Protokoll der Sitzung vom 24.04.2013

Das Gesetz geht unter Wegfall der bisherigen Arbeitspflicht von Arbeit als freiwilliger Erwerbsarbeit

zum Gelderwerb durch die Gefangenen aus, zur Stärkung des Selbstwertgefühls und zur Schaffung einer klaren Struktur im Tagesablauf.

Artikel 2 und 3 des Gesetzentwurfes enthalten Folgeänderungen im Saarländischen Jugendstrafvollzugs- und Untersuchungshaftvollzugsgesetz. Durch das neue Strafvollzugsgesetz entsteht ein zusätzlicher Personalbedarf. Die Mehrkosten in Höhe von 371.000 Euro werden zunächst über das Budget der Gerichte und Staatsanwaltschaften gegenfinanziert.

Der Ausschuss hat am 11.04.2013 eine umfangreiche Anhörung durchgeführt sowie zahlreiche schriftliche Stellungnahmen ausgewertet. Die Anhörungsteilnehmer begrüßten die Zielsetzung des Gesetzentwurfes und die dazu vorgesehenen Maßnahmen. Sie wiesen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein dem Gesetzesziel Rechnung tragender Gesetzesvollzug nicht ohne Personalaufstockung zu leisten wäre. Um soziale Kontakte Gefangener besser zu erhalten und zu fördern, plädierten mehrere Sachverständige und Auskunftspersonen für eine Ausweitung der vorgesehenen Besuchszeit, insbesondere bei Familienbesuchen.

Der Wegfall der Arbeitspflicht der Gefangenen wurde unterschiedlich bewertet. Der Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschland und der Bund saarländischer Strafvollzugsbediensteter forderten die Beibehaltung der Arbeitspflicht, da sie aus ihrer Sicht ein realistisches und unverzichtbares Übungsfeld für die Rückkehr zum ersten Arbeitsmarkt darstellt. Die Vertreter der überwiegenden Gegenmeinung begrüßten jedoch den Wegfall der Arbeitspflicht, weil außerhalb der Anstalt auch keine Arbeitspflicht besteht, und die Verhältnisse innerhalb der Anstalt so weit wie möglich den Verhältnissen außerhalb der Anstalt angeglichen werden sollen.

Aus Sicht der Opfer von Straftaten wurde begrüßt, dass Verletzten einer Straftat auf Antrag eine bevorstehende Entlassung und die Gewährung von erstmaligen Lockerungen mitzuteilen sind.

Das unabhängige Landesdatenschutzzentrum plädierte dafür, dass beim Zugangsgespräch andere Gefangene wegen der Sensibilität der Daten nicht zugegen sein dürfen. Ferner wurde angeregt, die Beobachtung von Gefangenen mittels technischer Hilfsmittel nicht auf den Bereich der sanitären Einrichtungen zu erstrecken beziehungsweise insoweit den Erfassungsbereich einzuschränken. Aus datenschutzrechtlicher Sicht wurde die vierwöchige Speicherfrist bei Videoüberwachung nach § 114 des Gesetzentwurfes als unverhältnismäßig bemängelt. Hier wurde eine Speicherfrist von 48 Stunden zur Prüfung, ob ein sicherheitsrelevanter Vorfall vorliegt, auch als ausreichend angesehen.

Ein Abänderungsantrag der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion, der Ihnen als Drucksache

(Vizepräsidentin Ries)

15/439 vorliegt, wurde mit gleichem Inhalt im Ausschuss zur Abstimmung gestellt, und dort mehrheitlich mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen der Oppositionsfraktionen abgelehnt. Der Abänderungsantrag der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion sieht eine monatliche Mindestbesuchszeit von zwei Stunden vor, die sich bei Besuchen von Kindern um weitere zwei Stunden erhöht, sowie eine Ausweitung der Möglichkeit von Langzeitausgang, insbesondere bei Strafgefangenen mit lebenslänglicher Haft.

Der Abänderungsantrag greift ferner die durch das unabhängige Landesdatenschutzzentrum vorgetragenen Bedenken auf, indem beispielsweise der Sanitärbereich aus der Beobachtung der Gefangenen mittels technischer Hilfsmittel ausgenommen werden soll. Die Speicherfrist bei Videoüberwachung soll auf eine Woche verkürzt werden und keine anderen Gefangenen dürfen beim Zugangsgespräch anwesend sein.

Ein Abänderungsantrag der Koalitionsfraktionen, der im Ausschuss mehrheitlich mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, den Stimmen der PIRATEN-Landtagsfraktion sowie der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLandtagsfraktion bei Gegenstimmen der DIE LINKELandtagsfraktion angenommen wurde, liegt Ihnen als Drucksache 15/441 vor. Dieser Abänderungsantrag will der besonderen Bedeutung familiärer Kontakte Rechnung tragen, indem Kontakte der Gefangenen zu ihren Kindern besonders gefördert werden, und der Anstaltsleitung die Möglichkeit eingeräumt wird, über die vorgesehene Besuchszeit von mindestens einer Stunde im Monat hinaus weitere Besuche zuzulassen, wenn sie zur Pflege der familiären Kontakte der Gefangenen geboten erscheinen.

Der Ausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner Sitzung vom 18.04.2013 beraten und empfiehlt dem Plenum einstimmig, bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen, die Annahme der Drucksache 15/386 nach Maßgabe des Abänderungsantrages Drucksache 15/441 in Zweiter und letzter Lesung. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Berichterstatterin. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat die Abgeordnete Heike Kugler von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Gesetz zur Neuregelung des Vollzugs der Freiheitsstrafe soll heute neu gefasst werden. Unsere Bedenken gegenüber dieser Fassung sind nicht geringer, sondern eher größer geworden. Dies wird durch die Meinung der Experten verstärkt, die diese

in der Anhörung mitgeteilt haben. Dazu möchte ich heute drei Punkte herausgreifen.

Erster Punkt: die Besuchszeiten. Einer der Experten, Ministerialdirigent Ingo Hurlin aus Schleswig-Holstein, mittlerweile außer Dienst, hat den Musterentwurf, der auf der Bundesebene verhandelt wird, mit bearbeitet und seine eigene praktische Erfahrung mit eingebracht. Er teilt unsere Bedenken, was die Besuchszeiten angeht. Er gibt zu bedenken, dass soziale Kontakte in die Außenwelt von großer Bedeutung sind, wenn man ernsthaft die Wiedereingliederung fördern möchte. Der kurze Zeitraum von einer Stunde wird dem nicht gerecht. Die positive Abänderung, die als Abänderungsantrag nachgeschoben worden ist, stellt keine rechtlich bindende Regelung dar. Der Gesetzentwurf ist in diesem Punkt nicht wirklich hilfreich, da die Änderungen der Besuchszeiten nicht zwingend vorgesehen sind, sondern nur als Möglichkeit eingeräumt werden. Ein rechtlicher Anspruch besteht also nicht. Wir befürchten an dieser Stelle, dass die Gesetzesänderung sich als Papiertiger entpuppt, denn durch die eng gestrickte Personaldecke wird es wohl keine Spielräume für die entsprechenden Besuchszeiten geben. Bereits jetzt ist ein beachtlicher Überstundenpool bei den Justizbeamten angefallen und dies wird wohl auch in der Zukunft nicht besser werden.

Kommen wir zu einem zweiten Punkt. Wir begrüßen die Abschaffung der Verpflichtung zur Arbeit. Wir fordern aber auf der Gegenseite die Möglichkeit, dass sich ein Gefangener Arbeit einfordern kann. Damit befinden wir uns mit den zuständigen Fachleuten auf einer Linie. Der Sachverständige Dr. Jan Oelbermann hat in der Anhörung gesagt, wenn sie jedoch nicht aus rein einspartechnischen Gründen so geregelt wurde, so müsste sie durch ein Recht auf Arbeit ersetzt werden. Wir sehen den Resozialisierungsgedanken in diesem Punkt gefährdet.

Kommen wir zu einem dritten Punkt. Anlässlich der Quotendiskussion, die auf Bundesebene geführt wird, stellen wir fest, dass Quotierung zwar heiß diskutiert, aber was Gesetzestexte anbelangt, eiskalt abgelehnt wird. Dies geht bis zur geschlechterspezifischen Sprache, die von mehreren Experten angemahnt wurde, zum Beispiel vom Bund der Deutschen Juristinnen. Eine Berücksichtigung in der Gesetzesänderung hat nicht stattgefunden. Die Gesetzesneuregelung sieht keine Änderungen vor, obwohl inhaltlich keine Verschiebung stattfinden würde.

Es gäbe noch andere Punkte wie zum Beispiel den Empfang von Paketen oder den Personalbedarf bei Therapieplätzen, was ebenfalls nicht im gesetzlichen Rahmen verankert ist. Alles in allem bedauern wir diese einmal mehr mit heißer Nadel gestrickte und nicht detailliert durchdachte Neufassung des Gesetzes zur Neuregelung des Vollzugs der Freiheits

(Abg. Berg (SPD) )

strafe. Wir bewerten das Ganze als eine Chance für einen guten Neuanfang, die leider vertan wurde. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Das Wort hat nun Petra Berg von der SPD-Landtagsfraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Bei der Anhörung haben alle Sachverständigen den vorliegenden Gesetzentwurf zu Recht als gelungene Neuregelung bezeichnet, die „den humanistischen Geist des alten Strafvollzugsgesetzes fortentwickelt und konkretisiert“. Wir werden nach Meinung der Experten den Gesetzgebungsprozess in den anderen Bundesländern voranbringen und die Diskussion in den Länderparlamenten erleichtern. Wir nehmen eine Vorreiterrolle ein.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Investitionen in den Strafvollzug sind nicht populär. Immer wieder werden Investitionen aus reinem Populismus als überflüssig dargestellt. Unsere Pflicht und Verantwortung als Parlamentarier ist es, deutlich zu machen, dass und wie unsere Gesellschaft von diesen Investitionen profitiert, namentlich die Opfer. Lassen Sie mich noch einmal betonen: Die Lösung des Gefängnisproblems ist in der Gesellschaft, nicht im Gefängnis zu suchen. Deshalb ist die Resozialisierung, der das Bundesverfassungsgericht Verfassungsrang zugesprochen hat, in diesem Entwurf als alleiniges Vollzugsziel mit der gebotenen Klarheit formuliert. Die Resozialisierung dient immer und gerade dem Schutz der Allgemeinheit. Viele Straftäter werden erst im Rahmen des Strafvollzugs mit gesellschaftlich verbindlichen Normen vertraut gemacht. Im Strafvollzug stehen der Rechtsstaat, der die Verhängung der Strafe fordert, und der Sozialstaat, der für die am Rande der Gesellschaft stehenden Gefangenen Verantwortung übernimmt, in einer Korrelation zu einander. Diese Wechselbeziehung im Lichte der Resozialisierung zu gestalten, ist Aufgabe des hier vorliegenden Gesetzentwurfes. Denn eines ist sicher: Jeder Inhaftierte kommt irgendwann zurück in die Freiheit und zurück in die Gesellschaft. Die Frage ist nur, in welcher Verfassung.

Mit dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen wird die Möglichkeit geschaffen, die Mindestbesuchszeit auszudehnen, wenn die Kontakte der Gefangenen mit ihren Angehörigen, insbesondere mit ihren Kindern gefördert werden. Dem besonderen Schutz der Familie wird hierdurch Rechnung getragen. In diesem Kontext stehen auch die unbeobachteten Langzeitbesuche. Auch sie dienen der Pflege

wichtiger familiärer und partnerschaftlicher Bindungen. Die Erhaltung familiärer oder partnerschaftlicher Beziehungen auch während der Strafhaft ist ein ganz wichtiger Indikator dafür, dass die Eingliederung in unsere Gesellschaft gelingt. Denn für die Allgemeinheit ist enorm wichtig, in welches soziale Umfeld der Inhaftierte entlassen wird. Ist es einigermaßen intakt, ist das ein erster Meilenstein auf dem Weg zur erfolgreichen Resozialisierung.

Ein weiterer Meilenstein auf diesem Weg und in der Öffentlichkeit heftig diskutiert ist der Bereich der Arbeit von Häftlingen. Das Grundgesetz spricht in Artikel 12 von Zwangsarbeit, die nur bei gerichtlich angeordnetem Freiheitsentzug zulässig ist. Der Begriff Zwangsarbeit wird immer noch gebraucht. Er steht bei uns in der Verfassung. Die Experten begrüßten in der Anhörung überwiegend die Abschaffung der Arbeitspflicht und bezeichneten diese als antiquiert und als ein historisches Relikt. Das ist sie auch, meine Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Arbeit in den Justizvollzugsanstalten ist ein begehrtes und knappes Gut. Der Arbeitsplatz bedeutet im Alltag der Gefangenen, soziale Kontakte zu knüpfen, den Tagesablauf zu strukturieren, Anerkennung und auch mehr Geld zu erhalten. Aber es bestehen Wartelisten, weil das Angebot an Arbeitsplätzen kleiner ist als die Nachfrage. Die Gefangenen müssen, um einen Arbeitsplatz zu erhalten, eine Leistung erbringen. Sie müssen sich bewerben und sich auf ihrem Arbeitsplatz auch bewähren. Dazu ist es erforderlich, dass sie soziale Kompetenz entwickeln, mit Vorgesetzten zurechtkommen, Fleiß und Leistungsbereitschaft zeigen. Arbeit im Strafvollzug ist für die Gefangenen attraktiv. Firmen sind an arbeitsunwilligen Gefangenen überhaupt nicht interessiert. Arbeitsunwillige passen nicht in einen produktiven Arbeitsablauf, wie Arbeitsplätze in der JVA ihn voraussetzen. Deshalb passen wir mit der Abschaffung der Arbeitspflicht die Gesetzeswirklichkeit der Vollzugswirklichkeit an.

Das verhindert aber nicht, dass die Gefangenen, die zumutbare Arbeit verweigern, dies auch zu spüren bekommen, nämlich in Einschränkungen des Alltagslebens. Sie haben weniger Geld, sie kommen aus ihren Zellen nicht heraus. Bei Entscheidungen über Lockerungen und Strafaussetzung zur Bewährung kann dies berücksichtigt werden. Den letzten Zweiflern an der Richtigkeit der Abschaffung der Arbeitspflicht muss entgegengehalten werden, dass wir nicht die Arbeit im Strafvollzug abschaffen - im Gegenteil. Es wurden aktuell nochmals sieben Arbeitsplätze geschaffen. Die Zusage einer Firma liegt schon vor. Eine weitere Firma hat ihre Zusage in Aussicht gestellt. Hierdurch können voraussichtlich noch einmal acht Arbeitsplätze geschaffen werden. Resozialisierung setzt zu Recht auf Freiwilligkeit,

(Abg. Kugler (DIE LINKE) )

nicht auf Zwang, um zu einem Leben außerhalb der Gefängnismauern zu befähigen. Dieses Ziel muss vor allem im Interesse der Opfer erreicht werden.

Der dritte Meilenstein in diesem Gesetzentwurf ist in der Formulierung von § 107 Abs. 5 zu finden. Erstmals sind auf Antrag den Verletzten einer Straftat Lockerungen des Gefangenen mitzuteilen, das heißt den Opfern wird mitgeteilt, wenn dem Inhaftierten Freigang gewährt wird. Das Opfer braucht nicht zu befürchten, ohne Vorwarnung dem Täter auf der Straße zu begegnen. Auch Auskünfte über Entlassungsadresse oder Vermögensverhältnisse der Gefangenen werden den Opfern erteilt.

Auch im Bereich des Opferschutzes übernimmt dieser Gesetzentwurf eine Vorreiterrolle. Insgesamt übernehmen wir mit dieser Neuregelung die Verantwortung für einen modernen und sicheren Strafvollzug, der sich an den gesellschaftlichen Werten orientiert und ausgerichtet am Opferschutz auch eine straffreie Zukunft des Inhaftierten im Blick behält. Deshalb bitte ich um die Zustimmung zum Gesetzentwurf und dem Abänderungsantrag der Koalitionsfraktionen. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Das Wort hat nun Andreas Augustin von der Fraktion der PIRATEN.

Danke Frau Präsidentin! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Die Ausschussvorsitzende hat bereits berichtet, wie die Beratung im Ausschuss ablief. Ich möchte dazu noch ein oder zwei Dinge ergänzen. Zunächst einmal standen zwei Abänderungsanträge zur Diskussion, einer von den GRÜNEN und einer von der Koalition. Ich habe beiden zugestimmt. Das wurde vollkommen korrekt berichtet. Was natürlich nicht Teil des Berichtes sein konnte, war meine Priorisierung. Der Antrag der GRÜNEN war mir sehr viel wichtiger als der andere. Nachdem der Antrag der GRÜNEN abgelehnt war, sah ich den anderen zumindest noch als Verbesserung. Somit habe ich ihm zugestimmt. Der Antrag, der dem Ausschuss als Antrag der Koalition vorlag, ist nun also Antrag des Ausschusses ans Plenum. Nach erneuter Beratung innerhalb der Fraktion kann ich sagen, dass wir diesem Antrag nicht mehr zustimmen werden. Das möchte ich auch begründen. Ich möchte insbesondere auch begründen, warum ich den Antrag der GRÜNEN für sehr viel wichtiger halte und warum wir den unbedingt beschließen sollten.

Ein zentraler Punkt ist für mich der Datenschutz. Genau die Aspekte, die das Unabhängige Datenschutzzentrum kritisiert hat, sind im Antrag der GRÜNEN enthalten; in dem anderen Abänderungsantrag nicht.

Dazu zählt die Videoüberwachung und die dazugehörige Speicherfrist. Hier muss man wissen, dass außerhalb von Justizvollzugsanstalten üblicherweise Fristen von 24 Stunden gelten. Es gibt dort teilweise Ausnahmegenehmigungen in dem Sinne, dass man am Wochenende 48 Stunden speichern darf. Man muss dabei aber immer im Hinterkopf behalten: Solange nichts passiert! Wenn ich montags morgens auf die Arbeit komme und sehe, es wurde eingebrochen, darf ich natürlich das Material sichern und auch weiter verwenden. Aber wenn kein Anlass vorliegt, wird nach 24 Stunden, am Wochenende nach längerer Frist, gelöscht. Der Grund dafür ist, dass man bei Firmen beliebiger Größe nicht erwarten kann, dass am Wochenende immer jemand da ist, der das innerhalb von 24 Stunden sichten kann. Genau dieses Argument lasse ich für Justizvollzugsanstalten nicht gelten. Dort erwarte ich, dass Personal anwesend ist, auch am Wochenende und sogar an Feiertagen.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Dementsprechend halte ich auch die Forderung des Unabhängigen Datenschutzzentrums nach einer Frist von 48 Stunden für vollkommen gerechtfertigt. Die Besonderheit, dass eine Justizvollzugsanstalt kein normaler Betrieb ist, sehe ich auch. Von daher wäre ich auch mit der Forderung der GRÜNEN nach einer Woche noch voll einverstanden. Aber die vier Wochen, wie sie jetzt im Gesetz stehen und im Antrag der Koalitionsfraktionen auch nicht geändert werden sollen, halte ich für vollkommen überzogen.

Als Nächstes das Thema Datensparsamkeit. Datenschutz beginnt immer mit Datensparsamkeit. So ist auch im Antrag der GRÜNEN vorgesehen, dass im Falle einer Flucht aus dem Gefängnis Daten auch nur dann an entsprechende Ermittlungsbehörden übermittelt werden, dass also nicht schon vorab dort alle Daten vorliegen, wie es nach dem Gesetzestext theoretisch sein könnte. In dem Moment, wo es nötig wird, kann man solche Daten zur Verfügung stellen, aber im Rahmen der Datensparsamkeit sollten sie eben auch nur dann zur Verfügung gestellt werden.

Der letzte Punkt, der auch vom Unabhängigen Datenschutzzentrum kritisiert wurde, war die Videoüberwachung in der Zelle, dass gewisse Bereiche ausgenommen werden sollten. Auch dem schließe ich mich vollumfänglich an.

Ansonsten enthält der Antrag der GRÜNEN diverse eher redaktionelle Änderungen, aber auch ein paar Klarstellungen. So ist zum Beispiel - das wurde auch von Sachverständigen im Ausschuss festgestellt das Wort „unverzüglich“ als juristisch eindeutig dem Wort „alsbald“, wie es jetzt drinsteht, vorzuziehen. Das ist nur ein Beispiel von mehreren kleineren Korrekturen.

(Abg. Berg (SPD) )

Zum Abschluss möchte ich aber noch auf das eingehen, was auch in dem anderen Antrag enthalten ist, nämlich die Besuchszeiten, und deutlich machen was ich zu Beginn schon angekündigt habe -, warum ich dem Antrag jetzt nicht mehr zustimmen kann. Im Antrag der GRÜNEN wird gefordert, die Besuchszeit zu erhöhen von einer Stunde pro Monat, wie sie im Gesetzestext steht, auf mindestens zwei Stunden. In besonderen Fällen, wenn Kinder mit dabei sind, können weitere zwei Stunden hinzukommen. Das ist vor allem gleiches Recht für alle, und dies unterscheidet den Antrag der GRÜNEN von dem anderen Antrag. Dort ist nach wie vor die Rede von einer Stunde und dass es mehr geben kann. Das heißt natürlich, es kann auch mehr als die zwei plus zwei Stunden der GRÜNEN geben, es könnten theoretisch nach Gutdünken zehn oder noch mehr Stunden eingeräumt werden. Aber es ist nicht mehr garantiert als die eine Stunde, im Gegensatz zu den zweien im anderen Antrag.

Vor allem aber öffnet es der Willkür Tür und Tor. Es gibt eben kein gleiches Recht für alle, dass zu Beginn des Monats festgesetzt wird: In diesem Monat haben alle Gefangenen ein Anrecht auf zwei Stunden oder alle haben ein Recht auf zwei Stunden plus zwei bei Besuchen durch Kinder. Vielmehr wird individuell entschieden, es kann nach Gutdünken gesagt werden: Dem gestehe ich zehn Stunden zu, den kann ich gut leiden. Der andere, den kann ich sowieso nicht leiden, der kriegt nur eine Stunde.