Wer soll Ihnen denn bei diesen Abläufen überhaupt noch etwas glauben? Woher wissen wir, dass nicht das, was heute gesagt wird, morgen nicht mehr stimmt, aus welchen Gründen auch immer? Wo ist denn die Linie, die Sie vertreten, politisch, haushaltspolitisch, finanziell? Sie wird bestimmt von Rahmenbedingungen, von Wahlen, von Koalitionsverträgen, und sie blendet Realitäten aus.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist ja nicht nur so, dass es hier einen Mangel an politischer Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und auch einer politischen Linie gibt. Während Sie hier herumlaufen und mittlerweile auf die Gefahren durch Steuerausfälle hinweisen, haben alle CDU-Bundestagsabgeordnete aus dem Saarland dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz im Bundestag zugestimmt und möglich gemacht, dass es überhaupt in den Bundesrat kommt, damit Sie es im Bundesrat dann wieder ablehnen können. Wer hat denn in Ihrer Partei eigentlich noch das Sagen? Finanzpolitisch geht es in der Saar-CDU mittlerweile zu wie bei Hempels unterm Sofa.
(Beifall bei den Oppositionsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Linsler (LINKE). - Abg. Schmitt (CDU) : Wer hat denn von der SPD der Schuldenbremse im Bundestag zugestimmt?)
Das ist richtig. Ich erinnere mich noch an die Ausführungen, die Sie und Ihre Kollegen bei diesem Punkt hinsichtlich der Frage gemacht haben, was der Maas denn noch in der SPD zu sagen habe. Heute müsste ich fragen: Was hat denn der Müller der ist sogar Ministerpräsident - in Ihrer eigenen Partei noch zu sagen?
Ach wissen Sie, machen Sie doch so weiter! Sie haben dieser Tage ja gelesen, wo Sie das hinführt. Ich mache mir da die wenigsten Gedanken. Letztlich wird das Ihre Sache sein. Nur, dem Land wird es nicht weiterhelfen. Im nächsten Jahr werden wir zwei große politische Themen hier haben. Das eine wird die Haushalts- und Finanzpolitik sein, die Frage, wie es mit der Schuldenbremse weitergeht, für die jetzt nach den Wahlen die Geschäftsgrundlage entfallen ist, nachdem vorher jeder, der auch nur im Ansatz auf die Probleme der Schuldenbremse hingewiesen hat, hier als Landesverräter beschimpft worden ist. Nach der Wahl ist das alles weg. Was
Meine Damen und Herren, diese Regierung hat es mit ihren drei Regierungspartnern in einer so zentralen Frage nicht geschafft, sich auf eine einheitliche Linie zu verständigen - jeder hat etwas anderes vertreten, der eine Ja, der andere Nein, der andere vielleicht - in einer wirklich zentralen Frage nicht nur für die Haushalte dieses Landes, sondern auch für die saarländischen Kommunen, für die Lebensqualität in den saarländischen Städten und Gemeinden und für all das, was Sie in Ihrem eigenen Koalitionsvertrag stehen haben und verwirklichen wollen. Deshalb sage ich: Wer in einer so zentralen Frage nicht in der Lage ist, die Interessen des Landes vor die eigenen parteipolitischen Interessen zu stellen, der hat schäbig an dieser Stelle versagt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist der Auftakt Ihrer Regierungszeit.
Wenn Sie sich die Umfragen durchlesen, dann wissen Sie, dass die Menschen in diesem Land das sehr wohl erkannt haben. - Schönen Dank.
Sie nennen uns „die Schuldenbuckel“ auf Bundesebene, sprechen vom „Merkelschen Dreiklang“ und spotten. Aber ich sage Ihnen, die Bocksprünge der SPD sind auch nicht schlecht. Vielleicht erinnern Sie sich ja nicht mehr so ganz dran, aber bis zum 27. September saß, glaube ich, die SPD mit in der Bundesregierung und mit in der Regierungsverantwortung. Da ist eben noch in diesem Jahr die Schuldenbremse beschlossen worden mit Zustimmung von saarländischen SPD-Bundestagsabgeordneten. Da sind auch Steuersenkungen beschlossen worden,
im Übrigen Steuersenkungen, die uns im nächsten Jahr mit 70 Millionen Euro belasten, während die Steuersenkungen, die jetzt im Wachstumsbeschleunigungsgesetz vorgesehen sind, den saarländischen Haushalt mit 40 Millionen Euro belasten werden. Wenn ich das Programm der Bundes-SPD zur Bundestagswahl richtig gelesen habe, so sind dort eine Absenkung des Eingangssteuersatzes und eine Erhöhung des steuerfreien Existenzminimums versprochen. Das sind auch Steuersenkungen, wenn ich das einigermaßen richtig verstanden habe. Die Absenkung des Eingangssteuersatzes, die dort versprochen worden ist, ist stärker als die, die jetzt durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz kommt und die in der Koalitionsvereinbarung vorgesehen ist. Und so viel ich rechnen kann, würde das mit Sicherheit auch eine Belastung von Länderhaushalten bedeuten. Also tun wir doch jetzt bitte nicht so, als gäbe es nur Parteien, die für Steuersenkungen sind, und solche, die gegen Steuersenkungen sind.
Wenn Sie die höchste Neuverschuldung hier im Land und auch im Bund kritisieren, dann möchte ich doch an die Position erinnern, die der damalige Bundesfinanzminister Steinbrück immer vertreten hat, dass, wenn wir in der schwersten Wirtschaftskrise seit den Dreißigerjahren sind, es in dieser Wirtschaftskrise nicht möglich ist, eisern zu sparen, weil man dann kontraproduktiv arbeitet und die Wirtschaftskrise noch verschärft. Es kann doch nicht das, was gestern richtig war, heute falsch sein, und dies innerhalb weniger Wochen.
Meine Damen und Herren, wir haben hier einen Gesetzentwurf zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz vorliegen, der eine ganze Reihe von aus meiner Sicht durchaus sinnvollen Maßnahmen enthält. Das betrifft zum einen die Kinderfreibeträge und das Kindergeld. Immerhin bedeutet das für eine zweiköpfige Familie 480 Euro Entlastung im Jahr. Das kritisiert nun die SPD in ihrem Antrag und schreibt, wir würden Steuersenkungen für Klientelgruppen machen und dafür sorgen, dass Familien mit Kindern die Leidtragenden eines solchen Gesetzentwurfes seien. Ich frage mich dann nur, wieso wir im Rahmen des letzten Konjunkturpaketes auf Bundesebene auch das Kindergeld erhöht haben. Aber scheinbar ist eine Kindergelderhöhung, wenn die SPD in der Bundesregierung ist, eine soziale Wohltat. Aber wehe, das Kindergeld wird von einer schwarz-gelben Regierung erhöht, dann handelt es sich natürlich um etwas ganz Schreckliches und es wird gesagt, das Geld würde man besser in Krippenplätze stecken. Genauso verhält es sich augenscheinlich bei der LINKS-Partei. Wenn die ein Familiengeld fordert, ist das eine soziale Wohltat. Aber wenn die CDU-/FDPBundesregierung eine Erhöhung des Kindergeldes beschließt, ist das eine Grausamkeit.
Bei der Erbschaftsteuer sollen künftig Nichten, Neffen und Geschwister eine etwas bessere Behandlung erfahren als Fremde. Auch das ist im Prinzip eine richtige Maßnahme. Denn was wir bisher hatten, ist eigentlich ungerecht. Das empfinden insbesondere diejenigen als ungerecht, die im Familienkreis Angehörige, die selbst kinderlos sind, gepflegt und versorgt haben und die wir bisher wie Fremde behandelt haben. Ich könnte Ihnen da Beispiele nennen. Auch das mögen Sie als Klientelpolitik bezeichnen, im Prinzip ist es aber richtig.
Dann schreiben Sie, dass mit diesem Wachstumsbeschleunigungsgesetz nur die Großkonzerne berücksichtigt würden.
Sie haben auf Bundesebene noch nicht mitregiert, ich komme gleich dazu. - Nur, in diesem Wachstumsbeschleunigungsgesetz werden lediglich an einigen Stellen im Unternehmenssteuerrecht Regelungen entfristet, die vorher schon befristet von der Großen Koalition eingeführt wurden. Ich nenne mal die Regelungen zur Erleichterung bei der Zinsschranke oder zur Abschreibung bei geringwertigen Wirtschaftsgütern. Das hat nicht diese Koalition erfunden. Im Gegenteil, es sind Regelungen verlängert worden, die vorher schon bei der Großen Koalition eingeführt wurden. Wenn wir jetzt angeblich nur Großkonzerne begünstigen, dann waren wohl offensichtlich vorher der SPD-Finanzminister und die SPD-Bundestagsfraktion auch nur Freunde der Großkonzerne.
Dann schreiben Sie in Ihrem Antrag, der BDI und alle Wirtschaftsexperten würden dieses Gesetz ablehnen. Ich zitiere jetzt einmal aus der Anhörung des Deutschen Bundestages. In einer gemeinsamen Erklärung haben alle großen deutschen Wirtschaftsverbände, federführend der BDI, erklärt, das Wachstumsbeschleunigungsgesetz sei in der Grundtendenz sehr positiv.
Ich rede jetzt nicht von Herrn Jarras oder Herrn Keitel. Ich rede vom BDI, von dem Sie gesagt haben, er kritisiere dieses Gesetz. Und Fakt ist, der BDI kritisiert es nicht, sondern er sagt, es sei der richtige Schritt, und bittet darum, dass es Gesetz wird. Tatsache ist, in diesem Gesetz sind sinnvolle Maßnahmen enthalten.
Bei der Hotellerie kann man jetzt darüber streiten, ob es sinnvoll ist, isoliert die Mehrwertsteuer nur für dieses Gewerbe zu senken, bei der Gastronomie jedoch nicht, oder ob man nicht besser im Rahmen einer Mehrwertsteuerreform die ermäßigten und die erhöhten Sätze noch einmal insgesamt überprüfen sollte. Es sei nur mal am Rande erwähnt, dass drei Viertel der Länder der Europäischen Union den ermäßigten Mehrwertsteuersatz in der Hotellerie und in der Gastronomie verlangen und dass dies für eine Grenzregion auch nicht so ganz unwichtig ist.
Dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetz enthält ohne Zweifel sinnvolle Maßnahmen. Eine andere Frage ist: Können wir als Haushaltsnotlagenland die darin enthaltenen Steuerausfälle verkraften? Da sagen wir als saarländische Interessenvertreter und als saarländische CDU-Landtagsfraktion, wir können es nicht. Deshalb stimmen wir zwar mit den Inhalten dieses Gesetzentwurfes überein, verlangen aber eine Kompensation von der Bundesebene. Das halte ich für eine sehr stringente und sehr klare Linie.
Deswegen sagen wir, dass wir als Haushaltsnotlagenland zusammen mit Bremen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein in einer besonderen Situation sind und diese Ausfälle nur verkraften können, wenn wir eine Kompensation erhalten. Da gibt es dann schon eine Geschäftsgrundlage zur Schuldenbremse, indem wir nämlich eine Auflage bekommen haben. Wir bekommen Bundeszuschüsse, wenn wir unser strukturelles Defizit jedes Jahr ab 2011 weiter reduzieren. Dann müssen wir aber umgekehrt auch verlangen können, dass, wenn es Steuersenkungen auf Bundesebene gibt, uns die Einnahmeausfälle, die dadurch entstehen, ausgeglichen werden. Deshalb halte ich es für durchaus stringent, wenn wir sagen: In der Sache richtig, ist auch wachstumsbeschleunigend, aber wir brauchen dann besondere Hilfen, die diese Einnahmeausfälle ausgleichen. Meine Damen und Herren, diese Linie werden wir auch künftig vertreten. Dass Abgeordnete einer Bundestagsfraktion in erster Linie natürlich das Gesamtinteresse des Bundes sehen müssen
und dass man dann im zweiten Schritt auf Bundesratsebene Länderinteressen verfolgt und versucht, über Kompensationen zu reden, ist das Normalste der Welt und war in der Vergangenheit bei SPDBundestagsabgeordneten auch nicht anders.
Ich sage Ihnen ein weiteres. Wir haben hier eine Landeskoalition mit drei Partnern. Wir haben keine Koalition mit diesen drei Partnern auf Bundesebene. Das führt dazu, dass man bei bundespolitischen Fragen nicht automatisch und sofort auf einer Linie ist und eine Meinung vertritt. Das galt auch in der Vergangenheit, als CDU-/FDP-Koalitionen oder CDU-Alleinregierungen nicht mit allem einverstanden waren, was in der Großen Koalition geschah. Das ist auch in anderen Landtagen so, wo wir mit Ihrer Partei regieren. Dort ist man auch nicht immer automatisch einer Meinung, ob alles, was SchwarzGelb auf Bundesebene macht, richtig ist. Deswegen ist es bei Koalitionen auf Landesebene üblich, dass man sich immer wieder über jedes einzelne Abstimmungsverhalten im Bundesrat verständigt und dass man sich, wenn man sich inhaltlich nicht einigen kann, der Stimme enthält. Das ist nichts Besonderes, das ist bei etlichen Landesregierungen vollkommen üblich und im Übrigen gute Tradition in der Bundesrepublik Deutschland. Diese Tradition setzen wir auch hier fort.