einkaufszentren auf der grünen Wiese schon immer angezweifelt. Wir stehen für sparsamere und nachhaltigere Flächennutzung. Wir bevorzugen die Revitalisierung und die Nutzung von Altflächen. Wir stehen für den Grundsatz der Innen- vor der Außenentwicklung. In all diesen Punkten gehen wir mit dem Antrag konform.

Es muss aber auch gesagt werden, dass der derzeitige Landesentwicklungsplan bereits vieles davon abdeckt. Wir alle wollen doch attraktive Innenstädte, die eine bunte Geschäftsstruktur bieten und ihren Bürgerinnen und Bürger vielfältige, gut sortierte Einkaufsmöglichkeiten bieten. In den Städten und Gemeinden des Saarlandes sollte Leben, Wohnen und Arbeiten in einem nachhaltigen Dreiklang stehen. Auf Wunsch ist eine gute gemischte Versorgung fußläufig, mit dem Fahrrad, mit dem ÖPNV oder wie auch immer zu erreichen.

Aber hier sind die Kommunen gefordert, weniger die Landesseite. Diese Debatte gehört in die Stadt- und Gemeinderäte unseres Landes, denn das, was wirklich notwendig ist und was wir wirklich brauchen, sind kommunale Einzelhandelskonzepte mit integriertem Leerstandsmanagement und entsprechende städtebauliche Entwicklungsszenarien.

Meine Heimatgemeinde bietet hier genügend Beispiele. Dem Ortskundigen wird der Leerstand seit der Schließung von Sinn-Leffers und der Arbeitsamtverwaltungsschule inmitten der schönen Innenstadt bekannt sein. Für all dies kann das Land nur die Rahmenbedingungen setzen. Der Rest liegt in der kommunalen Selbstverwaltung - beim Stadtrat oder beim Gemeinderat.

Unseren Teil der Aufgabe übernehmen wir gerne. Der Landesentwicklungsplan wird gerade von der Landesregierung neu erstellt. Wir GRÜNEN werden diesen Prozess aufmerksam begleiten. Wir gehen davon aus, dass sich die positiven Zielsetzungen dieses Antrages in diesem neuen Landesentwicklungsplan wiederfinden werden. Wie gesagt, die Richtung des Antrages können wir unterstützen, aber mit der Ausführung haben wir einige Probleme, die ich kurz zusammenfassen möchte.

Erstens ist mir die Feststellung des Antrages zu kategorisch. Würde diese Forderung so umgesetzt, dann gäbe es keine Einzelhandelsneuansiedlung im Saarland über 800 Quadratmeter mehr. Damit ist aber noch kein einziger zusätzlicher kleiner Einzelhändler im Saarland angesiedelt; damit ist noch kein Leerstand beseitigt und keine Versorgung des ländlichen Raumes gewährleistet. Ich darf noch ein Beispiel aus meiner Heimatstadt St. Ingbert bringen. Die Flächen Kaufpark und altes Hallenbad blieben leer und werden nicht weiterentwickelt. Diese Intention des Antrages kann ich sowohl als Kommunal- als auch als Landespolitiker nicht teilen.

Zweitens. Der Antrag hat einfach handwerkliche Mängel. Die unterstellte Gesetzgebungskompetenz haben wir in diesem Fall gar nicht. Meine Vorredner haben das mehrfach betont. Wenn wir uns außerdem diese Kompetenz anmaßen würden, würden wir damit zusätzlich eine über das Grundgesetz abgesicherte kommunale Planungshoheit verletzen. Dies sind nur zwei der wichtigsten Fehler in Ihrem Antrag.

Mein Fazit: Der Antrag ist gut gewollt, aber leider nicht gut gemacht. Meine Fraktion kann deshalb diesem Antrag nicht zustimmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

(Abg. Jochem (FDP) )

Das Wort hat nun die Ministerin für Umwelt, Energie und Verkehr, Dr. Simone Peter.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir noch kurz Stellung zu nehmen. Es wurden ja schon einige Bereiche angesprochen. Der Antrag fordert einerseits, dass im LEP-Teilabschnitt „Siedlung“ als Ziel und Grundsatz festgelegt werden soll, weitere Neuansiedlungen von Einkaufszentren und großflächig einzustufenden Einzelhandelseinrichtungen weder in zentralen noch in nicht zentralen Gemeindeteilen für unzulässig zu erklären. Auf der anderen Seite sollen die Gemeinden keine weiteren Sondergebiete für Einkaufszentren und großflächige Einzelhandelseinrichtungen ausweisen. Das ist widersprüchlich. Es kann grundsätzlich nicht gefordert werden, Ziel und Grundsatz gleichzeitig festzulegen.

Gesagt wurde schon, dass das Land den Gemeinden nicht generell verbieten kann, die Zulässigkeit von Einzelhandelsvorhaben mithilfe einer Bauleitplanung zu begründen. Mit einem solchen Verbot würde in unzulässiger Weise in die garantierte kommunale Planungshoheit eingegriffen. In diesem Zusammenhang möchte ich noch auf eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs des Landes NordrheinWestfalen vom August 2009 hinweisen, der zufolge bei einer Ausweisung von Standorten für FactoryOutlet-Center mit mehr als 5.000 Quadratmetern Verkaufsfläche nur in Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern das Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt wird. Ich denke, in einem vergleichbaren Fall würde auch bei uns ein solches Urteil ergehen.

Die Zulässigkeit von Bauvorhaben ist eine bodenrechtliche Frage. Die Kompetenz für das Bodenrecht fällt unter die konkurrierende Gesetzgebung. Hier fehlt uns also die Gesetzgebungskompetenz, sodass das Land keine abweichenden Anforderungen im Hinblick auf die Zulässigkeit großflächiger Einzelhandelsvorhaben normieren kann.

Schließlich möchte ich noch darauf hinweisen, dass bei der Europäischen Kommission derzeit ein Vertragsverletzungsverfahren betreffend raumordnerische Planungsvorschriften der Länder NordrheinWestfalen und Baden-Württemberg anhängig ist. Es geht konkret um die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsvorhaben. Nach Auffassung der Kommission verstoßen die raumordnerischen Vorschriften zur Steuerung des großflächigen Einzelhandels gegen die Niederlassungsfreiheit nach Artikel 43 des EG-Vertrags. Auch vor diesem Hintergrund würde sich eine weitere Einschränkung zumindest derzeit verbieten. Zwar bleibt der Ausgang des Vertragsver

letzungsverfahrens abzuwarten, aber ich schätze, dass wir hier nicht rechtmäßig handeln würden.

Grundsätzlich - das wurde in der Debatte jetzt schon mehrfach gesagt - halten wir am Prinzip der Innenvor der Außenentwicklung fest. Wir prüfen dabei sehr genau, ob eine Ansiedlung für die Innenstadtentwicklung förderlich oder kontraproduktiv ist. Im Rahmen der Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans werden wir bei der Zusammenfassung der Teilpläne „Umwelt“ und Siedlung“ sowie bei der Ergänzung durch die Bereiche „Mobilität“ und „Energie“ die Landesplanung bis 2013 darstellen, und bei der diesbezüglichen Debatte haben wir dann genügend Zeit und Möglichkeiten, die Ansiedlungsfragen noch einmal detaillierter zu diskutieren. - Danke schön.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme der Drucksache 14/277 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Dann stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 14/277 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt hat die Fraktion DIE LINKE, dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen sowie die SPD-Landtagsfraktion.

Wir kommen zu den Punkten 19 und 20 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion, der FDP-Landtagsfraktion und der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Zustimmungspflicht der Länder zur Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken - Festhalten am Atomausstieg - (Drucksache 14/279 - neu)

Beschlussfassung über den von der SPDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Kein Ausstieg aus dem Ausstieg Nein zu Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken! (Drucksache 14/281)

Zur Begründung des Antrags der Koalitionsfraktionen, Drucksache 14/279 - neu -, erteile ich Herrn Abgeordneten Hubert Ulrich das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der von der schwarzgelben Bundesregierung durchgesetzten Laufzeitverlängerung für die deutschen Kernkraftwerke ha

ben sich die Fraktionen der CDU, der FDP und der GRÜNEN im saarländischen Landtag auf einen gemeinsamen Antrag verständigt, dem der Koalitionsvertrag der Jamaika-Koalition in diesem Land zugrunde liegt. Wir haben in diesem Vertrag vereinbart, dass wir als Saarland am Atomausstieg festhalten wollen und dass das Saarland im Bundesrat sollte es dort zu einer entsprechenden Abstimmung kommen - gegen eine Laufzeitverlängerung stimmen wird. Das heißt: Das Saarland steht zum Atomausstieg, wie er von der rot-grünen Bundesregierung im Jahr 2002 vereinbart wurde.

Dies hat gute Gründe. Als Regierungsfraktion sind wir uns der Tatsache bewusst, dass eine Laufzeitverlängerung, die ja immerhin zwischen acht und vierzig Jahren liegen wird und in der Praxis bedeuten wird, dass die Kernreaktoren in Deutschland bis zum Jahr 2040 laufen werden - wenn man Reststrommengen überträgt, sogar bis zum Jahr 2050 -, auch Auswirkungen hier im Saarland haben wird, beispielsweise auf die saarländische Wirtschaft, beispielsweise auf die saarländischen Kommunen. Diese haben in dezentrale Kraftwerke der Spitzen- und Mittellasttechnik investiert. Wird die Laufzeit für Atomkraftwerke verlängert, können sie - ich sage bewusst „können“, weil es nicht unbedingt so sein muss - wirtschaftliche Probleme bekommen. Diese Gefahr steht im Raum. Darüber hinaus - auch das ist uns bewusst - wird mit dieser Laufzeitverlängerung die Einführung der erneuerbaren Energien bundesweit beeinträchtigt. Sie wird nach hinten geschoben. Auch dies hat wiederum direkte Auswirkungen auf die saarländische Wirtschaft. Zum Beispiel werden bei der Dillinger Hütte Stähle für Windkraftanlagen erzeugt. Werden jedoch weniger Windkraftanlagen gebaut, werden an die Dillinger Hütte weniger Aufträge vergeben.

Mit der Entscheidung der Bundesregierung, die Laufzeit für Kernkraftwerke um den genannten Zeitraum zu verlängern, kann die Geschäftsgrundlage vieler Investitionen im Saarland beeinträchtigt werden. Vor diesem Hintergrund fordern wir als Koalitionsfraktionen mit unserem Beschlussantrag die saarländische Landesregierung auf, die Verlängerung der Nutzung der Kernkraft abzulehnen. Das ist der eine Punkt. Zweitens wird von einigen Landesregierungen und Bundestagsfraktionen auch eine Klage gegen diese Laufzeitverlängerung und die Nichtbeteiligung des Bundesrates in dieser Angelegenheit in Erwägung gezogen. Unser Antrag hat zum Inhalt, dass auch die saarländische Landesregierung eine Klage in diesem Zusammenhang auf ihre Sinnhaftigkeit prüft. Vor diesem Hintergrund bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ulrich. - Zur Begründung des Antrags der SPD-Landtagsfraktion, Drucksache 14/281, erteile ich Frau Abgeordneter Anke Rehlinger das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Ulrich, Sie haben eben gesagt, das Saarland stehe zu dem Atomausstieg, wie er von Rot-Grün vereinbart worden sei. Ich habe, als Sie dies ausgesprochen haben, bei Ihren CDU-Kollegen ein Zucken in den Gesichtern gesehen. Dieses Zucken war möglicherweise auch der Grund dafür, dass Ihr Antrag in Absatz 2 eine Neufassung erfahren hat. Dort heißt es jetzt, man stehe zum Ausstieg auf der Grundlage des Koalitionsvertrags. Ich denke, das ist auch ein Hinweis darauf, wie die tatsächliche Gemengelage hier im Saarland aussieht.

(Zurufe der Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE) und Schmitt (CDU).)

Herr Ulrich, das werde ich Ihnen nachher ausführlichst erklären. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, der von der rot-grünen Bundesregierung ehedem mit den Atomkonzernen vereinbarte Kompromiss war ein gesamtgesellschaftlicher Kompromiss, eine Vereinbarung, die im Übrigen über das rot-grüne Lager hinaus Akzeptanz hatte und eine klare politische Vorgabe für die Zukunft gemacht hat. Diesen historischen Kompromiss nun aufzubrechen, kommt im Grunde genommen dem Öffnen der Büchse der Pandora gleich. Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Vorgehensweise der schwarz-gelben Bundesregierung ist töricht, leichtfertig und schließlich auch unverantwortlich.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das Ergebnis dieses Atomdeals schafft eine ganz klare Gewinner- und Verliererstruktur. Auf der einen Seite steht die sehr überschaubare Gruppe der Gewinner, nämlich die großen vier Atomkonzerne. Sie haben sozusagen den Jackpot geknackt. Für sie war der besagte Sonntag wie Ostern und Weihnachten zusammen. Ich bin mir sicher, nachdem die Kanzlerin sie persönlich telefonisch über das Ergebnis informiert hat, haben dort bestimmt die Sekt - oder besser Champagnerkorken geknallt. Immerhin spült ihnen die Bundesregierung mit ihrer Politik auf einen Schlag rund 60 Milliarden Euro zusätzliche Gewinne in die Kassen. Nicht umsonst schnellten auch die Aktienkurse der großen Vier einen Tag nach der Entscheidung in die Höhe.

Auf der anderen Seite steht eine sehr viel größere Gruppe, nämlich die Gruppe der Verlierer. Da sind zunächst einmal die Bürgerinnen und Bürger, vor allem aber auch die künftigen Generationen. Da ist die Umwelt, der Klimaschutz, da sind die erneuerbaren