Protokoll der Sitzung vom 21.03.2012

Zur Begründung des Antrages der CDU-Landtagsfraktion, Drucksache 14/723, erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzendem Klaus Meiser das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann die Enttäuschung des Kollegen Jost verstehen, wenn man morgens in einen Untersuchungsausschuss geht und meint, der Generalangriff auf die Regierungschefin werde heute gestartet, und am Ende des Tages klar ist: Es hat keiner getäuscht,

(Lachen bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

es ist alles so geschehen, wie es in Ordnung war, und nichts von den Vorwürfen ist übriggeblieben.

(Beifall bei der CDU.)

Imposant sind auch Ihre Schlussfolgerungen aus dem eben mit großen Worten dargestellten Skandal an die Adresse der Ministerpräsidentin, sie möge das in Zukunft ernst nehmen. Das ist ganz toll, das ist ein parlamentarisches Mittel, das ich bisher noch nicht kennengelernt habe. Also sind Sie insofern doch in der Lebenswirklichkeit angekommen, dass Sie ab Sonntag über die Dinge dann noch mal nachdenken müssen, wie sie ihre Richtigkeit haben. Und deshalb will ich noch mal ein paar Punkte hier klarstellen.

Punkt 1. Ich appelliere immer wieder an alle Verantwortlichen, also auch an das Parlament, in der gesamten Diskussion um das Thema Vierter Pavillon darf und soll nicht untergehen, dass der Vierte Pavillon selbst ein sinnvolles, positives und gutes Projekt in der Kultur für unser Saarland ist. Ich erinnere daran, es gab großes Einvernehmen zwischen allen Parteien und im Kuratorium, dass wir für die hervorragenden Sammlungen, die wir im Saarland haben deutschlandweit kann sich das sehen lassen -, einen Vierten Pavillon brauchen, weil wir bisher nur 9 Prozent unserer Bilder ausstellen können. Überhaupt nicht angesprochen wurden die Wechselausstellungen. Der Vierte Pavillon wird es möglich machen, bis zu 20 Prozent der Bilder auszustellen. Meine große Bitte ist, dass dies in der Diskussion nicht verloren geht. Die Schlussfolgerung, die wir dann ziehen, ist, dass dieses Projekt sinnvoll ist und fertiggestellt werden soll.

(Beifall bei der CDU.)

Ich will noch etwas sagen. Es ist sicherlich zutreffend, dass der Start in dieses Projekt ein Fehlstart war. Es ist zutreffend, dass es nicht klug war, ohne belastbare Zahlen zu schätzen, dass ein solcher Pavillon 9 Millionen plus x kosten kann und so, wie das für mich nachvollziehbar ist, die Preise für Büroräume anzusetzen. Das war nicht klug. Das hat dem gesamten Projekt nicht gut getan. Ich denke, der Projektsteuerer Marx, der diese Kostenberechnung gemacht hat, ist in seiner Qualifikation inzwischen erkannt. Auch dieser Projektsteuerer ist einvernehmlich auf die Reise geschickt worden von einem Kuratorium, dem auch Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten angehören. Ich will das heute noch einmal in aller Deutlichkeit sagen, vor allen Dingen vorbeugend auf den Reflex der Kollegin Ries, wenn ich den Namen Britz nenne. Wer einem Aufsichtsrat angehört und nicht teilnimmt, hat trotzdem Verantwortung. Das muss man in aller Klarheit sagen.

(Abg. Jost (SPD) )

(Beifall bei der CDU. - Zuruf der Abgeordneten Ries (SPD).)

Deshalb tun Sie hier nicht so, als hätten Sie überhaupt nichts mit den Dingen zu tun. Sie haben das Stiftungsgesetz mit beschlossen. Sie haben mit Frau Britz und Herrn Burkert im Kuratorium gesessen. Wenn Frau Britz - wie so oft - nicht da war, dann war der Herr Schrader von der FDP da. Auch das sage ich präventiv in Richtung Herrn Hartmann, der ja noch vor wenigen Wochen zum Thema Vierter Pavillon gesagt hat: Nach dem, was ich jetzt nachvollzogen habe, hat das alles seine Ordnung und ich kann das prima mittragen. Er ist sofort in die Rolle des Oppositionsführers geschlüpft und wird hier und heute noch einmal den großen Auftritt in dieser Richtung haben. Deswegen sage ich Ihnen in aller Klarheit, dass -

(Lautes Sprechen. - Zuruf des Abgeordneten Hinschberger (FDP).)

Kollege Hinschberger, die Erkenntnisse der FDP habe ich zweieinhalb Jahre lang erleben dürfen. Ich will mich heute dazu nicht mehr äußern. Das wäre pietätlos angesichts der letzten Sitzung vor den Wahlen.

Heute sollte ein weiterer Punkt nicht verloren gehen, wenn der Rechnungshof zitiert wird. Kollege Jost, der Rechnungshof hat ganz klar und deutlich gesagt, das, was jetzt steht und gebaut ist, ist nach unserer Auffassung 24 Millionen wert. Insofern wird permanent der Eindruck erweckt, als sei ein Gebäude, das nur 9 Millionen wert ist, für 24 Millionen hingestellt worden. Das ist falsch. Richtig ist, dass die ursprüngliche Schätzung viel zu niedrig war. Richtig ist aber auch, dass die Fachleute in aller Klarheit sagen, dieser Pavillon ist 24 Millionen wert. Insofern geht es bei den Skandalen um die Kostenmehrungen beim Projektsteuerer und so weiter, alles, was Sie schon kennen. Kollege Jost, deshalb kann ich gerade mit Blick auf diejenigen, die Sie heute und im Untersuchungsausschuss als Kronzeugen zitieren, nur sagen: Die Peinlichkeit ist nicht mehr zu steigern.

(Beifall bei der CDU.)

Diejenigen, die in diesem Bereich entweder schon verurteilt sind oder gegen die ein Ermittlungsverfahren läuft oder die wegen Vorteilsnahme oder Untreue vor Gericht stehen, werden jetzt von Ihnen zitiert als die Kronzeugen in dieser Frage. Ich glaube, dass die Glaubwürdigkeit dieser Zeugen beeindruckend vor Gericht belegt ist. Das Gericht hat es nicht einmal für notwendig erachtet, die dümmlichen Vorwürfe gegenüber der Ministerpräsidentin vor Gericht zu klären, weil gesagt worden ist, es ist absolut unglaubwürdig, wir brauchen sie gar nicht als Zeugin. Die Dinge stehen für das Gericht so fest. Auch das muss heute wieder klar gesagt werden.

(Beifall bei der CDU.)

Lassen Sie mich zur Rolle der Ministerpräsidentin in dieser Frage kommen, als sie noch Kulturministerin war. Punkt 1 - ich darf es wiederholen -, die Konstruktion der Stiftung ist eine gemeinsam entwickelte; die haben wir damals für richtig gehalten. Alle haben gemeinsam darauf verzichtet, das Vieraugenprinzip einzuführen, aus Sparsamkeitsgründen. Das ist grotesk aus heutiger Sicht, aber das haben alle gemeinsam gemacht. Dort können Sie sich also nicht aus der Verantwortung stehlen.

Sie waren im Kuratorium vertreten - ich wiederhole es - mit der Oberbürgermeisterin der Stadt Saarbrücken und mit Michael Burkert, der früher Stadtverbandspräsident war. Sie sind dort in der Mitverantwortung. Kollegin Ries, auch wenn Sie es nicht begreifen wollen, das Schwarze sind die Buchstaben. Schauen Sie sich das Kuratorium an. Das ist so.

(Beifall bei der CDU. - Sprechen und Lachen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich jetzt auf den Kernpunkt der Vorwürfe kommen. Wir hatten als Ausgangspunkt eine Schätzung von 9 Millionen für reine Baukosten plus Baunebenkosten. Die Ministerpräsidentin hat in ihrer Eigenschaft als Kulturministerin beim ersten Spatenstich reine Baukosten - so hat sie es expressis verbis genannt - und Baunebenkosten mit 14,5 Millionen benannt und hat dann weitere Kostenfaktoren genannt, ohne sie zu beziffern. Dies für sich allein gesehen könnte man ja, selbst wenn man nicht böswillig ist, Herr Kollege Jost, als einen Versuch deuten, weitere Kosten nicht so genau zu benennen.

Wenn aber dann vor den Wahlen - urkundlich in den Ausschussprotokollen belegt - in Abstimmung mit der Kulturministerin der Finanzstaatssekretär Wack vor den Wahlen die 14,5 Millionen plus die weiteren Kostenfaktoren, die die Kulturministerin beim Spatenstich benannt hatte, beziffert und dann die Zahlen korrekt kommuniziert, dann ist es eine Frechheit, hier weiterhin diffamierend in den Raum zu stellen, die Ministerpräsidentin hätte als Kulturministerin vor den Wahlen über die Kosten täuschen wollen. Das ist eine glatte Lüge! Jetzt können Sie gerne klatschen.

(Beifall bei der CDU. - Zurufe von der SPD.)

Das ist eine glatte Lüge! Das ist eine Unverschämtheit! Kollege Jost, deshalb haben Sie recht. Ich unterstreiche das, was Sie gesagt haben. Die Wählerinnen und Wähler können am Sonntag genau in dieser Frage darüber entscheiden, wer glaubwürdig oder nicht glaubwürdig ist. Annegret Kramp-Karrenbauer hat nämlich schon im November gesagt - ich glaube, das war gut und richtig so -, wie die Abläufe waren. Sie hat das ganz korrekt und für die Öffent

(Abg. Meiser (CDU) )

lichkeit nachvollziehbar dargestellt. Ich habe den Eindruck, die Öffentlichkeit hat es auch verstanden.

Nachdem ich klar festgestellt habe, es ist vor den Wahlen von Annegret Kramp-Karrenbauer in keiner Weise getäuscht worden - das muss man immer im Zusammenhang sehen -, komme ich zum nächsten Punkt.

(Sprechen und Lachen bei der SPD und der LIN- KEN.)

Sie hat als Ministerpräsidentin deutlich gemacht: Ich werde dafür sorgen, dass die Dinge aufgeklärt werden und dass die notwendigen Konsequenzen gezogen werden. Ich will nicht vergessen, dass auch Karl Rauber in seiner Eigenschaft als Kulturminister alle rechtlich möglichen Konsequenzen - das ist hier schon diskutiert worden - gezogen hat bis hin zur Entlassung von Herrn Melcher.

Schauen Sie sich an, was der heutige Kulturminister Stephan Toscani im Auftrag der Ministerpräsidentin an Sachverhaltsaufklärung geleistet hat. Das war im Untersuchungsausschuss beeindruckend. Das Ergebnis des Ausschusses ist so, wie ich es beschrieben habe. Er hat gleichzeitig die Reform des Stiftungsgesetzes und neue Strukturen auf den Weg gebracht. Daher glaube ich, dass in Punkt und Komma in allen Punkten Wort gehalten worden ist, um die Dinge zu korrigieren und positiv auf den Weg zu bringen.

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich abschließend Folgendes festhalten: Wenn Sie wissen - ich wiederhole das gern zehnmal, bis Sie es begriffen haben -, dass vor den Wahlen das Parlament und die Öffentlichkeit auf Veranlassung der damaligen Kulturministerin über alle Zahlen informiert worden sind, dann können Sie jetzt das Märchen einpacken, beim Spatenstich habe man die Öffentlichkeit mit Blick auf die Wahlen bewusst täuschen wollen. Das Gegenteil war der Fall; vor den Wahlen ist die Öffentlichkeit über alle Kosten offen informiert worden. Deshalb sage ich: Ich bin entschieden dafür, den Untersuchungsausschuss nach den Wahlen wieder einzusetzen. Ich bin entschieden dafür, nach den Wahlen - ohne Schaum vor dem Mund und ohne die Hoffnung, mit Diffamierungen am Sonntag noch ein paar Wähler herüberziehen zu können - die Aufklärung zu Ende zu bringen. Ich bin ganz sicher, im Ergebnis werden die Saarländerinnen und Saarländer sagen: Hier ist in Verantwortung von vielen manches falsch gelaufen, aber es ist niemand getäuscht worden, und politisch ist sauber gehandelt worden. - Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU.)

Zur Begründung des Antrags der Landtagsfraktion DIE LINKE - Drucksache 14/724 - erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Oskar Lafontaine das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor der Landtagswahl am kommenden Sonntag sind nach unserer Auffassung vier Fragen zu klären. Erstens: Wer trägt die politische Hauptverantwortung für dieses Millionengrab? Zweitens: Hat die Ministerpräsidentin vor der letzten Landtagswahl die Wählerinnen und Wähler getäuscht?

(Abg. Meiser (CDU) : Nein.)

Das hat Herr Meiser bereits aus Sicht der CDU voller Abscheu und Empörung zurückgewiesen. Drittens: Hat die Ministerpräsidentin das Parlament belogen? Das weisen Sie natürlich auch zurück. Und viertens: Ist die Forderung nach dem Rücktritt von Herrn Schreier eine angemessene Forderung auf die bisherigen Tatsachenfeststellungen?

Ich komme zunächst zur Frage, wer die Hauptverantwortung für das Millionengrab trägt. Es ist ja zu erwarten, dass man, wenn sich eine solche Frage aufwirft, versucht, irgendwelche Schuldigen zu finden, denn es ist ja immer so, dass Erfolge viele Väter haben und Misserfolge Waisenkinder sind. Also war man natürlich darauf gespannt, wer jetzt ausgeguckt wird. Lange Zeit war das Bemühen erkennbar, Herrn Melcher und Herrn Marx in den Vordergrund der Betrachtung zu rücken. Dazu ist ja auch einiges gesagt worden und ich will es nicht weiter bewerten. Für das Parlament ist allerdings festzustellen, dass es nicht Herrn Melcher und Herrn Marx kontrolliert, sondern die Aufgabe hat, die Landesregierung zu kontrollieren. Deshalb ist seine erste Aufgabe festzustellen, wer die politische Verantwortung für dieses Millionengrab trägt.

(Beifall bei der LINKEN.)

Hier brauche ich mich gar nicht lange aufzuhalten. Es wurde der Versuch unternommen, in erster Linie Herrn Schreier verantwortlich zu machen, aber ein simpler Blick auf die Zahlen macht die Hauptverantwortliche eindeutig aus. Frau Ministerpräsidentin, Sie waren von 2007 bis 2009 - also fast zwei Jahre, bevor der Bau begonnen wurde - voll in der Verantwortung, und als jemand, der jahrelang in Verwaltungsinstanzen Verantwortung hatte, kann ich Ihnen sagen: Wenn man einen Vorlauf von zwei Jahren hat und dann den Spatenstich macht, dann ist man politisch in vollem Umfang für dieses Desaster verantwortlich.

(Beifall bei der LINKEN und bei Teilen der SPD.)

Diese Hypothek haben Sie. Dafür ist überhaupt kein Argument mehr anzuführen, dass das nicht so ist.

(Abg. Meiser (CDU) )

Man kann zwar fragen, warum vielleicht dieses oder jenes nicht von vornherein hätte gesehen werden können, aber die Verantwortung ist eindeutig klar, und deshalb will ich darüber kein einziges weiteres Wort verlieren.

Die zweite Frage: Haben Sie die Saarländerinnen und Saarländer belogen? Dazu haben ja meine beiden Vorredner schon Stellung genommen. Bei allem Versuch, Herr Kollege Meiser, die Ministerpräsidentin herauszuhauen - das ist ja Ihre Pflicht, und Sie haben sich auch, würde ich sagen, bemüht -,

(Heiterkeit und Zurufe)

muss ich doch Folgendes sagen: Angesichts dessen, dass die Ministerpräsidentin eigenhändig in eine Presseerklärung eingegriffen und die Zahlen nach unten korrigiert hat - und zwar nicht nur um ein paar Stellen hinter dem Komma, sondern um Millionenbeträge -, ist es doch ziemlich dreist, wenn Sie hier behaupten, die Ministerpräsidentin habe nicht getäuscht.

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD.)

Zumindest in meiner Praxis, Herr Kollege Meiser, ist mir das in dieser Form noch nicht begegnet. Hier handelt es sich ja wirklich um Absicht. Da kann man nicht mehr sagen, man habe es nicht gewusst oder es sei zufällig so geschehen. Es handelt sich einfach um Absicht. Und nun muss ich etwas hinzufügen: Die Relativierung, die Sie versucht haben, ist ja ganz intelligent. Das will ich Ihnen durchaus konzedieren. Aber wenn man Kostenschätzungen vorträgt, kann man nie sicher sein, dass die Positionen so eingehalten werden, wie sie zum fraglichen Zeitpunkt errechnet worden sind. Eines war jedoch klar, und darauf kommt es an, Herr Kollege Meiser, und darum haben Sie wortreich herumgeredet: dass die von der Ministerpräsidentin vor der Landtagswahl mit 14,5 Millionen Euro angegebenen Kosten um Millionenbeträge überschritten würden. Das wusste sie. Deshalb halten wir unseren Vorwurf in vollem Umfang aufrecht, dass sie die Saarländerinnen und Saarländer ganz bewusst getäuscht hat. Daran besteht für uns überhaupt kein Zweifel.

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD.)

Der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte: Hat sie das Parlament belogen? Da steht bekanntlich Aussage gegen Aussage. Nach der einen Aussage hat lediglich der ehemalige Minister Schreier darauf hingewirkt, dass die Kosten zu niedrig angesetzt worden sind, dass also er der Verursacher des Vermerks „auf Wunsch“ ist. Auf der anderen Seite ist in einem Schreiben von Herrn Melcher zu lesen, dass Sie, Frau Ministerpräsidentin, ebenfalls bei diesem Wunsch nachgeholfen haben. Sie haben dies nachdrücklich bestritten, und nun haben wir zu bewerten, ob Ihre Aussagen glaubwürdig sind. Da muss ich Ih