Protokoll der Sitzung vom 15.02.2012

Ich gehe davon aus, Herr Minister, dass alle Standorte errichtet werden. Sie müssen auch errichtet werden. Daran kann es keinen Zweifel geben, gleichgültig, ob nach dem alten oder dem neuen Gesetz verfahren wird. Es geht aber sehr wohl um die Frage, wie es mit dem geordneten Schulbetrieb aussehen wird. Dafür schafft ein neues Gesetz doch einfach auch die Grundlage.

Wie kann es weitergehen? Wir haben jetzt bereits vier Monate gebraucht, um dieses Verfahren zu diskutieren. Wie soll denn die rechtzeitige Verabschiedung nach der Landtagswahl noch möglich sein? Es wird eine gewisse Zeit nichts geschehen, weil Koalitionsverhandlungen zu führen sind. Das ist doch ganz normal! Diese Dinge müssen dann noch einmal abgestimmt werden, das ist verbunden mit anderen Veränderungsmöglichkeiten. Es wird eine interne Anhörung geben, dann eine externe Anhörung. Es wird eine Erste Lesung geben, eine Anhörung im Ausschuss, eine Zweite Lesung im Plenum. Das wird innerhalb der kurzen Zeitspanne bis Schuljahresbeginn niemals zu schaffen sein.

Warum, bitte schön, machen wir das nicht jetzt? Warum schaffen wir jetzt nicht einfach die gebotene Sicherheit? Es geht um einen letzten Baustein eines in sich völlig abgestimmten Konzeptes, eines Konzeptes, das durchgerechnet ist, eines Konzeptes, bei dem es keine Schwierigkeit darstellen würde, die Mindestschülerzahl, die Sie vorsehen, aufzunehmen. Das ist bei der derzeitigen Anmeldesituation, bei der derzeitigen Entwicklungssituation überhaupt kein kritischer Punkt.

Ich bin froh, dass wir diese Debatte heute führen; gestern war ja Anmeldeschluss für diese Schulen. Es geht mir nicht um Verunsicherung, sondern einfach um Klarheit. Es geht mir darum, der Verantwortung gerecht zu werden, die wir haben - dies völlig unabhängig von dem Aspekt, dass die Koalition geplatzt ist. Es geht um die Verantwortung für einen Prozess, der ein sehr ehrgeiziger Prozess war und ist. Wir haben über eine Verfassungsänderung eine neue Schulform begründet. Es geht darum, das rechtzeitig hinzubekommen, inklusive der Information der Lehrer, inklusive der Information der Eltern, inklusive der Fortbildungsangebote, mit all diesen Dingen. Es ist nicht gerechtfertigt, diesen Prozess noch einmal zu stoppen. Es ist nicht gerechtfertigt, noch Fragezeichen im Raum stehen zu lassen - ob die Zügigkeit tatsächlich abgeschafft wird, wie es um die Beteiligung der Träger bei der Schulentwicklungsplanung bestellt sein wird.

Ich finde, die Menschen in diesem Lande haben einen Anspruch darauf, dass wir ihnen Inhalte prä

(Abg. Dr. Hartmann (FDP) )

sentieren. Es ist keine Bürgermeisterwahl! Es ist eine Landtagswahl! Es geht nicht um Haltungsnoten, sondern es geht um Inhalte und es geht um Mehrheitsverhältnisse! Von daher haben sie einen Anspruch darauf, zu erfahren, was hier Sache ist, wie es konkret aussieht.

Herr Commerçon, Sie sagen, Sie wollen an der Zügigkeit festhalten. Dann müssen Sie es auch sagen! Oder stimmen Sie doch bitte diesen Dingen zu. Sie haben im nächsten Bildungsausschuss hierzu noch mal die Chance und wir werden Ihnen diese Chance noch mal einräumen im Rahmen der nächsten Plenarsitzung. Bitte nutzen Sie sie. Wir sind gern bereit, über das ein oder andere nachzudenken.

Außerdem sind auch andere gesetzliche Regelungen nichts, was in Blei gegossen wäre. Auch da gibt es immer noch gesetzliche Möglichkeiten für Veränderungen, wenn sich bestimmte Voraussetzungen verändern oder wenn man meint, man muss das ein oder andere nachregulieren. Dafür braucht man dann aber unter Umständen erst eine Haushaltsberatung, eine genaue Berechnungsgrundlage, damit man weiß, wie es aussieht mit Lehrerstellen, mit Schülerzahlen oder was die Schulträger beitragen können. Sie vergeben sich nichts. Von daher kann ich Sie nur noch einmal bitten: Stimmen Sie zu! - Vielen Dank.

(Beifall von B 90/GRÜNE und bei der FDP.)

Das Wort hat für die Sozialdemokraten der Abgeordnete Ulrich Commerçon.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In aller Ruhe sollten wir zwei Dinge auseinanderhalten. Das eine ist die formale Seite, das andere ist die inhaltliche Seite. Formal ist es so - das hat der Staatssekretär auch gesagt -: Es gibt eine Regelungslücke in der derzeitigen Rechtslage; die Einrichtung der Gemeinschaftsschule zum nächsten Schuljahr kann nicht auf dem Verordnungswege gemacht werden. Deswegen muss es auf dem Erlasswege gemacht werden. Das ist mit einem großen Aufwand für das Ministerium verbunden, die müssen dort hart arbeiten. Es gab auch andere Fälle dieser Art.

Wir haben angeboten, dass wir diese Regelungslücke schließen. Dafür hat sich offenkundig keine parlamentarische Mehrheit gefunden. Diese Regelungslücke kann aber jetzt geschlossen werden - auf dem komplizierten Wege. Insofern sollten wir die formale Sache jetzt auf sich beruhen lassen. Es gibt von niemandem in diesem Hause auch nur den geringsten Zweifel daran, dass die Gemeinschaftsschule zum nächsten Schuljahr kommt und dass sie

an allen Standorten der bisherigen Erweiteten Realschulen und der bisherigen Gesamtschulen eingerichtet wird. Also diese formale Sache ist problemlos zu regeln. Es wäre hübscher und schöner gewesen, wenn man es anders hingekriegt hätte, das war aber nicht möglich. Das ist jetzt aber auch kein großes Drama.

Dann gibt es, und da haben Sie recht, Frau Kollegin Willger und Frau Kollegin Spaniol, die inhaltliche Seite. Da von Zickzack-Kurs zu sprechen, ist schon lustig. Zickzack-Kurs hieße, dass man seine Linie verließe. Ich kann Ihnen sagen, was Sie in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD zu Beginn dieser Legislaturperiode alles gefordert haben. Wir müssen das Protokoll vielleicht irgendwann mal veröffentlichen, vielleicht noch vor der Wahl. Als wir gefordert haben: „Höchstens 25 Schüler in einer Klasse", haben Sie gesagt: „Nein, nur 23" - oder 22, ich weiß die genaue Zahl nicht mehr, das muss ich mir noch mal ankucken.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Das stimmt nicht.)

Als wir gefordert haben: „Da müssen so-und-so-viele Lehrerstunden rein“, haben Sie gesagt: „Das müssen doppelt so viele sein.“

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Wir machen ja auch jetzt keine große Koalition.)

So waren die Verhandlungen damals! Der Unterschied ist: Wir haben uns damals nicht durchsetzen können gegenüber der sogenannten Jamaika-Koalition. Wir haben uns deswegen entschieden: Wenn wir uns in den Inhalten nicht durchsetzen, wenn wir es nicht schaffen, auch ins Schulordnungsgesetz hineinzuschreiben, dass Klassen grundsätzlich nicht größer sein sollen als 25, wenn wir es nicht schaffen, dafür zu sorgen, dass Inklusion auch im Gesetz geregelt wird, wenn wir es nicht schaffen, zum Beispiel bei der Lehrerbesoldung eine Regelung gesetzlich zu vereinbaren, die dafür sorgt, dass künftig die Lehrämter gleich besoldet werden, wenn wir es nicht schaffen, vorher Klarheit darüber zu schaffen, in welchem Schulentwicklungsplan welche Schulstandorte auf Dauer erhalten bleiben, wenn wir es nicht schaffen, beispielsweise die Kostenbeteiligung für die Kommunen wegzukriegen, dann können wir der Verfassungsänderung nicht zustimmen. Wir sind der Auffassung, da muss nachgesteuert werden, um die Gemeinschaftsschule dauerhaft zum Erfolg zu bringen. Wir wollten, dass eine Verfassungsänderung gemeinsam mit dem Schulordnungsgesetz und mit dem übrigen Schulrecht hier in das Haus eingebracht wird. Das ist damals von der Regierung abgelehnt worden. Die Regierung hat sich damals der Stimmen der Linksfraktion bedient, um die Verfassungsänderung doch durchzukriegen.

Sie stellen jetzt im Nachhinein Forderungen, die Sie damals nicht durchgesetzt haben, und werfen uns

(Abg. Willger (B 90/GRÜNE) )

einen Zickzack-Kurs vor! Liebe Kollegin Barbara Spaniol, Sie sollten sich wirklich überlegen, ob das ein gradliniger Kurs ist.

(Beifall von der SPD. - Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Wir machen ja auch keine große Koalition. Wir würden es ja mit euch machen.)

Wir sind an keiner einzigen Stelle von unseren Punkten abgewichen. Wir fordern heute das Gleiche wie damals, liebe Kolleginnen und Kollegen. Und wir haben eben nicht ohne Not zugestimmt. Sie hätten es damals in der Hand gehabt, das alles mit durchzusetzen, wenn Sie an dieser Stelle nicht kurzfristig auf den populistischen Erfolg gesetzt hätten, schnell irgendwie mal die Sozis auszustechen.

(Protest von der LINKEN. - Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Die Resonanz bei den Eltern gibt uns recht, Herr Kollege.)

Das genau fällt heute auf Sie zurück.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Das war richtig.)

Auch an dieser Stelle zeigt sich: Sie sind schlichtweg nicht für Regierungsverantwortung in diesem Lande zu gebrauchen, weil Sie nicht zuverlässig sind.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Wir haben landespolitische Verantwortung übernommen.)

Das ist nämlich der entscheidende Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von der SPD.)

Deswegen sage ich auch ganz deutlich: Auf dem formalen Wege kriegen wir das alles hin und auf dem inhaltlichen Wege gibt es klare Differenzen zwischen der CDU und der SPD in diesem Land.

Die Kollegin Willger ist gerade rausgegangen; ich wollte ihr eigentlich antworten, aber sie kann es später im Protokoll nachlesen, ich habe auch noch etwas Schriftliches für sie, das lege ich ihr auf den Platz. - Wir sind in der Diskussion über unser Regierungsprogramm, das wird endgültig am 09. März verabschiedet. Da stehen genau die Dinge drin, die wir in den letzten Jahren gesagt haben. Darum wird es in den nächsten Wochen gehen. Es wird darum gehen, ob die Menschen in diesem Land wollen, dass es im Bildungsbereich künftig kleinere Klassen gibt, dass es eine wirkliche Unterrichtsgarantie gibt, dass wirklich sichergestellt wird, dass kleinere Schulstandorte perspektivisch eine Chance haben,

(Abg. Kugler (DIE LINKE) : Und das in einer großen Koalition?)

dass die Gemeinschaftsschule personell so ausgestaltet wird, dass sie zumindest in der Übergangsphase vernünftige Deputate hat, um das Konzept durchzusetzen, wie es Sozialdemokraten damals bei

der Einführung der Gesamtschule gemacht haben. Wenn die Menschen das wollen, haben sie eine klare Aussage seitens der SPD. Und diejenigen, die das wollen, müssen ihr Kreuz am 25. März einfach nur bei der SPD machen.

(Oh! und Sprechen bei der LINKEN. - Abg. Ensch-Engel (DIE LINKE) : Das wird so sein wie bei der Mehrwertsteuer.)

Und wenn die dann ganz vorne ist und diese Wahl gewonnen hat, kann sich die Bevölkerung auch darauf verlassen, dass das, was außen drauf steht, auch wirklich innen drin ist.

(Abg. Schramm (DIE LINKE) : Das hat man ja bei der Mehrwertsteuer gesehen. - Weitere Zurufe von der LINKEN.)

Das wird der entscheidende Punkt sein. Die Menschen in diesem Land entscheiden über die Politik nach dem 25. März,

(Abg. Schramm (DIE LINKE) : Gott sei Dank!)

nicht irgendwelche Reden, die hier gehalten werden. Die Menschen haben das in der Hand. Genau darum wird es am 25. März gehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, und um nichts anderes. - Ich

Herr Kollege Commerçon, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Huonker?

danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD.)

Das Wort hat für die CDU-Fraktion Herr Fraktionsvorsitzender Klaus Meiser.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst darf ich beantragen, dass wir die Anträge in den Ausschuss verweisen und will auch begründen, warum. Damit wird auch klar werden, Frau Kollegin Willger, dass Sie hier Dinge an die Wand malen, die so nicht der Wahrheit entsprechen.

Das Schulordnungsgesetz wird in Kraft treten zum 01. August 2012 - früher sowieso nicht. Das steht auch in dem Gesetz, das in Erster Lesung verabschiedet wird. Insofern gibt es keine Dramatik. Das Gleiche wird der Fall sein für die Verordnungen. Ich will es noch mal wiederholen: Ob wir nun auf dem ein oder auf dem anderen Weg die Schulen einrichten, es wird rechtssicher geschehen. Das Bildungsministerium wird nicht überfordert sein, wenn es genauso wie 1996, als sämtliche Erweiterten Realschulen per Erlass eingerichtet worden sind, auch

(Abg. Commerçon (SPD) )

diesmal die Gemeinschaftsschule per Erlass einrichten wird. Ich glaube, mit den Textbausteinen und der neuen Art, wie man das heute schreibt - nicht mehr mit TippEx - wird das auch sehr einfach möglich sein. Da wird eine Dramatik an die Wand gemalt, die völlig unglaubwürdig ist.

(Beifall bei der CDU.)