Protokoll der Sitzung vom 16.03.2010

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Hier ist schon mehrfach gesagt worden, mit Einsparungen alleine lassen sich die Haushaltsprobleme des Saarlandes nicht lösen. Kommt es nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung der Einnahmen, wird das Land zunehmend handlungsunfähig, ja seine Existenz wird auf dem Spiel stehen. Die Einnahmen hängen aus meiner Sicht von zwei Faktoren ab: erstens davon, ob tatsächlich durch politische Maßnah

men eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung mit der Schaffung von Arbeitsplätzen erzielt werden kann, und zweitens, dass die Einnahmeseite auch noch mal direkt verändert wird durch eine andere Steuerpolitik.

Zum ersten Punkt. Ich habe schon vorher gesagt: Die Probe aufs Exempel wird sein, wie weit die Maßnahmen, die Sie in Aussicht gestellt haben, tatsächlich greifen und zu einer nachhaltigen Verbesserung der wirtschaftlichen Entwicklung führen. Ich sehe dies in dem Konzept noch nicht. Entscheidend wird sein, dass wir entsprechende Einkommen und Arbeitsplätze schaffen als Grundlage für die künftige Entwicklung. Deswegen werden wir uns auseinandersetzen müssen über die Themen Wirtschaftspolitik, Industriepolitik, Strukturpolitik, darüber, wie geholfen werden kann, was getan werden kann. Da reichen schöne Worte nicht. Da wollen wir dann auch entsprechende Taten sehen.

Es ist aber auch klar, dass das alleine nicht ausreichen wird, sondern dass eine wirklich nachhaltige Verbesserung der Einnahmeseite nur durch eine andere Steuerpolitik möglich sein wird. Ich schließe mich gerne dem SPD-Vorschlag des solidarischen Lastenausgleichs an. Wir treten ein für die Vermögensteuer, wir haben dies hier auch schon begründet. Wir halten die Einführung einer Vermögensteuer für notwendig, weil sie den Ländern zugute kommt. Das wird auch im Gegensatz zu dem, was Herr Schmitt sagt, nicht zu solch geringen Einnahmen führen, sondern wir gehen davon aus, dass mindestens 200 Millionen Mehreinnahmen für das Saarland damit verbunden sein werden.

(Beifall bei der LINKEN. - Zurufe von der CDU.)

Ich möchte Ihnen auch sagen, weil Sie das vorhin so dargestellt haben: Es geht nicht um die Häuslebauer, es geht nicht um die kleinen und mittleren Einkommen, es geht um die Ackermänner, es geht um die Quandts, und weil wir hier im Saarland sind, geht es auch um die Ostermänner.

(Beifall und Heiterkeit bei der LINKEN und teil- weise bei der SPD. - Zurufe des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Herr Schmitt, wenn Herr Ackermann Ihnen zugehört hätte, hätte er sicherlich genauso gelacht wie auf diesem Foto, dann hätte er sich gefreut.

(Der Redner hält einen Zeitungsartikel hoch.)

Meine Damen und Herren, in der Frage der Vermögensteuer geht es nicht, wie Sie es immer darstellen, um die Belastung mittlerer Einkommen oder mittlerer Betriebe, sondern um die hohen Geldvermögen.

(Zuruf des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

Wir sprechen von einem Betrag von einer Million Euro, es geht vor allem um die Geldvermögen. Ich habe damals in der Begründung für eine Bundesratsinitiative zur Wiedereinführung der Vermögensteuer mich ausdrücklich distanziert vom Konzept des Deutschen Instituts für Wirtschaft, weil das in der Tat in eine andere Richtung geht.

(Weiterer Zuruf des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Sie müssen es genau lesen. Auch wenn Sie das fünf Mal wiederholen, wird es nicht richtiger, Herr Schmitt.

(Beifall bei der LINKEN.)

Es geht darum, dass wir eine Initiative, ausgehend vom Saarland, ergreifen müssen, weil Sie ja Recht haben, dass das nicht alleine ein saarländisches Problem, sondern ein viel weitergehendes Problem ist. Wir brauchen eine grundsätzliche Veränderung der Steuerpolitik zur Sanierung der Länderfinanzen. Da kommen wir um die Vermögensteuer nicht herum. Dazu gehört im Übrigen auch das Thema Erbschaftsteuer, die auch den Ländern zugute kommt, und dazu gehören auch die anderen Steuern, die bereits erwähnt worden sind. Wir brauchen einen Umbau unseres Steuersystems,

(Zuruf des Abgeordneten Hinschberger (FDP) )

nicht in Richtung der Senkung von Steuern, Herr Hinschberger. Das ist auch keine Neiddebatte, sondern es ist eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Wir brauchen eine Veränderung des Steuersystems in Richtung stärkere soziale Gerechtigkeit in einer Form, dass den Ländern und den Kommunen mehr Einnahmen zufließen. Das ist das Gebot der Stunde und das ist die politische Aufgabe. DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass das Steuersystem in dieser Richtung umgebaut wird, und davon würde auch das Saarland erheblich profitieren.

(Beifall bei der LINKEN.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, kommen wir zurück zum Haushalt 2010 und auch zur Mittelfristigen Finanzplanung. Ich sehe nicht, wie mit diesem Defizit umgegangen werden soll. Und ich sehe kein Konzept, keinen Plan, wie die Länderfinanzen in Ordnung gebracht werden sollen, was aber die Grundlage für die weitere Entwicklung dieses Landes darstellt. Ich habe den Eindruck, dass hier eher das Prinzip Hoffnung, wenn überhaupt, herrscht. Ansonsten erinnert mich Ihre Haltung an den zumindest bei Älteren wie mir bekannten Filmtitel von Margarethe von Trotta: „Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos“. Ob Sie Artisten sind, weiß ich nicht. Ratlos sind Sie auf jeden Fall.

(Beifall und Heiterkeit bei der LINKEN und teil- weise bei der SPD.)

Ich habe den Eindruck, dass Sie nach dem Motto handeln: Hauptsache wir überstehen irgendwie die nächsten Jahre, was dann kommt, wird sich schon zeigen. Meine Damen und Herren, das ist keine verantwortungsvolle Politik, das hat das Saarland nicht verdient.

(Anhaltender Beifall bei den Oppositionsfraktio- nen.)

Das Wort hat für die FDP-Landtagsfraktion Herr Fraktionsvorsitzender Horst Hinschberger.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Bund, die Bundesländer und die Kommunen sind gleichermaßen von dem beispiellosen Einbruch der Wirtschaft infolge der Wirtschaftskrise betroffen. Überall steigt die Verschuldung der öffentlichen Haushalte in einem Umfang, der genauso ohne Beispiel ist wie der Einbruch des Wirtschaftswachstums. Von dieser Entwicklung können wir uns im Saarland nicht abkoppeln, ob wir wollen oder nicht. Wir können nicht verhindern, dass wir die Krise auch im Saarland spüren.

Wir können aber verhindern, dass wir die Auswirkungen der Krise noch in vielen Jahren spüren. Um genau dieses Ziel zu erreichen, ist diese Koalition angetreten. Wir wollen, dass das Saarland in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht schnell auf einen gesunden Pfad zurückkehrt und damit den Menschen in diesem Land eine langfristige Perspektive bietet. Genau das, Herr Professor Bierbaum, ist unser Ziel, weil Sie eben von einer kurzfristig angelegten Politik gesprochen haben.

Wie wollen wir das erreichen? Wir müssen den schwierigen Spagat schaffen, die Einnahmen des Landes auf eine solide Basis zu stellen und die Ausgaben zu konsolidieren, ohne dabei den Weg für Zukunftsinvestitionen zu versperren. An diesem Dreiklang aus zusätzlichem Wachstum, Konsolidierung der Ausgaben und Zukunftsinvestitionen geht kein Weg vorbei, wenn wir die Eigenständigkeit des Saarlandes erhalten wollen. Dieses Ziel eint die Koalition, und das kommt auch in diesem Haushalt klar und unmissverständlich zum Ausdruck.

Ich will zunächst etwas zur Einnahmeseite sagen. Wenn wir langfristig höhere Einnahmen wollen, gibt es nur eine Möglichkeit, wie wir dies erreichen können: zusätzliches Wachstum. Zwar ist zusätzliches Wachstum nicht alles, aber ohne Wachstum wird es keine solide Einnahmebasis geben. Deshalb sorgen wir in diesem Haushalt dafür, dass Wachstumspotenziale in diesem Land gehoben werden.

Wie schaffen wir zusätzliches Wachstum? Dazu muss man zunächst einmal klären, wo dieses gene

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

riert werden kann. Wo liegt das Potenzial, das darauf wartet, gehoben zu werden? Die klare Antwort darauf lautet: im Mittelstand. Im Mittelstand wird mit Abstand der meiste Umsatz gemacht. Im Mittelstand werden mit Abstand die meisten Jobs geschaffen. Genau deshalb rücken wir den Mittelstand in den Mittelpunkt unserer gemeinsamen Wirtschaftspolitik. Ich möchte das an einigen Beispielen verdeutlichen. Zunächst einmal haben wir das Wirtschaftsministerium so umstrukturiert, dass es dort nun eine eigene Mittelstandsabteilung gibt. Alleine dadurch dokumentieren wir nach außen, dass bei unserer Regierung den Anliegen des Mittelstandes ein besonderer Stellenwert eingeräumt wird.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Im Wirtschaftsministerium gibt es somit eine zentrale Anlaufstelle für kleine und mittlere Unternehmen. Gerade in der aktuellen Krise ist es absolut notwendig, Anfragen von Unternehmen schnell und unbürokratisch zu kanalisieren. Nur so ist eine zügige Bearbeitung und damit schnelle Hilfe und Unterstützung möglich. So können wir Not leidenden Unternehmen schnell und sicher dabei helfen, Arbeitsplätze zu erhalten.

Wir erhöhen die Zuschüsse an die Handwerkskammer des Saarlandes. Damit wollen wir erreichen, dass mehr Menschen bei der Handwerkskammer ihren Meister machen. So schaffen wir die Grundlage für neue Existenzgründungen im Handwerk und damit auch für neue Arbeitsplätze. Daneben erhöhen wir die Mittel für die Saarland-Offensive für Gründer. So wollen wir es schaffen, die nach wie vor klaffende Gründerlücke im Saarland zu verkleinern. Das ist ein Thema, das auch vom Kollegen Hubert Ulrich in den vergangenen Jahren immer wieder zu Recht angesprochen wurde.

Wir sorgen dafür, dass es im Saarland zu mehr Innovationen kommt. Innovationen sind der Grundstein dafür, im globalen Wettbewerb bestehen zu können, denn nur derjenige, der durch ständige Investitionen seinen Wettbewerbern um mindestens eine Nasenlänge voraus ist, bleibt wettbewerbsfähig. Um genau an diesem Punkt anzusetzen, haben wir im Haushalt die Mittel für die Forschung deutlich erhöht. Dazu zählen die Hochschulen, aber auch die außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Für Letztere haben wir Mittel in Höhe von insgesamt 31 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Das entspricht einer Steigerung von rund 16 Prozent. Das ist angesichts der Haushaltslage des Landes zwar schwer, aber angesichts der Krise auch ohne Alternative.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Lassen Sie mich nun zur Konsolidierung der Ausgaben kommen. Der Haushalt 2010 ist ein besonderer Haushalt. Es ist nicht nur der erste Haushalt der Ja

maika-Koalition; viel wichtiger ist, dass es das Referenzjahr für die sogenannte Schuldenbremse ist. Das heißt, die in diesem Haushalt ausgewiesene Nettoneuverschuldung muss bis zum Jahr 2020 schrittweise auf Null zurückgefahren werden. Im Klartext bedeutet das: Ab 2011 muss die Neuverschuldung um rund 80 Millionen Euro pro Jahr gesenkt werden. Das wird keine leichte Aufgabe für die Zukunft. Seien wir ehrlich: Das gesteckte Einsparziel zu erreichen ist eine große Herausforderung für uns alle.

Schließlich werden die Ausgaben für Versorgung, Zinsen und Personal in den kommenden Jahren weiter steigen. Wenn wir uns noch in Erinnerung rufen, dass die Ausgaben dafür steigen werden, wird schnell klar, wie schwer diese Aufgabe tatsächlich zu bewältigen ist. So schwer diese Aufgabe auch sein mag, wir - die Koalition aus CDU, FDP und GRÜNEN - stellen uns dieser Aufgabe. Wir stellen uns dieser Aufgabe, indem wir an den größten Kostenblock herangehen, den wir im Haushalt haben die Personalausgaben. Die Personalausgaben machen rund 40 Prozent des aktuellen Haushaltes aus. Alleine dies macht schon deutlich, dass eine Konsolidierung der Ausgabenseite nicht möglich ist, wenn nicht der Versuch unternommen wird, die Personalausgaben zu begrenzen. Deshalb haben wir uns entschlossen, in Zukunft jede dritte freiwerdende Stelle nicht mehr neu zu besetzen. Das ist für uns kein leichter Weg, bedeutet dies doch, dass wir mit dieser Maßnahme die öffentliche Verwaltung im Saarland an die Grenze der Belastbarkeit führen. Alleine mit dieser Sparmaßnahme macht die Koalition deutlich: Wir sparen nicht nur, bis es quietscht; wir sparen, bis es im Gebälk kracht und donnert.

(Zurufe von der LINKEN: Auwauwau. Das knallt ja richtig.)

Ich kann es noch einmal sagen, wenn Sie es gerne hören.

(Sprechen bei der LINKEN.)

Damit das Land trotzdem handlungsfähig bleibt und seine Aufgaben schnell und effizient erfüllen kann, müssen wir uns in diesem Zusammenhang aber auch Gedanken darüber machen, welche Aufgaben der Staat künftig zu erfüllen hat und welche nicht. Wie kann der Staat bisherige Aufgaben effizienter erfüllen? Aufgabenkritik heißt hier das Schlüsselwort. Unser gemeinsames Ziel dabei ist es, dass der Staat schlanker wird und dennoch leistungsfähig bleibt. Auch dieser Weg ist ohne Alternative.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich komme zu den Investitionen. Den Weg für Zukunftsinvestitionen werden wir nicht versperren; deshalb ist der Bildungsbereich von Einsparungen explizit ausgenommen. Bildung ist der einzige Rohstoff,

(Abg. Hinschberger (FDP) )

über den wir in der Bundesrepublik unbegrenzt verfügen. Investitionen in die Bildung sind deshalb auch Investitionen in die Zukunft unseres Landes.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich hoffe, dass wir uns darüber parteiübergreifend einig sind. Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, die Bildungsausgaben nicht nur von Sparmaßnahmen auszuklammern; vielmehr wollen wir die Bildungsausgaben weiter steigern, eben weil diese wichtige Investitionen in die Zukunft des Landes darstellen. Auch dieser Schritt war angesichts der Haushaltslage des Landes nicht leicht. Wenn wir aber erfolgreich sein wollen, was nicht zuletzt eine existenzielle Frage für das Land bedeutet, dann ist auch dieser Weg ohne Alternative.