kratie wagen“. Nach einigen Jahren lebhafter Diskussionen kann ich heute sagen: Mit diesem Gesetzentwurf haben wir es gewagt. Ich bin aber sicher, das Plebiszit ist kein Wagnis, es ist wichtiger Teil und unabdingbare Voraussetzung eines demokratisch legitimierten Handelns der Politik. Wir gehen kein Wagnis ein, sondern wir schaffen die Grundlage, mit unseren Bürgerinnen und Bürgern Vorhaben in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung anzugehen und umzusetzen. Das ist eine enorme Bereicherung unserer Politikkultur. - So viel zum Gesetzentwurf.
Meine Damen und Herren, zum Schluss möchte ich noch auf eines hinweisen. Gestern konnten Sie alle in einer Pressemitteilung der Fraktion der PIRATEN ein Zitat zur Kenntnis nehmen, das mich sehr betroffen gemacht und auch entsetzt hat. Da wird der Intention des Ihnen soeben vorgestellten Gesetzentwurfes unterstellt, dass undemokratisches Gedankengut als positiv propagiert werde. - Das macht mich wirklich sehr betroffen.
Wir erwarten eine Entschuldigung sowohl hier im Hause als auch in der Öffentlichkeit auf demselben Weg, den eine solche Äußerung durch die Pressemitteilung genommen hat.
(Abg. Neyses (PIRATEN) : Lächerlich! - Abg. Jost (SPD) : Die Lächerlichkeit sitzt dort hinten bei Ihnen!)
Wie peinlich das Ganze ist, wird beim Lesen der Pressemitteilung offensichtlich. Über den Gesetzentwurf wurde vielleicht getwittert und gepostet, in keinem Falle aber wurde er gelesen. Noch schlimmer: Wenn der Gesetzentwurf gelesen wurde, wurde er nicht verstanden.
Lesen ist in diesem Parlament mehr als eine Primärtugend, sie ist in diesem Hause eine Pflicht. In der Pressemitteilung wurde geschrieben, dass Volksentscheide zum weiten Begriff der Staatsleistungen pauschal ausgeschlossen würden. - Herr Augustin, in diesem Gesetz werden Staatsleistungen definiert. Dies zu Ihrer Kenntnis. Zum Zweiten schreiben Sie, die „Amtseintragung für Volksinitiativen soll nicht etwa abgeschafft werden und eine freie Sammlung eingeführt“ Volksinitiative hier ist einer freien Sammlung der Unterschriften unterworfen! Hier erfolgt die Sammlung der Unterschriften frei. Auch dies zu Ihrer Kenntnis. Das steht eindeutig im Ge
Ich muss Ihnen sagen, Ihnen fehlt jegliches Verständnis von direkter Demokratie. Und in der repräsentativen Demokratie sind Sie mit solchen Äußerungen fehl am Platze.
Dieser Gesetzentwurf ist gut für unser Land. Er ist gut für unsere Bürgerinnen und Bürger. Wir sind stolz darauf. Wir sehen mit großem Interesse der Herausforderung entgegen, Volksinitiativen und Volksbegehren anzunehmen und durchzuführen und mit unseren Saarländerinnen und Saarländern gemeinsam diesen Weg zu gehen, unsere Politik im Saarland davon beeinflussen zu lassen. Darauf sind wir sehr stolz. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Berg. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat nun Prof. Dr. Heinz Bierbaum von der Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es steht außer Zweifel, dass mit dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Zustand erreicht wird. Nachdem wir im Saarland lange Zeit in dieser Frage eher das Schlusslicht bildeten, öffnen wir nun den Weg für mehr direkte Demokratie. Ich glaube, das ist ein Gebot der Stunde.
(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Herr Bierbaum, wer hat’s erfunden? - Abg. Pauluhn (SPD): Die Schweizer! - Heiterkeit bei den Regierungsfraktionen.)
Herr Ulrich, es ist mir bekannt, dass auch unter Jamaika entsprechende Initiativen ergriffen worden sind. Dennoch hat BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kein Monopol bei der Frage der direkten Demokratie.
(Beifall von der LINKEN und bei den Regierungs- fraktionen. - Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Da haben Sie recht, wir haben es aber zumindest salonfähig gemacht. Da sind wir uns doch einig, oder? - Abg. Jost (SPD): Ja, klar innerparteilich ist das auch ein Markenzeichen der GRÜNEN im Saarland! - Heiterkeit bei den Regierungsfraktionen. - Gegenruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/ GRÜNE): Mehr als in der SPD! - Unruhe.)
Entschuldigung, wir sollten den Redner zu Wort kommen lassen. Das andere klären Sie bitte später am Buffet.
Zwei Dinge möchte ich dazu sagen. Erstens. Wir sollten alles dafür tun, dass es auch realisiert wird, und zwar in einer ordentlichen Form. Deswegen werde ich noch einige Dinge nennen, bei denen wir Verbesserungsnotwendigkeiten sehen. Zweitens. Die Tatsache, dass wir heute - und schon vorher über das Thema Volksabstimmung und Gesetze zur Volksabstimmung sowie über Elemente für mehr Demokratie reden, ist das Resultat eines gesellschaftlichen Prozesses, der weit über die Parteien hinausgeht. Hier spielen Vereinigungen wie der Verein Mehr Demokratie und auch andere zivilgesellschaftliche Organisationen eine wichtige Rolle. Wir haben als Parteien, als Fraktionen in diesem Landesparlament die Aufgabe, dies aufzugreifen und es so zu machen, dass es auch zu Politik wird. Das möchte ich vorausschicken.
Ich will nun zum Gesetzentwurf selbst kommen. Wir verkennen nicht, dass es einige Verbesserungen gibt. Das bezieht sich insbesondere auf die Quoren. Diese wurden beim Volksbegehren von 20 auf 7 Prozent gesenkt. Auch beim Volksentscheid wurden sie von 50 auf 25 Prozent gesenkt. Beim verfassungsgebenden Volksentscheid, der jetzt möglich wird, liegt die Hürde nach wie vor sehr hoch. Das will ich ebenfalls erwähnen, aber Verfassungsänderungen bedürfen natürlich einer entsprechenden Mehrheit. Ich finde es positiv, dass es nun auch im Saarland möglich wird. Damit sind wir nicht unbedingt Vorreiter, sondern wir schließen ein Defizit im Vergleich zu den anderen Ländern. Es soll aber durchaus anerkannt werden.
Ein zweiter Punkt, den wir ebenfalls positiv sehen. Das absolute Finanztabu, das es vorher gab, wurde zumindest gelockert. Auch hier haben wir noch andere Vorstellungen. Natürlich sind wir damit einverstanden - das war schon Ergebnis der bisherigen Diskussion -, dass die Fristen verändert worden sind. So ist die Frist von zwei Wochen auf drei Monate ausgedehnt worden. Das ist durchaus vernünftig, auch wenn wir es gemeinsam mit anderen gerne gesehen hätten, wenn es sechs Monate gewesen wären. Aber die drei Monate sind gegenüber den bisherigen zwei Wochen eine deutliche Verbesserung.
Ich will aber ebenso deutlich sagen, wo wir Verbesserungsbedarf sehen. Ich will zunächst einmal auf die Volksinitiative eingehen. Wir begrüßen, dass die Volksinitiative möglich ist. Wir begrüßen auch, dass sie in freier Sammlung möglich ist und keine weiteren Hürden aufgestellt worden sind. Wir sind aller
dings der Auffassung, da die Volksinitiative praktisch den Charakter einer allgemeinen Petition hat, dass es dort überhaupt keine Themenbeschränkungen geben sollte. Ich glaube, es ist nicht notwendig, Themenbeschränkungen bei der Volksinitiative vorzusehen. Außerdem hätten wir gerne gehabt, dass diese Volksinitiative nicht in der Luft hängt, sondern dass dann, wenn das nicht aufgegriffen wird, sie sozusagen als erste Stufe für das Volksbegehren dienen könnte, sodass nicht erneut 5.000 Unterschriften gesammelt werden müssen. Das wäre bei der Frage der Volksinitiative ein wichtiger Punkt.
Was das Volksbegehren angeht, halten wir es, obwohl - darauf hat die Kollegin Berg hingewiesen - die Staatsleistungen definiert sind, immer noch für etwas zu restriktiv. Ich denke, hier sollten Abgaben und andere Dinge mit aufgegriffen werden. Das sollte auch zugänglich sein. Wir sind auch hier dafür, dass der Amtseintrag nicht notwendig ist, sondern dass dies in freier Sammlung erfolgen kann. Ich erinnere mich, dass der Kollege Theis bei einer der Diskussionen darauf hingewiesen hat, es gehe um Rechtssicherheit. Ich glaube, dass wir das auch auf andere Weise lösen kann. Wir meinen also, wir sollten die Hürden heruntersetzen und das in freier Sammlung zugänglich machen.
Zum Thema Finanzen hatte ich schon gesagt, wir begrüßen es, dass das absolute Finanztabu gelockert worden ist. Wir halten allerdings die Hürden immer noch für zu hoch. Das gilt einmal für den Prozentsatz, insbesondere bei mehrjährigen Projekten. Wir finden, dass die 0,5 Prozent insgesamt bei mehrjährigen Projekten doch eine unvertretbare Hürde darstellen. Wir wären für 0,5 Prozent nicht über die Gesamtlaufzeit, sondern pro Jahr.
Aber aus unserer Sicht ist etwas anderes entscheidender. Frau Berg, Sie haben zwar darauf hingewiesen, dass das Saarland als ein Land mit anerkannter Haushaltsnotlage und bekannten Finanzproblemen natürlich auch immer auf die Finanzen achten müsse. Ich bin mir aber nicht sicher, ob jetzt ausgerechnet das Thema Volksabstimmung, Volksbegehren, Volksentscheid wirklich das Terrain ist, wo wir das besonders betonen sollten. Ich halte es für schwierig - und denke, dass das ein Punkt ist, der im Ausschuss noch einmal diskutiert werden sollte -, entsprechende Kostendeckungsvorschläge zu machen. Das ist eine Hürde für ein derartiges Vorgehen, die mir zu hoch zu sein scheint und von der ich meine, dass sie in diesem Gesetz nicht enthalten sein sollte.
Insgesamt begrüßen wir den Gesetzesvorstoß. Wir sehen allerdings auch noch deutlichen Verbesserungsbedarf in den Punkten, die ich eben genannt
habe. Ich gebe meiner Hoffnung Ausdruck, dass wir bei entsprechenden Anhörungen und Diskussionen im Ausschuss zu Verbesserungen kommen, sodass wir dann auch im Saarland die gesetzliche Grundlage dafür haben, dass auch bei uns Elemente direkter Demokratie im politischen Leben eine größere Rolle spielen können. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bierbaum. - Das Wort hat nun Herr Andreas Augustin von der PIRATEN-Fraktion.
Danke, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines muss ich vorwegstellen: Ja, die Pressemitteilung hat einen Fehler enthalten. Und zwar wurde von „Volksinitiative“ gesprochen dort, wo „Volksbegehren“ gemeint war. Dafür bitte ich um Entschuldigung. Das Volksbegehren erfordert nach wie vor die Amtseintragung und die soll in der Verfassung festgeschrieben werden.
Doch, das werde ich. Zunächst einmal muss man den heute vorliegenden Gesetzentwurf zusammen betrachten mit dem Gesetzentwurf Drucksache 15/140, der im September in Erster Lesung behandelt und in den Ausschuss überwiesen wurde. Das eine ist die Verfassungsänderung, das hier ist die Ausführung, dementsprechend muss man es auch zusammen betrachten. Beim Lesen beider Texte, gerade beim ersten, hatte ich den Eindruck, der sich hier auch erhärtet hat, man versucht irgendwie, in einem bundesweiten Ranking - wo sind Volksentscheide am leichtesten, wo sind sie am schwersten nach vorne zu kommen. Da waren wir bislang auf dem letzten Platz. Wenn man Maßstäbe anlegt wie etwa die Zeit, wie lange man Zeit hat, Unterschriften zu sammeln, oder die Prozentzahl, wie viel Prozent der Bevölkerung sich beteiligen müssen, damit ein Volksbegehren auf den Weg gebracht werden kann, dann rücken wir damit natürlich deutlich nach vorne. Gleichzeitig werden Hürden eingebaut, die genau das wieder konterkarieren.
Die Staatsleistungen, die jetzt definiert werden, werden überhaupt erst ausgeschlossen. Was bislang nicht möglich war, waren verfassungsändernde Volksentscheide. Das wird jetzt ermöglicht, wird aber sofort wieder konterkariert durch entsprechende Hürden. Dort wird jetzt nämlich ausgerechnet das System von Italien verwendet. Stellen Sie sich Folgendes vor, ein einfacher Vergleich mit der Situation in Saarbrücken: In Saarbrücken gibt es eine Stelle, wenn Sie dort mit dem Auto unterwegs sind und nach rechts abbiegen wollen, müssen Sie links fahren. Es gibt umgekehrt auch eine Stelle, wenn Sie da links fahren wollen, müssen Sie rechts fahren. In Saarbrücken ist das historisch gewachsen, das hat im Fischerdorf so angefangen, und man kann nicht einfach Straßenführungen komplett erweitern oder Gebäude abreißen, nur um zusätzliche Abbiegespuren zu schaffen.
Wenn bei einem Gesetz eine Gegenstimme dazu führen kann, dass es angenommen wird, ist das lächerlich. Genau das haben wir aber hier bei der Verfassungsänderung.
Das erkläre ich Ihnen sehr gerne. Sie haben ein Quorum von 50 Prozent. 50 Prozent der Bevölkerung müssen teilnehmen, damit eine Verfassungsänderung zustandekommen kann. Außerdem brauchen Sie eine Zweidrittel-Zustimmung. Sagen wir, 35 Prozent der Bevölkerung stimmen zu, 15 Prozent minus eine Stimme sind dagegen.
Dann scheitert es am Quorum, das Gesetz kommt nicht zustande. Wenn ein Zusätzlicher zur Wahl geht und dagegen stimmt,