Protokoll der Sitzung vom 13.04.2011

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat für die SPD-Fraktion die Kollegin Isolde Ries. Ich darf darauf hinweisen, dass noch 1 Minute und 39 Sekunden Redezeit zur Verfügung stehen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beginne mit der Lebensmittelkontrollbehörde. Herr Minister Hartmann, da haben Sie nicht richtig gelesen, denn in der Stellungnahme der Kontrollbehörde gibt es zwei verschiedene Passagen. Da geht es zum einen um normale und zum anderen um leicht verderbliche Lebensmittel. Und bei leicht verderblichen Lebensmitteln - das ist der zweite Absatz, den Sie zitiert haben - ist es in der Tat so, dass die Voraussetzungen noch strenger sind als bei normalen Lebensmitteln.

Der erste Passus ist nicht relativiert. Die Lebensmittelkontrollbehörde hat eindeutig gesagt, dass es nicht unproblematisch erscheine, wenn die bisherige Erlaubnispflicht in eine reine Anzeigepflicht umgewandelt werde. Das habe mit einem proaktiven Verbraucherschutz überhaupt nichts zu tun. Weiter führt die Behörde aus, dass im Bundesgaststättengesetz als Versagungsgrund für die Tätigkeitsausübung der fehlende Nachweis der lebensmittel- und hygienerechtlichen Kenntnisse habe herangezogen werden können. Das ist nicht geheilt. Was Sie zitiert haben, war der zweite Absatz, in dem es um leicht verderbliche Lebensmittel wie Hackfleisch und Wiener Schnitzel geht.

Das Nächste. Hier wurde geradezu triumphiert, wir hätten mehr Lebensmittelschulung als vorher. Vorher waren es fünf Stunden bei der IHK. Jetzt ist eine neue Schulung aufgelegt. In Beantwortung einer Anfrage von mir vom 23. März 2011 - die Antwort habe ich heute Morgen bekommen - hat das Ministerium aufgelistet, wie lange die heutige Schulung dauert: 235 Minuten. Das sind 3 Stunden und 55 Minuten, also gut eine Stunde weniger als früher.

Wenn ich Gastwirt bin, sehe ich im Gaststättengesetz nach. Wenn ich noch in zehn anderen Gesetzen nachsehen muss, was für mich Gültigkeit hat, wie soll ich da klarkommen?

(Zuruf.)

Ein Gesetz soll anwenderfreundlich sein, und dies war das bisherige Gesetz.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN. - Zurufe von den Regierungsfraktionen.)

Und von wegen Fehlinvestitionen. Ich will Ihnen noch eines sagen.

Frau Kollegin Isolde Ries, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident.

(Zuruf.)

In Neunkirchen gab es letztes Jahr 99 Bewerbungen für die Eröffnung einer Gaststätte. Davon wurden 15 Prozent abgewiesen. Für diese 15 Prozent müssen wir in Zukunft Schließungsverfügungen aussprechen, die viel aufwendiger sind, als wenn wir die Bewerber im Vorhinein warnen würden, um sie vor Fehlinvestitionen zu schützen.

(Beifall bei der SPD.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Von daher schließe ich die Aussprache.

Die Landtagsfraktionen von SPD und DIE LINKE haben mit der Drucksache 14/454 einen Gesetzentwurf zur Zweiten Lesung eingebracht. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Gesetzentwurf. Wer für die Annahme der Drucksache 14/454 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle dann fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 14/454 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen, dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft sowie Grubensicherheit hat mit der Drucksache 14/453 einen Abänderungsantrag zum Gesetzentwurf Drucksache 14/317 eingebracht. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Abänderungsantrag. Wer für die Annahme der Drucksache 14/453 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Abänderungsantrag Drucksache 14/453 mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen, abgelehnt haben die Oppositionsfraktionen.

Darüber hinaus haben die Koalitionsfraktionen mündlich beantragt, den Begriff „behinderte Menschen“, wie er beispielsweise in § 9 verwendet wurde, überall im Gesetz durch den Begriff „Menschen mit Behinderungen“ zu ersetzen und die entsprechenden grammatikalischen Anpassungen vorzunehmen. Wer dafür ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich kann feststellen, dass dieser Abänderungsantrag einstimmig, mit den Stimmen aller Abgeordneten, angenommen ist.

(Minister Dr. Hartmann)

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 14/317. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs Drucksache 14/317 in Zweiter und letzter Lesung - unter Berücksichtigung der angenommenen Abänderungsanträge - ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 14/317 unter Berücksichtigung der angenommenen Abänderungsanträge mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen, abgelehnt haben die Oppositionsfraktionen.

Wir kommen zu Punkt 10 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der SPDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Bestimmung von Mitgliedern für Ausschüsse des Landtages (Drucksache 14/450 - neu)

Ich eröffne die Aussprache. - Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Antrags Drucksache 14/450 - neu - ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich kann feststellen, dass der Antrag Drucksache 14/450 - neu - einstimmig, mit den Stimmen aller Abgeordneten, angenommen ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Ich unterbreche unsere Plenardebatte bis um 14.00 Uhr und wünsche allen einen guten Appetit.

(Die Sitzung wird von 13.05 Uhr bis 14.00 Uhr unterbrochen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Wir kommen zu Punkt 11 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Angemessene Entschädigung der Opfer von sexuellem Missbrauch in Einrichtungen der katholischen Kirche - das österreichische Modell zum Vorbild nehmen (Druck- sache 14/447)

Zur Begründung des Antrages erteile ich Frau Abgeordneter Heike Kugler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte

Gäste! Die verschiedensten Fälle von sexuellen Übergriffen auf Schutzbefohlene, die erst in vergangener Zeit aufgedeckt wurden, haben uns alle sehr betroffen gemacht. Eine solche Kindheit sollte in einem Land, das sich zu den unveräußerlichen Menschenrechten bekennt, eigentlich unmöglich sein. Der Staat hat sein Wächteramt bezüglich der jungen Menschen, die in sozialen Einrichtungen in Obhut gegeben wurden, allzu lange vernachlässigt. Die Fälle von sexuellen Übergriffen auf Schutzbefohlene haben uns alle sehr erschüttert. So sinnvoll es ist, die missbrauchten Menschen nicht erneut zu verletzen durch einen Gang vor Gericht, der langwierig ist, die Betroffenen immer wieder mit dem Missbrauch konfrontiert und diese schreckliche Erfahrung in die Öffentlichkeit zerrt, umso mehr muss das notwendige Augenmaß gewahrt werden.

Der vorliegende Antrag nimmt saarländische Fälle zum Anlass und beschränkt sich daher in seiner Stellungnahme auf die Vorschläge der Deutschen Bischofskonferenz. Auf ähnlich gelagerte Fälle oder Fälle in anderen kirchlichen oder staatlichen Einrichtungen sollen diese Maßstäbe übertragen werden. Dabei müssen wir immer im Auge behalten, dass das Leid von Missbrauchsopfern grundsätzlich nicht mit Geld aufgewogen werden kann. Ganz gleich, welche Summe hier gezahlt wird, in Zusammenhang mit dem vom runden Tisch gebotenen Geld sprechen viele Opfer von Unverschämtheit. Sie fühlen sich in die Enge getrieben und fürchten erneute Verletzungen, die nun ein möglicher Prozess und die damit verbundene Öffentlichkeit mit sich bringen. Die seelischen Verletzungen sitzen bei allen sehr tief.

Meine Damen, meine Herren, die letzten Vorschläge der Deutschen Bischofskonferenz anlässlich des runden Tisches scheinen für viele Betroffene nicht verständlich. Angedacht sind derzeit 5.000 Euro Entschädigung für die minderjährigen Opfer, die - so die ntv-News - unter dem Dach der katholischen Kirche Opfer sexuellen Missbrauchs wurden und deren Fall bereits verjährt sei. Aber die Misshandelten brauchen kein Trostpflaster, sondern den Versuch einer einigermaßen angemessenen Wiedergutmachung, der auch von den Betroffenen als anerkennende Wiedergutmachung nachvollziehbar ist. 5.000 Euro entsprechen etwas mehr als dem Monatsgehalt eines besseren Angestellten. Wir, die LINKE, glauben nicht, dass dies im Falle eines fortgesetzten Missbrauchs wirklich angemessen ist. Daher präferiert die LINKE eine Lösung, wie sie von der Opferbeauftragten der katholischen Kirche in Österreich, Frau Waltraud Klasnic, vorgebracht wurde.

Die österreichische Kronen-Zeitung vom 25. Juni 2010 berichtet, dass in Österreich Abgeltungen von 5.000 Euro bei leichten und bis zu 25.000 Euro bei schweren Fällen ausgezahlt werden sollen. Bei den

(Präsident Ley)

Summen orientiere man sich an der Rechtsprechung der vergangenen Jahre. Dabei hat die Kommission beschlossen, dass freiwillige Entschädigungsleistungen der katholischen Kirche über den durchschnittlichen staatlichen Sätzen liegen sollen. 5.000 Euro sind für die leichten Fälle vorgesehen. 15.000 Euro für mehrfache Übergriffe über einen längeren Zeitraum hinweg oder eine geringe Zahl an schwerwiegenden Übergriffen unter Gewalteinwirkung. Opfern von über mehrere Jahre fortgesetztem Missbrauch mit Verletzungsfolgen und/oder fortdauernden seelischen Schmerzen stehen laut KlasnicKommission 25.000 Euro zu. Das sind andere Sätze, als sie bei uns angedacht sind. Besonders in extremen Fällen will man auch diese Grenze überschreiten. Damit werden auch die unterschiedlichen Schicksale der zum Teil traumatisierten Opfer ansatzweise gewürdigt. Daher fänden wir es gut, wenn der saarländische Landtag die Deutsche Bischofskonferenz auffordern würde, ein entsprechendes Angebot zu unterbreiten. Ich bitte daher um die Zustimmung zu unserem eingereichten Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall von der LINKEN.)

Vielen Dank Frau Abgeordnete Kugler. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat nun Gisela Rink von der CDU-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sexueller Missbrauch an Kindern und Jugendlichen ist eine der furchtbarsten Straftaten, die es gibt. Wie viele Kinder in Deutschland sexuelle Gewalt erleiden müssen oder mussten, ist uns nicht bekannt. Auch die polizeiliche Kriminalstatistik kann darüber nur begrenzt Auskunft geben. Für das Jahr 2009 weist sie rund 15.000 Fälle von Kindesmissbrauch auf. Wir wissen alle, dies ist leider nur die Spitze des Eisbergs. Die Zahlen im Dunkelfeld sind erheblich höher.

Gerade Fachleute haben angesichts der öffentlichen Debatte immer wieder darauf hingewiesen, dass wir es mit einem gesamtgesellschaftlichen Problem zu tun haben, vor dem wir die Augen nicht verschließen dürfen. Daher wurde im vergangenen Jahr vonseiten der Bundesregierung die Einrichtung des runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich“ beschlossen. Ziel ist es, der gemeinsamen Verantwortung für einen verbesserten Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt gerecht zu werden.

Zur Mitwirkung an diesem runden Tisch wurden Vertreterinnen und Vertreter aus der Wissenschaft und

aller relevanter gesellschaftlicher Gruppen eingeladen, unter anderem der Kinder- und Opferschutzverbände, ein bundesweiter Zusammenschluss von Beratungseinrichtungen für Opfer, der Familienverbände, der Schul- und Internatsträger, der freien Wohlfahrtspflege, der beiden großen christlichen Kirchen, des Rechtswesens des Deutschen Bundestages sowie Vertreter aus Bund, Ländern und Kommunen.

Die Arbeit dieses Gremiums, das ich für sehr wichtig erachte, ist noch nicht abgeschlossen. Ich betone es ausdrücklich: Die Arbeit ist noch nicht abgeschlossen. In unterschiedlichen Arbeitsgruppen werden die Themen aufgearbeitet mit dem Ziel, dass sexualisierte Gewalt verhindert wird und betroffene Jungen und Mädchen Hilfe und Unterstützung erhalten. Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, das habe ich bereits erwähnt, ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Von den schlimmen Fällen, die im vergangenen Jahr öffentlich wurden, waren sowohl die katholische wie auch die evangelische Kirche betroffen, aber auch private und staatliche Schulen, Vereine, andere Institutionen und unter anderem auch DDR-Kinderheime. Auch dort gab es diese Fälle. Daher stellt sich mir beim Antrag der LINKEN die Frage, warum wir uns nur mit einer betroffenen Gruppierung befassen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Kugler (DIE LINKE) : Zuhören!)

Ich erlaube mir weiter die Frage, ob dies als saarländisches Parlament eigentlich unsere Aufgabe ist. Liegt das in unserer Zuständigkeit? Haben wir hier ein Eingriffsrecht? Anlässlich des Besuchs des Missbrauchsbeauftragten der katholischen Kirche, Herrn Bischof Dr. Stephan Ackermann, der sich dieser sehr schwierigen Aufgabe gestellt hat, sie meiner Meinung nach sehr gut meistert und sich dieser Aufgabe auch weiterhin widmet, erlaube ich mir die Frage, ob Sie diese Problematik mit ihm besprochen haben.

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) : Haben wir!)

Ich glaube, es wäre wichtig, diesen Austausch zu pflegen, anstatt hier heute einen Antrag vorzulegen, in dem wie gesagt nur eine Gruppierung angesprochen ist. Dies ist auch angesichts der Tatsache, dass es einen runden Tisch gibt, der die Arbeit noch nicht vollendet hat, und angesichts der Tatsache, dass Bischof Dr. Ackermann sich dieser Aufgabe sehr gut stellt und vieles für die betroffenen Menschen leistet, nicht nachzuvollziehen.

(Beifall bei der CDU.)

Wegen der Fragen, die ich eben hier erörtert habe, und der angesprochenen Probleme wird die CDUFraktion - das sage ich ganz deutlich - den Antrag der LINKEN nicht unterstützen.