Protokoll der Sitzung vom 21.09.2011

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Die Ministerpräsidentin hat den Kurs klar vorgegeben. Sie hat gesagt, wir, die Landesregierung, werden mit dem Rechnungshof zusammenarbeiten. Wir möchten das Fachwissen des Rechnungshofes nutzen, wenn es darum geht, die Vorgänge bei der Stiftung aufzuklären. Es geht aber auch darum, das Fachwissen des Rechnungshofes zu nutzen, wenn wir diese Gesetzesnovelle erarbeiten. Dabei möchte ich ausdrücklich sagen, dass wir den Rechnungshof als beratendes Organ gerne in Anspruch nehmen, aber wir tun dies auch im gegenseitigen institutionellen Respekt voreinander. Landesregierung, Landtag und Rechnungshof haben unterschiedliche Aufgaben. Es geht nicht um Umarmung und Vereinnahmung, sondern um Zusammenarbeit im Rahmen der institutionellen Gegebenheiten.

Annegret Kramp-Karrenbauer hat in ihrer Regierungserklärung am 24. August sehr klar gesagt, bei der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz und beim Bau des Vierten Pavillons gelten Offenheit und Transparenz. Das neue Gesetz, das vorgelegt wird, entspricht genau dieser Linie. Es entspricht genau dieser Linie, dass ich als erste Maßnahme im Amt des Kulturministers einen Stab in meinem Ministerium berufen habe, der die Aufgabe hat, Aufklärung zu betreiben. Es ist ein Stab zur Verwaltungsaufklä

(Minister Toscani)

rung, der im Rahmen der Rechtsaufsicht Dinge im Zusammenhang mit der Stiftung und dem Bau des Vierten Pavillons aufarbeitet.

Die erste Aufgabe für diesen Stab besteht darin, mögliche arbeitsrechtliche Schritte gegen den bisherigen Vorstand der Stiftung zu prüfen. Die Juristen haben den ausdrücklichen Auftrag, Optionen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Vorstand zu prüfen und auch, ob der Stiftung Regressansprüche zustehen.

Stichwort Transparenz. Ich habe ausdrücklich die Abgeordneten des Kulturausschusses und des Finanzausschusses eingeladen, sich persönlich ein Bild von der Baustelle des Vierten Pavillons zu machen. Damit tragen wir dazu bei, dass die Debatte sachlich geführt werden kann. Als Basis dafür ist es notwendig, dass Sie sich selbst einmal ein Bild von diesem Bauvorhaben machen.

Zur Transparenz gehört, dass wir so schnell wie möglich Öffentlichkeit und Landtag über den Stand der Dinge informieren. Ich habe deswegen den kommissarischen Vorstand, Prof. Grewenig, gebeten, morgen einen Zwischenbericht über bislang festgestellte Planungs- und Baumängel sowie Steuerungsdefizite vorzulegen. Dieser Bericht wird keine Spekulationen über mögliche Baukosten enthalten. Ich bin der Meinung, Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Ein Schritt nach dem anderen.

(Sprechen bei den Oppositionsfraktionen.)

Dass es zu einem Vertrauensverlust in Zusammenhang mit dem Bau des Vierten Pavillons gekommen ist, liegt auch daran, dass immer wieder neue Spekulationen über Wasserstände und Baukosten die Runde gemacht haben. Ich habe bisher ganz bewusst keine Zahl genannt. Ich nenne auch heute keine Zahl. Erst müssen wir die beiden Berichte abwarten. Es gibt den Controller, der von der Stiftung eingesetzt wurde. Er legt morgen einen Zwischenbericht vor, aber dieser Zwischenbericht ist noch kein Endbericht. Wenn der Endbericht des Controllers vorliegt, haben wir hoffentlich mehr Klarheit. Mehr Klarheit verspreche ich mir auch vom jetzt laufenden Rechnungshofbericht. Wir haben ja einen abgeschlossenen Rechnungshofbericht zur Haushaltsführung der Stiftung, der uns vorliegt. Es gibt jedoch einen weiteren Bericht des Rechnungshofs, der zurzeit in Arbeit ist und sich auf den Vierten Pavillon bezieht. Wenn uns der Controllerbericht der Stiftung und der zweite Rechnungshofbericht zum Vierten Pavillon vorliegen, haben wir eine Grundlage. Diese Berichte haben wahrscheinlich unterschiedliche Themenstellungen, aber beide zusammen werden uns die Möglichkeit geben, einen Status quo zu ermitteln, denn wir müssen wissen, wo wir stehen. Das ist der erste Schritt. Der zweite Schritt besteht dann darin, ein Handlungskonzept zu erarbeiten, um

den Vierten Pavillon innerhalb eines zuverlässig definierten Termin- und Kostenrahmens sowie in angemessener Qualität fertigstellen zu können. Ich sage ganz bewusst: Ziel der Landesregierung ist es, den Vierten Pavillon in angemessener Zeit, zu vertretbaren Kosten und in ästhetisch ansprechender Weise zu Ende zu bauen.

(Zuruf der Abgeordneten Ries (SPD).)

Im Moment werden ja durchaus einige Vorschläge gemacht. Sie gehen vom Rückbau bis zum Abriss. Ich sage ganz deutlich: Das ist kein Szenario für mich als Kulturminister und für die Landesregierung insgesamt. Damit würden wir bisher verausgabte Mittel vernichten, und alle Überlegungen hin zu einer Umnutzung würden auch dazu führen, dass wir wieder Kosten hätten, Veränderungskosten, die insgesamt zu Mehrkosten führen würden. Von daher geht es darum, den Bau dem Zweck zuzuführen, für den er ursprünglich geplant war: der modernen Gegenwartskunst unseres Landes eine Heimstätte zu geben. Kollege Schmitt hat ja völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz und damit das Land über eine ganz herausragende Sammlung verfügt. Es gibt zahlreiche Kunstschätze, die der Öffentlichkeit bisher nur unzureichend gezeigt werden können. Der Vierte Pavillon, sosehr er kritisiert wird, bietet die Chance, ein Museum des 21. Jahrhunderts zu gestalten, das nicht nur traditionelle Kunstliebhaber anzieht, sondern auch neuen Besuchergruppen die Möglichkeit gibt, moderne Gegenwartskunst zu besichtigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mein Ziel ist es, die Stiftung wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen. Aber so bedeutsam sie ist: Unsere saarländische Kulturlandschaft ist mehr als nur die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz. Ich nehme einmal das vergangene Wochenende. Am letzten Sonntag gab es zwei herausragende Konzerte: zum einen die Saisoneröffnung der Deutschen Radiophilharmonie mit ihrem neuen Dirigenten Karel Chichon, zum anderen und zur gleichen Zeit die Saisoneröffnung des Staatsorchesters mit dem neuen Generalmusikdirektor Professor Kamioka. Beides waren mitreißende Konzerte, Konzerte auf unglaublich hohem Niveau. Und wenn wir beispielsweise die Premiere von „Madame Butterfly“ hinzunehmen, die eine Woche vorher im Staatstheater stattgefunden hat und in Bezug auf Musik und Regie überaus gute Kritiken bekommen hat, dann können wir sagen: Innerhalb von nur einer Woche drei musikalische Highlights, drei Kulturereignisse der Spitzenklasse; dies zeugt von der Spitze unserer saarländischen Kulturlandschaft. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir bedauern ja oft, dass wir im Fußball nicht Erste Bundesliga spielen, aber wir können mit Fug und Recht sagen, dass wir zum Beispiel mit dem Saarländischen Staatstheater

(Minister Toscani)

und dem Rundfunkorchester in der ersten Liga der deutschen Kultur spielen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Land, das Saarland, ist ein reiches Land. Nicht finanziell, aber wir sind ein kulturell reiches Land.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat für die SPD-Fraktion Herr Abgeordneter Reinhold Jost.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zuallererst auf einen Punkt eingehen, und das ist ernst gemeint, Kollege Toscani: Ich biete Ihnen - auch als Vorsitzender des Haushaltsausschusses - jede Unterstützung an, wenn es darum geht, den Miststall auszuräumen, den wir hier in diesem Land mit dem Sinnbild Vierter Pavillon und Stiftung Saarländischer Kulturbesitz haben. Dieses Angebot gilt, und es gilt so lange, wie Sie gegenüber dem Parlament bemüht sind, die Affäre ehrlich und mit aufrechtem Gang aufzuarbeiten. Wenn Sie es ehrlich und aufrichtig meinen, haben Sie die Unterstützung des ganzen Parlaments.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wenn ich mir jedoch in diesem Zusammenhang ansehe, was an der einen oder anderen Stelle versucht wurde - auch gerade eben vom Kollegen Schmitt -, dann war ich schon dabei, den Präsidenten zu bitten, hier einen Ventilator einzuschalten, um die Schwaden der Nebelkerzen, die geworfen wurden, aus dem Raum zu bekommen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDU ist Teil des Problems, das sie sich selbst geschaffen hat. Wer in dieser Angelegenheit so mit dem Rechnungshof umgegangen ist, wer hier im Parlament immer mit dem Finger auf andere gezeigt hat, statt auch einmal darüber nachzudenken, ob man nicht vielleicht selbst Teil des Problems ist, der hat in dieser Situation wahrlich schlechte Karten. Aber diese Karten werden nicht dadurch besser, dass man Nebelkerzen wirft, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Wir finden hier einen Stall vor, der bis obenhin voll ist mit Mist. Wir haben es mit Steuergeldverschwendungen in höchstem Stil zu tun. Wir haben es mit Korruption zu tun, und wir haben es vor allen Dingen zu tun mit einem Umgang gegenüber einem verfassungsmäßig abgesicherten Instrument wie dem Rechnungshof, wie es ihn so noch nicht gegeben hat. Ich will nur eine kurze Passage zitieren; sie steht als Schlussbemerkung auf Seite 178 des Rechnungshofberichts vom Januar dieses Jahres: „In Anbetracht des Umgangs mit dem Rechnungshof

in seiner Gesamtheit und der Art und Weise, wie zu ausgesprochenen Empfehlungen Stellung genommen wurde, muss angenommen werden, dass die Betroffenen verkennen, dass es sich beim Rechnungshof des Saarlandes um das oberste Organ der Finanzkontrolle des Landes handelt. Ohne diesen Umstand überbewerten zu wollen, aber dennoch in dem Bewusstsein seiner unabhängigen Stellung kann der Rechnungshof ein solches Verhalten nicht hinnehmen.“ Sie haben es fertiggebracht, dass sich der Rechnungshof am Pranger gesehen hat und nicht diejenigen, die dort eigentlich hätten stehen müssen. Sie glaubten, den verantwortlich machen zu müssen, der die Skandale aufgedeckt hat, statt diejenigen, die sie verbockt haben, meine Damen und Herren. Das ist Kern des Problems und mit Kern des Skandals.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen. - Zuruf.)

Der Vierte Pavillon steht als Sinnbild für vieles. Er steht für mangelnde Aufklärungswilligkeit und völliges Versagen in personeller, organisatorischer, ich sage sogar auch gesetzgeberischer Hinsicht. Mittlerweile - das haben Kollege Schmitt, Kollege Hinschberger und sogar Kollege Ulrich in ihren Beiträgen zum Ausdruck gebracht - sind wir uns eigentlich alle einig, dass wir das, was wir in der Drucksache 14/ 578 - neu - als Antrag der Fraktionen der SPD und der LINKEN mit „Missmanagement zukünftig verhindern - Kontrolle verbessern“ überschrieben haben, tun müssen. Sie geben uns Recht. Jawohl, das ist genau das, was wir wollen. Sie sagen es ja sogar. Es wird ja auch geschrieben gegenüber dem Parlament. Wir müssen das Stiftungsgesetz auf neue Beine stellen, wir müssen die Strukturen verändern. Sie geben uns Recht in allem, was wir sagen. Es gibt nur ein Problem: Der Antrag kommt von der SPD und der Linkspartei; deswegen kann er nicht angenommen werden.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das ist natürlich auch ein Stück weit Denkweise. Es macht Sie aber nicht unbedingt glaubwürdiger. Wenn Sie der Auffassung sind, dass aufgeräumt werden muss, dass in diesem und jenem Bereich angesetzt werden muss, wie wir es richtig umschrieben haben, dann nehmen Sie das doch zum Anlass für eine Willensbekundung, die dem Rechnung trägt! Alles andere setzt Sie wieder dem Verdacht aus, dass Sie nur auf Zeit spielen, um die Angelegenheit der Vergesslichkeit anheimfallen zu lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Kollege Hinschberger, wir haben in den vergangenen Monaten über dieses Thema heftig diskutiert, und ich weiß, dass auch Sie Kritik immer dort angebracht haben, wo sie notwendig war - ohne Schonung von Personen. Ich sage Ihnen aber auch: Das

(Minister Toscani)

Zitieren aus der Regierungserklärung entbindet nicht von der Aufarbeitung des Skandals, um den es hier geht. Sie sind nach dem Motto verfahren: Es ist nicht gut gelaufen, wir haben Fehler gemacht. Früher ist man in die Kirche zum Beichten gegangen, und dann war das Thema erledigt. Nein, wer glaubt, dass mit einer Entschuldigung nach dem Motto „Deckel drauf und Schluss“ verfahren werden kann, wird dem Problem nicht gerecht. Wir haben hier ein Problem. Wir haben einen Skandal, der für Verschwendung, Korruption und Versagen von Kontrollmechanismen steht wie kein anderer. Ich habe gedacht, Gondwana sei nicht zu toppen. Ich hab mich mit dem Vierten Pavillons eines Besseren belehren lassen müssen.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Ich sage ganz bewusst, dass die Fakten auf dem Tisch liegen. Kollege Ulrich, es geht nicht um Vorverurteilung.

(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Nein, nie! Natürlich nicht! - Abg. Pauluhn (SPD): Sie sollten mal die eigene Pressemitteilung lesen!)

Kollege Ulrich, ich wollte es Ihnen eigentlich ersparen. Man muss sich nur einmal vor Augen führen, dass heute gesagt wurde, es seien große Fehler gemacht worden, Melcher sei auch ein Teil des Problems, es sei zu Versagen gekommen. Ich darf einmal etwas vom September letzten Jahres zitieren. Da hat der Kollege Ulrich gesagt: Die Gutachten der Wirtschaftsprüfer und das Votum des Kuratoriums sehen eine massive Entlastung von Melcher. Gestern noch Paulus, heute Saulus. Sie sind wirklich schneller als jeder Ratzeburger Achter, wenn es um das Zurückrudern geht.

(Starker Beifall von den Oppositionsfraktionen. - Unruhe.)

Ich sage Ihnen, wenn Sie es ernst meinen, dann schmeißen Sie Melcher hinaus. Wenn Sie es ernst meinen, nehmen Sie den Projektsteuerer in Regress. Wenn Sie es ernst meinen, ändern Sie das Stiftungsgesetz. Das wollen Sie? - Dann können Sie das heute mit Ihrer Zustimmung zu unserem Antrag zum Ausdruck bringen. Alles andere ist nur eine Verlängerung des Hängens und Würgens, das Sie hier abhalten, und wird dem Thema und dem Skandal nicht gerecht.

(Anhaltender Beifall von den Oppositionsfraktio- nen.)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Annahme der Drucksache 14/578 - neu ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle

fest, dass der Antrag Drucksache 14/578 - neu - mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen bei Ablehnung der Koalitionsfraktionen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Ich unterbreche unsere Sitzung bis um 13.45 Uhr und wünsche allen einen guten Appetit.

(Die Sitzung wird von 12.44 Uhr bis 13.45 Uhr unterbrochen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen unsere unterbrochene Sitzung fort.

Wir kommen zu Punkt 11 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Keine Amnestie für Steuerflucht (Drucksache 14/574 - neu)

Zur Begründung des Antrags erteile ich Herrn Abgeordneten Prof. Dr. Heinz Bierbaum das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute findet die Unterzeichnung des Steuerabkommens zwischen Deutschland und der Schweiz statt. Insofern haben wir das gut getimt. Allerdings reicht diese Unterzeichnung nicht aus, sondern das Abkommen muss durch Bundestag und Bundesrat noch ratifiziert werden.

Wir sind der Auffassung, dass dieses Abkommen schlecht ist. Es stellt einen Rückfall bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung dar. Wir wollen, dass der Landtag sich gegen dieses Abkommen ausspricht und die Landesregierung auffordert, im Bundesrat dagegen zustimmen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)